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Rezensionen zu
Power

Verena Güntner

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Dystopische Gesellschaftsparabel

Von: hertzlese

23.09.2021

Mir ist es noch nie so schwer gefallen, hier was zu einem Buch zu schreiben. Das hat zum einen damit zu tun, dass ich noch nicht mal weiß, ob ich „Power“ richtig cool oder irgendwie „schwierig“ fand. Zum anderen liegt es aber wohl auch daran, dass ich zwar verschiedene Ideen hätte, wie ich die Parabel um die Dorfkinder, die sich in ein Rudel Hunde verwandeln, interpretieren könnte, aber doch das Gefühl habe, mich damit zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Obwohl der Titel ja schon sehr offensiv auf eine Deutungsmöglichkeit in Richtung sozialen Wettkampfs und gesellschaftlicher Dominierung bzw. Unterordnung verweist… Zurück zur Handlung: Power, der Hund der Hitschke, ist entlaufen und Kerze, die elfjährige Nachbarin, verspricht, ihn zu finden. Sowohl die Dorfkinder entwickeln eine total bekloppte Dynamik à la Rousseaus „ein Tier unter Tieren“, parallel ticken auch die Erwachsenen komplett aus, mehr im Sinne von Hobbes‘ „Homo homini lupus est“. Haben die Leser 1651 genauso irritiert vor Leviathan und Behemoth gestanden wie ich heute vor dem Roman von Verena Güntner? Ist das jetzt eine genial abgefahrene politische Dystopie (der Vergleich mit „Herr der Fliegen“ liegt definitiv nahe) oder einfach nur eine abgedrehte, leider unverständliche literarische Abnormität? Ich könnte eine Reclam Lektürehilfe gebrauchen.

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Ein völlig verrücktes Buch mit einer einzigartigen Handlung. 🌱 Das Mädchen Kerze verspricht der alten Hitschke ihren entlaufenden Hund namens Power zu finden. Kerze hält immer ihre Versprechen. So begibt sie sich schnell auf ihre akribische Suche. Immer mehr Kinder des Dorfes schließen sich ihr an. Und schon bald verschwinden alle Kinder im angrenzenden Wald. Die hiesigen Dorfbewohner sind völlig verunsichert und möchten nur ihre Kinder zurück. Dieser Roman, nun als Taschenbuch erhältlich, passt in keine Schublade hinein. Es ist eine Mischung aus Märchen und Gesellschaftskritik. Mit Sicherheit ist diese abstruse, aber dennoch geniale Story nicht für jeden/jede etwas. Mir hat die außergewöhnliche Handlung sehr gefallen, auch wenn sie überhaupt nicht realitätsnah ist. Die einzelnen Charaktere wurden sehr stark und eindeutig gezeichnet. Kerze mitsamt ihrer Wildheit und Starrsinnigkeit kann man sich bildlich vorstellen. Auch Hitschke, die unsichere alte Frau, lässt einen in ihre Welt, was durch einen allwissenden Erzähler ermöglicht wird. Das Dorf und seine Bewohner bleiben einem teilweise etwas fern, auch wenn man ihre Beweggründe gut nachvollziehen kann. Insgesamt ist die Handlung eher düster, verwunschen und so ganz ist mir die Gesellschaftskritik zu schwammig. Kerze wächst zwar vaterlos in einem Dorf auf und hat das Gefühl alles alleine schaffen zu müssen. Die Erwachsenen sind sehr mit sich selbst beschäftigt und es gibt keine richtige Gemeinschaft. Trotzdem ist mir die Kernaussage zu vage oder ich habe sie schlicht weg überlesen. Die Kinder „verwildern“, da ihnen nicht genug Aufmerksamkeit nahe gebracht wird. Die Sprache ist in kurzen Sätzen gehalten und oftmals aus kindlicher Perspektive geschildert. 📖 Ein Roman der sich in kein Raster schieben lässt. Irgendwie ist es ein Märchen und dann doch eine Gesellschaftskritik. Ein außergewöhnliches Buch mit viel Diskussionspotential, welches mit Sicherheit nicht jedem zusagt. [4/5]

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Der Schauplatz von Verena Güntners Roman „Power“ ist ein kleines Dorf. Kerze, die elfjährige Protagonistin des Romans, erhält von einer Nachbarin den Auftrag, deren verlorenen Hund Power zu finden. Gewissenhaft macht sich Kerze jeden Tag auf die Suche, befragt die Dorfbewohner, durchforstet den Wald. Bald schon schließen sich ihr die anderen Kinder des Dorfes an. Doch als die Kinder zu bellen anfangen, auf allen Vieren krabbeln, das Duschen verweigern, nur noch aus Schalen auf dem Boden essen und schließlich ganz im Wald verschwinden, nimmt die Suche ungeahnte Ausmaße an. Kerze steht im Zentrum der Geschichte. Sie brennt für die Suche, ist Feuer und Flamme und sie führt das Rudel an, ist das Licht, von dem sich die anderen Kinder wie Motten angezogen fühlen. Keines der Kinder will ausgeschlossen sein. Sie wollen zur Gemeinschaft dazugehören, gehorchen deshalb Kerzes Befehlen und begehren auch nicht auf, wenn sie zur Bestrafung Tannenzapfen essen müssen. Durch ihre selbstgewählte Verwilderung entziehen sie sich gleichzeitig der Kontrolle der Erwachsenen, die hilflos abends am Waldrand stehen und nach ihren Kindern rufen. Sie vermögen nicht, die Waldgrenze zu überschreiten und ihre Kinder der Wildnis zu entreißen. Der Roman kann als eine Coming-of-Age-Geschichte gelesen werden. Viele der Kinder um Kerze befinden sich in der Übergangsphase zur Jugend. Sie geben sich dem Animalischen in sich hin, lassen den Trieben freien Lauf. Sie legen alles Menschliche ab, ihre Sprache und auch ihre Verhaltensweisen. Ihre Rückentwicklung ist eine Art Verweigerung, gleichzeitig ein Sich-Festklammern an das, was bereits im Auflösen begriffen ist, nämlich die Kindheit. Noch deutlicher und offensichtlicher ist jedoch die Gesellschaftskritik, die der Roman übt. Sich anreihend an Werke wie „Herr der Fliegen“ oder „Die Welle“ erschafft Güntner eine düstere und dystopisch anmutende Welt, in der die Gruppenbildung der Kinder als Kommentar über Radikalisierung sowie Macht- und Herrschaftsstrukturen gelesen werden kann. Der Roman legt dar, wie schnell etwas scheinbar Harmloses große Ausmaße annehmen kann, wie es als Nährboden für Fanatismus dienen und eine Vielzahl von Menschen - im Übrigen auch Erwachsene, die sich den Kindern anschließen möchten - radikalisieren kann. Gleichzeitig nimmt die Autorin das Dorfleben unter die Lupe und zeigt, wie gewaltbereit, unnachgiebig und niederträchtig auch die Erwachsenen sein können. Verena Güntner schafft es, den Leser in die finstere Welt ihres Romans hineinzuziehen. Bis zum Ende bleibt die Geschichte nicht ganz greifbar und entzieht sich dem vollständigen Verständnis des Lesers. Sie ist gesellschaftskritisch, radikal, gewagt und eine Bereicherung für die deutsche Gegenwartsliteratur. Die Nominierung für den Preis der Leipziger Buchmesse war daher wohlverdient.

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