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Rezensionen zu
Palast der Miserablen

Abbas Khider

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Auch wenn der „Palast der Miserablen“ von Abbas Khider keine Autobiografie ist, so hat man beim Lesen des Romans das Gefühl, viel aus dem Leben des Autors zu erfahren. Er nimmt uns mit in das Bagdad seiner Kindheit. Dort ziehen Shams und seine Schwester mit ihren Eltern aus dem Süden hin in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch alles, was die Familie erwartet, ist ein Leben in Armut neben Müllbergen, auch wenn immer wieder ein Funke Hoffnung aufkeimt, z. B. als die Schwester kurzzeitig ein erfolgreiches Business betreibt und es fast den Anschein hat, dass die Familie nun zumindest finanziell ausgesorgt hat. Trost findet Shams in der Literatur, auf dem Büchermarkt der Stadt und später mit Gleichgesinnten, mit denen er sich über das Gelesene austauschen kann. Die zweite zeitliche Ebene, die im Roman eingeflochten ist, lässt uns von Anfang an erkennen, dass auch die Zukunft nicht das erhoffte bessere Leben bringen wird. Am Ende eines jeden Kapitels erfahren wir immer kürzeren Einschüben, wie Sham seine Zeit als Gefangener fristet. Ein wunderschönes Buch, in dem der Autor uns in das Leben im Irak unter Saddam Hussein mit all seinen Entbehrungen und Schwierigkeiten eintauchen lässt. Uns mit dem Protagonisten immer wieder neue Hoffnung schöpfen lässt und uns zusammen mit Shams auch immer wieder desillusioniert. Und so schafft der Autor zumindest bei mir das, was einer seiner Charaktere im Buch bezweifelt: „Glaubst du ernsthaft, dass sich irgendwer da draußen für unsere Probleme interessiert? Wir sind doch nur eine schnelle Zeitungsschlagzeile oder eine Kurzmeldung in den Nachrichten wert. Die seltsamen Eingeborenen dieses fernen Unruhestaates, den man „Irak“ nennt.“ Und hier sehen wir wieder einmal, was Literatur zu leisten vermag, indem sie Geschichten erzählt, die uns bei der Lektüre ein Land, das wir nur noch in eher negativen Schlagzeilen wahrnehmen, und dessen Menschen näher bringt.

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Der Roman „Palast der Miserablen“ ist der letzte Roman von Abbas Khider, der mir noch fehlt, um mir einen Gesamtüberblick über das Werk dieses Autors zu verschaffen. Alle anderen Romane aus der Feder von Khider habe ich gelesen (vgl. frühere Rezensionen). Und auch dieses Buch fügt sich wie ein Puzzlestück ein in ein größeres Gesamtbild. Dieses Mal wird ein detaillierter und realistisch anmutender Blick auf die Lebensumstände im Irak um die Jahrtausendwende herum geworfen. Wir begleiten das Schicksal des Jungen Shams Hussein, aus dessen Perspektive in Ich-Form berichtet wird. Und in keinem der anderen Bücher von Khider wird ein solch intensiver und facettenreicher Blick auf den Irak gerichtet wie in diesem. Das Thema der „Flucht“ bleibt dieses Mal interessanterweise weitestgehend ausgespart. Wir tauchen ein in ein Land, das von Krieg erschüttert und heimgesucht wird. Wir begleiten eine vierköpfige Familie aus ärmlichen Verhältnissen, die sich aus dem Süden des Landes auf den Weg Richtung Bagdad macht, um dort ihr Glück zu versuchen und eine neue Heimat zu finden. Immer wieder eingeschoben werden kurze Kapitel einer anderen Zeitebene, in denen sich der Ich-Erzähler in Haft befindet und mit den grausamen Bedingungen dort kämpft. Beide Handlungsstränge laufen auf eine Katastrophe zu und kulminieren in einem bedrückenden, offenen Ende. Die Zustände im Land werden sehr anschaulich dargestellt. Die Armut im Land ist förmlich greifbar. Das Leid der Familie, die mit den Wirren des Krieges zu ringen hat, wird schonungslos aufgezeigt. Das ist schon sehr emotional und belastend. Wir erleben ganz einfache Leute, die mit dem Umständen umzugehen versuchen und das Beste daraus zu machen. Und zwischen den Zeilen schwingt punktuell auch feiner Humor und feine Ironie mit, trotz der geschilderten Widrigkeiten. Und was auch andere Werke des Autors auszeichnet: Es wird nichts beschönigt, es wird kein Blatt vor den Mund genommen. Das konfliktreiche Familienleben wird dabei ebenso beschrieben wie der tägliche Überlebenskampf in der sog. Blechstadt, einem Armenviertel in der Nähe eines Müllbergs. Und auch das alltägliche Dorfleben wird in all seiner Schrulligkeit, aber auch Grausamkeit dargestellt. Die Darlegung wirkt dabei sehr authentisch und realistisch. Punktuell gibt es auch einmal schwer auszuhaltende Passagen, in denen Gewalt eskaliert. Insbesondere die schwierige Rolle der Frau in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft wird dabei immer wieder mal thematisiert. In diesem Zusammenhang fand ich die Gestaltung der Beziehung des Ich-Erzählers zu seiner Schwester sehr interessant. Fazit: Ein Werk von Khider, in dem einmal die Lebensbedingungen im Irak um die Jahrtausendwende herum thematisiert werden. Anders als in den anderen Büchern des Autors geht es dieses Mal nicht um das große Thema „Flucht“, sondern es wird am Beispiel einer einfachen vierköpfigen Familie ein schonungsloser Blick auf den grausamen und harten Alltag geworfen. Die Schilderung des täglichen Überlebenskampfs in der Diktatur unter Saddam Hussein geht unter die Haut. Betroffen verfolgt man das Schicksal der Hauptfigur Shams Hussein. Ich vergebe 5 Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Abbas Khiders Schreibweise führt bei mir immer wieder zu inneren Aushandlungsprozessen. Entweder, die Bücher gefallen mir sehr - wie bei "Die Orangen des Präsidenten" - oder gar nicht, im Falle des "falschen Inders". Den "Palast der Miserablen" habe ich, nachdem ich den "falschen Inder" erst kürzlich gelesen habe und sehr enttäuscht war, entsprechend vorsichtig und skeptisch gelesen. Dabei wurde ich aber mehr als positiv überrascht. Dieser Roman ist nicht nur eine Liebeserklärung an Bücher generell, sondern vor allem an Kunst und Literatur als Zufluchtsorte. Dies verbindet sich mit Kritik der prekären Stellung von Literatur in einer Diktatur. Der Protagonist Shams lebt mit seinen Eltern und seiner Schwester im Irak Saddam Husseins, nahe der Kuwaitischen Grenze. Die Kriege treiben die Familie nach Bagdad, wo sie sich im "Blechviertel" eine Unterkunft aus Müll zusammenzimmern - damit gehören sie zum ärmsten Teil der Stadtgesellschaft. Mit Gelegenheitsjobs halten sie sich über Wasser, teilen die kleine Hütte auf engstem Raum, mit entsprechend wenig Privatsphäre. Zwar entsteht im neuen und stetig von neuen Kriegsflüchtlingen vergrößerten Viertel so etwas wie ein Gemeindeleben, aber im Fokus steht das Überleben - während das Regime Propaganda betreibt, ein falsches Wort genügt, verdächtig zu sein und gefangengenommen zu werden und soziale, politische und religiöse Normen miteinander streiten. Unter diesen prekären Bedingungen wächst Shams auf, wobei Bücher und die Weltflucht in diese für ihn zunehmend zur Rettung werden. Er knüpft Kontakte zu anderen Literaturfans, berührt dabei zunehmend auch Teile der widerständigen bis hin zu regimekritischen Kulturszene Bagdads. Die gibt ihm Halt, doch gleichzeitig wird deutlich, wie unfrei dies in einem solchen Regime ist - nicht zufällig natürlich sind es gerade auch Bücher, die strenger Zensur unterliegen. So ist das Lesen in dieser Situation immer begleitet vom Wissen um politische Einschränkungen. Besonders spannend fand ich es, zu erfahren, wie in einer solchen Situation überhaupt gelesen werden kann - denn das Embargo gegen den Irak bedeutete natürlich auch, dass kaum Bücher ins Land kamen. Durchbrochen werden die Episoden des Aufwachsens durch kurze Kapitel, in denen Shams im Gefängnis sitzt (das Muster kennt man bereits von den "Orangen des Präsidenten") und die Auflösung, warum er festgenommen wurde, zeigt einmal mehr die Kontrolle und Unterdrückung der Diktatur, in der sehr spezifische und strenge Regeln darüber herrschen, was erlaubt ist und was bestraft gehört. So ist es insgesamt ein Coming of Age-Roman, aber einer, der den Leser*innen deutlich vor Augen führt, wie prägend die Umgebung sich aufs Heranwachsen auswirkt, wie schwierig es ist, in einer Diktatur einen Weg für sich zu finden, wie sehr nicht nur gesellschaftliche, sondern auch familiäre Verbindungen davon geprägt sind - zumal, wenn man zu arm ist, um sich durch Bestechung die Freiheit und das Exil zu "erkaufen", wie es einige wohlhabendere, oppositionelle Iraker*innen tun können. Und gleichzeitig ist es kein ausschließlich trauriger Roman, da gerade auch die Momente im Zentrum stehen, in denen sich Shams und seine Familienmitglieder Wege suchen, um mit allem umzugehen - freilich müssen diese Momente für uns nicht immer verständlich oder nachvollziehbar sein. "Palast der Miserablen" hat mich wieder mit Khider versöhnt, mich in seinen Bann gezogen und das inhaltlich wie sprachlich. Dabei ist es innerhalb kurzer Zeit zu meinem bisherigen Liebling von Khiders Werken geworden.

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