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Rezensionen zu
Die Lichter von Barcelona

Pere Cervantes

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1945, Barcelona: Während sich die Stadt von den Folgen des Bürgerkriegs erholt, verdient sich der zwölfjährige Nil neben der Schule ein paar Peseten, indem er als Kurier Filmrollen von einem Kino zum nächsten bringt. Das Gehalt seiner Mutter reicht hinten und vorn nicht, um zu überleben. Hin und wieder schleicht er sich in die Vorführungen, um der Stimme seines Vaters David zu lauschen, der einst Synchronsprecher war, bevor er vor Jahren verschwand; gesucht als Republikaner, einer der Widerstandsgruppen. Als er eines Tages nach Hause kommt, stürzt ein Mann aus dem Hausflur und im Treppenhaus liegt ein schwer verletzter Mann. Er flüstert Nil «David» zu, drückt ihm ein Sammelbildchen in die Hand und stirbt. Der Roman geht zurück in die dunkle Zeit des diktatorischen Franco-Regimes, das erst 1977 sein Ende fand. Buchhändler Leo, der unter seinem kleinen Antiquariat im Keller auch ein geheimes Kino versteckt, gibt einem verzweifelten Kreis von Widerständlern, wie dem Filmvorführer Bernardo und seinem Lebensgefährten und Platzanweiser Paulino die Möglichkeit, verbotene Filme zu sehen und Bücher zu lesen, die auf dem Index stehen; aus der Realität zu flüchten. Es sind Freunde von David; auch der einarmige, filmverrückte Nil wird in diesen Kreis aufgenommen. Im Gefängnis von Montjuïc sind die Keller gefüllt mit ehemaligen Republikanern, Folterungen stehen an der Tagesordnung. «Die Zahl der unbescholtenen Bürger, die in den Gefängnissen einsaßen, hatte ungeahnte Ausmaße angenommen. In diesem düsteren Raum mit den von Feuchtigkeit zersetzten Wänden entkleideten die Wärter die Neuankömmlinge und untergruben ihre Moral, indem sie ihnen von Anfang an die Würde nahmen, was viel schlimmer war als der Kerker, der sie erwartete.» Das Sammelbild scheint einen Wert zu haben, dessen Geheimnis Nil ergründen möchte, denn plötzlich sind ein ehemaliger Gestapo-Kommandant, der in Barcelona wohnt, und der äußerst brutale Geheimdienstler Victor Valiente hinter dem Bild her. Der auktoriale Erzähler gibt dem Leser Informationen, die Protagonisten sind auf der Suche. Der Roman zeigt Barcelona, das durch die Folgen des Krieges zerstört wurde, verwundete Seelen, ein Regime, das unterjocht, das die Freiheit mit Polizei- und Militärstiefel zertritt, Sprache und Traditionen, die verboten sind. Katalanisch ist verboten. Selbst im Gefängnis dürfen sich Gefangene und Besucher nur auf Kastilisch unterhalten. Verbotene Musik, Bücher, Filme, Feste (jegliche eigene Kultur) – man unterhält sich nur flüsternd, immer auf der Hut vor Spitzeln – die Angst sitzt jedem im Nacken. «Sie lebt in einer Welt voller autoritärer, deprimierter oder abwesender Männer. Einer Welt, in der nur die Frauen in der Lage waren, das Elend auszuhalten, das die Männer angerichtet hatten.» Nach einem spannenden Anfang dauert es eine lange Zeit, bis der Roman wieder an Fahrt gewinnt und für meinen Geschmack schreitet die Geschichte zu langsam und ohne unerwartete Wendungen voran. An das literarische Niveau von Carlos Ruiz Zafón, der diese das Thema aufgegriffen hat, reicht Pere Cervantes leider nicht heran. Die Geschichte spielt in einem Armenviertel, in dem es ausschließlich Republikaner gibt, wenige Protagonisten füllen die Story. Frauen, die in dieser Zeit ums Überleben kämpfen, verschwundene oder verhaftete und depressive Männer. Ein Loch im Sozialgefüge. Die Falangisten sind ausnahmslos reiche Menschen und der Antagonist, Geheimdienstlers Victor Valiente, ist ein wirklich böses Exemplar Mensch, der sich nach einer persönlichen Abrechnung mit der Familie von Nil sehnt. Das ist ein wenig einfach dargestellt. Mir fehlen hier die Grautöne – denn die jeweilige politische Zugehörigkeit durchzog alle Gesellschaftsschichten. Die Guten hier, die Bösen dort. Die Charaktere sind für meinen Geschmack etwas klischeehaft und eintönig. Das letzte Kapitel macht einen Ausflug in 2021. Ich war irritiert. Das Kapitel hätte sich der Autor schenken können. Die Reflexionen über die Rolle der Frauen und Mütter in der Nachkriegszeit waren für mich eines der besten Elemente des Buches. Dort wo Gewalt, Hunger, Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit die Geschichte durchdringen, kommt man ihr nahe; es gibt ziemlich brutale Szenen durch Polizeigewalt. Eine typische Diktatur: Korrupte Polizei, bestialische Verfolgung von Regimegegnern, Machtmissbrauch, Verrat, Erpressung, Unterdrückung, es herrscht ständige Angst in der Bevölkerung ... «Bedauerlicherweise ist Katalanisch in dieser Festung nicht erlaubt. Die Gefangenen dürfen sich nur in Kastilisch mitteilen, der einzigen Sprache des freien Spaniens.» Das Buch ist auch eine Hommage an den besonderen Zauber des Kinos, eine kinematografische Reise in diese Zeit. Die Menschen von damals flüchteten sich in die Filmpaläste, um all dem Elend und Schmerz zu entkommen, und es wurde zu ihrer großen Zuflucht. Insgesamt ist der historische Roman in Ordnung. Schade, dass der Originaltitel, der Junge mit den Filmrollen, nicht übersetzt wurde – es hätte besser gepasst. Er ist eher filmisch aufgezogen und verliert dadurch seine Kraft. Der große Wurf ist es nicht. Pere Cervantes, geboren 1971 in Barcelona, ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften war er zunächst als Soldat für die UN im Kosovo und die Europäische Union in Bosnien-Herzegowina tätig. Zurück in Spanien, wandte er sich allerdings dem Schreiben zu. Seine Werke wurden vielfach ausgezeichnet. «Die Lichter von Barcelona» ist Pere Cervantes‘ erster Roman, der ins Deutsche übersetzt wurde.

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Wenn der Glaube an eine Zukunft fast verloren ist, sind es die kleinen Lichter des Glücks, welche einem manchmal einen Funken Resthoffnung geben. Die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind und dessen Leidenschaft zu den „bewegten Bilder der Zeit“ sind der Botschafter von Hoffnung in einer trostlosen Ära im Barcelona der 40iger Jahre. In der Romanhandlung geht es um den jungen Nil, welcher auf der Suche nach seinem Vater ist. Er lebt zusammen mit seiner Mutter Soledad in ärmlichen Verhältnissen in Barcelona und hat eine Passion für das Filmgeschäft. Er liebt das Kino und alles andere, was mit diesem im Zusammenhang steht. Plötzlich wird er Zeuge eines Mordes und gerät in einer Sache welche ihn, seine Freunde sowie seine Mutter in eine bedrohliche Situation bringt. Wir es Nil schaffen die Angelegenheit zu klären oder muss er sich irgendwann seinem eigenen Schicksal stellen? Der Hauptcharakter der Erzählung ist ein liebevoller leicht verträumter Junge, welcher getrieben wird von seiner großen Leidenschaft Kino. Er liebt seine Mutter über alles und lässt auch auf seine Freunde nichts kommen. Doch leider spielen ihm seine „pubertierenden Gefühle“ den ein oder anderen Streich und er bringt sich des Öfteren in äußerst komplizierte Situationen. Ihm zur Seite stehen als weiteren prägende Figuren der Erzählung seine Mutter Soledad, sein „väterlicher Freund Bernardo Mas, Lolita seine große Liebe, sowie Quim, ein junger Schuhputzer und bester Freund von Nil. Soledad ist dabei meine Lieblingsfigur gewesen. Sie ist eine starke Frau und ihre Mutterinstinkte treiben sie dazu alles für ihren Sohn zu tun damit dieser glücklich werden kann. Dabei muss sie sehr schwere, nicht so ganz legale Entscheidungen treffen. Als weitere noch wichtige Charaktere der Handlung müssen die Polizisten Valiente und Espinosa genannt werden, welche als wahre Scheusale die Antagonisten der Erzählung bilden. Die Geschichte ist aufgeteilt in vier Teile, wobei zwischen den ersten drei Teilen jeweils Zeitwechsel von zwei Jahren (1945-1949) vorgenommen werden. Lediglich der letzte Teil, welcher im Jahr 2021 spielt, birgt einen sehr großen zeitlichen Sprung. Insgesamt sind die zeitlichen Veränderungen aber gut nachvollziehbar und stellen kein Hindernis beim Lesen dar. Die Spannung der Geschichte entwickelt sich stetig und findet in dem letzten Viertel ihren eigentlichen Höhepunkt. Der Schreibstil des Autors ist bildhaft, atmosphärisch der Zeitprägung angepasst und dialogorientiert. In manchen Erzählpassagen zeigt der Autor was schriftstellerisch in ihm steckt. Einzig allein die Auflösung des Romans hätte ich mir anders gewünscht, aber dies ist meine einzige Kritik an diesem Roman. Das Fazit ist sehr positiv. Mit schöner Sprache versehen ist dieser Roman, eine historische Erzählung mit dramatischen und kriminellen Elementen, welche doch dem Leser insgesamt ans Herz und manchmal auch an die Nieren gehen. Ich bin sehr angetan von diesem Roman und kann ihn allen Freunden von historischen Romanen, sowie Anhängern von besonders schön erzählten Geschichten empfehlen. 9/10 Punkten Bitte beachten Sie: Die Rezension geht im Rahmen unseres Weihnachtsspezials am 01.12.2022 online und wird auch dann in den sozialen Kanälen geteilt.

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Barcelona 1945 Der zweite Weltkrieg und der anschließende Bürgerkrieg in Spanien haben das Volk nahezu zerstört. Keine Familie ist von den Ereignissen unberührt geblieben. Der zwölfjährige Nil lebt mit seiner Mutter Soledad allein in einem der Elendsviertel von Barcelona. Der Vater David hat sich vor Jahren dem Widerstand verschrieben und ist seitdem vermisst. Die beiden schlagen sich mehr recht als schlecht durch. Die Mutter arbeitet als Buchhalterin in einer kleinen Schreinerei. Nil verdingt sich als Filmrollen-Kurier für verschiedene Kinos. Kino ist Nils große Leidenschaft. Aber das Regime Francos und insbesondere der Inspector Valiente machen ihnen das Leben schwer. Über Spanien und über die spanische Geschichte weiß ich leider sehr wenig, um so willkommener war mir dieses historische Buch. Anfangs fand ich es schwer zu lesen. Ich empfand es sehr bedrückend. Vielleicht auch mit dem Hintergrund, dass jetzt gerade Krieg in der Ukraine herrscht. Unbeherrschte, rachsüchtige Inspektoren konnten im Barcelona damaliger Zeit machen, was sie wollten, ähnlich wie jetzt die russischen Besatzer. Im Laufe der Zeit konnte ich mich jedoch von Konflikten der heutigen Zeit lösen und die enorme Verbundenheit der Freunde und Nachbarn genießen. Der menschliche Zusammenhalt legt fast einen Weichzeichner über die unwürdigen Lebensverhältnisse der Bewohner. Schade nur, dass der heutige ca. 88-jährige Nil sich nicht mehr an die Vergangenheit erinnern kann und dement vor sich hinvegetiert. Das Buch hat einen guten Einblick in die damalige Situation gegeben. Danke.

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Spannender Unterhaltungsroman vor historischer Kulisse, aber mit Minuspunkten

Von: Buchbesprechung / Sigismund von Dobschütz aus Bad Kissingen

07.11.2022

Mit den ersten freien Wahlen endete 1977 das diktatorische Franco-Regime. Doch die Auswirkungen des Franquismus halten gesellschaftlich und politisch sogar bis heute an. Vergleichbar vor allem mit der deutschen Nachkriegsliteratur, sind deshalb in Spanien die Jahre der Franco-Diktatur noch immer ein für Autoren wichtiges Thema. Aktuelles Beispiel ist der im Juli im Limes Verlag veröffentlichte Roman „Die Lichter von Barcelona“ des mehrfach ausgezeichneten spanischen Schriftstellers und Drehbuch-Autors Pere Cervantes (51). Die Handlung des Romans beginnt direkt nach dem Zweitem Weltkrieg im Jahr 1945 und setzt sich über 1947 bis 1949 fort. Diese Zeitspanne war einerseits die Zeit der Erholung vom Krieg, andererseits die düsterste Zeit der spanischen Diktatur in der Verfolgung des politischen Widerstands, eine Zeit gesellschaftlicher Unsicherheit, eine Phase der andauernden Bespitzelung. „Es war eine Art Waffenstillstand, während dem es verboten war, bei Tisch über Politik zu sprechen und die [Menschen] zu erwähnen, die nicht da waren, vor allem, wenn der Krieg und seine Folgen schuld daran waren.“ In dieser dunklen Zeit wächst der 13-jährige Nil Roig in der alleinigen Obhut seiner Mutter Soledad auf, denn Vater David lebt seit Jahren als Mitglied einer Widerstandsgruppe im Verborgenen. Nur des Vaters Stimme, der früher Hollywood-Filme synchronisierte, ist dem Sohn auf alten Filmrollen geblieben. Um den armseligen Lohn seiner Mutter aufzustocken, bringt der Junge mit seinem Fahrrad die jeweils benötigten Filmrollen von einem Kino zum anderen. Ansonsten entzieht sich Nil der Wirklichkeit des unbarmherzigen Alltags, indem er in die Traumwelt der Filme und verbotenen Bücher entflieht. Beides ermöglicht ihm Buchhändler Leo, der nicht nur ein kleines Antiquariat betreibt, sondern im Keller auch ein geheimes Kino. Väterliche Freunde sind zudem der Filmvorführer Bernardo und sein Lebensgefährte und Platzanweiser Paulino. Eines Tages wird Nil im heimischen Hausflur Zeuge eines Mordes. Der Sterbende steckt ihm noch ein Schauspieler-Sammelfoto zu und flüstert den Namen seines Vaters David. Bald bekommt Nil zu spüren, dass andere auf der Jagd nach diesem Foto sind. Nicht nur der Zeitrahmen der Handlung, das Gefängnis von Montjuïc und Leos Antiquariat mit verbotenen Büchern erinnern zwangsläufig an die ab 2001 erschienene vierbändige Bestseller-Reihe „Friedhof der vergessenen Bücher“ von Carlos Ruiz Zafón über die Geschehnisse um die Buchhandlung Sempere & Söhne in Barcelona. Wohl ganz bewusst hat der Limes Verlag für den Cervantes-Roman „El chico de las bobinas“ - auf Deutsch „ Der Junge mit den Filmrollen“ – deshalb auch als Titel „Die Lichter von Barcelona“ gewählt, ähnelt dieser doch Zafóns viertem Band „Das Labyrinth der Lichter“ aus dem Jahr 2017. Doch an das literarische Niveau Zafóns reicht Pere Cervantes keinesfalls heran. Bei ihm spürt man vielmehr die Erfahrung des modernen Drehbuch-Autors. Die Handlung ist stark vereinfacht, die Personenzahl überschaubar, was der Autor von seinem Alter Ego am Schluss indirekt bestätigen lässt: „Um mit den Stimmen einiger weniger die Geschichte so vieler zu erzählen.“ Cervantes' Protagonisten sind zu strikt in bitterarme, politisch verfolgte Republikaner, die wie in einem Ghetto zusammenleben, sowie reiche System- und Kriegsgewinnler (Falangisten) eingeteilt. Dazwischen scheint es nichts und niemanden zu geben. Besonders störend ist vor allem die in Einzelheiten ergehende Schilderung sexueller und gewalttätiger Misshandlungen an den Opfern des Geheimdienstlers Victor Valiente, wo schon Andeutungen ausreichend gewesen wären. Dadurch verliert der Roman leider zusätzlich an literarischem Niveau. Dennoch: Das Buch „Die Lichter von Barcelona“ ist durchaus spannend, nur historisch allzu klischeehaft. So bleibt es allein ein gut zu lesender und aktionsreicher, deshalb sicher gut verfilmbarer Unterhaltungsroman mit interessanter Handlung.

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Mit den ersten freien Wahlen endete 1977 das diktatorische Franco-Regime. Doch die politische und literarische Aufarbeitung der grausamen und Millionen Opfer fordernden Militärdiktatur begann erst in den 2000er Jahren. Die Auswirkungen des Franquismus halten gesellschaftlich und politisch sogar bis heute an. Vergleichbar vor allem mit der deutschen Nachkriegsliteratur, sind deshalb in Spanien die Jahre der Franco-Diktatur noch immer ein für Autoren wichtiges Thema. Aktuelles Beispiel ist der im Juli im Limes Verlag veröffentlichte Roman „Die Lichter von Barcelona“ des mehrfach ausgezeichneten spanischen Schriftstellers und Drehbuch-Autors Pere Cervantes (51). Die Handlung des Romans beginnt direkt nach dem Zweitem Weltkrieg im Jahr 1945 und setzt sich über 1947 bis 1949 fort. Diese Zeitspanne war einerseits die Zeit der Erholung vom Krieg, andererseits die düsterste Zeit der spanischen Diktatur in der Verfolgung des politischen Widerstands, eine Zeit gesellschaftlicher Unsicherheit, eine Phase der andauernden Bespitzelung. „Es war eine Art Waffenstillstand, während dem es verboten war, bei Tisch über Politik zu sprechen und die [Menschen] zu erwähnen, die nicht da waren, vor allem, wenn der Krieg und seine Folgen schuld daran waren.“ In dieser dunklen Zeit wächst der 13-jährige Nil Roig in der alleinigen Obhut seiner Mutter Soledad auf, denn Vater David lebt seit Jahren als Mitglied einer Widerstandsgruppe im Verborgenen. Nur des Vaters Stimme, der früher Hollywood-Filme synchronisierte, ist dem Sohn auf alten Filmrollen geblieben. Um den armseligen Lohn seiner Mutter aufzustocken, bringt der Junge mit seinem Fahrrad die jeweils benötigten Filmrollen von einem Kino zum anderen. Ansonsten entzieht sich Nil der Wirklichkeit des unbarmherzigen Alltags, indem er in die Traumwelt der Filme und verbotenen Bücher entflieht. Beides ermöglicht ihm Buchhändler Leo, der nicht nur ein kleines Antiquariat betreibt, sondern im Keller auch ein geheimes Kino. Väterliche Freunde sind zudem der Filmvorführer Bernardo und sein Lebensgefährte und Platzanweiser Paulino. Eines Tages wird Nil im heimischen Hausflur Zeuge eines Mordes. Der Sterbende steckt ihm noch ein Schauspieler-Sammelfoto zu und flüstert den Namen seines Vaters David. Bald bekommt Nil zu spüren, dass andere auf der Jagd nach diesem Foto sind. Nicht nur der Zeitrahmen der Handlung, das Gefängnis von Montjuïc und Leos Antiquariat mit verbotenen Büchern erinnern zwangsläufig an die ab 2001 erschienene vierbändige Bestseller-Reihe „Friedhof der vergessenen Bücher“ von Carlos Ruiz Zafón über die Geschehnisse um die Buchhandlung Sempere & Söhne in Barcelona. Wohl ganz bewusst hat der Limes Verlag für den Cervantes-Roman „El chico de las bobinas“ - auf Deutsch „ Der Junge mit den Filmrollen“ - deshalb auch als Titel „Die Lichter von Barcelona“ gewählt, ähnelt dieser doch Zafóns viertem Band „Das Labyrinth der Lichter“ aus dem Jahr 2017. Doch an das literarische Niveau Zafóns reicht Pere Cervantes keinesfalls heran. Bei ihm spürt man vielmehr die Erfahrung des modernen Drehbuch-Autors. Die Handlung ist stark vereinfacht, die Personenzahl überschaubar, was der Autor von seinem Alter Ego am Schluss indirekt bestätigen lässt: „Um mit den Stimmen einiger weniger die Geschichte so vieler zu erzählen.“ Cervantes' Protagonisten sind zu strikt in bitterarme, politisch verfolgte Republikaner, die wie in einem Ghetto zusammenleben, sowie reiche System- und Kriegsgewinnler (Falangisten) eingeteilt. Dazwischen scheint es nichts und niemanden zu geben. Besonders störend ist vor allem die in Einzelheiten ergehende Schilderung sexueller und gewalttätiger Misshandlungen an den Opfern des Geheimdienstlers Victor Valiente, wo schon Andeutungen ausreichend gewesen wären. Dadurch verliert der Roman leider zusätzlich an literarischem Niveau. Dennoch: Das Buch „Die Lichter von Barcelona“ ist durchaus spannend, nur historisch allzu klischeehaft. So bleibt es allein ein gut zu lesender und aktionsreicher, deshalb sicher gut verfilmbarer Unterhaltungsroman mit interessanter Handlung.

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Eine meiner liebsten europäischen Städte ist eindeutig Barcelona, da konnte ich bei diesem wunderschönen Cover mit dem Titel „Die Lichter von Barcelona“ nicht nein sagen. Pere Cervantes Liebeserklärung an die katalanische Meteropole und seinen unverkennbaren Stil hat Lisa Grüneisen perfekt eingefangen. Vielen Dank an den Limes Verlag und @bloggerportal für diese schöne Hardcoverausgabe. Ein Tribut an eine längst vergessenen Zeit der Filmrollen und Kinovorführräume: Ein Zeitreise in das Barcelona unter dem Franco Regime Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg scheint Spanien unter dem Franco Regime immer noch nicht aufatmen zu können. Der 12-jährige Nil unterstützt seine Mutter Soledad, indem er Filmrollen von einem Kino zum nächsten bringt. Diese Kuriertätigkeit passt perfekt zu seiner Filmleidenschaft. Er nutzt jede Gelegenheit einen Blick auf seine filmischen Vorbilder zu erhaschen und der Stimme seines Vaters zu lauschen, welcher vor seinem Verschwinden als Synchronsprecher gearbeitet hat. Eines Tages beobachtet der einarmige Junge einen Mord im Hauseingang. Bevor das Opfer seinen letzten Atemzug macht, steckt es Nil ein Schauspielersammelbild zu und flüstert den Namen seines Vaters. Besessen von der Idee mehr über den Verbleib seines Vaters zu erfahren, macht Nil sich auf die Suche nach Antworten, aber da ist er nicht der Einzige. Das Buch ist in vier Teile geteilt und läuft chronologisch von 1945 bis 2021. Der letzte Teil macht den größten Zeitsprung ins Jahr 2021 und der Leser kann einen Blick mit etwas mehr Abstand auf das Geschehene werfen. Cervantes benützt eine sehr bildliche und anschauliche Sprache, ohne jedoch unnötige Längen hineinzubringen, dadurch lässt sich das Buch sehr flüssig und schnell lesen. Die Spannung wird während des ganzen Buches aufrechterhalten und lässt den Leser bis zum Schluss nicht los. Die verschiedenen konstruierten Handlungsstränge sind jeder auf seine Weise dramatisch, informativ und auch ab und zu mal schön. Besonders die realitätsnahe Identifikationsfigur Nil, habe ich ins Herz geschlossen: das Kino als Hoffnungsspender, sein traumatischer Lebensweg und sein Werdegang vom Kind zu einem Erwachsenen mit Ecken und Kanten. Der geschichtliche Roman ist jedoch nichts für zart Besaitete. Die Polizeigewalt des Francoregimes wird in voller Härte und Brutalität detailliert veranschaulicht. Besonders die Folterszenen und „Säuberungsaktionen“ waren zum Erschrecken. Cervantes hat in seiner Recherche sehr genau gearbeitet und kleine Details der Schreckensherrschaft Francos der fiktiven Geschichte verwoben. Natürlich setzt der spanische Autor auch etwas Vorwissen über den Zustand des Landes nach dem Krieg voraus. Zum Glück streut Cervantes noch etwas Hoffnung am Ende ein,, so dass das Leseerlebnis positiv abgerundet werden kann.

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Ein echtes Meisterwerk !

Von: katikatharinenhof

22.08.2022

Zwischen den Trümmern, die als trauriger Überrest das Gesicht Barcelonas entstellt haben, geht der zwölfjährige Nil einer wundervollen Aufgabe nach. Er transportiert die kostbaren Filmrollen von einem Kino zum anderen und schnuppert heimlich Kinoluft, wenn er in die Vorstellungen schleicht. Nur so kann er seinem Vater nahe sein, der als Synchronsprecher den männlichen Darstellern seine Stimme leiht. Für Nil ein Trost in dieser schweren Zeit, denn von seinem Vater fehlt jede Spur. Nil wird zudem Zeuge einer Gewalttat, bei dem das Opfer ihm noch etwas in die Hand drückt - ein geheimnisvolles Foto, das mit dem Namen seines Vaters verbunden und das nicht nur für Nil von großer Bedeutung ist ... Pere Cervantes – ein Name, den man sich definitiv merken m u s s, denn mit diesem Buch ist dem Autor ein echtes Meisterwerk gelungen. Diese Erzählung ist mehr als ein historischer Roman, denn sie vereint Nervenkitzel, große Emotionen, schreckliche Bilder und vielschichtige Charaktere in einer Handlung, die fesselt und mehr als magisch ist. Der Autor weckt seine Figuren auf und zeigt ihre kämpferische, aufrührerische Natur. Allen voran Soledad und Nil, die für mich die tragenden Säulen dieser Geschichte sind. Es ist ein Blick in die grausame Fratze des Krieges, der Unschuldige das Leben kostet, sie für immer zeichnet und der das Böse im Menschen zum Vorschein bringt. Die Franco-Diktatur wird in ihrer ganzen barbarischen Härte und Zerstörung vor den Leser:innen ausgebreitet und lässt das Blut in den Adern gefrieren. Die Bilder der Folter im Gefängnis ätzen sich auf der Netzhaut ein und schnüren die Luft zum atmen ab. Es sind unerträgliche, abscheuliche Szenen, die das ganze Ausmaß der menschenunwürdigen Misshandlungen aufzeigen und die die Tränen ungehindert fließen lassen. Und trotzdem gibt es immer wieder Momente zum Aufatmen. Nämlich dann, wenn Nil in die Welt des Films abtaucht und in der geschützten Atmosphäre des Kinos seinem Vater nah sein kann. Es sind Momente der Hoffnung und des Lichts, die Nil regelrecht umarmen und in denen er den Zauber des Kinos regelrecht einatmet. Bis zum Schluss kleben die Leser:innen förmlich an den Seiten, verfolgen eine Handlung aus der Zeit, in der jede Menschlichkeit fehlt und in der die Menschen lernen müssen, zu überleben - um jeden Preis. Sensibel und atmosphärisch erzählt, erschafft Cervantes eine Geschichte, die berührt und lange in Erinnerung bleiben wird.

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„Literaturwerkstatt- kreativ / Blog“ stellt vor „Die Lichter von Barcelona“ von Pere Cervantes 1945 Barcelona Der 13-jährige Nil Roig lebt mit seiner Mutter Soledad allein in Barcelona. Die beiden kommen so gerade über die Runden. Nil hat während des Krieges bei einem Bombenangriff einen Arm verloren und seine kleine Schwester Rosa hat dabei ihr Leben gelassen. Zudem hat sich Nils Vater dem Widerstand angeschlossen und keiner weiß ob er bereits tot ist oder in einem Militärgefängnis gefangen gehalten wird. „Während sich die Stadt von den Folgen des Kriegs erholt, schlägt sich der zwölfjährige Nil durch, indem er als Kurier Filmrollen von einem Kino zum nächsten bringt. Hin und wieder schleicht er sich in die Vorführungen, um der Stimme seines Vaters zu lauschen, der einst Synchronsprecher war, bevor er vor Jahren verschwand. Doch eines Tages wird Nil auf dem Heimweg Zeuge eines Mordes. Bevor das Opfer seinen Verletzungen erliegt, steckt dieses ihm ein Foto zu und flüstert: »David«. Es ist der Name seines Vaters. Nil beschließt dem Geheimnis des Fotos auf den Grund zu gehen – und merkt bald, dass auch andere auf der Jagd nach Antworten sind …“ Fazit: Pere Cervantes ist schon länger als Schriftsteller tätig und seine Werke wurden vielfach ausgezeichnet. „Die Lichter von Barcelona“ ist allerdings der erste Roman von Cervantes der ins Deutsche übersetzt wurde und er hat bei mir gleich eine Punktlandung hingelegt. Der Schriftsteller macht mit uns eine Zeitreise nach Barcelona ins Jahr 1945. Zurück in die Epoche der „Franco-Diktatur“, den gewaltsamen „Säuberungen“, grausamen Militärgefängnissen und Folterkellern. Die flüssige Erzählweise des Autors ist sehr bildhaft, frei von Längen und Weitschweifigkeit. Der Roman ist spannend geschrieben und Cervantes schafft es mühelos den Spannungsbogen konstant bis zum Schuss aufrecht zu erhalten. Der Roman ist gut konstruiert und die Handlungen nachvollziehbar dargestellt. Hier wurde seitens des Verfassers eine hervorragende, gründliche Recherche betrieben und seine Ausführungen über Spanien bzw. Barcelona werden hier sehr informativ dargestellt. Auf jeden Fall ein durchaus fesselnder geschichtlicher Rückblick. Allerdings schont der Autor uns nicht, denn er beschreibt die bedrohlichen, brutalen Szenen in den Folterkellern Barcelonas doch schon sehr deutlich. Für mich aber durchaus stimmig beschrieben und auch so, dass es für mich persönlich gerade noch erträglich war. Mit Nil Roig hat Cervantes einen beeindruckenden Protagonisten erschaffen, der in seinem jungen Leben schon sehr viel durchstehen musste, daran jedoch auch deshalb nicht zugrunde geht, weil er durch seine Familie und Freunde zum Cineasten wurde. Die Liebe zum Kino rettet ihn und seine Seele. „Eine Hommage an den besonderen Zauber des Kinos, der selbst in dunkelsten Zeiten einen Ort der Hoffnung und Fantasie erschafft.“ Eine Zeitreise nach Barcelona, – ins dunkle Franko-Regime, aber auch in die herrliche Welt des Kinos! Besten Dank an den „Limes Verlag“ für das Rezensionsexemplar.

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