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Rezensionen zu
Männer und Frauen

Yosano Akiko

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Die Essaysammlung Männer und Frauen von Yosano Akiko ist voller kluger Einsichten und von brennender Aktualität. Daher überrascht es umso mehr, dass die japanische Dichterin und Frauenrechtlerin die meisten von ihnen schon vor über 100 Jahren geschrieben hat. Sie nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Zur vermeintlichen Überlegenheit von Männern etwa stellt sie 1911 (!) fest: „Vergleicht man Männer untereinander, zeigt sich alsbald, dass viele im Bezug auf Wissen, inneren Reichtum und Willenskraft nicht an durchschnittliche Frauen heranreichen.“ Eine noch heute z.B. im Rahmen der equal-pay-Debatte sehr treffende Schlussfolgerung. Folgerichtig setzt sie dem bushidō (Weg des Kriegers) den fudō (Weg der Frau) entgegen, den sie über die ursprüngliche Begriffsbedeutung (Verhaltensweisen und häusliche Tugenden) ausweitet und als Ursprung allen wahren Glücks der Menschheit benennt. Sie setzt sich in den Essays mit wesentlichen Themen auseinander. Dem Recht von Frauen auf gleiche Bildung. Dem Wahlrecht. Dem Thema Geburt und Kinder und dem zu kleinen Beitrag den Männer im Haushalt leisten. Mit radikalem Verve wendet sich Akiko dabei gegen das Bestehende, greift etwas den konservativen japanischen Innenminister frontal an, der die politische Beteiligung von Frauen für unsittlich hält. Sie kritisiert das Zensuswahlrecht (nur 1% der Japaner ist zu diesem Zeitpunkt für das Unterhaus wahlberechtigt) und die Parteienoligarchie, die mit einer verkrusteten Bürokratie jeden Fortschritt verhindert. Die dreizehnfache Mutter scheut den Tabubruch und die harte Konfrontation mit dem Establishment zu keinem Zeitpunkt. Ihr bahnbrechendes Schreiben ist hier erstmals auf Deutsch zu entdecken. Ebenfalls im Auswahlband enthalten sind zwei Berichte über das Wüten der Spanischen Grippe in Japan, die die interessante Sammlung (hauptsächlich feministischer Essays) abrunden. Man darf sehr gespannt auf weitere Übersetzungen ihres Werkes sein. Eine klare Empfehlung für diese anregende und spannende Lektüre.

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Die Japanerin Yosano Akiko (1878-1942) war eine beeindruckende Frau, literarisch innovative und produktive Tanka-Dichterin, Feministin, Publizistin, vehemente Verfechterin von Demokratie und Frauenrechten und eine Schlüsselfigur des kulturellen Lebens Japans zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mir war diese faszinierende und weitsichtige Frau vor der Lektüre des von Eduard Klopfenstein aus dem Japanischen übersetzten und zusammengestellten Essaybands „Männer und Frauen“, erschienen am 23. Mai 2022 im @manesse.verlag, keinerlei Begriff! Vielen lieben Dank an den Verlag und @bloggerportal für dieses überaus bereichernde Rezensionsexemplar, das im Rahmen der Initiative #MehrKlassikerinnen herausgebracht wurde. In „Männer und Frauen“ finden sich Essays und Zeitungsartikel zu zentralen Themen Yosano Akikos literarischem Schaffen, die primär in den Jahren 1911-1920 entstanden sind. Eduard Klopfenstein hat die Artikel im vorliegenden Band in vier Kategorien sortiert. Zunächst finden sich zwei sehr persönliche Essays in denen Yosano Akiko ihr literarisches Schaffen und ihr Selbstbild als Schriftstellerin ebenso reflektiert wie ihre Rolle als (dreizehnfache!) Mutter und die Erfahrungen von Wochenbett und dem Verlust eines Kindes. Im zweiten Abschnitt schließen sich ihre Gedanken zur Beziehung der Geschlechter, der Stellung der Frau und ihrer Gleichberechtigung an gefolgt von ihren Ausführungen zu Politik und Demokratie und der weiblichen Teilhabe an Bildung und dem politischen Leben. Abgeschlossen wird der Essayband mit zwei Artikeln, die Akikos Pandemieerfahrungen während der Spanischen Grippe 1918-1920 in Japan widerspiegeln. Ergänzt werden die Essays durch eine ausführliche chronologische Biographie und ein sehr gelungenes und erhellendes Nachwort des Übersetzers, das Yosako Akiko und ihr literarisches Werk in den gesellschaftlichen und zeitlichen Kontext seiner Entstehung einbettet. Das Verhältnis von Mann und Frau, Liebe, Ehe, Sexualität, Mutterschaft und die Gleichberechtigung von Frauen sowie ihre Teilhabe am öffentlichen Leben, an Bildung und Politik sind zentrale Themen in Yosano Akikos Werk und auch der Fokus dieses Essaybandes. Diese Schriftstellerin setzte sich unermüdlich für Veränderungen in Politik und Gesellschaft ein, forderte selbstbewusst, reflektiert und ihrer Zeit weit voraus eine Gleichstellung der Geschlechter, äußerte sich kritisch zu Freiheit und Individualität, Erziehung und Bildung, Arbeit, Politik und Demokratie, Krieg und Frieden. Akikos Argumente sind stichhaltig und weitsichtig. Sie äußerte mutig und klug ihre Ansichten und versuchte unermüdlich ein Umdenken in gesellschaftlichen und politischen Fragen anzustoßen und trat für die Selbstermächtigung und gleichberechtigte Teilhabe der Frau und ein Aufbrechen tradierter Rollenmuster ein. Diese über hundert Jahre alten Essays haben sich für mich unglaublich modern gelesen und sind leider in vielen Punkten noch immer aktuell und sprechen Themen, vor allem in Hinblick auf die chronische Unterschätzung und Benachteiligung von Frauen in der Gesellschaft an, die leider immer noch relevant sind. Sie plädierte für die Gleichstellung der Geschlechter, die noch immer überfällig ist, und ist darum noch immer höchst lesenswert. Besonders beeindruckt hat mich, wie weitsichtig und mutig sich diese Frau für ihre Überzeugungen eingesetzt hat und wie anachronistisch ihre Ansichten im Japan des beginnenden 20. Jahrhunderts gewesen sein müssen, welche radikalen Tabubrüche ihr gesellschaftliches und politisches Engagement in der damaligen patriarchalen Gesellschaft dargestellt haben muss! „Männer und Frauen“ ist ein Essayband voller Elan und kluger Argumente, der noch immer gesellschaftlich höchst relevante Themen in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter, weibliche Teilhabe, Politik und Gesellschaft mit sehr persönlichen Erfahrungen der Dichterin zu Liebe und Mutterschaft, ihrem literarischen Selbstverständnis und Pandemieerfahrungen vereint. Ein Band, der aktuelle feministische und gesellschaftliche Themen aufgreift und gleichzeitig eine neue Facette Japans beleuchtet. Ganz klar, ein horizonterweiternder, lesenswerter Band! Ich würde gerne auch das lyrische Werk der profilierten Tanka-Dichterin Yosano Akiko kennen lernen, die mich hier als Frauenrechtlerin, Kritikerin und geistige Vorkämpferin beeindruckt hat!

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Eine faszinierende und weitsichtige Frau

Von: Japan Connect (Fabienne)

09.10.2022

Yosano Akiko (1878-1942) war eine beeindruckende Frau, Lyrikerin und Aktivistin. Als Mutter von 11 Kindern und teilweise Haupternäherin der Grossfamilie, verfasste sie unzählige Gedichte - teilweise noch im Wochenbett - und engagierte sich für soziale und politische Themen, um Frauen politische Mitsprache und mehr Achtung zu erkämpfen. Das Buch ist hervorragend übersetzt und liest sich sehr flüssig. Die Auszüge aus Essays zu vier Themen (Persönliches, Soziales, Politisches, Gesundheitliches) beleuchten Yosano und ihr Denken aus verschiedenen Winkeln und ermöglichen so einen umfassenden Eindruck von der Autorin und ihrem Denken. Die Auseinandersetzung mit Yosano wird durch das ausführliche Nachwort weiter vertieft. Zu 5 Sternen hat es nicht gereicht, weil mir der persönliche Teil zu wenig in die Tiefe ging und ich die Gedanken Yosanos zur Erziehung gerne ausgeführt gesehen hätte. Nichtsdestotrotz ist dieses Buch sehr empfehlenswert.

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Die japanische Dichterin und Essayistin Yosano Akiko war ein Mensch, den es zu entdecken lohnt. Die Entdeckung dieser Autorin wurde uns überhaupt erst durch die Essaysammlung "Männer und Frauen" des Manesse Verlags (2022) und dem Übersetzer Eduard Klopfenstein zugänglich gemacht, da Akiko außerhalb von Japan noch sehr unbekannt ist. Klopfenstein nutzt unterschiedliche Essays zu verschiedenen Themengebieten, um uns diese tapfere, nach Gleichberechtigung von Männer und Frauen kämpfende und weitsichtige Persönlichkeit vorzustellen. Darunter sind Kapitel über ihre persönlichen Erfahrungen als Mutter (sie hat unglaubliche 13 Kinder zur Welt gebracht!), das Geschlechterverhältnis zwischen Mann und Frau und die weibliche Stellung in der Politik. Dabei hinterfragt sie immerzu kritisch den Status-Quo und beweist einen feministischen Weitblick, der nur faszinierend sein kann. Besonders, wenn man die Zeit bedenkt, zu der sie aufgewachsen ist und gelebt hat. Abgerundet wird diese Sammlung von einem großartigen Nachwort von Klopfenstein selbst, in dem er die damalige und bis heute noch reichende gesellschaftliche Bedeutung von Yosano Akiko darlegt.

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Die Japanerin Yosano Akiko (1878-1942) war Tanka-Dichterin, aber auch Essayistin und Feministin. Im Manesse Verlag ist eine Sammlung ihrer Texte erschienen, herausgegeben und übersetzt von Eduard Klopfenstein. Als Leser merkt man schnell, dass man mit den Essays in die Gedankenwelt einer Frau eintauchen darf, die nicht nur mutig und selbstbewusst war, sondern vor allem ihrer Zeit voraus und die sich gegen alte (patriarchale) Strukturen und die Unterdrückung von Frauen in der japanischen Gesellschaft aufgelehnt hat. In den Essays spricht sie sich für ein Bildungsrecht ebenso wie für das Wahlrecht von Frauen aus. Sie ist davon überzeugt, dass Frauen in allen Bereichen arbeiten sollten, dass sie nicht an das Haus und den Haushalt gebunden werden dürfen. Außerdem ist sie für den Einzug der Demokratie in allen Lebensbereichen. Hierarchien und Klassendenken, Eintrittsprüfungen für Bildungsanstalten, getrennte Schulen für Mädchen und Jungen, unterschiedliche Abteile in Eisenbahnen, das Monopol der “parasitären Eliten” und “Parteioligarchien” über die Politik: all das muss nach Akikos Ansicht dringend überwunden werden. Während sie ihre progressiven Argumente entfaltet, wischt sie gleichzeitig Gegenargumente mit Vehemenz und Logik beiseite. Sie lässt sich nicht beirren und rechnet mit den altmodischen Meinungen der Spießer und Schwadroneure, wie sie sie selbst nennt, ab. Man muss sich während des Lesens manchmal daran erinnern, dass man es mit Texten zu tun hat, die vor über hundert Jahren in Japan verfasst wurden. Vieles fühlt sich allzu nah an, kann auf unsere Gesellschaft übertragen werden und hat somit an keinerlei Bedeutung verloren. Welch große Wirkung Akikos Worte und Ideen zur damaligen Zeit gehabt haben müssen und wie sehr sie als Tabubrüche wahrgenommen wurden, lässt sich erahnen. Die Lektüre der Texte ist vor allem in der Hinsicht horizonterweiternd, als dass sie zeigt, dass es zu allen Zeiten und in allen Kulturen Menschen gab, die Weitsicht bewiesen haben und die den Mut hatten, gegen den Strom zu schwimmen. Yosano Akiko gehörte zu ebenjenen. Ihre Texte beweisen es.

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Yosano Akiko (1878-1942), geboren als Hō Shō, war eine ungewöhnliche Frau. Sie brachte insgesamt 13 Kinder auf die Welt, von denen 2 noch als Säugling verstarben. Gleichzeitig setzte sie sich für die Gleichberechtigung der Frau ein und äußerte sich immer wieder politisch. Mit „Männer und Frauen“ gibt Manesse ihre Essays, Zeitungsartikel und Lieder zum ersten Mal auf Deutsch heraus. Die Dichterin wurde zu einer Zeit geboren, als in Japan Bildung vornehmlich Jungen vorbehalten war. Während die Brüder also auf erstklassige Schulen geschickt wurden, las sich Yosano Akiko aus eigenen Antrieb durch die Bibliothek des Vaters. Mit 22 Jahren verließ sie die Familie, um ihrem zu dem Zeitpunkt noch verheirateten Geliebten zu folgen, dem Dichter Yosano Tekkan – damals ein unfassbarer Skandal. Mit ihm hatte sie 11 Kinder, reiste aber auch nach Europa und veröffentlichte ihre Tanka-Gedichte, später auch Essays. In „Männer und Frauen“ stellt Eduard Klopfenstein diese späteren Texte nach Themengebieten zusammen. Den Anfang macht Persönliches über ihr Schreiben, aber auch die schmerzhafte Zeit im Wochenbett, die sie die „schwache Konstitution der Frau“ vehement in Frage stellen lässt. Weiter geht es mit überraschend feministischen Essays zur Gleichstellung der Frau. Die Dichterin fordert vor allem Bildung für die „neuen Frauen“, wie sie sie nennt. Denn ihrer Meinung nach sind Männer keinesfalls fähiger, sie haben nur die besseren Voraussetzungen. Darüber hinaus betont sie zwar auch die Bedeutung der Familie, das sollte im Hinblick auf die Zeit und vielleicht auch den Kulturkreis nicht verwundern. Im nächsten Kapitel sind politische Texte zusammengefasst, in denen Yosano Akiko die Regierung stark kritisiert und sich für eine Politik mit und für Frauen einsetzt. Sie lehnt arrangierte Ehen ab und befürwortet das gemeinsame Unterrichten von Jungen und Mädchen. Ergänzt wird die Sammlung durch zwei Texte über den Ausbruch der Spanischen Grippe, deren Lektüre so manchem Impfgegner nicht schaden würde. Fazit: Zu Unrecht geriet diese bemerkenswerte Frau in Vergessenheit, was sich hoffentlich mit dem vorliegenden Buch endlich ändert.

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2022 Männer und Frauen Autorin: Yosano Akiko Verlag: Manesse Erscheinungsdatum: 23.05.2022 Auswahl der Texte, Übersetzung und Nachwort: Eduard Klopfenstein Genre: Essays, Sammlung "Die Japaner liegen jedoch in ihrer inneren zivilisatorischen Entwicklung noch weit hinter den Europäern zurück. Besonders die japanischen Frauen haben in überwiegender Mehrheit keine Vorstellung von Würde oder von der Zielsetzung der menschlichen Existenz; vielmehr schwanken sie wie Treibgut auf den Wellen der materiellen Zivilisation. Rousseau hat einmal dem Sinne nach Folgendes gesagt: >>Ich bilde nicht in erster Linie Gelehrte, Politiker oder Generale aus, sondern Menschen.<< In gleicher Weise ist es die dringlichste Pflicht, den japanischen Frauen, noch bevor sie Ehefrauen und Mütter werden, das wahre Bewusstsein von der Gleichheit als Menschen einzupflanzen. Ideen, die in Europa bald schon zum alten, etablierten Bestand gehören werden - seien es der Naturalismus oder die Frauenrechte -, müssen in Japan endlich als lebendiges Gedankengut von Grund auf studiert werden." (aus "Die essenzielle Gleichheit von Mann und Frau") Yosano Akiko (1872-1942) war zu Lebzeiten eine viel beschäftigte Frau. Schon in jungen Jahren stieg sie im wohlhabenden Familiengeschäft ein und wurde später Schriftstellerin, Essayistin, Poetin. Sie war dreizehnfache Mutter, Frauenrechtlerin und politisch sehr engagiert. Über die Person Yosano Akiko (Akiko ist hier der Vorname) gibt es nicht weniger zu erfahren als über ihre schriftstellerischen Werke. Yosano Akiko gehörte zu Zeit ihrer schriftstellerischen Karriere zu den bekanntesten weiblichen Autorenstimmen Japans. 1942, mitten in den Tumulten des Pazifikkrieges, verstarb sie im Alter von 63 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls. Mit ihrem Tod, so schien es, starb auch ihre Arbeit als Schriftstellerin. In Japan wurde die Werke von Yosano erst Jahrzehnte später wieder entdeckt, es würde weitere Jahrzehnte aber dauern, bis ihre Themenvielfalt rund um Frauenrechte sowie ihre poetischen Arbeiten wieder an Relevanz gewinnen. Besonders in ihren späteren Lebensjahren jedoch galt sie in ihrer Heimat aufgrund ihrer politischen Ansichten als kontrovers. Heute sind ihre Verdienste als Autorin aber kaum höher einzuschätzen. "Männer und Frauen", so der simple Titel der Hardcover-Ausgabe, ist Yosanos deutschsprachiges Debüt. Der erfahrene Japanologe Eduard Klopfenstein stellte hier eine Sammlung an verschiedenen Essays von Yosano Akiko zusammen, die aus verschiedensten Schaffensphasen aus ihrem Leben stammen. Überraschend gut hat mir hier die variierende Themenvielfalt gefallen, die sehr sorgsam ausgewählt wurde. Zwar nimmt das Thema rund um Gleichberechtigung der Geschlechter in diesem Band einen großen Teil ein, aber die Autorin schreibt hier auch gerne entspannt über den Alltag, das Leben als vielfache Mutter sowie Japans damalige Politik. Was hier vermuten lässt, die Autorin wolle in diesen Essays den Lesern vielleicht per Holzhammermethode ihre feministischen und politischen Ansichten aufzwingen, haben wir es stattdessen wieder einmal mit der einzigartigen japanischen Harmonie zu tun, die ich an der japanischen Literatur so sehr schätze. Yosano Akiko ist eine Frau mit klaren Ansichten und mit einer klaren Lebensphilosophie. Doch wir lernen in den verschiedenen Texten auch eine gefühlvolle, einsichtige Frau kennen. Besonders zu Beginn des Buches wird dies deutlich, wenn die Autorin auf eine junge Generation an Schriftstellerin vorausblickt und sich über dessen Zukunft Gedanken macht. Yosano spricht aber vor allem auch über ihr eigenes Leben als Schriftstellerin und welche Hürden darin bestehen, Auftragsarbeiten annehmen zu müssen, um die Familie zu ernähren und die Texte schreiben zu dürfen, die ihr auf der Seele liegen. Es sind sehr inspirierende, motivierende Worte, die zum nachdenken anregen. Die ausgewählten Essays sind allesamt extrem kurzweilig. Die Autorin zeigt in den verschiedenen Werken ein sehr geschicktes Händchen darin, immer schnell zum Punkt zu kommen, trotzdem aber alles wichtige zu erzählen. Zum Abschluss des Bandes befinden sich noch zwei sehr interessante Essays aus den Jahren 1918 und 1920, die die spanische Grippe thematisieren und die auch auch vor Japan keinen Halt machte. Die Texte sind oftmals mit der großen Leidenschaft von Asano verknüpft: Der japanischen Dichtkunst. Sehr oft baut sie in ihren Texten kleine Tankas und Haikus mit ein: "Lebenstausch zwischen einem Kind und seiner Mutter... Kiste aus Holz als kostbares Gefäß Das Nichts gebären den Tod gebären Gewaltige Dinge ... höre davon an der Grenze von Traum und Wirklichkeit" (aus "Aufzeichnungen aus dem Wochenbett") Das hier präsentierte Gedicht setzt sich natürlich mit einem finsteren Lebensereignis der Autorin auseinander. Nach 130 Seiten etwa folgt ein ausführliches Nachwort von Eduard Klopfenstein, der mal wieder seine langjährige Expertise als Japanologe zum Ausdruck bringt. Hier lernen wir noch mehr über das bewegte Leben von Yosano Akiko als Schriftstellerin, aber auch als Mensch. Abschließende Gedanken Die erste deutschsprachige Übersetzung von Yosano Akiko sehe ich als eine sehr gelungene Sache. Besonders die bereits angesprochene Themenvielfalt von "Männer und Frauen" sorgt für einen angenehmen Lesefluss. In die Welt der Autorin einzutauchen war eine interessante Erfahrung und ich wünschte mir, aus dieser schriftstellerischen Periode aus Japan würde im deutschsprachigen Raum kontinuierlich etwas neues erscheinen. Yosano Akiko legte den Grundstein für japanische Schriftstellerinnen im modernen Japan. Mit MurasakiShikibu und Sei Shonagon hatte man berühmte Schriftstellerinnen aus der japanischen Antike. Doch was genau passierte, als dieses hohe Ansehen bei japanischen Schriftstellerinnen über die Jahrhunderte geringer wurde? Yosano Akiko macht sich über solche Themen Gedanken. Mehr als 70 Jahre nach ihrem Tod wäre sie aber vermutlich sehr stolz darauf, welch hohes Ansehen japanische Romanschriftstellerinnen heute wieder genießen, die mit ihren Werken weltweite Erfolge feiern. Ob Banana Yoshimoto, Yoko Ogawa, Hiromi Kawakami, Sayaka Murata - oder Mieko Kawakami, die praktisch die zeitgenössische Stimme von Yosano Akiko ist - sie alle führen in beeindruckender Weise das fort, wofür Yosano Akiko in ihren Texten gekämpft hat. Eine beeindruckende kleine Zeitreise in eine schwierige Epoche der japanischen Literatur, über die im Westen noch immer zu wenig bekannt ist. Solche Veröffentlichungen sorgen dafür, diese Lücken zu schließen.

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