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Rezensionen zu
Die nicht sterben

Dana Grigorcea

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Hervorragend und sehr lehrreich!

Von: Alpenlandkunst

02.02.2022

Der Kommunismus in Rumänien ist nicht mehr, das Regime gestürzt, doch manche Dinge ändern sich trotzdem nicht so schnell. Alteingesessene Strukturen sterben nicht so schnell aus, genauso wie die Geschichte eines Landes, Aberglaube und Gewohnheiten. All dies erlebt eine rumänische Künstlerin, als sie zu einem Besuch zu ihrer Großtante in die Kleinstadt B. kommt. Die Zeit schien still gestanden zu haben, und nach dem die Güter den damals Enteigneten wieder zurück gegeben wurden, lebt man mehr in der Vergangenheit als in der Gegenwart. Bei den Vorbereitungen zu einem Begräbnis wird in der Familiengruft eine geschändete Leiche gefunden. Und so ganz zufällig geschah dies auf dem Grab Vlad des Pfählers, uns besser bekannt als Graf Dracula. Mit anderen Worten: Die Vergangenheit ist im Ort sehr präsent. Viel wird sich über den grausamen Herrscher erzählt – und viel erfahren wir auch über die tatsächlichen historischen Begebenheiten aus jenen Zeiten in Siebenbürgen (Transylvanien) und der Walachei. Die Autorin versteht es wunderbar, Bilder zu erzeugen. Sie spielt mit unserer Fantasie, lässt Banales schrecklich, und Schreckliches beinahe schon alltäglich, banal erscheinen. Gegenwart, Postkommunismus und Vergangenheit verschwimmen. Das eine ist mit dem anderen verwoben, man kommt nicht aus, eine Flucht zwecklos. Das Jetzt erscheint oft fremder als das was war, und als Leser wird man mitten hinein gerissen … herrlich und ganz klare Leseempfehlung (nicht umsonst war das Buch auf der Longlist zum Buchpreis 2021)

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„Nun will ich Ihnen aber die blutrünstige Geschichte erzählen, die sich in B. zugetragen hat; ich rufe ihn als Zeugen auf, meinen Vorfahren Vlad den Pfähler, dessen Blut in meinen Adern fließt.“ (33) Es hat sich viel, sehr viel verändert, seit die namenlose Ich-Erzählerin das letzte Mal in B. gewesen ist, jenem kleinen Ferienort bei Transsylvanien, in der sie als Kind ihre Sommerferien verbrachte. Was ihr einst malerisch und idyllisch erschien, ist nun heruntergekommen, vernachlässigt, irgendwie geschrumpft. Die meisten jungen Menschen haben das Städtchen verlassen, suchen ihr Glück in verheißungsvolleren Ländern Europas. Doch plötzlich rückt B. in den Fokus internationaler Aufmerksamkeit: In der Familiengruft der Erzählerin wird das Grab Vlads des Pfählers entdeckt, jenes sagenumwobenen Fürsten – und ihres Vorfahren, darauf ein grausam zugerichteter Leichnam. Der ebenso findige wie windige Bürgermeister wittert die Chance, damit B. zu seinem alten Glanz zu verhelfen: Ein „Dracula-Park“ soll neuen Aufschwung in die Gemeinde bringen. Während er nach Investoren sucht und in fiebrige Geschäftigkeit verfällt, geht in der Erzählerin eine merkwürdige Veränderung vor sich, die mit einem bizarren nächtlichen Besuch ihren Anfang nimmt. Sollte die Vampirlegende ihres Ahnen doch mehr sein als nur eine gespenstische Fantasie? Dana Grigorceas „Die nicht sterben“ bietet ein außergewöhnliches Leseerlebnis. Meisterhaft verwebt die Autorin die Legenden einer längst vergangenen Zeit mit der jüngeren Geschichte Rumäniens und deren Folgen für die Gegenwart. Durch die poetische Sprache, den suggestive Erzählstil und die Vermischung unterschiedlicher Zeit- und Wahrnehmungsebenen scheint die Erzählung der Realität enthoben zu sein. Sie entzieht sich jeder Zeit- und Genrezuschreibung, ist teils Phantasmagorie und erinnert damit im besten Sinne an klassische Schauergeschichten, in denen unvermutet das Unerklärliche die Wahrnehmung der Wirklichkeit verzerrt; gleichzeitig bildet sie das nur allzu realistische gesellschaftliche Porträt eines postkommunistischen Staates mit seiner ganz eigenen Form des „Vampirismus“ ab. Ganz große Leseempfehlung!

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Im Zuge des Preislistenlesens wurde ich auf Dana Grigorceas Buch „Die nicht sterben“, das für die Longlist des Deutschen Buchpreis 2021 nominiert wurde, aufmerksam. Eine wirklich passende Herbstlektüre. Spannend, dabei schlau geschrieben, nimmt uns das Buch mit in das Dorf B. In die Walachei. Hier wird nach einem Unglück das Grab Vlad des Pfählers gefunden und mysteriöse Ereignisse nehmen ihren Lauf. Es geht immer wieder um Macht und Machtmissbrauch sowie der Sehnsucht nach einer starken führenden Hand, der Verklärung von Diktaturen und dass man vorsichtig mit seinen Wünschen sein soll, sie können in Erfüllung gehen. Dabei werden viele grausame Geschichten erzählt, gelacht und gezeichnet. Die Protagonistin führt uns durch alle Handlungsstränge mit vielen Verweisen zu allen Formen der Kunst und einem nahezu unerschöpflichen Vorrat an lateinischen Zitaten. Extrem kurzweilig, extrem spannend, extrem gut erzählt.

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„Nun aber will mir scheinen, dass gerade das Gegenteil stimmt, dass also jegliche Reihenfolge einen Sinn ergibt, da es nicht um Ursache und Wirkung geht, sondern nur um eines: Schicksal.“ (Zitat Seite 59) Inhalt Eine junge Künstlerin aus Bukarest kehrt nach Abschluss ihres Masterstudiums in Paris in ihre Heimat zurück. Sie besucht ihre Großtante Margot, die sie Mamargot nennt, in der Kleinstadt B., wo sie mit ihrer Familie alle Sommerferien ihrer Kindheit verbracht hatte. Damals war die Villa nur gemietet, nach 1989 wurde das Anwesen an ihre Großtante zurückgegeben. Hier erhofft sich die junge Malerin mehr Inspirationen für ihre Bilder, als an allen anderen Orten der Welt. Doch B. hat sich in den Jahren ihrer Abwesenheit verändert, viele Menschen sind weggezogen, die Häuser dem Verfall überlassen. Als in der Gruft ihrer Familie das Grab von Vlad Țepeș, besser bekannt als Dracula, entdeckt wird, kehrt die Vergangenheit zurück. Die junge Künstlerin beschließt, die Geschichte des nach Gerechtigkeit und absoluter Ehrlichkeit strebenden, aber auch sehr grausamen Fürsten zu erzählen. Doch plötzlich bekommt der alte rumänische Ausspruch in Bezug auf die Korruption und gesellschaftlichen Zustände im Land „Wo bist du, Țepeș Herr?“ eine völlig neue Dimension. Thema und Genre Dieser Roman mit Elementen der klassischen Schauerliteratur ist eine sehr moderne, gleichzeitig aber archaische, atmosphärisch dichte Version einer Vampirgeschichte, verbunden mit der Geschichte Rumäniens und der Menschen in ihren teilweise verlassenen Dörfern. Charaktere Die einzelnen Figuren sind sehr genau beobachtet, die Eigenschaften wurden bewusst gewählt. Die Künstlerin, Ich-Erzählerin, kehrt voll Schwung und Vorfreude zurück nach B., fühlt in sich schon die Bilder, die sie malen wird, zu denen sie der B. der Ort ihrer Kindheit, inspiriert. Doch es sind völlig andere Eindrücke, die sie prägen und verändern. Handlung und Schreibstil Die junge Malerin schildert die Geschichte als Ich-Erzählerin. Wir erfahren Details über das Leben einer gut situierten Bukarester Familie während der sorglosen Zeit der Sommerfrische in B. im Kreis vieler Freunde. Gleichzeitig schildert sie die aktuellen Ereignisse, unterbrochen durch die Geschichte des berühmten Fürsten Vlad Țepeș, sein Leben, seine politischen und menschlichen Motive in Fakten und Fiktion, verbunden mit den vielen Legenden um Dracula und Vampire. Die facettenreiche Sprache beschreibt einfühlsam und bildhaft die Figuren und die Schönheit der Landschaft, schildert die Geschichte des berühmten Woiwoden packend, realistisch und die Erlebnisse der Ich-Erzählerin intensiv, dicht, beklemmend, mystisch und sehr spannend. Fazit Eine großartig zu lesende Mischung aus moderner, zeit- und gesellschaftskritischer Interpretation der bekannten Legenden und Geschichte von Vlad III. Drăculea und einem klassischen Schauerroman aus der Blütezeit der Schauerliteratur zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

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Buchhandlung Almut Schmidt OHG

Von: Hauke Harder aus Kiel

15.07.2021

Ein politisches Märchen oder ein gesellschaftlicher Schauerroman? Auf jeden Fall ein wunderbares Werk. Was gruselt mehr, die Realität oder die Fiktion? Ein Roman, der als klassischer Gruselroman auf die Gesellschaft, Geschichte und Politik zeigt. Die Handlung spielt in einer kleinen Stadt in den Bergen an der Grenze zu Transsilvanien. Diese Örtlichkeit weckt sofort Erinnerungen an die Legenden, die sich um diese Region ranken. Weltruhm erlangte die historische Figur, die hier gelebt hat, durch den Roman von Bram Stoker, der mit „Dracula“ einen der schönsten Gruselromane überhaupt verfasst hatte. Dana Grigorcea bedient sich dieser Welt, um aber auch auf die Realität zu blicken. Eine in Paris ausgebildete Künstlerin besucht ihre Großtante in deren Villa. Erinnerungen an die kommunistische Diktatur keimen in ihr. Sie kehrt an den Ort, den sie in ihrer Kindheit oft aufgesucht hatte, zurück um in den Sommerferien die Natur, die Landschaft und das einfache Leben zu genießen. Der Kommunismus ist Vergangenheit und dennoch ist im Ort eine leichte Verzweiflung und Perspektivlosigkeit zu spüren. Die Großtante zelebriert aber weiterhin ihren Leitspruch, dass nichts sie zu zerbrechen vermag. Die alten Freundschafts- und Familienfäden nimmt die Erzählerin am Ort wieder auf. Die Erzählerin blickt aber mit ihrem Bericht auf die kommenden Geschehnisse zurück und hält ihre Erinnerungen schriftlich fest, um das, was ihr dort wiederfahren ist, publik zu machen. Auch Stoker hat seinen Roman so aufgebaut, dass man stets die Berichte der Charaktere zu lesen bekommt. Bei Dana Grigorcea ist es ein Bericht, der aber genauso fantastisch und sehr gruselig wird. Bei einem Ausflug kommt es zu einer Tragödie und bei den Vorbereitungen zur Beisetzung in der Krypta wird eine Leiche gefunden. Diese wird auf dem Grab von Vlad, dem Pfähler, übel zugerichtet gefunden. Als Hätte der Fürst der Dunkelheit zugeschlagen. Denn Vlad III. ist durch seine brutale Art in die Geschichte eingegangen. Er hat sein Land von allem Ungerechten und der Unterdrückung befreien wollen. Seine Feinde hat er grausig ermordet. [...] Ist dieser Blutsauger nun erneut auferstanden? [...] Die Vampirgeschichte um Dracula scheint wieder belebt zu sein und das ganze Umfeld der Erzählerin macht mit ihr eine Verwandlung. Der Blick in die Vergangenheit vermischt sich mit der Gegenwart. Die Zeitenfolge wird für die Erzählerin immer schwerer zu greifen, aber letztendlich geht es auch immer nur um das Schicksal, egal wann dieses zuschlägt. Doch sehen mit den Geschehnissen in der Stadt auch manche die Chance auf Veränderung. Die Möglichkeit, daraus Kapital zu machen und den Ort erneut zu beleben. Auch der Ruf nach einer starken Führungsfigur ist zu vernehmen. Somit ist der Grundstein für eine tolle Geschichte gesetzt. Der Blick in das Auge eines Gegenübers verrät auch nur die eigene Spiegelung und somit wird das Reale fantastisch und das Grauen wird wahr. Dana Grigorcea hat einen so tollen, altmodischen und doch ganz modernen Gruselroman geschrieben. Im Buch verwebt sie in der Fiktion die Geschichte des Landes mit der Gegenwart und verbindet Mythen mit der Wahrheit. Gesellschaftliches und Politisches wird dabei gekonnt gestreift. Ein gespenstisch guter Roman.

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Nach einem Kunststudium in Paris kehrt die Protagonistin des Romans in den kleinen Ort B. in Rumänien zurück. Stets hat sie dort in der Villa ihrer Großtante die Sommerfrische verbracht. Doch B. ist in ihrer Wahrnehmung nicht mehr so, wie es einst war. Das Gras vor den Villen ist hochgewachsen, der Asphalt aufgesprungen, die Straßenlaternen haben aufgehört zu leuchten und Internetempfang gibt es nur auf einem Hügel. Die Menschen ziehen weg, der Verfall ist allgegenwärtig. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Eine der Gäste der Großtante rutscht bei einer Wanderung aus und stürzt in den Tod. In der Familienkrypta, wo für sie Platz geschafft werden soll, wird ein übel zugerichteter Toter gefunden. Doch dessen nicht genug. Eines der Gräber entpuppt sich als das Grab Vlad des Pfählers, besser bekannt als Graf Dracula. Und die Protagonistin somit als seine Nachfahrin. Grigorcea versteht es auf sehr gekonnte Weise, Vergangenes und Gegenwärtiges sowie Metaphorik und Kritik miteinander zu verbinden. Sie verwebt ihre politischen Aussagen mit einer schaurigen, archaischen und spannungsgeladenen Atmosphäre, die auf Symbolen, Andeutungen, Ahnungen und rhetorischen Fragen beruht. Ständiges Unheil scheint in der Luft zu liegen, Tod und Verwesung sind nie fern. Doch das eigentliche Grauen ist letztlich nicht Vlad der Pfähler, ist kein wieder zum Leben erwachter Vampir. Das Grauen ist greifbar, real und lässt sich in der Gegenwart verorten. Denn die blutsaugenden Vampire, das sind im Roman die Politiker und die Machthungrigen. Es sind die, die es zulassen und unterstützen, dass das Land ausgebeutet wird, dass Gesetze missachtet werden, dass Korruption und Wahlbetrug allgegenwärtig sind, dass Gelder veruntreut werden und ausländische Investoren sich breit machen. "Die nicht sterben" ist ein Roman voll atmosphärischer Dichte, der seinen ganz eigenen Stil findet. Ein lesenswerter Roman also, den es nicht zu verpassen gilt!

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Wenn ein Buch ein Bestseller ist, heißt das ja noch lange nicht, dass es gut ist. Mir fallen spontan ein paar Beispiele ein. Aber es muss ja andersherum auch nicht jeder Bestseller schlecht sein. Diesen Roman von Dana Grigorcea finde ich jedenfalls großartig Ein kleiner Lebenslauf der Autorin, die auch etliche Preise sowohl für ihre literarische als auch für ihre journalistische Arbeit gewonnen hat. Dieses Buch hat mich gefesselt. Zunächst einmal wegen der dichten Atmosphäre, die erzeugt wird. Die Villa der Tante der Erzählerin ist alter Familienbesitz in Transsylvanien bzw der Walachei, der vorübergehend vom Ceaușescu-Regime konfisziert und danach wieder zurückgegeben wurde mit den Überbleibseln der Einrichtung aus der Zeit als die Villa von der kommunistischen Nomenclatura als Jagdhaus verwendet wurde. Die Beschreibung dieser Villa und des Ortes B. erzeugt schon diese dichte Atmosphäre aus Luxus, Dekadenz, Armut, Korruption, einem Schuss Mythos, einer Prise Erotik und einem Gerüst aus Geschichte der Region. Der historische Vlad III. Drăculea (ca 1431 -1477) , bekannt als „der Pfähler“ oder einfach „Dracula“ wird – wenn man der Autorin glauben darf – in der Region als positive Figur wahrgenommen. Der Vers des rumänischen Nationaldichters Mihai Eminescu (1850 – 1889) : „Ach, Pfähler! Herrscher! Kämst du doch, Mit harter Hand zu richten“ (S 106) würde immer öfter wieder zitiert, weil die Verhältnisse im Land auch in der Gegenwart von Korruption geprägt wären. „In meiner KIndheit sprach man in Rumänien nur von einem ganz bestimmten Graf Dracula – und das war der das Volk aussaugende Diktator Ceaușescu“ S34 Das Buch ist sehr geschickt geschrieben. Der Mythos von Vlad, dem Pfähler, und die Hinterlassenschaft der kommunistischen Zeit unter Ceauscescu vermischen sich. Die Autorin spielt mit Signalwörtern, mit Erwähnung von Aberglauben und Symbolen und weist damit in Richtung Vampirgeschichte ohne das Wort auch nur zu erwähnen. Bis zum Ende weiß man nicht, ob die Ich-Erzählerin nun zum Vampir geworden ist, oder ob sie sich alles nur einbildet. Es ist auch ein sehr geschicktes Element, dass die Ich-Erzählerin sich direkt an die Leser*innen wendet. Trockene Erzählung und wahnwitzige Schilderungen von vampirischen Elementen gehen ineinander über. Die Geschichte der jungen Künstlerin, die schon ihr ganzes Leben in der Villa ihrer Tante in B. ihre Ferien verbringt und sich und ihre Familie als Teil der Region begreift, vermischt mit der Geschichte der Zeit des Pfählers, dem Ceaușescu-Regime und der aktuellen Verhältnisse in Rumänien und schließlich die sich daraus entwickelnde Vampir-Geschichte, von der man aber nie erfährt ob sie sich nun tatsächlich zugetragen haben soll oder nur ein Phantasieprodukt der Erzählerin ist. Mit der Vampirgeschichte baut Dana Grigorcea eine Menge geschichtlicher Information über die Region und über den historischen Dracula ein. Etwa, dass dieser als Kind von seinem Vater, dem damaligen Fürsten der Walachei als Geisel am Hof des osmanischen Sultans gelassen wurde, weil die Walachei zwischen Ungarn und dem osmanischen Reich eingezwängt war und ihre Loyalität nach allen Seiten beweisen wollte. Der Fürst tritt nur einmal auf. Die Autorin lässt ihn althochdeutsch sprechen, was ich auch sehr gelungen finde. “ Wir sin gelîchen bluotes “ S151 lässt sie ihn zu der Erzählerin sagen. Ein ziemlich irrwitziges Buch, das man wahrscheinlich nur lieben oder hassen kann und das keinem Genre zuordenbar ist. Mir hat es sehr gut gefallen.

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Nachdem sie ihr Kunststudium in Paris beendet hat, kehrt die junge Frau zurück in die Kleinstadt B. an der Grenze zu Transsilvanien. Im Haus ihrer Großtante Margot hat sie bereits in ihrer Kindheit die Ferien verbracht – doch damals herrschte die kommunistische Diktatur unter Ceausescus vor, nun ist das Dorf verstaubt, hat seine besten Zeiten hinter sich. Die junge Frau hat, abgesehen von ihrer Tante, wenigen Freundschaften und losen Fäden ihrer Familiengeschichte, nur noch Weniges, das sie mit B. verbindet. Als sie sich mit einigen Bewohnern des Dorfes aufmacht, ihre Familienkrypta zu besuchen, kommt es zu einem blutigen Vorfall: In der Krypta liegt ein ermordeter junger Mann auf dem Grab Vlad des Pfählers, im Volksmund als Dracula bekannt. Da wird ihr klar, dass auch in ihren Adern vampireskes Blut fließt und sie droht, sich zu verlieren. In ihrem Roman „Die nicht sterben“ verbindet die schweizerisch-rumänische Autorin Dana Grigorcea auf eindrucksvolle Art mystische mit historischen Elementen und verflicht diese raffinierten mit einer Analyse der neokapitalistischen Gesellschaft. Es ist sehr bezeichnend, auf welche Art der Bürgermeister aus dem grausamen Fund sofort medien- und tourismuswirksam Profit schlagen möchte, dabei einzig auf seinen Vorteil bedacht ist und das Leben der Einwohner auf den Kopf gestellt wird. Von Beginn an wurde ich von einer düsteren, geheimnisvollen, aber irgendwo auch wollig-warmen Atmosphäre ummantelt: Nicht zuletzt die persönliche Ansprache der Erzählerin, ihre leichte Verwirrtheit und die herzliche Art, all das Geschehen(d)e wiederzugeben, haben mir gut gefallen und ich fühlte mich angenehm umsorgt. Es war spürbar, wie viel Herzblut sie in die Erzählungen von Vlad dem Pfähler legt, den Bezugspunkten zu Graf Dracula und die Auswirkungen der Sagen auf die gegenwärtige Kultur und des Postkommunismus auf die Gesellschaft. Trotz dieser schaurigen, deftigen Themen ist der Schreibstil sehr locker, sinnlich, der Ausdruck und Aufbau unglaublich schön, mit leicht poetischen Einschlägen, immer wieder aufgelockert durch lustige popkulturelle Referenzen und unterschwelligen, feinen Spitzen gegen die Sensationslust und den Medienkonsum („Internethügel“). „Die nicht sterben“ ist eine mystische, fantastische und sprachlich herausragende Heldinnenreise einer jungen Frau auf den Spuren ihrer Familie, die sie vor ungeahnte Ausmaße stellt und vor die Herausforderung, ihr Gesicht und ihre Seele zu wahren. Ganz stark! Herzlichen Dank an das @bloggerportal, @penguin_verlag und @dana_grigorcea für das Rezensionsexemplar und diese wunderbare Reise!

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