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Rezensionen zu
Der gefrorene Himmel

Richard Wagamese

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Lange schon liegt das Buch bei mir zu Hause. Lange hatte ich keine Muße es zu lesen, obwohl ich es beim Eintreffen anlas und für gut befand. Jetzt war die Zeit gekommen und ich habe es in einem Rutsch gelesen. Ich habe es nicht bereut, im Gegenteil, diese Geschichte hat mich sehr mitgenommen und am Ende sogar zu Tränen gerührt. Wir begleiten den Indianerjungen Saul Indian Horse von seinem 6. bis zu seinem 33. Lebensjahr durch diverse Stationen seines Lebens. Alle sind geprägt von seiner Herkunft. Nachdem ihm erst seine Schwester weggenommen wurde, später dann auch sein Bruder (beide wurden aufgefangen und in das staatliche kanadische System eingegliedert, entgegen dem Willen der Eltern, diese flüchten sich darauf hin in den Alkohol),  bleibt er allein mit seiner Großmutter zurück und beide versuchen Halt auf altem indianischen Boden zu finden. Das gelingt nicht und so findet auch er sich bald in kanadischer Obhut wieder, in einer Schule, die von Nonnen geleitet wird. Dort herrscht nichts als Gewalt und Demütigung, und er muss versuchen, sich und seine Seele zu schützen. Das gelingt ihm über eine lange Zeit, aber irgendwann kann er die Augen vor dem, was ihm passiert ist, nicht mehr verschließen. Seine Reise zu sich selbst beginnt und auch auf dieser macht er viele unliebsame Bekanntschaften, die ihn letztendlich aber lehren, dass sein Leben lebenswert ist. Der Autor, der leider schon verstorben ist, zählt zu den bekanntesten kanadischen Autoren, die sich mit der indigenen Geschichte befasst haben und ist dafür vielfach ausgezeichnet worden. Im Jahr 2021 war Kanada Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse und in diesem Zusammenhang wurde auch der Roman „Der gefrorene Himmel“ präsentiert. Richard Wagamese versteht es hervorragend den Leser mit auf eine Reise zu nehmen und die Geschichte und Probleme der indigenen Stämme Kanadas deutlich zu machen. Beim Lesen hat man die ursprüngliche Landschaft vor Augen, fast kann man den Geruch der Wälder wahrnehmen und das Plätschern der Flüsse hören, so hervorragend beschreibt er die nordkanadische Natur. Sehr eindringlich erzählt er die Geschichte seines Protagonisten in all ihren Farben. Es geht um Ausgrenzung, Rassismus, Flucht, Demütigung, Gewalt, Drogen, aber auch ums Ankommen. Dieses ist jedoch erst möglich, wenn man den Mut hat, sich demjenigen zu stellen, der einem im Spiegel begegnet. Viele haben es nicht geschafft, haben den Freitod gewählt, sind an der Gewalt zerbrochen, und auch diejenigen, die sich dem Schmerz gestellt haben, sind nicht ohne Narben geblieben. Man kann so gut sein, wie man will, d.h. aber nicht automatisch, dass man von der Gesellschaft akzeptiert wird. Und damit sind wir bei einem sehr aktuellen Thema. Ein großartiger Roman mit einem wunderbaren Protagonisten, hervorragend erzählt – ein echtes Highlight.

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Noch ein Kanadier, den es zu entdecken gilt, denn Richard Wagamese ist einer DER bekanntesten Schriftsteller Kanadas mit indigenen Wurzeln. Er verstarb leider bereits 2017, in dem Jahr in dem „Der gefrorene Himmel“ in Canada in die Kinos kam, nachdem das Buch 2013 den Burt Award for First Nations, Inuit and Métis Literature bekam. Es erschien 2012 im Original. „Der gefrorene Himmel“ ist ein zutiefst erschütterndes Buch das beispielhaft die sogenannten Residential Schools in Kanada des letzten Jahrhunderts beleuchtet. In 139 solcher Einrichtungen wurden indigene Kinder gesteckt und durchlitten dort ihre Schulzeit. In diesem Roman verarbeitet Wagamese echte Geschichten, nicht seine eigenen, aber aus seinem näheren Umfeld und die eines berühmten NHL Profis mit indigenen kanadischen Wurzeln: Fred Sasakamoose. Das Buch ist die Geschichte eines indigenen Jungens, Saul Indian Horse, der zunächst bei der Großmutter lebt, dann aber in der St. Jerome’s Residential School in Ontario landet. Hier erlebt er erschütterndes und verliebt sich zugleich in das Eishockey spielen. Durch den Sport schafft er es raus in die Freiheit, aber diese eine Flucht endet mit einem anderen Mittel des Vergessens: Alkohol. Dieser Roman lässt einen Verzweifeln und es tut weh, wahrlich kein Buch was uns Freude bringt, aber so unglaublich wichtig für die Aufarbeitung der kanadischen Vergangenheit, wie sie mit ihren indigenen Völkern umgegangen sind. Und doch zugleich eine Liebeserklärung an das Eishockey! Dieser Spagat ist eine Meisterleistung. Der Schreibstil ist nüchtern, aber trotz allem schön. Fazit: Traut euch es zu lesen und lernt daraus!

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ganz große Literatur

Von: Alice

27.06.2021

Es gibt viele Autoren und täglich werden es mehr. Darunter finden sich etliche gute und ein paar sehr gute. Und dann gibt es noch die ganz großen, die mit einem unfassbaren Talent zum Erzählen gesegneten. Zu diesen gehört Richard Wagamese zweifellos. Tatsächlich habe ich zunächst gezögert, als ich gelesen habe, dass es in diesem Buch um die Geschichte eines Kindes indigener Herkunft geht - in Verbindung mit dem Pferd auf dem Buchcover hatte ich einen "klassischen" Roman mit indianischen Elementen erwartet. Doch dieses Buch ist soviel mehr. Richard Wagamese nimmt uns mit ins Kanada der 1960er und 70er Jahre, eine Zeit geprägt von der Unterdrückung der indianischen Bevölkerung. An der Seite des indianischen Jungen Saul erleben wir die Brutalität der Residential Schools, der er durch sein besonderes Eishockey-Talent entfliehen kann. Doch auch in der Welt des Eishockeys trifft in der Rassismus mit voller Wucht und er sucht Hilfe im Alkohol. Sauls Geschichte steht exemplarisch für die vielen Kinder und Erwachsenen, die unter dem System der Residential Schools zu leiden hatten und es noch heute tun, darunter auch Wagamese selbst. Und obwohl er als Kind von seinen Eltern getrennt wurde, erzählt er diese Geschichte ohne Vorwürfe oder Verbitterung. Seine behutsam gewählten Worte transportieren eher sein Bedauern darüber, dass alles so gekommen ist. Wagamese erzählt von einem so dunklen Kapitel der kanadischen Geschichte in einer so wunderbaren, tiefgründigen und fesselnden Weise, dass es sprachlos macht. Eine unbedingte Leseempfehlung!

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Dass mir die traurige Geschichte der kanadischen Residential Schools erst im letzten Jahr richtig bekannt wurde, mag am auch bei mir durch den angekündigten Buchmesseauftritt gesteigerten Interesse an Literatur aus dieser Ecke der Welt liegen. Wahrscheinlich liegt es aber mindestens genauso daran, dass man erst in jüngerer Zeit begonnen hat, diese dunkle Episode der kanadischen Geschichte aufzuarbeiten. Dementsprechend dünn ist auch die Reihe der literarischen Werke, zumal der ins Deutsche übertragenen, die sich damit auseinandersetzen. Eisfuchs von Tanya Tagaq ist ein Beispiel aus dem vergangenen Jahr, das dies auf ganz andere Weise tut als Richard Wagamese in Der gefrorene Himmel. Richard Wagamese trug mit seinem 2012 erschienenen und 2017 von Clint Eastwood verfilmten Roman Indian Horse (Originaltitel) zur Debatte um die Residential Schools bei. Der 1955 geborene Wagamese verarbeitet im Roman auch seine eigene Kindheit in diesen Schulen und in Pflegefamilien. Vorbild für den Hauptprotagonisten Saul Indian Horse war aber der kanadische Profieishockeyspieler Frederick Sasakamoose (1933 – 2020), einer der ersten indigenen Spieler der NHL. Saul ist, wie der der Autor, ein Angehöriger des Stammes der Ojibwe. Seine Familie lebt in den Wäldern im nordwestlichen Ontario. Die Eltern, Onkel und Tanten sind traumatisiert von ihren Jahren auf den Residential Schools und haben sich in die „Wildnis“ zurückgezogen, um ihre Kinder vor dem Zugriff staatlicher Stellen zu schützen. Doch was waren diese berüchtigten Residential Schools? Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet und vorwiegend von kirchlichen Trägern geführt, sollten diese vorwiegend wie Internate geführten Einrichtungen der Erziehung von indigenen Kindern dienen. Durch die Gewährung bestimmter Vorrechte wurden die Eltern erpresst, ihre Kinder in diese Schulen zu geben, später kam es auch zu simplen Entführungen der Kinder durch die Royal Canadian Mounted Police. Ziel war es, die Kinder ihren indigenen Wurzeln zu entreißen, zu „zivilisieren“. Ihre Muttersprachen waren verboten, Besuche der Eltern nur selten erlaubt, Traditionen waren tabu. Dazu kamen sadistische Bestrafungsmethoden, häufiger sexueller Missbrauch, harte Arbeitseinsätze und schlechte Ernährungs- und Unterbringungsbedingungen. Im Jahr 1909 berichtete eine Untersuchungskommission von einer durchschnittlichen Sterberate von Kindern in Residential Schools von unglaublichen 30-60% während der ersten fünf Jahre ihres Aufenthalts. Erst seit den 1970er Jahren gab es größeren Protest gegen diese Einrichtungen, kritische Untersuchungen staatlicherseits erst seit den 1990er Jahren. Die letzte dieser „Schulen“, die kaum der Wissensvermittlung dienten, wurde 1996 geschlossen. 1998 kam es zu einer ersten Entschuldigung durch den Minister of Indian Affairs, 2008 entschuldigte sich Premierminister Harper offiziell, was Trudeau 2017 wiederholte. Die katholische Kirche, namentlich Papst Franziskus weigert sich bis heute. 2015 erklärte die „Truth and Reconcilation Commission“ die Vorgänge zum „kulturellen Völkermord“. Viele ehemalige Schüler dieser Residential Schools sind nachhaltig traumatisiert. Sauls Schwester Rachel wurde als Sechsjährige noch vor seiner Geburt „gekidnappt“, seinen Bruder Benjamin erwischten die staatlichen Stellen trotz Ausweichen in die Wildnis 1957 in Kenora. Da war er acht und Saul vier Jahre alt. Die Eltern verfallen daraufhin immer mehr dem Alkohol der „Zhaunagush“, wie sie die Weißen nennen und siedeln aus diesem Grund wieder näher an den Sägewerkstätten, in Zeltlagern nahe Minaki oder Redditt. Dort findet sie 1960 Benjamin, der aus seiner Schule fortgelaufen ist. Auf Betreiben der Großmutter Naomi siedelt die Familie wieder weit außerhalb, um den Behörden zu entgehen. Doch Benjamin ist gezeichnet, er hat Tuberkulose (eine sehr häufige „Begleiterscheinung“ des Aufenthalts in den Residential Schools) und überlebt den Herbst nicht. Um ihm ein christliches Begräbnis zu ermöglichen – entgegen der an alte Traditionen festhaltenden Großmutter sind die Eltern durch ihre eigene Residential School-Erfahrung christlich geprägt – fahren die Eltern wieder in die Siedlung und lassen Großmutter und Saul zurück. Die Eltern werden nicht wiederkommen. Der herannahende Winter zwingt sie, sich mit dem letzten verbliebenen Kanu und den wenigen Vorräten ihrerseits auf den Weg machen. Die Großmutter wird ihn nicht überleben. Für Saul bedeutet dies: Residential School. Saul Indian Horse übersteht das grausame Regiment der Pater und Nonnen und seine Einsamkeit verhältnismäßig gut dank seiner ruhigen Art, den Büchern, die er für sich entdeckt – und dem Eishockey, für das er eine große Begabung zeigt. Pater Leboutilier, selbst Eishockey-Enthusiast, fördert ihn, ermöglicht ihm die Teilnahme an Turnieren. Die Eisfläche wird zu seinem „gefrorenen Himmel“. Saul entkommt so der Hölle der Residential School, findet eine liebevolle indigene Pflegefamilie, entgeht aber trotz seines Talents nicht dem Rassismus, der auch im „weißen“ Eishockeysport präsent ist. Und erst nach einem persönlichen Absturz und der Rückkehr an den alten Ort der Schule erkennt der erwachsene Saul, dass auch er einige Traumata bisher verdrängt hat. Richard Wagamese erzählt die Geschichte von Saul Indian Horse in Der gefrorene Himmel in einer klaren, besonders in den Naturschilderungen sehr intensiven, am traditionellen Erzählen geschulten Sprache. Er bleibt immer nah an Saul dran. Das ist sehr bewegend ohne jemals rührselig zu werden. Ein Schuss Mystik fließt in die Erzählung unaufdringlich ein. Das macht den Roman nicht nur zu einem aufklärenden, dringlichen Stück Literatur, sondern auch zu einem wahren Meisterwerk (indigener) kanadischer Literatur.

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Eine echte Entdeckung

Von: @__exlibris

23.05.2021

Als Therapie in einer Suchtklinik erzählt der Ojibwe Saul Indian Horse von seiner Kindheit und Jugend im Kanada der 1960er und 70er Jahre. Von seiner engen Bindung an die Großmutter, der früh erlebten Ausgrenzung und Diskriminierung durch die eurokanadische weiße Bevölkerung bis zu seiner zwangsweisen Unterbringung in einer der berüchtigten "Residential Schools". Ein prekäres Leben mit einer gebrochenen Persönlichkeit ohne echte Perspektive scheint vorbestimmt, doch sein überragendes Talent für (Eis)Hockey scheint ihm einen Ausweg zu bieten. Normalerweise ist dies kein Buch, zu dem ich aus freien Stücken gegriffen hätte: ich habe absolut keine Ahnung von Eishockey, ich weiß wenig über die indigene Bevölkerung Nordamerikas und Kanada hat bislang keinen besonderen Reiz auf mich ausgeübt - und, obwohl ich vielfältig interessiert und aufgeschlossen bin, hatte ich auch keine Absicht dies zu ändern. Doch - wie oft im Leben - findet man die schönsten Schätze ganz unerwartet. Der Erzählfluss, die ruhige, lakonische, aber doch poetische Sprache hat mich unmittelbar in einen sanften Sog gezogen (was im Übrigen auch sehr für die deutsche Übersetzung spricht). Obwohl die Geschichte nichts wirklich neues enthüllt, hat sich mich an mehreren Stellen sehr ergriffen und mir die dramatischen, oft sogar generationenübergreifenden Folgen von Rassismus, Missbrauch und Ausgrenzung sichtbar und fühlbar gemacht. Das nachgestellte Essay von Katja Sarkowsky fand ich mangels meiner oben erwähnten Kenntnisse sehr hilfreich, um das Gelesene in den zeitlichen, gesellschaftlichen und geographischen Zusammenhang einordnen zu können. Der Roman ist eine echte Empfehlung und ausdrückliche Ermutigung, sich auch mal auf was gänzlich Neues einzulassen. Für mich war dies sicherlich nicht das letzte Buch von Richard Wagamese.

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gegen das Vergessen!

Von: Arh

04.05.2021

Saul Indian Horse, geboren 1953, erfährt schon in frühester Jugend, was es bedeutet, einer Minderheit im eigenen Land anzugehören. Seine Eltern mussten die Residential Schools durchlaufen und waren gebrochene Menschen. Seine Großmutter versuchte ihn davor zu bewahren, was ihr nur bis zu ihrem Tod gelang. Die Schulen hatten nur den einen Grund, unter dem Deckmantel der Erziehung, Sprache, Tradition, Kultur der indianischen (indigen) Völker zu verbieten. Es durfte nur französisch und englisch gesprochen werden. Dort kam es zu zahlreichen psychischen und physischen Übergriffen. Der mehrere Generationen umfassende Versuch, ganze Kulturen auszulöschen, wird bis heute nur selten als ein Verbrechen verurteilt. Saul lernt im Heim Eishockey spielen und wird bald zu einem der besten Spieler. Doch sein Schicksal lässt ihn nicht los und er verfällt dem Alkohol. Aufgewachsen in einer Pflegefamilie, fehlt ihm die Wärme und Geborgenheit seiner eigenen Familie. Der Autor Richard Wagamese, geboren als Sohn von Ojibwe Indianern, hat einen wunderbaren Roman geschrieben, der autobiografische Züge trägt und die Geschichte wachhält. Ein Buch gegen das Vergessen, gegen die Ungerechtigkeit und Diskriminierung der kanadischen Ureinwohner. Sein Schreibstil ist einzigartig, voller Emotionen und Melancholie, berührend und mitreissend. Unbedingt lesen!

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„Literaturwerkstatt- kreativ / Blog“stellt vor: „Der gefrorene Himmel“ von Richard Wagamese Kanada 50er – 70er Jahre Saul Indian Horse wuchs die ersten Jahre seiner Kindheit bei seiner Familie den „Ojibwe-Indianern“ auf. Dann wurde er seiner Familie – wie so viele Kinder indigener Herkunft – entrissen und in die „St.Jerome’s Residential School“ in White River Ontario gebracht. „Dem Zwang und der Kälte der Einrichtung kann Saul in den kostbaren Momenten entfliehen, wenn er auf Schlittschuhen über das Eishockeyfeld fliegt. Sein magisches Talent für das Spiel öffnet ihm einen Weg in die Freiheit.“ Über das Eishockeyspiel kommt Saul zu einer Pflegefamilie mit indigenen Wurzeln, die es gut mit ihm meint und so schafft er es ein sehr bekannter Eishockeyspieler zu werden. Sein permanenter Kampf gegen Anfeindungen wegen seiner indigenen Abstammung bleibt dennoch bestehen. Sauls Suche nach der Geborgenheit einer Familie und dem kulturellen Erbe der Ojibwe-Indianer ist lang und von vielen Abstürzen geprägt. Eine Versöhnung mit einer Welt, die keinen Platz für ihn vorgesehen hat, ist für ihn nur schwer vorstellbar. Fazit: Kanada hat das einmalige Privileg aufgrund der „Corona Pandemie“ zweimal Ehrengast der Frankfurter Buchmesse zu sein. Der für 2020 geplante physische Ehrengastauftritt wird auf 2021 (20.10 – 24.10.2021) verschoben. Gerade die kanadische Literatur ist stark geprägt durch die Vielfalt verschiedener Kulturen und bietet neben der englischen und französischen Sprache auch eine Vielzahl an indigenen Sprachen auf. Der „Blessing Verlag“ hat nun erstmals in Deutschland begonnen Bücher von Richard Wagamese zu veröffentlichen. Der Schiffsteller ist 1955 im Nordwesten Ontarios geboren und gehört zu den bedeutendsten indigenen Schriftstellern Kanadas. Nach „Das weite Herz des Landes“ liegt nun mit „Der gefrorene Himmel“ das zweite Buch vor. Richard Wagamese verwebt in der Geschichte seine eigene Biografie (stellvertretend die einer ganzen Nation) und Fiktion gekonnt miteinander. Durch das Nachwort von Katja Sarkowsky – Professorin für Amerikanistik an der Universität Augsburg mit Forschungsschwerpunkt der indigenen Literaturen Kanadas und der USA – tritt dies noch einmal deutlicher hervor. Und erst durch ihre Erläuterungen der geschichtlichen Zusammenhänge konnte ich einiges viel besser einordnen und verstehen; gerade auch die Geschichte dieser indigenen Völker und ihre Leidensgeschichte in Kanada. Der Autor besitzt einen sehr flüssigen, ansprechenden, aber vor allem einen sehr starken bildhaften Erzählstil, der einen sofort packt und man förmlich ins Geschehen hineingesogen wird. Zudem ist Wagamese ein begnadeter Geschichtenerzähler – ganz in der Tradition der indigenen Völker. Hinzu kommt, das er ein sehr einfühlsamer und genauer Beobachter ist, der es versteht aus allem eine interessante Geschichte zu gestalten. Richard Wagamese präsentiert eine sehr berührende, tragische und schockierende Geschichte, die einen auch nach Beenden des Buches nicht so schnell loslässt. Vor allem ist es die Offenlegung historischen Unrechts in Kanada – passiert vor noch nicht allzu langer Zeit – die beeindruckt und schockiert. Ein Werk, das durchaus auch als Mahnmal gesehen werden sollte. Die letzten „Residential Schools“ wurden in Kanada erst in den 1990er Jahren geschlossen. Erst danach begann Kanada sich mit der strukturellen Ausübung von Gewalt und dem sexuellen Missbrauch an den SchülerInnen zu befassen. Unter dem Titel „Indian Horse“ wurde das Buch 2017 (nur in Englisch) vom kanadischen Regisseur Stephen Campanelli gemeinsam mit Clint Eastwood verfilmt. Im Oktober zur Buchmesse erscheint das dritte Buch von Richard Wagamese „Der Flug des Raben“. Ich freue mich jetzt schon sehr darauf!

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berührend und informativ

Von: lori

21.04.2021

*Der gefrorene Himmel* ist ein wunderbarer Roman. Ein Roman gegen das Vergessen der Verbrechen, die den indianischen Ureinwohnern angetan wurden. Vor dem Hintergrund der sogenannten Residential Schools in Kanada, in denen noch bis 1996 indigene Kinder gequält wurden, spielt die Geschichte von Saul Indian Horse. Ich hatte bis zu diesem Buch noch nie davon gehört, wie viele andere sicherlich auch nicht. Deshalb ist dieses Buch auch so wichtig, um aufzuklären und nicht zu vergessen! Saul, der nach dem Tod der geliebten Großmutter, von der kanadschen Regierung in eines dieser katholische Heime kam, erlebte am eigenen Leib, die Züchtigungen, Schikanen und Quälereien mit. Alleine durch sein Talent für Eishockey schaffte er es, auszubrechen und einen anderen Weg zu gehen. Aber seine Vergangenheit lässt ihn nicht zur Ruhe kommen... Der Roman ist nicht sehr lang, aber vollgepackt mit Informationen, Emotionen und poetischen Beschreibungen. Richard Wagamese, selbst indigener Herkunft, versteht es seine Geschichte zu erzählen, die Leser zu fesseln und zum Nachdenken anzuregen. Ein sehr berührendes Buch!

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