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Rezensionen zu
Die juten Sitten - Kaiserwetter in der Gosse

Anna Basener

Die juten Sitten (2)

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Berlin - 1935: Bordellbesitzerin Minna muss ihre geliebte "Ritze" schließen und Berlin den Rücken kehren. Gemeinsam mit ihrem jungen Stricher Emil und ehemaligen Konkurrenten Gustav macht sie sich auf den Weg nach Nizza. Während der Zugfahrt offenbart sie den Männern ihr altes Leben. Wie sie es geschafft hat, von der Fabrikarbeiterin zur Hure im "Schwan" zu werden und dort auf die damalige kaiserliche Obrigkeit trifft. Sie wird schnell zur Lieblingsdirne des Herzogs "Rammler" und nach einer verruchten Orgien-Nacht im Grunewald verliebt sie sich auch noch Hals über Kopf in den Zeremonienmeister des Kaisers. Dieser Mann würde alles für Minna tun, nur leider kann die junge Frau ihre Herkunft und Vergangenheit nicht leugnen und will sie auch nicht gegen ein langweiliges Leben zu Hause eintauschen. Minna liebt ihre Unabhängigkeit - und diese Eigenschaft vermacht ihr zum Ende hin auch die "Ritze" - ihr kleines Bordell im Scheunenviertel Berlins. Denn "Die Hoffnung ist wie Syphilis. Hält sich hartnäckig." (Zitat Minna S.330) Im 2.Teil der "Die Juten Sitten - Kaiserwetter in der Gosse" von Anna Basener tauchen wir als Leser in das verruchte Leben der Bordellbesitzerin Minna ein. Schon im 1.Band habe ich ihre Berliner Kodderschnauze geliebt und sie dort als eher gefühlskalte Dame empfunden. Doch dies ist nur eine Hülle, die sich Minna über die Jahre aufgebaut hat. Das Buch beinhalten wieder zwei Erzählperspektiven. Zum einen sitzen wir mit im Zug und reisen im Jahr 1935 von Berlin nach Nizza, zum anderen lernen wir die junge Minna und ihr Leben um 1896 kennen. Die Beschreibungen über das Leben bei Hofe mit den unterschiedlichen Bediensteten, Soldaten und Offiziere und das Leben im Bordell wird hier wieder sehr derb, frivol und direkt geschildert. Zwischenzeitlich fühlt man sich allein durchs Lesen schon genauso dreckig wie in den Zimmern "Zum Schwan". Die "Orgie im Grunewald" ist das Highlight im Buch - hier wird kein Blatt vor den Mund genommen. Ich mochte die Geschichte sehr und bin traurig, dass ich bereits jetzt zu Minna, Emil und der Ritze Lebewohl sagen muss.

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https://vivalaliviagrove.wixsite.com/oliviagrove/post/rezension-die-juten-sitten-kaiserwetter-in-der-gosse-von-anna-basener [Auszug] Vom Fabrikmädchen zur Dirne, um der Armut zu entkommen? Raus aus der Gosse, ran an die Edelmänner, heißt es für die zielstrebige Minna. Sie ist so stark und selbstbewusst, ein richtiger Girl Boss und schlittert nahezu in eine Orgie im Jagdschloss Grunewald. Dieses Buch ist unfassbar ehrlich und es entwickelt einen regelrechten Sog. Dennoch hat mir für eine brillierende 5 Sterne-Bewertung eine Prise Warmherzigkeit gefehlt und für meinen Geschmack hätte es gern mehr verruchte und sexy Einblicke sowie Tiefgründigkeit in die Arbeit der Damen geben können. Aber auch in die nicht ganz so charmanten Männer, das raue, derbe Berlin mitsamt ihrer zerstörten Persönlichkeiten habe ich vermisst. Den ersten Band „Die juten Sitten – Goldene Zwanziger. Dreckige Wahrheiten“ habe ich nicht gelesen und bin dennoch wunderbar zurechtgekommen mit der Story.

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Es war ein absoluter Coverkauf und erst nach dem Lesen merkte ich, dass es eigentlich eine Fortsetzung zu Die juten Sitten – Goldene Zwanziger. Dreckige Wahrheiten. ist. Allerdings tat das meinem Lesevergnügen keinen Abbruch, da das Buch gut als eigenständiger Roman lesbar ist. Es ist ein spannender Einblick in die Zeit zwischen den 1890er und 1930er Jahren in Berlin. Grundlage für diesen Roman ist eine tatsächliche Begebenheit, die die Autorin allerdings nur als Rahmenhandlung verwendet, um eine vielschichtige und beeindruckende Geschichte zu erzählen. Die Protagonistin Minna erzählt im Zug nach Paris zwei Mitreisenden ihre Lebensgeschichte und wie es dazu kam, dass sie ein Bordell geführt hat. Die Geschichte ist berührend und fesselnd und absolut bildhaft beschrieben, was das Berlin der 1890er Jahre vor meinem inneren Auge entstehen lassen konnte. Ich fand mich in einer kleinen und engen Mietshaus-Gegend wieder und folgte Minna auf ihrem steinigen und leidvollen Weg, der allerdings auch von Humor durchsetzt ist. Besonders gefallen hat mir der Blick in den Alltag und die Lebenswelten der verschiedenen Protagonistinnen, an deren Beispiel die Stellung der Frauen zur damaligen Zeit gezeigt wird. Ein wenig anstrengend war es allerdings teilweise, wenn Minna und andere ProtagonistInnen berlinerten. Vor allem, da der Dialekt auch nicht immer durchgehend verwendet wurde. Das störte ein wenig meinen Lesefluss, vermittelte aber die Herkunft der Sprechenden. Vor allem Minna spricht eine häufig derbe und vulgäre Sprache, die dadurch ihren Stand noch unterstreicht. Fazit: Ein lesenswertes Sittengemälde mit historischem Hintergrund und lehrreicher Handlung, die die Vergangenheit zum Leben erweckt.,Es war ein absoluter Coverkauf und erst nach dem Lesen merkte ich, dass es eigentlich eine Fortsetzung zu Die juten Sitten – Goldene Zwanziger. Dreckige Wahrheiten. ist. Allerdings tat das meinem Lesevergnügen keinen Abbruch, da das Buch gut als eigenständiger Roman lesbar ist. Es ist ein spannender Einblick in die Zeit zwischen den 1890er und 1930er Jahren in Berlin. Grundlage für diesen Roman ist eine tatsächliche Begebenheit, die die Autorin allerdings nur als Rahmenhandlung verwendet, um eine vielschichtige und beeindruckende Geschichte zu erzählen. Die Protagonistin Minna erzählt im Zug nach Paris zwei Mitreisenden ihre Lebensgeschichte und wie es dazu kam, dass sie ein Bordell geführt hat. Die Geschichte ist berührend und fesselnd und absolut bildhaft beschrieben, was das Berlin der 1890er Jahre vor meinem inneren Auge entstehen lassen konnte. Ich fand mich in einer kleinen und engen Mietshaus-Gegend wieder und folgte Minna auf ihrem steinigen und leidvollen Weg, der allerdings auch von Humor durchsetzt ist. Besonders gefallen hat mir der Blick in den Alltag und die Lebenswelten der verschiedenen Protagonistinnen, an deren Beispiel die Stellung der Frauen zur damaligen Zeit gezeigt wird. Ein wenig anstrengend war es allerdings teilweise, wenn Minna und andere ProtagonistInnen berlinerten. Vor allem, da der Dialekt auch nicht immer durchgehend verwendet wurde. Das störte ein wenig meinen Lesefluss, vermittelte aber die Herkunft der Sprechenden. Vor allem Minna spricht eine häufig derbe und vulgäre Sprache, die dadurch ihren Stand noch unterstreicht. Fazit: Ein lesenswertes Sittengemälde mit historischem Hintergrund und lehrreicher Handlung, die die Vergangenheit zum Leben erweckt.

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Berlin, 1935. Der Zug rollt aus dem Bahnhof und Minna und Ihre Begleiter Emil und Gustav eröffnen einen Dialog, der den Leser zurück versetzt in die Jahre 1895 und darüber hinaus. Wilde Jahre in schlechten Zeiten. Minna ist eine Hure und verkauft zwar Ihren Körper, nicht aber Ihre Seele. Der Klappentext verspricht eine anspruchsvolle Story: „Sex und Lust, Prunk und Schmutz. Willkommen im verruchtesten Bordell der Deutschen Kaiserzeit. Der dekadente Glanz der Jahrhundertwende“. Soweit so gut. Der Einstieg ist ob der teilweise skurrilen (aber historisch real existierenden) Namen etwas verwirrend. Leberecht von Kotze ist ebenso ein Protagonist wie Lottka und Loloki (ihr schwuler Ehemann). Die Zugfahrt im Erste Klasse Abteil im Jahre 1935 soll die Brücke schlagen zu den Erzählungen von Minna. Welche Rolle Emil und der Zweite Klasse Fahrer Gustav spielen, wird zunächst nicht 100% klar, auch das Hedwig in Paris weilt wird dem Leser verraten aber nicht zu 100% ersichtlich, was das mit der Story rund um die Ritze, jenes kleinste Haus in Berlin, zu tun haben soll. Und dennoch, die Sprache von Anna Basener ist eine gute, lesbare, klare. Die Charaktere sympathisch und die Handlung wird nie wirklich langatmig, aber erst in der zweiten Lesehälfte zumindest etwas spannend und dynamischer, als der „Herzog Rammler“ (auch dieser Name ist wohl historisch überliefert) eine Intrige spinnt, die so tatsächlich stattgefunden haben soll. Wer sich einen erotischen Shades of Kaiserzeit Roman erwartet, wird enttäuscht sein. Wer aber einen unterhaltsamen, vor historischem Hintergrund, Roman um die Jahrhundertwende in einer etwas exotischen Umgebung sucht, wird belohnt. Man muss sich etwas konzentrieren und die Namen (und dazugehörenden Subnamen) sich gut merken. Alles in allem jedoch ein lesenswertes Buch, das einen Einblick gewährt in die Tiefen der menschlichen Bedürfnisse und das zu guter Letzt auch einen warmen Bogen zur echten Liebe schlägt. Der Dialog zwischen Kotze und Minna und auch die Stärke von Lottka am Ende des Buches sind eine Hommage an starke Charaktere. Gut so. FAZIT Lesenswert, kein temporeicher Erotikknaller, aber eine geschichtsträchtige, teilweise etwas verworrene wirkender, aber niemals langweilige Erzählung. Geschichtsunterricht einmal anders.

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Die juten Sitten - Kaiserwetter in der Gosse" von Anna Basener 5/5* . Rezensionsexemplar vom Bloggerportal . Zu Beginn muss ich erwähnen, dass ich den ersten Roman „Die juten Sitten – Goldene Zwanziger. Dreckige Wahrheiten“ nicht gelesen habe, trotz allem aber behaupten kann, dass das nicht zwangsläufig notwendig ist. Vielleicht besser, aber auch ohne diesen Roman, kann man beherzt zu diesem Buch greifen. Um was geht es: Minna, ein junges Mädchen, das auf der „falschen Seite“ der Gesellschaft ihr Dasein widerwillig fristet, möchte endlich nicht mehr in der Gosse liegen, sondern ihr Leben leben, wie sie es möchte. Ende des 19. Jahrhunderts, steht die eigenwillige Frau, mit ihren Wünschen und Zielen, völlig alleine da. Doch mit Mut und Stärke, schafft sie es, sich unabhängig zu machen. Sie geht in ein Edel- Bordell und verdient sich dadurch ihren eigenen, dennoch umstrittenen, Lebensunterhalt. Wir erleben in diesem Buch von Anna Basener, die „alte“ Minna, die ihr geliebtes Berlin 1935 verlässt und mit Emil, einem jungen Stricher und Gustav, einem ehemaligen Bordellbesitzer, nach Frankreich flüchtet. Sie erzählt einen Teil ihres verruchten Aufstiegs, zur Bordellbesitzerin im deutschen Kaiserreich. Wir erleben die dunklen und schmutzigen Seiten Berlins, bis kurz vor der Machtübernahme der Nazis. Der Adel bekleckert sich damals nicht mit Ruhm. Orgien und verschwenderische Verhältnisse, lassen sich irgendwann nicht mehr verstecken und die sogenannte „Kotze- Affäre“ im Jagdschloss Grunewald, lässt den gesamten Prunk und Glanz in sich zusammenstürzen und für Minna und viele andere, hat das ungeahnte und schwerwiegende Folgen! Dieses Buch ließt sich in einem Rutsch. Es ist originell, ehrlich, rau und schmutzig. Anna Basener´s Schreibstil ist frisch, derb und lässt absolut keine Langeweile zu! Eine absolute Leseempfehlung!

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Eine kaiserliche Orgie im Jagdschloss Grunewald? Die hat um die Jahrhundertwende tatsächlich stattgefunden – Anna Basener erzählt gewohnt humorvoll davon. Man kann sich das heute – wo auf jedem zweiten Plakat im öffentlichen Raum halbnackte Frauen zu sehen sind – kaum vorstellen: Dass einst das Entblößen eines weiblichen Knöchels zu einem Skandal führen konnte. Gar nicht erst zu reden von einer entblößten Brust! Im Wilhelminischen Kaiserreich (1888 – 1918) beherrschte Prüderie den Alltag. Und, naja: Eine ausgeprägte Doppelmoral. Wer als ehrbare Frau gelten wollte, musste sich in ein Korsett schnüren, stets hübsch lächeln und den kleinen Finger abspreizen, wenn von den Hausangestellten Tee aus feinstem chinesischen Porzellan im Salon serviert wurde. Völlig andere Sitten herrschten jedoch in der „Halbwelt“: Bordelle florierten, Negligés knisterten, es wurde gevögelt, bis der Morgen graute. Wer dort arbeitete, machte zwar gutes Geld, war von der feinen Gesellschaft jedoch weit entfernt. „Im Jahr 1895 dauert es sehr lange, bis eine Frau ausgezogen ist. Haken, Knöpfe, Schnüre, unzählige Unterröcke. Ein Hindernis nach dem nächsten. Im Weißen Schwan wird in Unterwäsche gearbeitet. Strümpfe, Negligés, schwarze Schlüpfer, viel Seide… Das liegt am Korsett. […] Ein Freier zahlt nicht dafür, dich erst mal achtundzwanzig Minuten lang aus dem Fischbeingestänge zu wickeln.“ Minna „jefällt dit“. Sie wächst als eines von vielen Kindern in Prenzlauer Berg auf, der im späten 19. Jahrhundert entstand und zwar kein ganz so verkommenes Viertel wie der Wedding oder Neukölln, aber ebenfalls geprägt war von Mietskasernen (in denen wir heute, saniert und verschnörkelt, alle wohnen wollen). Weil sie keine Lust hat, weiterhin im dritten Hinterhof zu wohnen und sich das Plumpsklo mit allen Bewohnern zu teilen, heuert sie im Edelbordell „Weißer Schwan“ im mondänen Charlottenburg an. Von da an muss sich sich keine Sorgen mehr um Essen und ein warmes Bett machen, die Männer umgarnen sie und Arbeit hat sie genug. Alles geht seinen lüsternen Lauf, bis Minna eines Tages Ernst Günther von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg – der aus selbsterklärenden Gründen am Hof nur „Herzog Rammler“ genannt wird – unter ihrer Bettdecke aufnimmt. Dieser ist derart angetan von der charmanten Dirne – die aus Stilgründen zwar hochdeutsch sprechen soll, am liebsten aber derbe berlinert – das er sie als Animierdame zu einer geheimen Feier auf dem Jagdschloss Grunewald einlädt. Das die letztendlich zu einer Orgie ausufert, bei der sich alles miteinander paart, was zwei Beine hat, war vorher nicht abzusehen. Und dass die preußische Monarchie dadurch ganz ordentlich durcheinandergewirbelt wird – denn natürlich dringen die Details schnell nach außen – ebenfalls nicht. „Die Gesellschaft ist nach dem Essen in einen anderen Salon weitergezogen. Wobei man wohl eher sagen muss, weitergehüpft. Die Damen und Herren surren durch dieses Haus wie ein Bienenschwarm. […] Minna fühlt sich genauso überdreht wie alle anderen. Die Krawatten und Fliegen sitzen auch schon locker, Lottka liegt auf einem Bärenfell am Kamin und zeigt ihre Knöchel, was sich für eine Dame nicht schickt, aber keinen im Raum stört.“ Wir erfahren dass von Minna, die diesen Eklat rückblickend schildert: 1935 sitzt sie mit ihrem „Sohn“ Emil im Zug nach Nizza; die Nazis haben Berlin übernommen und Minna musste nach fast 40 Jahren ihr beliebtes Bordell „Ritze“ in der Mulackstraße in Mitte schließen. Was vor allem in den 1920er Jahren dort alles passierte, wird ein einer anderen Geschichte erzählt, die ich vor anderthalb Jahren als Hörbuch gehört habe. Das sie damals der Auslöser für die „Kotze-Affäre“ war, glauben ihr Emil und der mitreisende Gustav erstmal nicht. Ein gewisser Leberecht von Kotze (es gab ihn wirklich) wurde im Zuge der Grunewald-Orgie nämlich bezichtigt, die Teilnehmer im Nachhinein mit detaillierten Briefen erpresst zu haben, wofür er zeitweise im Gefängnis landete. Die juten SittenBesagte Orgie hat tatsächlich stattgefunden. Allerdings nicht 1895, sondern bereits vier Jahre früher – und ohne Minna, denn die ist ja eine fiktive Figur. Anna Basener hat sich die Freiheit genommen, sie in den Skandal, der die vordergründig sittsame wilhelminische Gesellschaft erschütterte, zu einer der Hauptfiguren zu machen. Dabei weiß sie nicht nur die Charaktere geschickt zu beschreiben, auch die damaligen Verhältnisse sind derart plastisch geschildert, dass es eine einzige Freude ist, diese Geschichte zu lesen. Wer sich für einen humorvollen, manchmal schlüpfrigen, aber nie kitschigen Unterhaltungsroman über die Jahrhundertwende interessiert, liegt mit Die juten Sitten genau richtig!

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Anna Basener hat sehr spannend Wirklichkeit und Fiktion vermischt. Die Orgie im Grunewald, auch bekannt als Kotze-Affäre, fand wirklich statt. Dass Minna dort war, ist unwahrscheinlich. Auch die Mulackritze, Minnas kleines Bordell, gab es wirklich. Und die Zukunftsaussichten junger Mädchen und Frauen waren um die Jahrhundertwende definitiv praktisch nicht vorhanden. Wer in den Armenvierteln geboren wurde, starb meist auch dort. Geschunden, ausgebeutet und zu Tode erschöpft. Minna, die Protagonistin in Anne Baseners Die juten Sitten – Kaiserwetter in der Gosse, geht einen mutigen Weg, diesem Schicksal zu entkommen. Sie wird zur Hure. Zwar macht sie sich damit zur Geächteten in der sogenannten angesehenen Gesellschaft, dafür verdient sie gutes Geld und ist unabhängig. Dass ausgerechnet die hässlichste Situation in ihrem jungen Leben, die Orgie im Grunewald, ihr den Weg in die völlige Unabhängigkeit ebnet, hätte sie sich bei ihrer Entscheidung nie träumen lassen. Mich hat Minna mit ihrem losen Mundwerk und ihrer direkten Art sofort gepackt und ich werde mir wohl auch Band eins der Die juten Sitten Reihe holen. Bücher über die Situation von Frauen um die Jahrhundertwende und im frühen 20. Jahrhundert lese ich gerne. Sie machen mit bewusst, wie kurz es erst her ist, dass sich die Situation geändert hat. Aber auch, wie viel noch zu tun ist. Allerdings sollten Leserinnen und Leser nicht zu empfindlich sein, was eine derbe Sprache angeht. Minnas Berliner Schnauze ist nichts für zart Besaitete.

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Ein Fabrikmädchen mit großen Träumen, eine hysterische Gräfin, die sich gern vor aller Augen entblößt, ein Hofmarschall, der hochhinaus will, und der Schwager des Kaisers, der seine Traumfrau nicht heiraten darf, treffen 1895 in Berlin aufeinander und werden in einen Skandal verwickelt, der ihrer aller Leben verändert. 40 Jahre später ist Minna, ehemals Bordellbetreiberin, Edel-Hure und Fabrikarbeiterin mit Emil, ihrem besten Freund und beliebtesten Stricher, unterwegs nach Nizza und verkürzt ihnen die lange Reise mit ihrer Lebensbeichte. „Vierzig Jahre im horizontalen Gewerbe. Ein Leben auf dem Fleischmarkt und gegen die Moral.“ (S. 104) Da ich den ersten Band der Reihe von Anna Basener nicht kenne, bin ich völlig unvoreingenommen an dieses Buch herangegangen und hatte auch nicht das Gefühl, dass mir Vorwissen fehlt. Minna hatte ein sehr bewegtes Leben, auch wenn es nie einfach war. Mit der Machtergreifung der Nazis wurde es immer schwieriger, ein Etablissement wie das ihre zu führen, zumal sie am Ende keine Huren mehr im Angebot hatte, sondern nur noch blutjunge Stricher wie Emil, die sie von der Straße geholt hat. Trotzdem fällt es ihr extrem schwer „ihr Berlin“ zu verlassen. „Ick fühl mir, als hätte man mir den Arm amputiert.“ (S. 12) Minna hat mir imponiert. Sie wählt ihre Kariere als Hure bewusst, um der schlechtbezahlten Fabrikarbeit und einem Leben als Ehefrau und Mutter zu entkommen. Ihr ist aber auch klar, dass sie nicht für jeden die Beine breit machen, sondern in einem teuren Stadtviertel für reichen Freier arbeiten will. Zielstrebig setzt sie diesen Plan um und muss lernen, ihre Herkunft aus der Gosse zu verbergen. Bald aber geht ihr auf, dass genau das ihr Alleinstellungsmerkmal ist und sie von den anderen Frauen unterscheidet. Die Reichen bilden sich zwar ein, schon alles gesehen, gehört und ausprobiert zu haben, aber was Minna ihnen bietet, beeindruckt sie dann doch. Sie ist kein Kind von Traurigkeit und schlägt ihren Freiern keine Wünsche ab, ist vulgär und schockiert gern, das macht ihren Reiz aus. Anna Basener schildert Minnas Aufstieg, den Alltag der Huren um die Jahrhundertwende, die Hygiene- und Verhaltensmaßregeln und das eigentliche Geschäft. Sie bedient sich dabei Minnas frivoler, derber, oft vulgärer Gossensprache und ihres Berliner Dialektes, außerdem geht es richtig „zur Sache“. Ich fand auch den Handlungsstrang um Lottka sehr spannend, die angeblich hysterische Gräfin, die eigentlich nur gelangweilt und unbefriedigt ist und deshalb immer wieder zu Kuren abgeschoben wird. Sie konnte und wollte sich einfach nicht anpassen. Auch den erwähnten Skandal und die daraus resultierenden Ereignisse gab es in ähnlicher Form wirklich. Ein sehr interessantes und spannendes Sittengemälde der damaligen Zeit, wenn man sich auf die etwas ungewöhnliche Ausdrucksweise einlassen kann.

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