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Rezensionen zu
Konstellationen

Sinéad Gleeson

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Als Sinéad Gleeson 13 Jahre alt ist, erzwingt ihr Körper ihre Aufmerksamkeit: Schmerzen in der Hüfte, ausgelöst durch den Zerfall der Knochen, sind der Anfang einer lebenslangen Leidensgeschichte. Sie wird mehrfach operiert, verbringt immer wieder lange Wochen im Krankenhaus. Schmerz wird zum ständigen Begleiter. Mit Ende 20 wird bei ihr eine aggressive Form der Leukämie diagnostiziert. Ihre fassungslosen und aufgelösten Eltern beruhigt sie mit der Ankündigung, sie werde nicht sterben, sondern ein Buch schreiben. Sie übersteht die Chemotherapie, überwindet den Krebs. Sie schreibt auf, was ihr in Krankenhäusern, mit Ärzten und Mitmenschen begegnet. Am Anfang ist es vor allem die Perspektive der Patientin, die sich Ärzten und Klinikroutine ausgeliefert fühlt, nicht gehört und verstanden wird. Ihr gelingt der Schritt in die Metaebene, sie studiert die Funktionsweise eines Körpers, sammelt Informationen, will verstehen, was mit ihr geschieht. Zugleich schärft sich ihr Blick für soziale Interaktionen. Woher kommt die Scham, die man als kranker, eingeschränkter Mensch empfindet. Wie wird man wahrgenommen, wenn man unheilbar krank ist. Wie wird man wahrgenommen, wenn man etwas wagt, das unvernünftig erscheint. Wenn man einer kaputten Hüfte und einem von Chemotherapie gebeutelten Körper eine Schwangerschaft zumutet. Sie meistert auch diese Herausforderung und schenkt zwei gesunden Kindern das Leben. Im weiteren Verlauf des Buches wechselt die Perspektive. Sinéad Gleeson setzt den Fokus auf die Lebensumstände von Frauen. Im mehrheitlich katholisch geprägten Irland werden selbstbewusste Frauen noch immer mit Misstrauen betrachtet. Die Änderung der Abtreibungsgesetzt 2018 war hart erkämpft. Die Autorin seziert die patriarchale Sicht auf die Frau, die Fremdbestimmung durch Männer, die festlegen, was sich für ein Mädchen schickt und was nicht. Sie beschreibt eine Gesellschaft, die Unrecht gegenüber Frauen toleriert, wenn es ihr nützt. Erst 2013 hat es der damalige irische Ministerpräsident geschafft, dich für die menschenunwürdige Behandlung von sogenannten „gefallenen Frauen“ in den von Nonnen geführten Magdalenenheimen zu entschuldigen. Frauen werden auf ihren Körper reduziert, noch immer. Ein Kapitel widmet Sinéad Gleeson Frauen, die ihre Krankheit künstlerisch aufarbeiteten. Besonders Frida Kahlo, die bei einem Busunglück eine schwere Beckenverletzung erlitt, ist ihr eine Schwester im Geist. Krankheit und Schmerz als Quelle von Kreativität. Das Buch ist ein beeindruckendes Zeugnis von Kraft und Lebenswillen. Es zeigt eine Frau, die sich nie aufgegeben hat, die gelernt hat, selbst aus widrigen Umständen etwas Gutes entstehen zu lassen. Eine Frau, die ohne Selbstmitleid ihren Weg beschreibt. Ein gutes Buch gegen das Verzagen, voller Leidenschaft und kluger Gedanken.

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Mit ihren 14 Essays in "Konstellationen. Die Sprache meines Körpers" hat mich Sinéad Gleeson so vieles fühlen lassen: Freude, Trauer, Zustimmung, Wut, Beklemmung, Mitgefühl - um nur einige zu nennen. Die irische Autorin schreibt vor allem über den Körper, bevorzugt in Zeiten, in denen es ihm nicht gut geht. Dieser Abwesehnheit von Gesundheit und dem damit verbundenen Schmerz konnte ich mich kaum noch entziehen, mein Kopf steckte, auch wenn das Buch zugeklappt war, viel zwischen diesen Seiten. Sinéad Gleeson fächert ihre Themen im Bezug auf den weiblichen Körper dabei breit: es geht zum Beispiel um Abtreibung im streng katholischen Irrland, um Geburten von Kindern und wie sie den Körper und das persönliche Umfeld verändern, um die oft schwierige sowie von einer strengen Hierarchie und wenigen Worten geprägte Beziehung zwischen Ärzt*innen und Patient*innen oder auch den Tod geliebter Menschen und den dadurch ausgelösten seelischen Schmerz. Was ich vor allem an "Konstellationen" mochte war die sprachliche Gestaltung. Der Schreibstil der Autorin ist sehr besonders und einnehmend, sie beschönigt nichts und verpackt es trotzdem zugleich in anmutige Worte. Essaysammlungen sind hier in Deutschland gefühlsmäßig auf dem Vormarsch - zum Glück! Ich liebe es, wie Autor*innen ihre Gedanken schweifen lassen können, ihrer Fantasie freien Lauf lassen können, sich thematisch nicht eingeengt fühlen müssen. Sinéad Gleesons "Konstellationen. Die Sprache meines Körpers" ist ein wunderbares Beispiel dafür, welch großartige Werke hierbei entstehen können. Ich kann nur allen empfehlen, ihre Nasen in einen Essayband zu stecken - bevorzugt diesen hier. Berührend, feministisch, poetisch und intensiv!

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Wenn es um den Körper geht und seine Vermessung im faustischen Sinne von „Ach neige, Oh Schmerzensreiche“... dann macht wohl niemand Sinéad Gleeson etwas vor. Als Kind ist sie bereits mit 13 Jahren an Monoartikulärer Arthritis der Hüfte erkrankt, die schmerzhaft und durch wochenlange Ruhigstellung behandelt wird und ihr Krücken, den Rollstuhl und noch schmerzhafte Folgeoperationen beschert. In diesen autobiographischen Schriften, Gedichten und Essays, die „Irish Non-Fiction Book Of The Year“ waren, schildert sie eindringlich den Körper als Schicksal, nicht nur als ihr eigenes sondern das aller Frauen. „Frauen lernen früh, dass das Ertragen von Schmerzen eine Art Märtyrertum ist, das uns den Heiligen näherbringt - als sei Unwohlsein das gleiche wie religiöse Ekstase. Als habe das Leiden Bedeutung. Aber es hat keine.“ Sie fährt auf Klassenreise nach Lourdes, doch trotz irisch-katholisch Elternhauses ist sie nicht wirklich gläubig und die Schmerzen bleiben bestehen. Die Implikationen von chronischer oder akuter Krankheit, ihre Wirkung im Rahmen der Beurteilung von Menschen, insbesondere die Scham, der allgegenwärtige Sexismus und Ableismus werden genauso thematisiert wie überraschend pragmatische Reaktionen von Klassenkamerad*innen. Doch nach überstandener Schulzeit erkrankt sie kurz nach der Hochzeit an einer sehr schweren Form von Leukämie und als sie diese endlich besiegt, kommen die Fragen von Fruchtbarkeit, Schwangerschaft und Geburt auf sie zu, die schon vollkommen gesunde Frauen vor Herausforderungen stellen. „Gelenke könne ersetzt, Organe transplantiert und Blut übertragen werden, aber die Geschichte unseres Lebens bleibt stets die Geschichte unseres Körpers.“ Doch sie stellt sich dem Schmerz und sie stellt sich dem Leben, der Herablassung oder Indifferenz von Ärzten, ist dankbar für jedes freundliche Wort einer Schwester, sucht Verbündete in der Künstlerin Frida Kahlo, der Lyrikerin Jo Shapcott, der Autorin Lucy Grealy, denen sie gegen Ende des Buches ein eigenes Kapitel widmet. Der weibliche Körpers in der Medizin geht auch immer einher mit Abwertung, Misogynie und Sexismus besonders in einer tief katholisch geprägten Gesellschaft wie Irland, in der bis 2018 auch die Abtreibung ein schwieriges und schmerzhaftes Thema war. Trotz all des Leidens, das immer wieder geschildert wird, versucht Gleeson es zu transzendieren, poetisch zu beschreiben, erfahrbar zu machen und zu teilen, obwohl oder vielleicht auch gerade WEIL sie feststellen musste: „Krankheit ist ein Außenposten, auf dem Mond, in der Antarktis, schwer zu erreichen. Der Ort einer nicht vermittelbar Erfahrung, der von jenen Glücklichen, die sie nicht machen mussten, nie ganz verstanden wird.“ Ein kraftvolles, poetisches und sehr mutiges Buch, das auch vor den letzten Kapiteln Alter, Sterben und Tod nicht halt macht! Aus dem Englischen von Stephanie Singh, btb 2021

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