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Rezensionen zu
Inversion

Christopher Priest

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Wer weiß, wie schwierig oder gar unmöglich die Lösung inverser Probleme in der Mathematik ist, kann sich in etwa vorstellen, was der Titel dieses Romans andeuten könnte. "Inversion" verspricht also einiges ... und dieses Versprechen wird gehalten! Eine untergeordnete Rolle spielt dabei, dass der Roman bereits 1974 erschienen ist, und sechsundvierzig Jahre später in Heynes Reihe "Meisterwerke der Science-Fiction" eine Wiederveröffentlichung erlebt. Wenn er etwas verstaubt daherkommt, mag dies nicht unbedingt an der etwas spröden Art des Autors, sich auszudrücken, liegen, sondern ist eher der Absicht abzuleiten, Spannung zu erzeugen, dies allerdings in einem durchaus unüblichen Maß. Die Hauptfigur, Helward Mann, ist in diesem Zusammenhang wenig zu gebrauchen. Als "Gildenvoluntär" verbringt er, gerade sechshundertfünfzig "Meilen" alt geworden, sein Leben in "Stadt Erde" und bekommt nun die Gelegenheit, im Rahmen seiner Ausbildung zum "Zukunftsvermesser", den vermeintlich sicheren Rahmen der sich langsam fortbewegenden Stadt zu verlassen. Fortan ist nichts mehr, wie es war. Weshalb dieser enorme Aufwand, eine Stadt auf Schienen, welche permanent ab- und wieder aufgebaut werden müssen, voranzutreiben, dies unter Zeitdruck und nur um ein ominöses, imaginäres "Optimum" zu erreichen? Dies und anderes herauszufinden bereitet sicher nicht nur genreinfizierten Leserinnen und Lesern größtes Vergnügen. Geduld ist dafür allerdings eine Voraussetzung, wobei von einer zeitgleichen Fahndung nach literarischem Anspruch, und der damit verbundenen vergeblichen Suche, abzuraten wäre. Belohnt wird man dafür allerdings mit der spannenden Bekanntmachung und dem Kennenlernen physikalischer Besonderheiten und Abnormitäten. Der Held ist auf seinen Ausflügen nach Süden in die "Vergangenheit" sowie in die "Zukunft" nach Norden sich grundlegend unterscheidenden Einflüssen ausgesetzt, was den Wunsch nach umfassender Aufklärung ins Unendliche dehnt. Priest verließ die ausgetretenen Pfade des Genres auf radikale Weise. Dem bekannten System eines endlichen Planeten in einem unendlichem All stellte er den Entwurf eines unendlichen Planeten in einem endlichen All gegenüber! Wie sich das verhält, funktioniert und anfühlt verrät "Inversion"!

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Was bedeutet “Inversion”? Übersetzt man es direkt aus dem Lateinischen, heißt es schlichtweg “Umkehrung”. Der Begriff kann in vielen Bereichen unterschiedlich gedeutet werden. Sei es in der Mathematik, der Physik, der Chemie oder gar als Stilmittel der Sprache. In diesem Fall geht es eher um die Strukur der Erde. Zumal der Originaltitel “The inverted World” heißt. Mit diesem Vorwissen, stelle ich das Buch jetzt einmal genauer vor. Helward ist ein junger Mann mit viel Gras hinter den Ohren, der endlich in die Fußstapfen seines Vaters. Doch bevor es soweit ist, muss er sich erst einmal beweisen. Nicht jeder wird in die Gilde der Zukunftsvermesser aufgenommen. Irgendwann stehen alle Ampeln auf Grün und er erfährt die Wahrheit über seine Stadt. Diese wird auf gewaltigen Schienen durch das Land gezogen. Wie ein unruhiger Geist, der seine Bestimmung noch nicht gefunden hat. “Auf einmal waren Kälte und Dunkelheit nicht mehr wichtig, als mir die Bedeutung dieser Augenblicke zu Bewusstsein kam. Ich war draußen… das war es, worauf ich mein ganzers bisheriges Leben gewartet hatte! “(S.33) Aber warum zieht man eine Stadt durch ein Land? Warum steht sie nicht einfach auf festem Boden? Der Grund klingt im ersten Moment durchaus logisch: Wenn die Stadt stehen bleibt, wird sie von der Schwerkraft zerdrückt. Stattdessen flüchtet man vor ihr und versucht das Optimum zu erreichen, den Punkt, wo man die Schwerkraft umgehen kann. Also werden Schienen verlegt, die Stadt vorgezogen, Schienen abgebaut und wieder vorne neu moniert. Ein ewiger Kreislauf. Doch Helward fängt an Fragen zu stellen. Seine Umgebung fängt an, die Stadt und ihr System in Frage zu stellen. Wieso lebt man nicht auf dem Festland? Gastarbeiter machen das auch. Wieso ist man so erpicht darauf, dass man heiratet und Kinder bekommt und wieso darf er nicht darüber reden, was er als Zukunftsvermesser erfährt? Fragen über Fragen tauchen auf, deren Antworten ganz zum Schluss schließlich beantwortet werden. “Es scheint, als ob die Stadt, selbst wenn sie einmal das Optimum erreichte, doch nicht haltmachen könnte, weil das Optimum selbst sich weiterbewegt.” (S.132) Das Buch hat eine recht langsame Erzählweise. Was in diesem Fall sogar von Vorteil ist. Man erkundet die Welt quasi auf dem gleichen Level wie Helward selbst. So wird sich zeitweise recht stark in die Mechanik der Stadt vertieft, man wird vor vollendete Tatsachen gestellt, um dann im nächsten Moment den Schweiß der Schienenbauer förmlich riechen zu können, da man die ganze Zeit an deren Zeit steht. Dabei wechselt ebenso die Erzählart. Innerhalb der fünf großen Abschnitte gibt es die Ich-Perspektive von Helward und den auktorialen Erzähler. Alles hat seine Gründe. Zugegeben, anfangs hatte ich Sorge, dass das Buch “Inversion” nie zu Potte kommt. Ich hatte das Gefühl, man dreht sich nur im Kreis. Letztlich ist es aber genau das, was unserem Helward passiert. Man steht ihm einfach zur Seite. Was nicht heißt, dass man seine Meinung teilen muss. Ganz im Gegenteil, denn ohne Clou kommt die Handlung natürlich nicht aus und deren ersten Ausläufern begegnet man recht früh. Man sollte also die Augen offen halten. Da mir das komplette Paket gefallen hat und ich die Herangehensweise an die Thematik recht interessant fand, sprech ich einen klaren Lesetipp aus.

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