Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Sengendes Licht, die Sonne und alles andere

Jon Savage

(5)
(2)
(0)
(0)
(0)
€ 20,00 [D] inkl. MwSt. | € 20,60 [A] | CHF 27,90* (* empf. VK-Preis)

Joy Division gehört für mich zu einer der einflussreichsten Bands überhaupt. Sie ebneten den Weg für völlig neue Ideen und Entwicklungen, nicht nur im Bereich Post- Punk. Genre wie Dark Wave, Indie Rock und Gothic Rock wurden maßgeblich von Joy Divison beeinflusst. In „Sengendes Licht, die Sonne und alles andere“ (was für ein wunderschöner Titel bitte) erschienen 2020 bei heyne.hardcore , vereint Jon Savage zahlreiche Interviews, die er über die Jahre mit den wichtigsten Personen in der „Joy Divison Geschichte“ geführt hat. Darunter eben auch Bernard Summer, Peter Hook und Stephen Morris. An dieser Stelle möchte ich gleich sagen, dieses Buch ist absolut nur was für Fans oder für Menschen, die sich generell für Musik Geschichte mit dem Fokus auf Uk 60/70er Jahre interessieren. Das Buch ist durch die Interview Form sehr intensiv, stark und detailreich. Es geht in sehr vielen Kneipen, Clubs- wir sind bei den ersten Versuchen/ Auftritten der Band bis hin zum ersten Studio Album dabei. Besonders die späteren Erzählungen über Ian Curtis haben mich sehr berührt, dieser Mann war einfach so begabt. Hatte so ein wahnsinnig feinfühliges Gespür für Texte, Musik und Visionen einer Generation. Man erfährt aber nicht nur über die Band viel, sondern auch über das Label Factory und Manchester zu dieser Zeit allgemein. Zwischendrin sind auch auch Bilder, Flyer und Konzertplakate eingestreut, was diese Dichte an Informationen und Berichten ein wenig auflockert. Zudem ist das Buch chronologisch aufgeteilt und man hat am Anfang des Buches auch nochmal ein Personenregister, so kommt man auch nicht durcheinander. Große Empfehlung für Fans von Joy Divison und für die, dies vielleicht noch werden wollen! ;)

Lesen Sie weiter

Paul Morley, ein englischer Musikjournalist, schrieb zum Konzert am 31.05.1977 im Rafters, Manchester, von "vorhersehbaren" Klängen, aber auch von der "schwer erklärbaren Weise", wie sich die Band von den anderen neuen Formationen unterschied. Pete Shelley, Gründer, Gitarrist und Sänger der Punk-Band Buzzcocks, wollte der Truppe um Sänger Ian Curtis den Namen "Stiff Kittens" verpassen, was die Band ablehnte. Dennoch wurde jener Name auf Plakate gedruckt, weshalb sie beim ersten Konzert am 29.05.1977 verkünden mussten, dass sie nicht selbige seien, sondern "Warsaw". Zunächst deutete nichts darauf hin, dass die allzu unverbindlichen Klänge einer "bemühten Rockband" irgendwann einmal Geschichte schreiben sollten. Immerhin äußerte Morley in einem Interview eine ahnungsvolle Aussage zum Stand der Dinge: "Dieses Bemühen hatte was Interessantes." Erst mit der umstrittenen Umbenennung der Band in "Joy Division", welche fast zwangsweise politische Unterstellungen verursachte, kam Bewegung in den Bekanntheitsgrad, wenn auch die Veränderungen im Sound durch eine Verkettung von Zufällen entstanden. Erstens hatte man stets keinen wirklichen Plan und zweitens nicht einmal ein Aufnahmegerät, um die Dinge, die meist spontan und unkontrolliert entstanden, vernünftig zu rekapitulieren. "Wir haben uns nicht gegenseitig angespornt, eher vollkommen ignoriert. Wir befanden uns alle auf unserer eigenen Insel ...". Keinen Plan hat auch der Rezensent, denn wie sollte man der Ausnahmeband jemals mit Worten gerecht werden. Als Phönix aus der Asche des Post-Punk entstiegen, zelebrierten Joy Division eine verhaltensauffällige Eigenständigkeit, die sich als nicht reproduzierbar zeigte. Vielmehr öffnete sie bis dahin nicht vorhandene Türen für Musikrichtungen wie Dark Wave, Gothic Rock und den wiederum daraus entstandenen Ablegern. Die Umsetzung der Bandgeschichte anhand zahlreicher Interviews, die mit Fotografen, Autoren, Managern, Produzenten, weiteren Zeitzeugen, Ian Curtis' Ehefrau und Bandmitgliedern selbst geführt wurden, hat, wie jede Medaille, zwei Seiten. Die unkommentierte Aneinanderreihung der Originalzitate hat etwas von einer unverfälschten Authentizität, kann aber auch ermüden. Das Personenverzeichnis am Ende, sowie die Reihenfolge deren Auftretens zu Beginn aufzuzählen, erleichtert die Lektüre ganz allgemein. Anstrengend ist sie trotzdem, weil sie -Insider werden jubeln- allzu sehr ins Detail geht. Die immer wieder auftretenden Kuriositäten erheitern dann hin und wieder die ernüchternde Lektüre. Witzig sind Gitarrist Sumners Seitenhiebe auf den "amerikanischen Westküstenkram" der Siebziger oder auf Rick Wakemans (Yes) Soli, den er befähigt sah, "tausend Noten in einer Sekunde" zu spielen. Kurios auch die Tatsache, was man mit Omas modifiziertem Grammophon alles anfangen konnte! Die Zusammenstellung zu einer "Oral History" kommt vielleicht etwas kantig und spröde daher, bleibt aber echt und unverfälscht. Der Grabstein für eine Band, die es so nie wieder geben wird. Eine nüchterne Aufzählung persönlicher, mitunter im Widerspruch stehender Eindrücke. Gut möglich, dass es Ian Curtis genau so gewollt hätte.

Lesen Sie weiter

Jon Savage, der Journalist und ständige Begleiter der englischen Kultband Joy Division veröffentlicht mit „Sengendes Licht, die Sonne und alles Andere“ eine außergewöhnliche Biografie der außergewöhnlichen britischen Band, die die Musikgeschichte, nicht nur wegen des traurigen frühen Todes ihres Frontmanns Ian Curtis, sondern aufgrund der Besonderheit der Umstände, ihrer Art, den Post-Punk zu leben und ihres interessanten und speziellen Werdegangs, nachhaltig geprägt hat und auch heute, rund 40 Jahre nach ihrer Auflösung, noch immer prägt. Das Buch erzählt aber nicht nur die Geschichte Joy Divisions, sondern sie erzählt auch die Geschichte Manchesters und Salfords. Aus letzterem Ort kamen die vier Bandmitglieder Joy Divisions, Ian Curtis, Berhard Sumner, Peter Hook und Stephen Morris. Jon Savage hat sich für diese Biografie keines flüssigen Schreibstils angenommen, sondern er erzählt in 13 Kapiteln den Werdegang der Bandmitglieder und die kurze Schaffensphase der Band mittels geführter Interviewsequenzen, die stets geschickt aneinander gereiht worden sind. So gaben für dieses Buch neben den anderen früheren Bandmitglieder Berhard Sumner, Peter Hook und Stephen Morris noch viele damalige Wegbegleiter Joy Divisions ihre Erinnerungen preis und verschafften Jon Savage so die interessante Möglichkeit, die Geschichte rund um das Quartett nicht nur aus unterschiedlichen Augen und Blickwinkeln, sondern auch aus völlig verschiedenen Perspektiven zu erzählen. Journalisten, der damalige Mitbegründer des Factory Labels, der frühere Tourmanager, der Factory Records Deutschland Chef, befreundete Musiker und viele mehr geben in kurzen Sequenzen ihre Eindrücke zu bestimmten Fragen und Begebenheiten preis und lassen dieses Buch auf eine Weise universal werden, wie es auch die Band in den rund zwei Jahren ihrer Geschichte geworden ist. Die jeweiligen Sichtweisen der befragten Personen beschreiben bestimmte Umstände auf unterschiedliche Weise und so bekommt der Leser ein umfassendes Bild, wenngleich es auch diesem Buch nicht gelingt bzw. gelingen kann, die Gedanken, die Ian Curtis letztlich in den Selbstmord trieben, zu Tage zu fördern, geschweige denn, die Fassade des charismatischen Sängers, der diese unglaubliche, seelische Schwere in sich trug, zu durchbrechen. „Sengendes Licht, die Sonne und alles Andere“ ist eine kurzweilige und interessante Erzählung der Geschichte Joy Divisions, die wohl so nah an den Gedanken alle Beteiligten dran und damit so authentisch und in gewisser Weise objektiv ist, wie keine andere zuvor. Jon Savage und alle Protagonisten dieses Buches verbeugen sich somit rund 40 Jahre nach dem Tod des Joy Division Sängers vor der Band und machen sie erneut – und auf eine sehr besondere Weise – unsterblich.

Lesen Sie weiter

"Es ist mein Glück, dass ich schließlich mit ihnen arbeiten durfte, und auch mit Rob. Das war wie Tag und Nacht. Da war dieses sengende Licht, die Sonne, und alles andere war Düsternis." - Dieser Satz, aus dem Munde von Tony Wilson, einem Radiomoderator von Granada Television und Mitbegründer von Factory Records, steht wie in Stein gemeißelt als Synonym für den Ruf, den Joy Division in der Musikwelt bis heute noch inne hat. Mit Rob ist übrigens Rob Gretton gemeint. Manager der Band und ebenso Mitbegründer von Factory Records. Der Satz versinnbildlicht die Ausnahmestellung der kleinen Band aus Manchester, die als Wegbereiter in Richtung Gothic-Rock diente, und warum der tragische Selbstmord ihres jungen Sängers Ian Curtis seitdem immer noch die Gemüter von zig Musikfans bewegt. Der britische Musikjournalist Jon Savage, der zur damaligen Zeit für die Musikzeitschriften Sounds, New Musical Express und den Melody Maker schrieb, war Zeitzeuge der Geschichte der Band und hat uns mit diesem Buch schlichtweg ein sensationelles Werk vorgelegt. Eine Geschichte oder Biographie einer Band schreiben, kann sicherlich nicht jeder, aber es ist durch Zusammentragen vieler Fakten und Geschichten schon möglich. Dann aber besteht eine solche Geschichte immer nur aus der Deutung des betreffenden Autors. Hier hingegen kommen sehr viele damals involvierten Personen selbst zu Wort. John Savage hat aus hunderten von Interviews die zentralen Aussagen extrahiert und in chronologischer Form geordnet und aneinandergereiht. Als ich von der Existenz dieses Buchs erfuhr, war für mich sonnenklar, dass ich es lesen musste. Hatte ich doch schon Anfang der 80er "Love will tear us apart" gehört, noch bevor ich den Namen der Band wusste und die Nachfolgerband New Order live gesehen. Die beiden Studioalben der Band, sowie einige weitere Veröffentlichungen wie Singles, Maxis und auch LPs stehen gehegt und gepflegt in meiner Sammlung. Die komplette Geschichte hinter der Band war bis auf die grobe Richtung aber bisher im Dunkeln. Darum also jetzt dieses Buch. Schon beim Anblick desselben fiel mir die eigenartige Art des Hardcovers auf, welches sich doch arg vom Rest der Bücher unterschied. Aha ... zwei dicke Kartons mit rasiermesserscharfen Kanten in gebundener Form. Seltsam. Genauso seltsam, was ich da auf den ersten Seiten lesen durfte. Absatz für Absatz mit dem jeweiligen Urheber des Geschriebenen vorangestellt. Na, ob das flüssig zu lesen war... Es fing an mit den damaligen Verhältnissen in der Stadt Manchester, in der unsere Kumpels aufwuchsen. Mit dem Erwachen der dortigen Szene und Subkultur und dem Aufwachsen und Werdegang der beteiligten Personen; insbesondere von Bernard Sumner, Peter Hook, Stephen Morris und Ian Curtis, die sich später zu einer der legendärsten Bands dieses Planeten formieren würden. Bereits nach den ersten Seiten war meine anfängliche Skepsis in Bezug auf den Schreibstil komplett verflogen. Es war einfach fließend zu lesen, und das Bewusstsein, dass das die eigenen Worte der beteiligten Personen selbst waren, ließen einen so manche Begebenheit anders verstehen. Einen großen Teil des Buches nimmt die Wahrnehmung der düsteren Seele und Stimmung von Ian Curtis durch die ihn umgebenden Personen ein. Mittlerweile wissen viele um die Krankheit Epilepsie von Curtis, die teilweise seinen eigenartigen Tanzstil und die rudernden Bewegungen ansatzweise erklärt. Komplett in die Psyche eines Menschen hinschauen, kann man eh nicht - man kann nur versuchen es zu verstehen. Joy Division waren für damalige und auch heutige Zeit düster. Gitarrist Bernard Summer meint dazu im Buch: "Ian wollte immer das Extreme haben: Extreme Musik, manische Auftritte. Die Musik war daher auch extrem düster. Nachdem wir Unknown Pleasures aufgenommen hatten, fiel es mir schwer, die Platte anzuhören, weil sie so düster war." Das sagt einiges über Joy Division aus, genauso wie der Satz von Bob Dickinson, einem Schreiber bei der Manchester Review: "Joy Division klangen wie Geister und wirkten damals gespenstisch. Ihrer Musik haftet dies immer noch an, wie von etwas Totem, dabei ist es lebendig, es ist da, aber dann auch wieder nicht". Sätze wie diese erklären sehr viel von dem, was man bisher über Joy Division wusste oder auch nur zu verstehen versuchte. Jon Savages Buch bringt einiges an Klarheit in die Geschichte. Joy Division ist immer noch ein Rätsel für viele, damals wie heute. Dave Simpson, einer der Zeitzeugen sagte zum Beispiel: "Joy Division haben mich absolut sprachlos gemacht - mir gefiel das Geheimnisvolle daran". Etwas Licht in diese "Sprachlosigkeit", in das Geheimnisvolle zu bringen, daran machte sich Jon Savage mit Akribie und man muss ihm Anerkennung dafür zollen, in diese Düsternis, diese Blindheit, etwas Licht gebracht zu haben. Dieser Gegensatz von der Düsterheit und dem sengenden Licht zieht sich durch die komplette Geschichte der Band: Haben sie doch im März 1980 eine limitierte Single auf dem kleinen französischen Label Sordide Sentimental herausgebracht, welche den Namen Licht und Blindheit trägt. Eine englische Band auf einem französischen Label mit einem deutschen Titel. Übrigens ein wahrer Schatz in jeder Sammlung mit den Songs "Atmosphere" und "Dead Souls" drauf. Aufgelockert wird das Buch durch einige unbekannte Bilder der beteiligten Personen, Abbildungen von Plakaten der damaligen Konzerte oder Flyer ihrer Plattenfirma Factory Records aus der Feder des großartigen Peter Saville. Die Geschichte von Joy Divison und insbesondere ihres charismatischen Sängers Ian Curtis wird immer geheimnisvoll bleiben, aber Jon Savage hat eine wahre Bibel geschaffen. Nicht nur für Joy Division Fans - nein, auch für jeden Musikfan oder Anhänger der damaligen Subkultur. Zurecht die volle Punktzahl für dieses Werk.

Lesen Sie weiter

Es gibt vereinzelte Bands innerhalb der Musikgeschichte, die bahnbrechend für die weitere Entwicklung der Musikentwicklung waren. Eine dieser Bands ist JOY DIVISION, die Anfang der 80er Jahre unbewusst vom ausklingenden Punk in die darauffolgende Welt der Musik traten. Dabei öffneten sie für nachfolgende Bands musikalische Türen und wurden wegweisend für Dark Wave, Gothic und Alternative. Mit gerade mal zwei offiziellen Studioalben gingen sie in die Musikgeschichte ein und glänzen darin noch heute. Ihre Musik ist getrieben von einer visionären Kraft, wie man sie nur selten vorfindet - dabei wollten sie nichts weiter als Musik machen, um dem eintönigen Alltag der darbenden Industriestadt Manchester ein wenig zu entfliehen. In SENGENDES LICHT, DIE SONNE UND ALLES ANDERE (was für ein genialer Titel!) lässt Jon Savage die Band auf Basis von Erzählungen beteiligter Personen auferstehen. Am 18. Mai 2020 jährt sich der Todestag des charismatischen Ian Curtis bereits zum 40. Mal und somit wurde es auch wieder Zeit, sich mit dieser Ausnahmeband zu beschäftigen. SENGENDES LICHT, DIE SONNE UND ALLES ANDERE ist dabei nicht nur für Fans und Kenner der Musik Joy Divisions eine Offenbarung - nein, ich bin überzeugt, dass der Inhalt auch sehr interessant für Musikliebhaber jeglicher Couleur sein kann, immerhin erzählt es die Geschichte einer Band aus einer Zeit, in der Musik noch für sich selbst funktioniert hatte und der Drang danach nicht nur dem öden Kommerz geschuldet war. Joy Divison machten ihre Musik aus Leidenschaft und nichts weiter. Dass sie dabei etwas Besonderes entwickelten, war ihnen selbst sicherlich überhaupt nicht bewusst. Hier ging es nur um die Jagd nach dem nächsten Auftritt, möge die Location noch so klein sein. Das Buch deckt auf eine sehr persönliche Art und Weise alles auf, was sich im Umfeld dieser Band zugetragen hatte. Dennoch, die innere Welt Ian Curtis‘ bleibt auch nach Genuss dieses Werkes verborgen und somit ist es weiterhin nur spekulativ, warum sich Ian Curtis zwei Tage vor der Abreise in die Vereinigten Staaten das Leben genommen hat. Sicherlich kämpfte hier ein sehr zerrissener Mensch mit seinen inneren Dämonen und somit bleibt einem auch nichts weiter übrig, als mit unbeantworteten Fragen dem Abgang dieses sagenhaften Menschen zu bedauern. Immerhin bleibt er durch seine Musik am Leben und auch hier sei gesagt, dass diese trotz der bereits vergangenen 40 Jahre weiterhin zeitgemäß ist und wohl noch lange bleiben wird. Die Zusammenstellung der verschiedenen Stimmen durch Jon Savage wirkt dabei rundum authentisch und man fühlt sich beinahe mitten drin. Insbesondere die Texte des zweiten Albums mit dem Titel „Closer“ erscheinen in einem komplett neuen Licht. Die letzten, sehr traurigen und intensiven Seiten las ich mit Joy Division als Begleitmusik. Dies sorgte für eine bedrückende Gänsehaut, da man auf der einen Seite Erzählungen über die letzten Tage des mittlerweile wohl manisch-depressiven Ian Curtis liest und gleichzeitig die düsteren Klänge von „Isolation“, „She‘s Lost Control“, „Love Will Tear Us Apart“ und ganz besonders „Atmosphere“ den Raum um einen herum füllen. In dieser Konstellation ein sehr eingängiger, tiefgehender und nachdenklich stimmender Schluss, wie er nur selten beim Genuss eines Buches vorkommt. Interessanterweise hörte ich während des Schreibens dieser Rezension einen Alternativ-Radiosender an und wie als ganz besonderer Fingerzeig spielten sie beim Beenden dieser Worte von mir ebenfalls ein Werk dieser bahnbrechenden und viel zu kurzlebigen Band. Als kleines Fazit sei noch angemerkt, dass dieses Buch nicht zu wenig und nicht zu viel verspricht - dabei schlicht und ergreifend den Weg von gleichwertig agierenden Freunden ohne jeglichen Plan zu einer historisch nennenswerten Band offenbart. Perfekt in seiner stringenten Timeline zusammengestellt. Jürgen Seibold/07.06.2020

Lesen Sie weiter

Joy Division war eine Post-Punk-Band aus Manchester, die von 1976 bis 1980 aktiv war. Sie gilt als Wegbereiter des New Wave und Gothic Rock und schufen sich mit lediglich zwei Studioalben (Unknown Pleasures und Closer) einen dauerhaften Platz in der Musikgeschichte und beeinflussten viele heute populäre Bands. Für mich, auch wenn ich aufgrund der späten Geburt die Band nie live sehen konnte (bei Auflösung der Band war ich gerade mal 8 Jahre alt und an jeglicher Musik noch völlig desinteressiert), kann ich Joy Division als einen kulturellen Befreiungsschlag betrachten. In Zeiten der damals populären Neuen Deutschen Welle schlug Joy Division bei mir eine Seite an, die nicht nur lange nachklingen sollte, sondern den Blick auf einen gänzlich anderen musikalischen Stil, der gleichzeitig ein aussagekräftiges Bild des persönlichen Innenlebens darstellen sollte, lenkte. Aus einer gutbürgerlichen und eher konservativen Familie stammend, gab die Musik der Band, aber speziell auch die Texte eine innere Haltung wider, die sich gegen das Korsett der Normen auflehnte. Roh, ungeschliffen und in ihrer Brachialität gleichzeitig filigran und zerbrechlich fassten sie einen diffusen Zustand perfekt ein und öffneten den Blick auf ein unglaublich breites und komplexes Spektrum, welches sich nicht nur auf die Musik konzentrierte, sondern auch Literatur, Comic und Film homogen mit einbezog. Es sollte für mich die Entdeckung einer Subkultur werden, die mich in ihren Facetten noch heute fasziniert und begeistert. Damals jedoch gab es dank Joy Division plötzlich so unglaublich viel zu entdecken, welches sich vorher im Verborgenen befand. Auch heute, vierzig Jahre nach Auflösung der Band, ist die Kraft ihrer Musik und der Einfluss ungebrochen. Das damalige Lebensgefühl, welches in ihrer Musik Ausdruck fand, herrscht immer noch vor, weshalb ihre Platten zeitlos und frisch klingen und entsprechend nichts von ihrer Bedeutung verloren haben. Der britische Musikjournalist Jon Savage, ein sachkundiger Publizist, der sich intensiv mit der Musikgeschichte der späten 1970er bis 2000er auseinandersetzt, veröffentlicht hier sein unglaublich spannendes, von Conny Lösch aus dem Englischen übersetztes Buch über die Band. Sengendes Licht, die Sonne und alles andere – Die Geschichte von Joy Division (Originaltitel: The Searing Light, the Sun and Everything Else: Joy Division, Großbritannien 2019) zeichnet ein Bild der Entstehung der Band, ihrer Entwicklung, aber auch ihrer persönlichen Umgebung und die Prägung, die das Leben im Manchester der 1950er Jahre auf junge Leute ausübte. Dazu sprach er mit knapp vierzig Personen aus dem direkten Umfeld der Band, aber auch mit den Bandmitgliedern selbst und ergänzte deren Aussagen mit Aussagen des verstorbenen Ian Curtis, welche er in früheren Interviews fand. Es ist ein sehr persönliches, unglaublich intensives und intimes Bild, welches hier gezeichnet wird. Heyne Hardcore veröffentlicht Sengendes Licht, die Sonne und alles andere – Die Geschichte von Joy Division als wunderschön gestaltetes Hardcover mit Pappband (384 Seiten, €20), welches zudem zwanzig markante schwarz-weiß-Abbildungen enthält. Sengendes Licht, die Sonne und alles andere ist eine Schatztruhe voller Anekdoten, eine Fundgrube bekannter und unbekannter Informationen und dabei so unglaublich interessant und spannend zu lesen, dass es eine wahre Freude ist. Ein Buch speziell für all diejenigen, die sich für die Musik der Band und ihren kulturellen Einfluss interessieren, die mehr über die Hintergründe dieser Zeit erfahren wollen, aber auch für Menschen, die sich schon immer damit beschäftigen wollten, um einen detaillierten Einblick zu erhalten. Ich habe das Buch regelrecht verschlungen und kann es entsprechend von ganzem Herzen empfehlen!

Lesen Sie weiter

Die 1976 von Peter Hook, Bernard Sumner und Terry Mason gegründete und dann von Sänger Ian Curtis vervollständigte Band Joy Division nahm bis zu Ian Curtis‘ tragischen Selbstmord am 18. Mai 1980 zwar nur zwei Alben auf, doch avancierte sie nicht zuletzt durch die energiegeladenen Konzerte zum Aushängeschild eines Genres, das die Attitüde und Wildheit des Punk Rock zu den melodischeren Gefilden des Dark Wave und Gothic Rock überführte. Bekanntermaßen führten Bernard Sumner, der Ian Curtis als Sänger ersetzte, Bassist Peter Hook, Drummer Stephen Morris und Keyboarder Gillian Gilbert als New Order erfolgreich das Erbe von Joy Division fort, doch war die Geschichte von Joy Division seither immer wieder Thema für ausführliche Artikel, ganze Bücher und sogar Filme. So sind nicht nur die Songtexte und Notizen von Ian Curtis („So This Is Permanence. Joy Division Lyrics and Notebooks“) und Erinnerungen seiner Frau Deborah Curtis („Touching From a Distance – Ian Curtis & Joy Division“), sondern auch verschiedene Bücher der Band-Mitglieder und -Involvierten Peter Hook („Unknown Pleasures: Inside Joy Division“), Paul Morley (Joy Division: Piece by Piece“) und Bernard Sumner („Chapter and Verse: New Order, Joy Division and Me“) veröffentlicht worden. Der bekannte britische Publizist Jon Savage, der bereits Bücher über The Kinks, die Sex Pistols und den Punk Rock geschrieben hat und zuletzt „Teenage: The Creation of Youth Culture“ (2007) veröffentlichte, wählte für sein neues Buch über Joy Division einen besonders interessanten Ansatz und lässt in „Sengendes Licht, die Sonne und alles andere“ vor allem Zeitzeugen die Geschichte von Joy Division in chronologisch strukturierten Zitaten erzählen. Als Grundlage dienten dem Autor vor allem die Interviews, die Grant Gee und er selbst für den 2016 entstandenen Dokumentarfilm „Joy Division“ führten, ergänzt durch Gespräche, die u.a. für einen Artikel im „Mojo“ (1994) und zu Savages Buch „England’s Dreaming“ aufgenommen wurden. Dabei beschreiben die Protagonisten und Zeitzeugen zunächst das besondere Lebensgefühl im Manchester Mitte der 1970er Jahre, wo der soziale Wohnungsbau seinen Anfang nahm, wo dank der Hafenanlagen unterschiedlichste Einflüsse und Stile die Stadt überschwemmten und die Manchester Free Trade Hall zu einem Epizentrum der psychogeografischen Energie wurde, in dem Gewerkschaftsveranstaltungen ebenso abgehalten wurden wie Konzerte von Louis Armstrong, Bob Dylan und die Sex Pistols stattfanden. Das Spannungsverhältnis zwischen Arm und Reich prägte die zunehmend von Zerfall geprägte Industrielandschaft, die Sehnsucht nach dem Schönen hinter all der Hässlichkeit. Diese postindustrielle Atmosphäre voller leerstehender Lagerhallen- und Fabrikruinen, in denen sich neue Slums bildeten, war der ideale Nährboden für eine bunt schillernde Club-Szene in den 1960er Jahren, als sich Terry Mason, Bernard Sumner und Peter Hook kennenlernten und sich alles Mögliche an Konzerten ansahen, AC/DC, Dr. Feelgood, Iggy Pop, David Bowie und schließlich die Sex Pistols. In den nachfolgend aneinandergereihten sehr persönlicher Erinnerungen wird anschaulich geschildert, wie Joy Division ihre ersten Songs einspielten, Martin Hannett als Produzenten gewannen und schließlich mit Tony Wilson zusammentrafen, der eine eigene Musiksendung bei Granada TV hatte und schließlich mit Pete Saville das legendäre Factory Label gründete, auf dem Joy Division zunächst die beiden Songs „Digital“ und „Glass“ auf der Doppel-EP „A Factory Sample“ veröffentlichten, dann die beiden Alben „Unknown Pleasures“ (1979) und „Closer“ (1980). Je mehr Live-Auftritte Joy Division allerdings absolvierten, je mehr Ian Curtis hin- und hergerissen war zwischen seiner Frau Deborah, mit der er ein gemeinsames Kind hatte, und der gut situierten und gebildeten Belgierin Annik Honoré, desto stärker machten sich seine epileptischen Anfälle und die durch die starken Medikamente verursachten Stimmungsschwankungen bemerkbar. Bei all diesen Schilderungen wird deutlich, wie unsicher und unreif die damals noch Anfang Zwanzigjährigen mit der Situation umgegangen sind, wie sehr sie sich auf Ians Beteuerungen verließen, dass alles gut sei. Jon Savage gelingt es, in der abwechslungsreichen wie intimen Zusammenstellung der Eindrücke und Erinnerungen ein sehr authentisch wirkendes Portrait der Zeit und der besonderen Umstände zu zeichnen, in der Joy Division gewirkt haben. Die „No City Fun“-Autorin Liz Naylor fasst schließlich zusammen: „Joy Division kamen aus einer bestimmten Zeit und von einem bestimmten Ort, und sobald man sie dort herausnimmt, verändert sich ihre Bedeutung. Als hätten sie kollektiv die damalige Aura von Manchester transportiert. Sie waren so, wie Manchester war. Folglich wurde diese Aura auch Ian als Einzelperson zugeschrieben, aber ich denke, das ist ein Missverständnis. Als Band waren sie sehr viel wichtiger denn als Individuen oder als seine Vision, weil ich nämlich nicht glaube, dass es seine Vision war. Ich glaube, es war die Atmosphäre von Manchester.“ (S. 202) Angereichert mit einigen schönen Schwarz-Weiß-Illustrationen von Plakaten, Logos und Fotos bietet „Sengendes Licht, die Sonne und alles andere“ einen faszinierenden Einblick in das Entstehen und Wirken einer ungewöhnlichen wie einflussreichen Band, die aus dem Geist des Post-Punk in intellektueller Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung darstellte und musikalisch gerade von deutschen Acts wie Kraftwerk, Neu! und Can zu ihrem einzigartigen Sound inspiriert wurde. Die Vielfalt der eingefangenen Stimmen machen das Portrait von Joy Division ebenso persönlich wie vielschichtig.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.