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Rezensionen zu
Liebe, Lust und Trauma

Franz Ruppert

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€ 20,00 [D] inkl. MwSt. | € 20,60 [A] | CHF 27,90* (* empf. VK-Preis)

Wer bereits Erfahrung mit Psychotherapeuten hatte, aus welchem Grund auch immer, kennt das: Irgendwann kommt die Frage, wie es sich mit dem Sexualleben verhält. Dabei geht es nicht vordergründig um Vorlieben, sondern darum, ob man eines hat/will/auslebt und welche Priorität dieser Bereich im Leben hat. Gesunde Sexualität entspricht einem Baustein zur gesunden Psyche und allgemeiner Gesundheit und sozialer Wirksamkeit. Die Realität und Wahrnehmung des Einzelnen darüber, was gesunde Sexualität ist, ist individuell und gesellschaftlich scheint sich ein Graben zwischen Tabuzone und übergriffige Freizügigkeit auszubreiten. Die westliche Gesellschaft ist aus meiner Sicht sexuell traumatisiert und geprägt von Überreizung. Wer hat da wirklich auf dem Schirm, dass bereits ein Eindringen der Zunge beim Küssen ohne absolute Zustimmung eine Form der Gewalt ist? Ob durch Medien oder missbräuchlichen Beziehungen. Sexuelle Gewalt spült sich durch die Zivilisation und hinterlässt Spuren. Diesen Spuren geht Ruppert in diesem Buch nach. Er zeigt Zusammenhänge auf, Methoden um sich den Themen zu nähern und die subtilen Formen. Es geht ums Verliebtsein, die Liebe und Nähe. Konflikte in Kultur, zwischen Frauen und Männern, Tradition und Fantasien. Ein Hauptteil des Buches widmet sich dem sexuellen Psychotrauma und die Erfahrung mit der Identitätsorientierten Psychotraumatherapie. Die sexuelle Gewalt an Kindern sowie Folgen und den Umgang damit, gibt Ruppert ebenfalls Zeit und Raum. Fallbeispiele und seine nachvollziehbaren Gedanken und persönlichen Beispiele runden, dieses Werk ab. Dieses Buch ist alles andere als leichte Kost, aufklärende mutige Fachliteratur doch verständlich und unheimlich wichtig.

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Sexualität ist für den Psychotraumatologen Franz Ruppert kein Selbstzweck. Im Idealfall fördert sie ein „gutes Leben“. In seinem Buch stellt er dar, wo dies nicht gelingt: nämlich dann, wenn Sexualität unser Inneres spaltet oder bereits bestehende Spaltungen vertieft. Ein gutes Leben hingegen wird möglich, wenn wir als Menschen ganz sind und damit in der Lage, unsere eigene Lebensrealität mit ihrer jeweiligen Umgebung so wahrzunehmen wie sie ist. Dann haben wir ein gesundes Empfinden für unsere jeweiligen Bedürfnisse und Grenzen und sind in der Lage, entsprechend zu handeln. Das Therapieziel von Rupperts Ansatz ist eine gesunde individuelle Identität. Das gilt auch für den Bereich der Sexualität, die er mit diesem Buch sieben Jahre nach dem Erscheinen seines inzwischen nicht mehr ganz aktuellen Standardwerks „Trauma, Angst und Liebe“ (die Ähnlichkeit beider Buchtitel scheint gewollt) in den Mittelpunkt rückt. Der Begriff der „Sexuellen Identität“ bezeichnet dabei weitaus mehr als die sexuelle Orientierung. Der Weg zur ureigenen Identität und dem damit verbundenen Selbstgefühl kann nur selbst gegangen werden. Der Therapeut begleitet bestenfalls die Selbstintegration verlorengegangener Ich-Anteile und macht damit zugleich selbstentfremdende Überlebensstrategien überflüssig. Rupperts Buch ist kein Ratgeber für Opfer sexueller Traumatisierung. Es will auch kein Therapiebegleiter sein. Selbstverständlich kann es keinen Therapeuten ersetzen. Und es erfordert schon ein gewisses Maß an psychischer Stabilität, dieses Buch mit seinen Beispielen sexueller Traumatisierung zu verdauen. Und obwohl Franz Ruppert als Universitätsprofessor wissenschaftlich denkt und arbeitet, ist sein Buch nicht wissenschaftlich im strengen Sinne. Es ist vielmehr ein ziemlich persönliches Buch, in dem Franz Ruppert über seine persönlichen Grundhaltungen und Prägungen schreibt. Dabei gibt er viel über seine Trauma-Biografie preis und beschreibt, wie ihm seine eigene Therapiemethode dabei geholfen hat, aus seinen Trauma-Überlebensstrategien auszusteigen und die ihm widerfahrenen Verletzungen nicht mehr in seinem Alltag zu re-inszenieren. Vor allem werden mit diesem Buch die Grundstrukturen von Rupperts Psychotrauma-Theorie verständlich, die unter anderem erklärt, warum sich viele Opfer sexueller Gewalt nicht mehr daran erinnern können, was ihnen widerfahren ist oder das, woran sie sich erinnern, zunächst verharmlosen oder ganz verleugnen. Seine Theorie erklärt auch, warum sich Opfer mit ihren Tätern identifizieren und sich ggf. ihre pathologische Sichtweise und Täterhaltung zu eigen machen. Rupperts Therapie-Ansatz basiert auf der Wiederherstellung einer gesunden Ich- und Willensfunktion. Das heißt, dass er in der Behandlung von sexuellen Traumata frühere traumatische Erfahrungen anderer Art bewusst nicht ausklammert. Das geht hin bis zur prä- und postnatalen Phase, wo Bindungsstörungen der Mutter zu dem führen können, was Ruppert in seiner einfachen und allgemein zugänglichen Sprache als Trauma der Identität und Trauma der Liebe bezeichnet. Durch die Fokussierung auf diese frühen Verletzungen wird eine Therapie des späteren Traumas der Sexualität oft erst möglich. Diese Einsicht ist der psychotraumatologischen Forschung durchaus bekannt. Leider wird sie in der praktischen Ausübung anderer traumatherapeutischer Ansätze oft vergessen. Rupperts Ansatz hingegen, der diese Zusammenhänge in ihrem ganzen Ausmaß und ihrer ganzen Tragweite in den Blick nimmt, hat bisher noch wenig Beachtung im akademischen Umfeld der Psychotraumatologie gefunden. Eine fachlich fundierte, sachlich-kritische und praxisorientierte Rezeption seiner Theorie und Methode steht noch aus und wäre vor allem im Hinblick auf die zahlreichen Betroffenen äußerst lohnend. Ganz zu schweigen davon, dass der Fachbereich der Psychotraumatologie an den deutschsprachigen Universitäten nach wie vor insgesamt vernachlässigt wird.

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