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Rezensionen zu
Unsere Freundschaft ist wie ein Traum

Ayşegül Savaş

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€ 12,00 [D] inkl. MwSt. | € 12,40 [A] | CHF 17,50* (* empf. VK-Preis)

Besonders

Von: Katharina

28.01.2023

Und wieder ein sehr ruhiges Buch. Ein Buch über den Weg zu sich selbst, über das Loslösen und das Finden, über das Leben. Nunu ist in Istanbul aufgewachsen, mit einem Vater, der eigentlich nicht da ist und einer Mutter, die eigentlich nicht da sein möchte. Ihr Weg führt sie nach Paris, sie gibt vor zu studieren, tut dies jedoch nicht. Die erste Zeit ist geprägt von Beobachtungen, sie beobachtet die Menschen, streift durch Paris und denkt nach. Lässt das bisherige Leben Revue passieren. Dann tritt M. in ihr Leben. M., der Schriftsteller, den sie verehrt. Der Schriftsteller aus ihrer Heimat, der in Paris lebt. „In meinen Erinnerungen ist unsere Freundschaft wie ein Traum, eine Erfindung, eine seltsame und federleichte Einspeisung in die Realität, als würde man an der Decke laufen.“ Es entwickelt sich eine eigenwillige Verbindung, eine besondere Freundschaft, gekennzeichnet von Spaziergängen, dem Austausch von Gedanken. Sie erzählen sich gegenseitig Geschichten. Wie gesagt, ein sehr ruhiges Buch. Geprägt von Nunus Erzählungen, ihren Erinnerungen, Momenten aus ihrem Leben. Wir erfahren alles nur aus ihrer Sicht. Sie ist die Hauptdarstellerin, alle anderen laufen nur nebenher. Ein kleines, sehr feines Buch. 250 Seiten, unterteilt in 72, zumeist sehr kurze, Kapitel lässt sich „Unsere Freundschaft ist wie ein Traum“ sehr flüssig lesen. Es ist weder sonderlich fesselnd, noch spannend, dennoch konnte ich es nicht aus der Hand legen. Ich mochte es, Nunu bei ihrer Entwicklung zu begleiten. Ich lernte ein Bißchen von Istanbul kennen, ein Bißchen von Paris. Ich lernte eine interessante Protagonistin kennen, ihre Sicht auf die Welt und eine besondere (stellenweise ungewöhnliche) Freundschaft. 4*

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Eine Entdeckung

Von: Frank Menden

28.01.2023

Nunu zieht von Istanbul nach Paris, in eine kleine Wohnung unweit des Gare du Nord. Sie trauert um ihre kürzlich verstorbene Mutter, läuft durch die Strassen von Paris, schwermütig, traurig, in sich gekehrt. Durch Zufall besucht sie eine Lesung ihres Lieblingsschriftstellers M. , der wie kein anderer über ihre Heimatstadt schreibt. Aus der flüchtigen Begegnung erwächst eine tiefe, zarte Freundschaft. In langen Spaziergängen durch Paris erzählen sich die beiden Dinge aus ihrem Leben. Die Freundschaft wird immer tiefer, bedeutet für Nunu eine Art Rettungsanker in ihrer Verlorenheit. Doch kann man zu viel von sich preisgeben und dadurch eine Freundschaft zerstören? Dieser Roman ist ein Geschenk. Er ist in seiner Klarheit ungemein berührend, sehr besonders in der Verweigerung einer Liebesgeschichte seiner beiden Protagonist*innen und wirklich so „hinreissend“ wie die „New York Times Book Review“ und so „elegant“ wie „Publisher’s Weekly“ meinen. Eine echte Entdeckung! „Unsere Freundschaft ist wie ein Traum“ von Aysegül Savas @btb_verlag , übersetzt von Vanessa Kreitlow

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Tiefgründiger und düsterer als erwartet

Von: Buechermango

11.01.2023

Unsere Freundschaft ist wie ein Traum war wirklich eine besondere Begegnung für mich. Ich las es als Jahresabschluss 2022 und habe bekommen, was ich wollte: Eine schöne, eher ruhige Geschichte. Gleichzeitig ging sie aber auch viel mehr in die Tiefe, als ich gedacht hatte und bot noch mal einiges zum Nachdenken. Ein wundervolles Leseerlebnis, das mich so schnell nicht loslassen wird. Nunu wächst in Istanbul auf. Ihr Vater scheint nie ganz da zu sein, irgendwann ist er es auch physisch nicht mehr. Ihre Mutter ist emotional abwesend und frustriert. Früh beginnt Nuna Spiele in ihrem Kopf zu spielen und Punkte zu sammeln, für sich allein. Später zieht sie nach Paris. Sie erfindet einen neuen Menschen und verschmilzt immer mehr mit diesem. So auch in ihrer Freundschaft mit M. Die Romane des bekannten Schriftstellers spielen in Istanbul, schnell sind die ersten Themen da. Auf ihren gemeinsamen Spaziergängen und in den vielen Emails finden sich schnell weitere und ihre besondere Freundschaft nimmt ihren Lauf. So eigen wie die beiden sind, sind auch die Regeln ihrer Freundschaft. M., der immer an ihrer linken Seite geht, bleibt irgendwie distanziert. Die beiden haben einander nie bewusst in die Augen geschaut, aber teilen einige Erinnerungen und Gedanken. Nunu ist als Protagonistin sehr gelungen. Sie hat sehr sympathische Züge, aber wirft auch immer wider Fragezeichen auf. Sie stellt Bedingungen und Erwartungen an andere Menschen, ohne diese zu kommunizieren und sucht nach Geschichten, die sie extra weiter ausschmückt, so dringend will sie etwas besonderes sein. M. bleibt im Geschehen etwas blass und dadurch war die Geschichte ganz anders, als ich erwartet hatte. Viel düsterer, aber dafür auch umso packender und realistischer. Unsere Freundschaft ist wie ein Traum ist ein kleines Buch voller kluger Gedanken und Beobachtungen. Ein Buch, das sich toll lesen lässt und bewegt.

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"Unsere Freundschaft ist wie ein Traum" von Ayşegül Savaş über Freundschaft, Sehnsucht und Verlust. Zwischen Paris und Istanbul. Nunu ist in Istanbul groß geworden, doch nach dem ihre Mutter gestorben ist, verwirklicht sie ihren Traum und zieht nach Paris. Dort trifft sie auf M, ihrem Lieblingsschriftsteller. Und eine ganz besondere Freundschaft beginnt, die sie über einige Zeit hinweg begleitet. Sie gehen spazieren oder schreiben sich Briefe. Es ist eine wundervolle Geschichte über Nunus Vergangenheit und das, was sie jetzt macht und auch fühlt. Man erfährt sehr viel über Istanbul und das finde ich sehr spannend und interessant. Es ist ein richtig schönes Buch mit viel Gefühl und auch ein wenig Poesie schwingt mit dabei. Für mich ein kleines Highlight, mit ein paar winzigen Abzügen. Nicht nur Nunu war interessant, sondern auch M fand ich sehr spannend. Warum hieß er nur M? Wieso weiß er so viel über Istanbul? Schnell gelesen habe ich es auch.

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„Unsere Freundschaft ist wie ein Traum“ – was für ein wunderschöner Titel! Und ich muss gestehen: Noch bevor ich den Klappentext gelesen hatte, wanderte das Buch direkt auf meine Wunschliste. Umso mehr, weil es aus der Feder der in Paris lebenden, türkischstämmigen Autorin Ayşegül Savaş stammt, was mich einfach neugierig gemacht hat. Und tatsächlich hat mich die Geschichte rund um die aus Istanbul stammende Nunu überrascht und zu weiten Teilen fasziniert. Als Protagonistin ist sie nämlich ein wirklich spannender und vielschichtiger Charakter und auf diesem Aspekt liegt eindeutig der Fokus des Romans. Nach ihrem Studium in London zieht Nunu zunächst zurück in ihre Heimatstadt Istanbul, bevor sie nach Paris geht und sich dort mit dem bekannten Schriftsteller M. anfreundet. Die Handlung ist unaufgeregt und eher ruhig – sie konzentriert sich auf die langen Gespräche, die Nunu und M. während ihrer Spaziergänge miteinander führen, und auf Nunus komplexe Gefühlslage. Sie ist hin- und hergerissen zwischen den verschiedenen Leben, die sie bereits geführt hat, zwischen ihren Wurzeln und ihrem Drang danach, sich selbst zu verwirklichen und zu entdecken. Es entsteht beim Lesen eine verträumte Atmosphäre, die immer wieder von bewegenden Passagen über Nunus Vergangenheit unterbrochen wird. Es ist eine Geschichte, die ich prinzipiell wirklich gemocht habe und die so feinsinnig und ausdrucksstark komponiert ist, dass sie ganz sicher im Gedächtnis bleibt. Ich muss aber auch gestehen, dass es mir schwerfiel, den Roman in einem Rutsch durchzulesen – trotz der vielen Dinge, die man über Nunu und M. erfährt, bleibt immer eine gewisse Distanz. Ich konnte irgendwie nicht richtig zu den Figuren durchdringen, konnte den vielen Schlenkern und Drehungen, die der Plot nimmt, nicht immer voll und ganz folgen. Nichtsdestotrotz hat die Geschichte ihre Reize und viele interessante Nuancen, sodass sie ganz bestimmt ihre Liebhaber findet!

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Die Protagonistin von Aysegül Savaş' Roman “Unsere Freundschaft ist wie ein Traum” verschlägt es nach Aufenthalten in London und Istanbul nach Paris. Dort trifft sie bei einer Lesung auf den von ihr bewunderten Autoren M., dessen Romane in Istanbul spielen. Sie fühlt eine Verbindung zu seinen Werken, die sich nach der Lesung in Form einer Freundschaft fortsetzt. Die beiden beginnen sich Emails zu schreiben und durchwandern die Stadt auf langen Spaziergängen. Dabei erzählen sie sich Alltägliches, aber auch das, was sie ausmacht, was sie geprägt hat. Bei Nurunisa legt dieser Austausch vieles frei und sie erzählt M. in Form von Geschichten über ihre Kindheit und Jugend. Diese Geschichten bewegen sich zwischen Wahrheit und Fiktion, spiegeln das Verhältnis der Protagonistin zu ihrer eigenen Identität wieder und sind ein Spiegelbild ihrer Einsamkeit. Denn das ist es, was den Roman meiner Meinung nach auszeichnet, die Wiedergabe von Einsamkeit und vor allem von Melancholie. Es liegt ein unbestimmtes Sehnen in ihm, das sich nicht nur dem Leser, sondern auch den Figuren selbst entzieht. Es fehlt der Protagonistin an etwas Festem und Greifbaren. Die Geschichten sind nur bis zu einem gewissen Grad ein Ersatz dafür. Erwähnenswert finde ich außerdem die Beschreibungen von Istanbul. Savaş schafft es, die Stadt mit ihren Ecken und Kanten, mit den Veränderungen der letzten Jahrzehnte wiederzugeben. Das hat mich stellenweise fasziniert und ist viel gelungener, als beispielsweise die Darstellung von Paris, die kulissenartig bleibt. Sowieso ist vieles, was erzählt wird, schemenhaft, flüchtig und wird lediglich umrissen. Ich habe die gesamte Lektüre wie in schwarz-weiß empfunden, in der Melancholie zu jedem Zeitpunkt die Atmosphäre bestimmt. Es ist sicherlich ein schriftstellerischer Verdienst, das zu schaffen. Doch als Leser gestaltet es sich dadurch als schwierig, überhaupt eine Bindung zum Erzählten aufzubauen. Ich bin deshalb nach dieser Lektüre zweigespalten und bleibe mit einem Gefühl zurück, das sich irgendwo zwischen Faszination und Distanziertheit bewegt. Übersetzt aus dem Englischen von Vanessa Kreitlow.

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Was sind für „Unsere Freundschaft ist wie ein Traum“ von Ayşegül Savaş (bzw. für das englische Original) schon wieder für idiotische Rezensionen im Umlauf. Manche Menschen sollten wirklich nicht über Bücher schreiben. Ernsthaft, wenn ihr Krachbumm-Stoff-Leserinnen und Leser seid, fragt euch doch vielleicht einfach mal, ehe ihr in die Tasten haut: Reiche ich an den Stoff, den ich gerade konsumiert habe, überhaupt heran? Habe ich wirklich etwas Substanzielles beizutragen, ehe ich sage: „Schöne Sprache aber kein Plot“? Kann ich das nur behaupten, oder auch belegen? Obwohl „Unsere Freundschaft ist wie ein Traum“ in erster Linie ein aus vielen kleinen Beobachtungen und Dialogen zusammengesetzter Text ist, könnte man sogar nach klassischem Hollywood-Schema den „inciting incident“ bzw. „Plot Point 1“ mit dem Wechsel zum zweiten Akt, sowie den zweiten Wendepunkt etwa ein Viertel vor dem Schluss festmachen. Bloß, dass es an diesen Stellen eben nicht krachbumm macht. (Der Emo-Titel ist übrigens ein Verbrechen des deutschen Marketings, im Original heißt das Buch „Walking on the Ceiling“) Sondern: Die Umschlagspunkte sind die Momente, da die Freundschaft der Protagonistin zum älteren Schriftsteller M. in Paris beginnt, sowie eben, als sie einige Zeit später wieder zerbricht. Diese Betrachtung würde dem Text allerdings nicht gerecht, der eben nicht nur aus schöner Sprache und einer überraschend komplexen Konstruktion hinter der einfach wirkenden Oberfläche besteht, sondern auch aus deutlich mehr Plot als eine klassische von A nach B erzählte Geschichte. Drei hauptsächliche Handlungsstränge Denn „Unsere Freundschaft ist wie ein Traum“ hat genau genommen drei Haupthandlungen. Erstens und vordergründig natürlich die bereits erwähnte Freundschaft. Nunu studiert in Paris, doch eigentlich nicht um zu studieren, sondern einfach um, geradezu existenziell verstanden, in Paris zu sein. Es wirkt ein wenig wie eine Flucht, vor der Familie, vor dem sich verändernden Istanbul, vor etwas, das der Protagonistin und Erzählerin selbst nicht so ganz klar ist. Auf einer Lesung lernt sie M. kennen, ein englischer Schriftsteller, der in Frankreich lebt und vor allem über das Istanbul seiner Vergangenheit schreibt. Dort hat er einige Jahre verbracht und war mit einer Einheimischen verheiratet. Protagonistin und Schriftsteller freunden sich an, spazieren durch Paris und erzählen sich Geschichten. In diesen Geschichten, die wir allerdings nicht so erfahren, wie sie die Protagonistin dem Schriftsteller erzählt, sondern wie sie uns erzählt, dass sie sie ihm erzählt habe, ist vor allem die zweite Handlung zentral: Kindheit und Jugend, das Verhältnis zur Mutter, das Verhältnis der Mutter zum Rest der Verwandtschaft, zu Istanbul, zur Welt. Und parallel dazu noch ein paar andere Dinge. Nunus Aufenthalt und Liebesbeziehung in London, die erste Rückkehr nach Istanbul, die zweite Rückkehr nach Istanbul, die aber eigentlich erst nach dem Ende der Freundschaft mit dem Schriftsteller stattgefunden hat. Und in den Geschichten der Mutter wiederum erfahren wir drittens von Akif Amca, den die Mutter bewundert, vielleicht sogar einmal geliebt hat, der unter anderem Dichter war, auch einmal in Paris gelebt hat, und durch dessen Nachlass sich irgendwann die Protagonistin gearbeitet hat. Der Dichter Akif und seine Spaziergänge durch Paris werden Schriftsteller und Protagonistin zu einer Art gemeinsamen Welt, über die sie sich Gedanken machen und daraus sie zahlreiche „Codewörter“ für Aktivitäten in ihrer Beziehung ziehen. Man kann sich vorstellen, dass all das nicht chronologisch erzählt ist. Allerdings auch nicht in dieser konstruierten Weise unchronologisch, wie es in unserer Zeit Mode geworden ist. Also erzwungener Maßen komplex, so dass das nicht folgen Können zum Feature gemacht werden soll. Sondern: Der nur auf dem Papier 250 Seiten lange Roman ist in mehr als 70 Kapitel unterteilt, die auf einer bis wenigen Seiten jeweils kurze Momente aus der Beziehung von Protagonistin und Schriftsteller, Beobachtungen, Erinnerungen, beinhalten. Und wie es mit Erinnerungen so ist: Die hängen sich an bestimmten Momenten auf, an Gesprächsfetzen, an Beobachtungen und so weiter und so fort. Und so wird das Unchronologische aufs Natürlichste am Chronologischen aufgehängt, und aus den einzelnen Fetzen setzt sich mit der Zeit ein großes stimmiges Bild zusammen. Und das wohlgemerkt in einem unglaublich dichten kurzen Text, denn der Aufbau bedingt natürlich viele halbleere Seiten, und selbst die vollste Seite hat, wenn es hoch kommt, vielleicht 1500 Zeichen. „Unsere Freundschaft ist wie ein Traum“ ist definitiv ein Roman, den man mit Leichtigkeit an einem Tag lesen kann, wenn man sich dann und wann eine halbe Stunde Zeit nimmt. Sprachlich leicht und doch sehr schön Sprachlich ist der Text dabei absolut zugänglich, und schafft seine schönen Bilder in einfacher Sprache. Sowohl Paris als auch Istanbul werden plastisch und lebendig vor Augen gestellt. Etwa: "Eines Morgens stieß ich auf die verlassenen Gleise, die die Stadt umspannten. Ich folgte drei Teenagern über eine niedrige Mauer und gelangte auf Schienen voller Unkraut und Glasscherben. Eine Weile lang liefen wir gemeinsam, dann warfen die Teenager ihre Rucksäcke ab und holten Spraydosen heraus. Ich ging weiter, bis ich an einen Tunnel kam. Ich trat ein Stück in den noch vom Tageslicht erleuchteten Teil des Tunnels hinein. Ich hörte das Echo meiner Schritte auf dem Schotter, ging weiter und wurde bald von der Dunkelheit und den von mir verursachten Geräuschen verschluckt. Ich ging so lange, bis sich der helle Eingang des Tunnels in einen traurigen Mund verwandelt hatte, und setzte mich hin, um der Stille zu lauschen. Über mir lief das Leben in der Stadt weiter. Paris atmete ein und aus, fügte Dinge zusammen und brach sie wieder auseinander. Und ich spürte, dass auch ich ein kleiner Teil von all dem war. Das Gefühl ähnelte dem, das ich als Kind gehabt hatte, wenn ich an der Decke gelaufen war." Oder: "Ich weiß noch, wie einzelne Sonnenstrahlen ihren Weg auf die Tische in unserem Bistro fanden. Im Au Petit Suisse, meine ich, gegenüber vom Jardin du Luxembourg. Sie rückten immer weiter vor und malten staubige Streifen auf die Tische. Ich erinnere mich an jene Zeit wie an einen Traum. In Istanbul stürzt der Regen in Strömen hinab, und die Sonne erscheint ohne Vorwarnung. Man kann sich kaum an das Wetter von vor einem Moment erinnern. Die Stadt selbst verändert sich so schnell – Häuser sprießen wie Pilze aus dem Boden, neue Gesichter erscheinen im Fernsehen und in der Zeitung. Niemand kann vorher sagen, welches Viertel als Nächstes dem Erdboden gleichgemacht und neu errichtet oder was für ein kleiner und uncharmanter Park neben einem bedrohlichen Hochhaus uralte Bäume ersetzen wird." Neben den persönlichen und familiären Verhältnissen ist dabei die Veränderung ein zentrales Thema. Paris scheint der Protagonistin statisch-ewig, während in Istanbul ein gewaltiges Rauschen bald all ihre Bilder überlagert. Ich habe keine definitiven zeitlichen Verortungen gefunden, doch dürfte sich in den gewaltigen Bauprojekten und in den Anspielungen auf den Taksim-Platz erst der große Aufschwung unter Erdogan und dann die Demonstrationen und der niedergeschlagene Putsch andeuten. Doch auch Paris, stellt die Autorin fest, verändert sich ja, allein für sie als Fremde, die so eine Art Bohèmeleben gesucht und in der Freundschaft mit dem älteren Schriftsteller so etwas ähnliches auch gefunden hat, ein Paris der Erinnerungen und der nächtlichen Spaziergängen, ist das nicht so schmerzhaft, dominiert letztlich immer das ästhetisierte „ewige Paris“ (wie auch für den Schriftsteller ein „ewiges Istanbul“ existiert). Wie ein flackerndes Hologramm Ein jeder der „Hauptplots“ hinterlässt uns schließlich mit einer zentralen Frage. Wer ist wirklich Schuld oder musste es einfach so kommen, dass die Freundschaft von Protagonistin und Schriftsteller auseinander geht? Hat die Tochter die Mutter, und besonders dadurch, dass sie sie stets vor allem als Mutter gesehen hat, als Mensch überhaupt jemals begriffen? Was hat der Dichter Akif tatsächlich gesehen, wo ist er entlang gegangen, und wie hat das seine Texte beeinflusst? Der Roman entlässt uns mit offenen Fragen und einem noch lange nachklingenden Bild zweier Städte, das zugleich persistiert und von Anfang an wie ein schwaches Hologramm flackert und zu entgleiten droht. Ein starker Text, der nur auf den ersten Blick einfach und fast unscheinbar wirkt. Und definitiv kein Text mit zu wenig Plot. „Unsere Freundschaft ist wie ein Traum“ ist keiner dieser „hochliterarischen“ Romane, denen es gut täte, die ein oder andere Lektion von der sogenannten Unterhaltungsliteratur zu lernen. Er kommt gut allein zu recht bzw. hat das vielleicht sogar. Allerdings, ebenso wie die Rezensionen, die Hemingway, der einmal als Vorkämpfer für einfache Sprache gegen die angeblich viel zu komplexe intellektuelle Literatur gefeiert wurde, heute selbst zu komplexe Sprache vorwerfen, zeigt doch manche Rezession zu „Unsere Freundschaft ist wie ein Traum“ wiederum, dass es Lesende gibt, denen ein Text einfach nicht glatt genug sein kann, so dass es nicht nur ästhetisch, sondern auch rein pragmatisch absolut hoffnungslos ist, den Schreien nach Einfachheit und Geradlinigkeit, einfach um der Einfachheit und Geradlinigkeit Willen, nachzugeben.

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