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Rezensionen zu
Löwenzahnwirbelsturm in Orange

Tamar Tandaschwili

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Ich gebe zu, das Buch war nicht leicht zu lesen – manchmal etwas wirr und holprig, dennoch mit einer gewissen Konsequenz in den Abfolgen. Vor allem die vielen (und für uns natürlich ungewöhnliche) Namen, machten die Lektüre etwas schwierig. Aber es lohnt sich. Der Roman ist ein Aufschrei – ein Manifest gegen die patriarchalen Zustände in Georgien. Mit scharfer Zunge geht die Autorin gegen die orthodoxe Kirche, das korrupte Staatssystem und die in allem innehaltende Frauenfeindlichkeit und Homophobie vor. Die Psychologin Eka erzählt ihre Geschichte, führt selbst eine Beziehung zu einer Frau, und begegnet bei ihren Sitzungen stark traumatisierten Frauen und Männern, welche der staatlichen – aber auch kirchlichen Gewalt zum Opfer fielen. Folter, Missbrauch, Gewaltausübung. Es sind alles Tabuthemen in Georgien – umso mutiger finde ich dieses Buch. Es ist schwierig, als selbst bestimmende Frau in dem Land zu leben, die gegen das System aufbegehrt, und zudem noch homosexuell ist. Manche Szenen sind schockieren, obwohl wir ja im Prinzip wissen, wie die Gesellschaftsstruktur in solchen Ländern aussieht. Der Titel des Buches erklärt sich im letzten Kapitel selbst mit seinem leicht beschwörenden Inhalt und versöhnt ein klein wenig mit der Härte der vorangegangenen Seiten. Tamar Tandaschwili arbeitet selbst als Psychologin, ist Aktivistin und steht für die Rechte der Frauen unterdrückten queeren Bevölkerung ein. Dieses Buch ist ihr erster auf deutsch erschienener Roman (Original 2016). Manche Kapitel (sie sind alle sehr kurz) musste ich zwar zweimal lesen, wenn die Konzentration mal nicht so wollte wie ich, aber ich gebe hier trotzdem und sehr gerne eine Leseempfehlung – und sei es darum, den Blick über den Tellerrand zu erweitern.

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Ein buntes Kaleidoskop an Menschen, an Frauen und Männern, die sich lieben, hassen, miteinander leben, miteinander auskommen (müssen), die sich vertrauen, manchmal auch zu Unrecht, und die alle eine Gemeinsamkeit in sich tragen: ihr Heimatland Georgien. Da ist zum Beispiel Elene, das wohl schönste Mädchen, in das sich Mserosa unsterblich verliebt. Als sich jedoch herausstellt, dass Elene kein Interesse an Männern hat, sondern sich vielmehr zu Tina hingezogen fühlt, sieht er rot. Ein sexuelles und gewalttätiges Vergehen, das nicht ungesühnt bleiben soll auf seinem Lebensweg, der ihn in ein Kloster und die Politik führt, der ihn Maulesel und Nilpferde begegnen lässt. Da sind auch Nita und Teo, in Liebe zueinander entbrannt, als sie sich in ganz jungen Jahren kennen- und lieben lernen, eine Zuneigung, die Teos Vater, ein gutherziger und einfühlsamer Mann, toleriert, respektiert und achtet, womit er jedoch sehr alleine ist. Und da ist Eka, die Erzählerin, die ihr Kind vor langer Zeit verloren hat und die Kontakt zu sich selbst und den Verstorbenen aufnimmt. „Aber ich habe keine Depression, Teo. Das Leben ist eben eine Sache des Geschmacks. Du bist der Stern meines Lebens mit leuchtend-bunten Galaxien in den Augen “ (S. 70) Georgien ist ein Land, dessen raue Märchenhaftigkeit Tamar Tandaschwili in „Löwenzahnwirbelsturm in Orange“ auf magische Weise mit den gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten der Gegenwart verbindet. Ihr mal fragmentarischer, mal höchst poetischer Erzählstil lässt Figuren auftauchen und verschwinden, lässt sie sich transformieren und wiederauferstehen. Mit behutsamen Worten steht bei ihr eines im Zentrum: der Mensch. Tandaschwili kümmert sich in ihrem Roman primär um diejenigen, die die Gesellschaft an den Rand drängt. Da gibt es vielerlei queere Figuren, die verachtet und verstoßen werden, die sich aber auch emanzipieren können, die sich von der Hegemonie des Patriarchats nicht kleinkriegen lassen. Sie zeigt die Menschen, wie sie sind, in all ihrer Buntheit, Diversität, mit ihren Macken und Unzulänglichkeiten, in all ihrer Brutalität und Getriebenheit. Mserosa, der Vergewaltiger, wird in immer wieder neue Kontexte verortet, doch scheint ihn seine Tat zu verfolgen, wird er doch niemals sein Glück und eine Absolution finden können. Auch die Suizid-Thematik spielt eine immer wiederkehrende Rolle, zeigt Tandaschwili an ihr doch die Ausweglosigkeit, die denjenigen verbleibt, deren Kraft nicht mehr zum Weiterleben reicht. Dieses Figuren-Potpourri kleidet sie in eine surreal anmutende Welt, in ein Georgien, das nahe am Original ist, das aber auch Möglichkeiten des Eskapismus bietet, eine Traum- und Fabelwelt, in der sprechende Tiere und die Seelen der aus dem Leben Geschiedenen selbstverständlich sind. „Löwenzahnwirbelsturm in Orange“ ist ein kurzer Roman, eher noch eine Textcollage, die Zartheit und Heftigkeit, Rauheit und Sanftheit auf wundersame Weise miteinander kombiniert. Ohne historisch-politische Detailinformationen zu bekommen, hat man als Leser*in das Gefühl, ein Gespür für das Land Georgien und seine Menschen zu erhalten. Mit allen Sinnen taucht man*frau in Tandaschwilis Sprache ein, lässt sich von Klängen, Düften und Worten gleichermaßen entführen – und verbleibt in manchen Momenten schockiert zurück. Ein leises Buch mit großer Kraft, zauberhaft intim und dennoch mit klarer Haltung!

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Es fühlt sich nicht an wie ein Roman denn dieses Buch ist innerlich unruhig, ich möchte beinahe sagen zerbrochen, ähnlich vielen seiner Protagonisten, die hier nichts als Schmerz und Verachtung erfahren. Als roter Faden zieht sich vielleicht die Person der Psychologin Eka durch das Buch, die hin und wieder auftaucht und der einige dieser teilweise haarsträubenden Geschichten erzählt werden. Homophobie, die zu Vergewaltigungen von Männern oder Frauen führt, Hass auf alle Lebewesen, aber auch Krankheit und Mystischer Glaube füllen diese Seiten. Es entsteht ein vielschichtiges Gemälde der Georgischen Gesellschaft, die noch immer unter den Folgen der Gewalt marodierender Paramilitärs in den Neunzigern und der Verquickung von Kriminalität und Kirche leidet. Dieser springende Reigen, der um ein junges lesbisches Paar und den Politiker mit krimineller Vergangenheit Mserosa kreist, wird beendet durch ein entflohenes grünes Nilpferd und eine Riesenradfahrt mit verstorbenen Kindern. All diese Kapitel, die lose zusammenhängen, haben einen harten, utopistisch-feministischen Kern, aus dem sie entspringen, der unter Gewaltanwendung in kleine Körner zerstiebt, die sich wie Samen in die Herzen der Leser*innen legen und dort Mitgefühl, Empathie und Toleranz sprießen lassen und am allerwichtigsten: internationale Solidarität. Hoffentlich wird diese Saat aufgehen, die Tamar Tadschwili mit harter Hand zwischen diese Zeilen gesät hat, und ihre Utopie fürs das Jahr 2027 erfüllt sich, in dem LGBT-Personen zu Priestern geweiht werden, unter ihnen eine Transfrau. Ein brutales, schräges aber magisches Buch, eines das erschüttert und aufrüttelt und dennoch die Hoffnung in grellen Buchtstaben auf uns niederregnen lässt.Unbedingte Leseempfehlung! Aus dem Georgischen von Natia Mikeladse-Bachsoliani,

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