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Rezensionen zu
Das Licht in deinen Augen

Tommi Kinnunen

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„Das Licht in deinen Augen“ des finnischen Autors Tommi Kinnunen ist die Fortsetzung des auch in Deutschland sehr erfolgreichen Familienromans „Wege, die sich kreuzen.“ Aber auch ohne diesen zu kennen (mir ging es so) kann man das Buch ohne Probleme lesen. Am Ende wird man sich aber wünschen, auch die Vorgeschichte zu kennen. Heimat der Familie Löytövaara ist das kleine Städtchen Kuusamo im Nordosten finnlands, in dem auch der Autor Kinnunen zur Welt kam, und das gar nicht weit von der russischen Grenze entfernt liegt. „Lopotti“ wird der Teil, in dem die Familie lebt, im Roman genannt, als russisches Dialektwort für „Abgelegenes Dorf“ und gibt dem Buch im Original auch den Titel. Und doch ist es für Lahja, die Mutter bzw. Großmutter ganz wichtig nicht aus Lopotti zu kommen, der abgelegenen Häusergruppe, wo nur verrufene Frauen wohnen. Ihr Leben, das ihrer Mutter, der Hebamme Maria Tuomela und ihres Mannes Onni bilden zwar so etwas wie die Grundlage von „Das Licht in deinen Augen“, sie werden im Vorgängerbuch behandelt, aber die Geschichte von Helena, Lahjas Tochter und Tuomas, dem Enkel, lässt sich auch ohne dieses Vorwissen gut nachverfolgen. Helena wurde kurz vor dem Zweiten Weltkrieg geboren und ist blind. Sie ist die Ich-Erzählerin eines Teils der Kapitel und mit ihr geht der Text weit zurück in die 1940er Jahre und überlappt sich dort mit den Geschehnissen in „Wege, die sich kreuzen“. Ein wenig erzählt Helena von ihrer Kindheit in Lopotti, ihrem kleinen Bruder Johannes, der großen Stiefschwester Anna, der kalten, schwierigen Mutter, der geliebten, pragmatischen Großmutter und dem unglücklichen Vater, der nach Aufenthalten in der Psychiatrie irgendwann Selbstmord (weil er seine Homosexualität damals nicht leben konnte) beging. Von dieser Vorgeschichte wird so viel angedeutet wie nötig, aber große Neugier darauf bleibt der unkundigen Leserin. Der Hauptaugenmerk liegt auf der Zeit, nachdem Helena wegen ihrer Blindheit auf eine spezielle Schule im 800 Kilometer entfernten Helsinki geschickt wird. Sie ist neun Jahre alt und für sie ist ihr Weggehen erzwungen, ein Verrat der Eltern. 800 Kilometer waren zu der damaligen Zeit noch eine kaum häufiger zu bewältigende Strecke. Motto der Schule ist: Bloß nicht als Blinde auffallen! Und so verweigern sie ihren Schülern beispielsweise den weißen Langstock. Eine harte und einsame Zeit für Helena. Sie erzählt, wie sie später Kari kennen und lieben lernt. Wie sich sein Traum von eigenen Kindern zerschlägt, wie die Ehe darunter leidet, wie er sie schließlich für eine sehende Frau und gemeinsame Kinder verlässt. Sehr sensibel und empathisch schildert Tommi Kinnunen in „Das Licht in deinen Augen“ von einem Leben ohne Licht, von einer Welt der Gerüche, der Geräusche, des Tastens, der abgezählten Schritte. Eine Welt, der durch die Sehenden eine Menge Hindernisse, Widerwillen, sogar Hass entgegengesetzt wird. Wir begleiten Helena bis ins hohe Alter und bis in den Tod. Der zweiten Teil der alternierend gesetzten Kapitel erzählt nämlich von Tuomas, ihrem Neffen. Dieser ist eines der vier Kinder von Helenas Bruder Johannes. Dieser hat mit seiner Frau Kaarina das Fotogeschäft der Mutter übernommen, auch wenn beide im hohen Norden nicht wirklich glücklich sind und Kaarina mit den Anfeindungen Lahjas zurechtkommen muss. Tuomas entdeckt, dass er wie sein Großvater Onni homosexuell ist. Nicht zuletzt, um das vor der Familie zu verbergen und es gleichzeitig ausleben zu können, geht er nach dem Abitur zum Studieren nach Turku. Es sind die Achtziger und Neunziger Jahre, auch die finnische Gesellschaft ist noch nicht offen für Homosexualität, gerade auch im Finanzwesen, in dem Tuomas nach dem Studium beruflich Fuß gefasst hat. AIDS taucht als neue Bedrohung auf. Es dauert lange, bis Tuomas sich zu outen traut und in Osku einen festen Partner findet. Die Geschichten von Helena und Tuomas und der Familie Löytovaara sind nicht streng chronologisch angeordnet. Es kommt immer wieder zu Zeitsprüngen, Rückgriffen, Erinnerungen, Träumen. Man kann dem aber sehr gut folgen. Als Gemeinsamkeit haben Helena und Tuomas das „Anderssein“, die Verschiedenheit von der Menge, die beide dazu bringt, von Zuhause fortzugehen. „Es gibt zweierlei Menschen, solche, die gehen, und solche, die bleiben. Diejenigen, die gegangen sind, sehnen sich immer nach dem Ort zurück, von dem sie sich losgerissen haben. (…) Diejenigen, die geblieben sind, verändern sich so langsam, dass sie selbst den Wandel nicht sehen. Nur die Weggegangenen merken bei ihren Besuchen, dass die Kindheit nicht mehr existiert.“ „Es ist anstrengend, nur für eine einzige Eigenschaft bekannt zu sein.“ sagt Helena einmal. Es geht auch um die Zerbrechlichkeit von menschlichem Glück, um enttäuschte Hoffnungen und um Einsamkeit. Als feste Konstante im Leben bleibt aber für Beide die Familie. „(…)die Familie ist etwas, wovon man sich nicht trennen oder getrennt werden kann. Sie hält hartnäckig zusammen, kommt zu Besuch und hört zu.“ Dabei ist die Familie durchaus keine Idylle oder ein Hort des Glücks. „Mutter hat diese Familie zusammengeschweißt, allerdings nicht durch Liebe. Sie verstand es, diejenige zu sein, der man gemeinsam aus dem Weg ging und misstrauische Blicke zuwarf.“ Gegliedert ist der Roman in drei Teile, deren recht kurze Kapitel mit Zitaten aus bekannten finnischen Schlagern, Kinder- und Kirchenliedern überschrieben sind. Der Anhang gibt darüber Auskunft, der deutschen Leser*in dürften sie wenig sagen. Vorangestellt als Prolog ist ein anrührender Brief eines Vaters an sein ungeborenes Kind. Von welchem Vater des Buches er stammt kann man nur erraten. Tommi Kinnunen schöpft in „Das Licht in deinen Augen“ erneut aus dem Fundus seiner eigenen Familiengeschichte, wie er das bereits mit „Wege, die sich kreuzen“ tat. Da sind noch einige Lebens-Linien offen. Vielleicht können wir uns noch auf ein Buch über die Familie Löytövaara freuen.

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“Die Dielen fallen und neigen sich und richten sich senkrecht auf. (...) Ich muss schneller laufen, mein Kopf stößt gegen die Wand und ich pralle mit dem Knie gegen das Sofa.“ (S.23) INHALT: Der zweite Weltkrieg ist zu Ende und Helena und ihre Familie bauen in einem Dorf in Finnland ein neues Zuhause. Für die blinde Helena bedeutet das, dass sie sich komplett neu orientieren muss. Lediglich als Säugling konnte sie kurz sehen, bis sie erkrankt ist. Doch auch der Vater jagt ihr Angst ein. Seit dem Krieg hat er sich stark verändert. Eines Tages eröffnet er seiner Tochter, dass diese die Familie verlassen muss, um in Helsinki eine Blindenschule zu besuchen. Für Helena ist dies zunächst ein Schock. Gleichzeitig hat sie dadurch die Chance auf ein eigenständiges Leben... Helenas Neffe Tuomas ist traurig, als seine Geschwister nach und nach von Zuhause ausziehen. Doch irgendwann entschließt auch er sich dazu, seine Heimat weit hinter sich zu lassen, bevor irgendjemand bemerkt, dass er schwul ist... MEINUNG: In diesem äußerst melancholischen Familienroman, wird abwechselnd aus Helenas und Tuomas' Perspektive erzählt. Helenas Geschichte wird dabei aus der Ich-Perspektive geschildert, wodurch man ihr beim Lesen besonders nahe kommt. Mit ihr habe ich regelrecht mitgefiebert. Ihre Gefühle kommen unglaublich stark beim Leser an, wecken großes Mitgefühl. Eindrucksvoll konnte mir hier u.a. durch die differenzierten Beschreibungen ihrer Wahrnehmung vermittelt werden, wie es ist, blind zu sein. Und ich hatte großen Respekt vor ihr, wie sie mithilfe ihrer anderen Sinne versucht hat sich zurechtzufinden und ein eigenständiges Leben zu führen. Bei Tuomas hat sich der Autor für eine Erzählung aus der dritten Person entschieden, wodurch mir seine Figur mit der Zeit etwas zu distanziert wirkte. Doch anfangs konnte ich mich auch sehr gut auf seine Geschichte einlassen. Beide Erzählstränge beginnen in der Kindheit der zwei Protagonisten. Als gelernte Erzieherin habe ich manchmal Schwierigkeiten, wenn aus Kinderperspektiven erzählt wird, weil es bei mir nicht jeder Autor schafft, dass die Gedanken & Gefühle dem Alter entsprechend auf mich authentisch wirken. Doch Tommi Kinnunen hat dies für meinen Geschmack mit Bravour gemeistert! Und wer nach detailreiche Beobachtungen und Schilderungen sucht, wird in diesem Buch definitiv fündig. Vom Klappentext her hatte ich irgendwie erwartet, dass sich das Buch bgzl. Helena noch mehr mit Musik beschäftigt. Tatsächlich wird dieser Teil aber recht klein gehalten. Dafür sind die Beschreibungen über die Kindheit der beiden Figuren recht ausführlich dargestellt. Danach setzen in der Handlung immer wieder große Zeitsprünge ein. Diese waren mir vor allem bei Tuomas etwas zu groß, so dass ich ihn zwischendurch mehrmals etwas verloren habe. Trotzdem habe ich die Lebenswege von beiden gerne verfolgt. Für mich war dies eher eine etwas anspruchsvollere Lektüre, die meine ganze Konzentration benötigte. Da manches nur angedeutet wird, bin ich mir auch nicht sicher, ob ich tatsächlich immer alles richtig verstanden habe. Doch auch vage Andeutungen können durchaus ihren Reiz haben. So hat man als Leser selbst einen gewissen Interpretations-Spielraum... FAZIT: Eine melancholische Familiengeschichte, die den Alltag und Lebensweg der blinden Helena eindrucksvoll in den Mittelpunkt rückt. Tuomas' Geschichte blieb mir dagegen etwas zu distanziert. Trotzdem insgesamt ein lohnenswertes Buch, das ich gerne weiterempfehlen möchte! 4/5 Sterne!

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