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Rezensionen zu
Feindesland

C. J. Sansom

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Winter 1952 in England. Seit 12 Jahren herrscht „Einigkeit“ zwischen Hitler – Deutschland und England. Seit 12 Jahren führt Hitler einen erbitterten Kampf in Russland um mehr „Lebensraum“ für seine Bevölkerung zu schaffen, die Wirtschaft liegt fast am Boden. Auch England hat mit seinen Kolonialländern Indien und Afrika zu kämpfen, der Widerstand nimmt zu, die Aufstände mehren sich. Und Churchill lässt England keine Ruhe, Demokratie, Freiheit in jeglichen Lebensbereichen wurde abgeschafft, die Juden systematisch verfolgt und fortgeschafft. Der junge David Fitzgerald, der in einer Dominionverwaltung arbeitet hat ein Geheimnis, er hat von den Zuständen genug und tritt der Resistance bei um das Blatt zu wenden…. Er soll seinen alten Freund Frank Muncaster befreien und ihn und sein Geheimnis aus England schaffen…. Sarah fragte sie, wie jemand, der Frieden wollte, den Faschismus gutheißen konnte. Irenes Antwort lautete:“ Hitler ist ein Mann mit Visionen, der den Frieden will, du darfst der Propaganda nicht alles glauben. Er will nichts weiter als Gerechtigkeit für Deutschland und Freundschaft mit Großbritannien“. (Seite 120) Ein sehr düsterer Roman, der einen gewissen Spannungsbogen aufbaut, der sich wie ein Eisner Ring um die Brust legt und man dankbar ist dass man heute in einer freien Demokratie leben darf, man merkt nach solchen Büchern immer wie hoch dieses Gut ist und wie schwer dieser Kampf dafür war und immer noch ist. Der Autor verbindet einen dystoptischen Grundgedanken verbunden mit historischen Fakten. Der Schreibstil konnte mich schnell für sich gewinnen, er ist interessant, packend und der Spannungsbogen wird unheimlich gut gespannt und lässt einen nur so durch die Seiten fliegen. Bildhaft nimmt der Autor uns mit in ein England, in ein Europa dass von Hitler beherrscht/bekämpft wird, es zeigt verschiedene Zweige auf wie dieses System, mehr oder weniger funktioniert. Und doch schwelgt immer Hoffnung mit denn Großbritannien hat seine Grundsätze, seine kleine Einstellung zur Demokratie nicht ganz aufgegeben. Gleichzeitig wird klar welcher Druck hier im Allgemeinen auf der Gesellschaft lastet. Den Menschen ergeht es alles andere als gut. Die Protagonisten sind nicht zu zahlreich und im Überblick zu behalten, sind aber in verschiedenen Lagern „zu Hause“ und ergeben das Grundgerüst der Geschichte, in diesem düsteren Roman. David und seine Frau Sarah Fitzgerald haben einen Schicksalsschlag hinter sich, David ein Geheimnis von dem keiner weiß und wissen darf und er hat genug von diesen Zuständen in Europa, in seinem Heimatland Großbritannien. Da er an der Quelle für geheime Informationen sitzt schließt er sich der Resistance an. Hier ist sein Freund Geoff Drax mit von der Partie und einige Agenten die die Leitung der Gruppe besitzen. Mit dem deutschen SS und Gestapomitarbeiter Gunther Hoth war jahrelang in England, dient gerne unter Hitler und ist darauf spezialisiert Menschen zu finden, oft Juden, die sich verstecken, dem System der Verfolgung versuchen zu entkommen. Er ist kühl und wenig gefühlvoll dargestellt, ein sehr passendes Bild zu der Ideologie der Nationalsozialisten. Und dann ist noch Frank Muncaster, der seinen Bruder aus dem Fenster geschmissen hat, weil dieser ihm ein sehr grausames Geheimnis anvertraute… eines welches den Deutschen nicht in die Hände gelangen darf…es wäre kriegsentscheidend. Er sitzt in einer Anstalt für Geisteskranke und ist eigentlich in höchster Gefahr. Das Buch umfasst gute 750 Seiten, der Autor nimmt sich also viel Zeit und baut die Geschichte sehr gekonnt aus, trotzdem gab es die ein oder andere Überlänge die nicht hätte sein müssen. Ein paar Seiten weniger, die dann den Spannungsbogen weiterhin spannend hoch halten, wären vielleicht sinnvoller gewesen. Auch sind die ersten 250 Seiten ohne roten Faden und ein kleines Durcheinander an den Protagonisten. Man lernt sie nicht nur in ihrer aktuellen Situation kennen sondern kehrt auch in die Vergangenheit zurück, was ihnen widerfahren ist. Das ist perfekt und tut der Geschichte keinen Abbruch, aber man ist erst mit der ganzen Situation in England beschäftigt und plötzlich hat ein Protagonist einen „Flashback“ in die Vergangenheit, man muss sehr schnell „umswitchen“ und mit diesen neuen Erkenntnissen klar kommen, dann wirft einen der Autor wieder zurück in das aktuelle Geschehen und der Leser ist etwas verwirrt dass es mit der Geschichte weitergeht. Erst nach diesen 250 Seiten nimmt die Geschichte dann Fahrt auf und der rote Faden der Geschichte zeigt sich. Etwas schade ist ebenso dass Frank mit seinem Geheimnis und seinen Verwirrungen viel Raum einnimmt. Wenn man sich geschichtlich etwas auskennt dann kann man sich einen kleinen Reim auf das Geheimnis machen, es bleibt auch etwas Verwirrung weil Frank sich sehr lange zurückhält und keinem vertraut. Oft ist Frank in Situationen die auch mit der aktuellen Politik in England zusammenhängen, aber das ganze gesellschaftliche Geschehen geht, leider, etwas unter Frank seiner Geschichte unter. Ich hätte mir hier ein besseres und mehr Raum für das Bild der Politik und Gesellschaft gewünscht. Trotzdem hat mich das Buch fesseln und in seinen Grundsätzen begeistern können und für alle die sich für diese Art Buch und die Geschichte interessieren ist es kein Fehler „Feindesland“ kennenzulernen. „Wenn eine Partei dir weismachen will, dass in der Politik nationale Identität wichtiger ist als alles andere, dass der Nationalismus alle Probleme lösen kann, dann musst du aufpassen, denn dann findest du zügig den Weg in den Faschismus. Und selbst wenn das nicht der Fall ist: Alleine die Vorstellung, dass Nationalität eine Art Zauber ausübt, der alle anderen Probleme zum Verschwinden bringen kann, ist ebenso logisch wie der Glaube an den Weihnachtsmann. Und natürlich brauchen Nationalisten immer ein Feindbild, die Engländer oder die Franzosen oder die Juden, es muss immer einen Bösewicht geben, der an allen Problemen schuld ist“. (Seite 499)

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Fazit: Einerseits liebe ich Bücher, die sich des Themas eines fiktiven, alternativen Geschichtsverlaufs im Stile eines „Vaterland“ von Robert Harris annehmen, andererseits hatte ich bereits den einen oder anderen Roman von Sansom mit seinem frühneuzeitlichen Ermittler Matthew Shardlake gelesen und war insofern frohen Mutes, dass mir auch „Feindesland“ gut gefallen dürfte. Nur leider war das, trotz der Tatsache, dass sich über Sansoms Roman auch allerlei Gutes sagen lässt, nicht vollständig der Fall. Sansoms Setting beispielsweise hat durchaus eine gewisse Faszination: Die Briten haben sich nicht länger als unbedingt notwendig in den Krieg gestürzt, kapituliert und befinden sich jetzt als eine Art Vasallenstaat, ähnlich wie die meisten anderen Staaten Europas, unter deutscher Herrschaft. Die Deutschen wiederum führen seit über 10 Jahren Krieg mit Russland. Immer dann, wenn sich Sansom dieser Hintergrundgeschichte seines Romans zuwendet, hat dieser seine besonderen Stärken. Nur steht leider eine völlig andere Geschichte im Vordergrund. Der englische Wissenschaftler Frank Munchaster, nach einem Nervenzusammenbruch in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht, gerät in das Visier der Deutschen, der britischen Behörden sowie des Widerstands. Jeder möchte seiner habhaft werden, weil man davon ausgeht, dass er über wichtige Informationen verfügt. Welche das sind, weiß zwar der Leser, aber keiner der Beteiligten so ganz genau. Und diese Geschichte ist es sicherlich auch wert, erzählt zu werden, sie krankt nur leider an einem einfachen, ganz simplen Problem: Sie ist zu lang. Hätte Sansom seine Handlung etwas gestrafft und seinen Roman um eine durchaus nennenswerte Anzahl Seiten eingedampft, dann hätte das Buch dadurch sicherlich profotiert, allein dadurch, dass das Erzähltempo höher gewesen wäre. So jedoch mäandert die Geschichte stellenweise so vor sich hin. Das liegt sicherlich auch zu einem Gutteil an den Charakteren. Denn ähnlich wie für die eigentliche Handlung gilt auch hier, dass die Hintergrundgeschichte, die Sansom seinen Charakteren verpasst, teils spannender wirkt als das, was der Autor seine Charaktere im Hier und Jetzt des Romans erleben lässt. So denke ich, dass man über die geschilderte Kindheit und Jugend von Frank Munchaster, der von seiner der Esoterik zugeneigten Mutter in ein Internat abgeschoben und dort von seinen Mitschülern drangsaliert wird, einen ganz eigenständigen und ziemlich guten Roman hätte schreiben können. In der Gegenwart der Romanhandlung wirken – Frank Munchaster mal außen vor gelassen – Sansoms Charaktere allerdings allesamt eher distanziert. Es fiel mir schwer, wirklich Anteilnahme für sie aufzubringen oder auch nur dafür zu interessieren, was sie da gerade eigentlich tun. Verstärkt wird dieser Eindruck wohl noch von einer, zumindest in meiner Wahrnehmung, ebenfalls eher nüchternen Erzählweise, die ich von C.J. Sansom so nicht gewöhnt bin. Üblicherweise gelingt es ihm, die frühneuzeitliche Welt seiner Shardlake-Reihe detailliert und gelungen zu schildern, hier jedoch passt er sich stilistisch ein wenig der Tristesse an, die zum Zeitpunkt der Handlung herrscht. Sollte das gewollt sein, habe ich allerdings nichts gesagt. „Feindesland“ hat also durchaus seine Highlights. Die Geschichte hinter der Geschichte. Die Geschichte hinter den Charakteren. Und auch die Handlung selbst bietet zwei, drei eindrucksvoll geschilderte Szenen, beispielsweise als die in London bislang vergleichsweise unbehelligt lebenden Juden auf Betreiben der Deutschen doch noch zusammengetrieben und aus der Stadt gebracht werden. Insgesamt hätte „Feindesland“ dann aber doch wesentlich mehr sein können als es dann war. Leider.

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Wie hätte sich die Historie entwickelt, wenn Nazi-Deutschland den Krieg gewonnen hätte? Diese Frage scheint im englischsprachigen Raum so manchen Autor zu beschäftigen, man denke nur an Robert Harris‘ „Vaterland“. Nun also auch C.J. Sansom, den Lesern hierzulande vor allem durch seine Tudor-Krimis mit Matthew-Shardlake bekannt. „Feindesland“ spielt in England Anfang der fünfziger Jahre. Noch ist die Welt nicht aufgeteilt, Russland befindet sich noch immer im Krieg mit Deutschland. England hingegen hat kapituliert und steht unter deutscher Besatzung. Deren Kontrolle ist allgegenwärtig, die Repressalien nehmen zu, nicht nur gegenüber der jüdischen Bevölkerung. Die Regierung hat keinerlei Entscheidungsbefugnis mehr, ihre Vertreter verkommen zu Marionetten der Nationalsozialisten. Einzig Winston Churchill will sich mit diesen Umständen nicht abfinden. Er ergreift die Initiative und organisiert im Geheimen den Widerstand. Immer mehr Menschen scharen sich um ihn, auch ein Beamter der Regierung, nicht wissend, dass ihnen bereits die Häscher der Nazis auf den Fersen sind. Sansoms Romane, sowohl die Shardlake-Reihe als auch „Winter in Madrid“, zeichnen sich immer wieder durch die atmosphärischen Beschreibungen aus, und bereits nach wenigen Seiten fühlt man sich an den jeweiligen Handlungsort versetzt. So auch hier, zumal der Autor auch reale Ereignisse wie z.B. den Londoner „Todesnebel“ von 1952 einbezieht, wodurch die Schilderungen wesentlich anschaulicher erlebt werden. Auch die verschiedenen Protagonisten und ihre Motivationen sind allesamt sehr gut und detailliert ausgearbeitet, jeder mit seiner besonderen Geschichte und Funktion in diesem Roman. Ob das nun der desillusionierte Beamte ist, der zum Spion wird, seine Frau, die um jeden Preis ein Geheimnis bewahren muss, der in der Psychiatrie festgehaltene Freund, dessen Wissen, so es denn in falsche Hände gerät, verheerende Folgen haben könnte, oder der Menschenjäger der Gestapo, der sie aufspüren soll. Die Geschichte ist nicht linear erzählt, sondern wechselt zwischen einzelnen Personen, Ereignissen und Zeit hin und her. Zum einen erfordert das die erhöhte Konzentration des Lesers, zum anderen hemmt es leider auch immer wieder den Erzählfluss. Aber das ist Mäkeln auf hohem Niveau, denn alles in allem ist „Feindesland“ ein spannender und interessanter Roman darüber, inwieweit bestimmte Entscheidungen den Lauf der Historie beeinflussen und gegebenenfalls ins Gegenteil hätten verkehren können.

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