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Rezensionen zu
Gott wohnt im Wedding

Regina Scheer

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Gelungen

Von: Nina

15.09.2019

Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Das Buch kann ich absolut weiterempfehlen, es war kurzweilig und abwechslungsreich, daher 5 Sterne von mir.

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„Jetzt bin ich schon dabei, mich zu erinnern. Das kann ich nicht oft, aber heute muss es sein. Was du weißt, ist nicht verloren.“ (Zitat Seite 311) Inhalt: Leo Lehmann ist über 90 Jahre alt, als er mit seiner Enkelin Nira für ein paar Wochen nach Berlin zurückkehrt. Durch Zufall bucht sie ein Hotel im Wedding, wo er zwanzig Jahre lang gewohnt hatte, er war hier geboren. 1948 hat er Berlin verlassen und lebt seither in Israel. Das alte Haus, in dem er während des Krieges eine Zeit lang untergetaucht war, steht noch. Gertrud Romberg, die damals ihn und seine Freunde versteckt hatte, lebt noch immer dort, umgeben von ihren Erinnerungen und den Erinnerungen des Hauses. Die anderen Bewohner wechseln jetzt oft, das Haus soll abgebrochen werden, zuletzt leben hier Flüchtlinge, vor allem Zigeunerfamilien aus unterschiedlichen Ländern, so wie Laila. Seit einem Vorfall, damals im Jahr 1943, hatte Leo keinen Kontakt mehr zu Getrud und eine offene Frage steht immer noch zwischen ihnen. Thema und Genre Ein altes Berliner Haus mit Geschichte, ein zeitgeschichtlicher Generationenroman, der sich auch mit der NS-Zeit in Deutschland auseinandersetzt. Es geht um Familie, Heimat, Fremde, Traditionen und gegen das Vergessen. Charaktere Leo Lehmann steht für die Geschichte einer jüdischen Familie im Nationalsozialismus. Laila Fidler, eine in Polen geborene Sintiza, steht für die Roma und Sinti, die immer wieder versuchten, sesshaft zu werden und doch immer wieder vertrieben wurden. Heute hilft Laila den rechtlosen Frauen bei den komplizierten Behördenwegen. Nira, in Israel geboren und aufgewachsen, sieht ihr Heimatland kritisch. Berlin ist kein Feindbild für sie, trotz der Geschichte ihrer Familie. Es sind lebendige Figuren mit ihren Konflikten und Wünschen, die uns in diesem Roman begegnen Handlung und Schreibstil Im Mittelpunkt steht das alte, baufällige Haus in Berlin Wedding, das sich an seine wechselvolle Geschichte seit der Erbauung erinnert. Damit verbunden ist das Leben seiner unterschiedlichen Bewohner. Es sind die gestrandeten, verfolgten Menschen, aber auch die selbstbewussten Kämpfer, um die es in diesem Roman geht. Am Beispiel von zwei speziellen Familien entwickelt die Autorin ein zeitgeschichtliches Kaleidoskop, welches das Leben mehrerer Generationen aufzeigt. Rückblenden und geschichtliche Abläufe, sowie die Erinnerungen des alten Hauses selbst, runden die Handlung ab. Die Sprache erzählt, geht nahe an die Figuren heran, zeigt auf, beschreibt, malt lebhafte Bilder. Fazit Ein vielschichtiger Generationenroman, in dem es um Zeitgeschichte geht und um die Menschen, deren Schicksal in dieser gefährlichen Zeit darin bestand, irgendwie zu überleben. Ein beeindruckender Appell gegen Vorurteile und für die Menschlichkeit.

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Der Schreibstil war ABSOLUT NICHT meins! Grauenhaft und abgehakt und sehr verwirrend. Ich hatte viel Erwartung, da der Klappentext so gut war. Nein, tut mir leid, ich musste abbrechen. Der Anfang war alleine schon seltsam. Zwei Sterne wegen Cover und dem Klappentext der die Enttäuschung des Buches nett verpackt.

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Meine Meinung: „Da stehe ich, mit meinen über 120 Jahren, fest auf Grund und Boden, kann hier nicht weg und komme doch überall hin.“ Mich begleitete anfangs beim Lesen das Gefühl, ein fremder Gast auf einer Hausparty zu sein und es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich im Geschehen bzw. in den Geschichten der einzelnen Bewohner angekommen bin. Diese sind von Regina Scheer mit sehr glaubhaften und berührenden Viten ausgestattet und mich hat die darin erkennbare Liebe zum Detail in ihrer kommunizierten Beobachtungsgabe stark beeindruckt. So wird selbst zu dem erzählendem alten Haus, dessen weiser Klang in Stimme mir sehr gefallen hat, eine ganz persönliche/familiäre Nähe aufgebaut und auch wenn ich den Schreibstil nicht als sehr emotional, sondern eher „dokumentarisch“ bezeichnen würde, entstehen durch die dargestellten Schicksale echte Emotionen beim Lesen und ich fühlte mich oft mit dem Gedanken nach meiner eigenen Definition von „Heimat“ konfrontiert. Das Thema „Vertreibung“ bzw. „Ausgrenzung“ ist ein zentrales Element und wird von der Autorin am Beispiel der Juden und Sinti und Roma, basierend auf einer großartigen Recherche, ebenso lehrreich wie berührend dargestellt. Ihr gelingt es, die einzelnen Schicksale sehr gekonnt/stimmig miteinander zu verknüpfen und sorgt dabei zudem für neue Blickwinkel auf eine Völkergruppe, der ich sicher nicht immer vorurteilsfrei begegnet bin. Fazit: Ein sehr volles aber auch sehr erfüllendes Leseerlebnis, das zeigt, wie sehr sich der Blick hinter die Fassade(n) lohnen kann.

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Interessante Geschichten, die jedoch durch ständiges hin und her schwierig zu lesen waren. Ich konnte mir bei den Personen nicht merken wer wer war und brauchte zu lange um mich in die jeweilige Geschichte rein zu finden. Jede Geschichte für sich war sehr interessant, aber mir zu viel für ein Buch.

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„Literaturwerkstatt- kreativ / Blog“ stellt vor: „Gott wohnt im Wedding“ von Regina Scheer „Ein Haus. Ein Jahrhundert. So viele Lebensgeschichten.“ Nach über 70 Jahren kehrt Leo Lehmann aus Israel zurück nach Deutschland, obwohl er das eigentlich nie wieder wollte. Zu schlimm sind die Erinnerungen an das Jahr 1944, als sein Freund Manfred von der Gestapo verhaftet wurde. Genau hier in diesem Mietshaus, vor dem Leo jetzt steht. Dort in der Utrechter Straße im Wedding hatte Gertrud Romberg beide monatelang versteckt. War sie auch die Denunziantin, die Manfred an die Nazis verriet? Das alte Mietshaus im Wedding hat viele Geschichten zu erzählen, auch die von Laila Fiedler, eine Sintiza, die auf Umwegen nach Deutschland kommt und gar nicht weiß, dass bereits ihre Vorfahren in dem alten Haus in der Utrechter Straße gewohnt haben. Alle Lebensgeschichten sind letztlich schicksalhaft mit dem alten Mietshaus im ehemals roten Wedding verbunden. Fazit: Regina Scheer hat mit ihrem Roman ein sehr fesselndes und besonderes Werk vorgelegt. Sie entführt uns nach Berlin, genauer gesagt in den Wedding. Dort nimmt sie uns auf eine Zeitreise mit und erzählt von einem sehr alten Mietshaus, welches 1890 gebaut wurde, und seinen vielen Bewohnern die über Jahrzehnte hinweg dort gelebt haben. Dabei erzählt die Autorin sehr stimmig und empathisch – mit einer herrlich wortgewandten und bildhaften Sprache – aus den verschiedenen Perspektiven einzelner Personen. Zugleich macht sie die Schicksale einzelner Bevölkerungsgruppen, die bis heute mit Ausgrenzung konfrontiert werden, sehr deutlich und sichtbar. Dabei hat die Autorin sehr gut recherchiert. Zum einen über das Leben im Wedding, zum anderen über Sinti und Roma. Frau Scheer macht sehr deutlich, welcher Stigmatisierung und Ausgrenzung diese Gruppe über Jahre hinweg bis heute ausgesetzt ist. In Italien wird es uns ja auch gerade wieder hautnah vor Augen geführt, denn der italienische Innenminister Matteo Salvini lässt die in Italien lebenden Sinti und Roma zählen, um Diese dann vermutlich abzuschieben. „Im ehemals roten Wedding kreuzen sich die Lebenswege von Einheimischen und Zugezogenen, von Verlierern, Verfolgten und Verachteten, alle auf der Suche nach dem kleinen Stückchen Glück“ Ihre Protagonisten – Leo Lehmann, Gertrud Romberg und Laila Fiedler – hat die Autorin mit ihren sehr unterschiedlichen Charaktereigenschaften sehr treffend und authentisch dargestellt. Gerade durch die einzelnen sehr detailliert beschriebenen Lebensgeschichten wurden die Figuren einem sehr vertraut. Besonders gut fand ich, dass auch das Mietshaus immer wieder „zu Wort kam“ und aus seiner Perspektive erzählte, quasi als das allumfassende Auge. Ein vielschichtig konstruierter Roman. Trotz der vielen Charaktere und diversen Zeitsprüngen lässt sich der Roman flüssig lesen. Bei mir sind die Seiten nur so dahingeflogen. Zur Orientierung gibt es am Ende des Buches ein Personenverzeichnis, das sehr hilfreich ist. Ein absolut überzeugendes Werk von Regina Scheer!!!

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Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen – so scheint der Konsens, wenn es um das Schicksal der Roma und Sinti in Deutschland geht. Regina Scheer bricht in ihrem Buch das Schweigen, denn in dem alten Haus in der Utrechter Straße in Berlin-Wedding wohnt nicht nur Gertrud (und das schon ihr ganzes Leben lang), sondern haben seit geraumer Zeit auch Sinti-Familien Unterschlupf gefunden. Dass diese an einer Stelle im Roman erst nach der Umnistung von Vögeln aus einer zum Abriss bestimmten Gartenanlage vertrieben werden und generell auch heute noch empörender Diskriminierung ausgesetzt sind, wird ebenso wenig verschwiegen wie der erst 1982 anerkannte Völkermord an den Sinti und Roma während der NS-Zeit. „Der Mord an den Juden ist inzwischen im Gedächtnis der Deutschen angekommen, der an unseren Leuten nicht‟ legt die Autorin (auf S. 386) einer ihrer Figuren in den Mund – ohne jedoch das Schicksal der Juden zu verharmlosen oder zu umgehen, denn einen weiteren Erzählstrang nimmt die Geschichte von Leo ein, der der Judenverfolgung während der Nazizeit entgehen konnte und aus seinem Leben in Israel nun zurückkehrt in den Wedding – und mit ihm die Erinnerungen. Geschickt verknüpft Regina Scheer hier die Schicksale verschiedener Menschen und Personengruppen und thematisiert nebenbei die Frage danach, was Erinnerungsliteratur überhaupt ist und kann. Während ich anfangs noch meine Schwierigkeiten hatte, der aus verschiedenen Perspektiven erzählten Geschichte mit ganzer Aufmerksamkeit zu folgen, ertappte ich mich nach einer Weile dabei, wie ich daran dachte, was Oma Gertrud wohl so ganz allein in ihrer alten Wohnung macht. Dass die Protagonisten so dermaßen zum Leben erweckt werden, liegt vor allem daran, dass Scheer ihre Geschichte entweder aus tiefgehenden persönlichen Einblicken heraus schildert oder umfangreiche Recherchearbeiten geleistet hat. Obwohl sich am Ende alles ganz romanhaft und im Sinne des Plots zusammenfügt, fühlte es sich für mich so an, als ob hier aus dem echten Leben erzählt wird. Dass ich dabei anfangs manchmal abgeschweift bin (ganz so, als ob meine Oma mir aus alten Tagen erzählt und mein Interesse dabei hin und wieder schwindet, nur um dann an besonders interessanten Stellen - inklusive schlechtem Gewissen, weil es ja eigentlich so wichtig ist, zuzuhören - zurückzukehren), tut der Tatsache keinen Abbruch, dass dieses Buch mich nachhaltig beschäftigt und irgendwann dann auch emotional gepackt hat. Fazit: Eine enorm authentische Geschichte, die langsam, aber stetig ihre Wirkung entfaltet, und sich vor allem wegen der kenntnisreichen Schilderung des Lebens als Sinti und Roma in Deutschland im Gedächtnis verhaftet.

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Wussten Sie, dass sich auf dem heutigen Nettelbeckplatz um 1280 das Rittergut Weddinge befand? Und dass am Ort der Neuen Nazarethkirche bereits im 16. Jahrhundert ein Gotteshaus stand. Wüst gegangen, aber immerhin. Und dass um 1600 der kurfürstliche Oberkämmerer, Hieronymus Scheck, 50 Flurstücke vor den Toren Berlins erwarb? Also wirklich weit vor den Toren, um die verlassenen, die alten Felder und Wiesen wiederzubeleben? Und dass dort, wo sich der sogenannte Verlohrene Garten befand, laut Hobrecht-Plan die Utrechter Straße angelegt wurde. Das wussten Sie nicht? Ich auch nicht. Allein wegen dieser ausgezeichneten, stadthistorischen Recherche und wunderbaren Schilderungen lohnt die Lektüre von ‚Gott wohnt im Wedding‘. Doch alles nach der Reihe. Regina Scheer erzählt in ihrem Roman die Geschichte des ältesten Mietshauses der Utrechter Straße. Verwoben im Geflecht zwischen Müller-, See- und Reinickendorfer Straße, entwirft die Autorin ein historisches Kaleidoskop, das an manchen Stellen leuchtet, manchmal glänzt, vielerorts jedoch das Schicksal der Hausbewohner in dunklen Tönen zeichnet. In stumpfen Farben, die ohne Schnörkel, aber emphatisch, wenig unklar lassen. Vieles bewusst und manches, wovon man nicht wissen will. Scheer konstruiert auf 413 Seiten zwei Handlungsstränge, die sich gegenseitig bedingen, dennoch getrennt zu betrachten sind. Der erste Strang handelt von Gertrud Rombergs Leben, der ältesten Bewohnerin des Hauses. Und von Leo Lehmann. Zusammen mit Manfred Neumann lebte Leo bis 1945 im Untergrund. Bei Gertrud fanden die beiden jüdischen Männer Versteck. Gegenstand ist eine deutsch-jüdische Dreiecksbeziehung im roten Wedding, der 13 Jahre lang ziemlich braun war. Leo seinerseits ist Kommunikator zur Gegenwart. Mit seiner Enkelin besucht Leo seine Geburtsstadt – Berlin –, um Nira vom Leben ihres Großvaters an Ort und Stelle zu berichten. Der zweite Stang befasst sich mit den wechselnden Bewohnern des Hauses. Und mit dem Wedding im Allgemeinen, der nie eine vornehme Gegend war. Wer heute das Privileg hat, Kunde in der Sickingstraße zu sein (Achtung, Moabit!), hat es oft besser getroffen als so manche Romanfigur. Anders formuliert verhandelt die Autorin im zweiten Strang die Herausforderungen europäischer Sozialpolitik anhand mehrerer Roma-Familien, wobei sie nicht selten ins Seichte gleitet. Szenen also, die nur bedingt gelingen. Während Leos wechselvolles Leben, seine Verstrickungen, die ambivalenten Gefühle und Berichte aus dem Leben im Untergrund, die Rückschau auf Isreal und die Jahre im Kibbuz literarisch Haute Cuisine sind, geriet das Leben der Roma-Familien zur lauwarmen Kartoffelsuppe. Wat? Kartoffelsuppe? Passt janz hervorragend in’n Wedding. Wie dit Feinste vom neuen Bio-Vejaner. Mit manchen Längen und dünnen Schmonzetten ist Scheer ein Roman geglückt, der so hart an der Grenze ist, wie der Wedding es immer war. An der Grenze deshalb, weil er fesselt und gleichzeitig das benennt, was alltäglich zur Zumutung wird. Regina Scheer gibt denen, die sich vormals Kunden nannten und den Wedding erbauten, eine Stimme: Wanderarbeitern aus Osteuropa. Menschen, die keine Lobby haben. Die Autorin erzählt die Lebensschicksale vom Leopoldplatz heute und die, von vor 100 Jahren. Von moderner Sklaverei unter unser aller Augen und Entrechteten in Abbruchhäusern skrupelloser Immobilienfonds. Von Verfolgten aus sicheren Herkunftsländern ohne Bleibeperspektive, nicht nur im Großen Tiergarten. Aus der anderen U-Bahn-Perspektive eben. Wenn es nicht darum geht, zu geben, sondern zu bitten. Darüber hinaus liegt die große Wucht von ‚Gott wohnt im Wedding‘ im Schwungrad der Geschichte. Scheer treibt es an, dreht zurück und kommt im richtigen Moment zum Halt. Was Frank Schirrmacher über ‚Unser Mütter, unsere Väter‘ in der F.A.Z. zu schreiben wusste, gilt ebenso für diesen Roman. Er ist Ausschnitt des großen Ganzen und mahnt nicht, sondern ermutigt, zuzuhören. Zuzuhören, was die Großmütter und Großväter zu berichten haben. Was ihnen auch nach 80 Jahren auf der Seele brennt. Es dürfte eine ganze Menge sein. Und bald die letzte Gelegenheit. Was Scheer mit ‚Gott wohnt im Wedding‘ vorlegt, steht ‚Machandel‘ in nichts nach. Bebende Zeitgeschichte und ein Gesellschaftsroman, der nicht vor dem Schmuddeligen, dem Unangenehmen zurückschreckt. Auch nicht vor den schönen Epidosen des Lebens! Ein Roman, der die Geschichte des Weddings verhandelt, ohne mit erhobenem Zeigefinder, ohne gerümpfter Nase herablassend, vielleicht verschämt, gezwungen vorbeizuschauen. Wer diesen Roman las, wird den Wedding und seine Bewohner mit anderen Augen sehen. Und all die anderen Stadtbezirke dieser Republik, wo der goldene Löffel im Kindermunde nur ein schöner Traum bleibt. Ich finde: Das rechtfertigt eine Rezension, die deutlich länger wurde, als üblich. Für einen Roman, der unbedingt lohnt! PS: Was ‚Ein Mann will nach oben‘ für die Zeit bis 1935 ist, ist ‚Gott wohnt im Wedding‘ für alles danach. Für uns heute und das Jetzt. Mit viel Feingespür und Sorgfalt fürs Detail zeichnet Regina Scheer eine differenzierte Karte des Bezirks Berlin-Mitte, deren Anblick mich tief bewegt. Ohne Schwarz und Weiß und ohne klare Linien. Einem Bezirk der krassen Widersprüche, in dem sich rund 20 Prozent der Bewohner im Sozialleistungstransfer befinden und zehn Prozent ohne Abschluss die Schule verlassen. Wer beinahe täglich mit den Dingen, die Scheer beschreibt, konfrontiert ist, die Orte kennt, sich vielleicht sogar für diese engagiert, für die Menschen an diesen Orten, bleibt nicht ungerührt und wird betroffen. Als beispielsweise vom Max-Josef-Metzger-Platz die Rede ist und der dortigen Gedenkstele. Und mir Zeitungsberichte in Erinnerung kommen: Der Bezirk wolle keine Gelder für die Beleuchtung dieser Stele bereitstellen. Das sind die Momente, die berühren. Berühren und gleichermaßen unverständlich sind. Derartiges regt auf und an. Zum Denken und Nachdenken und zum Hinsehen zu den Menschen und ihren Orten.

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