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Rezensionen zu
Des Lebens fünfter Akt - Liebe, Literatur und Leid: Arthur Schnitzlers letzte Lebensjahre

Volker Hage

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In seinem biografischen Roman "Des Lebens fünfter Akt" wendet sich Volker Hage den privaten Dramen des späten Arthur Schnitzlers zu. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur der tragische Tod seiner Tochter Lili, sondern vor allem auch seine wechselvollen Beziehungen zu gleich mehreren Frauen. Juli 1928. Gerade noch freut sich Arthur Schnitzler über die positiven Kritiken zu seinem jüngst erschienenen Roman "Therese", da erreicht ihn ein besorgniserregendes Telegramm aus Italien: Tochter Lili ist ernsthaft erkrankt und wünscht sich die Anwesenheit des Vaters, teilt ihm Schwiegersohn Arnoldo mit. Gemeinsam mit Ex-Ehefrau Olga macht sich der Autor umgehend auf den Weg – doch als er in Venedig eintrifft, ist es bereits zu spät:  Lili ist tot, nach einem vermeintlichen Suizidversuch an den Folgen einer Blutvergiftung verstorben. Der ebenso tragische wie unerwartete Tod der geliebten Tochter bildet dabei den Ausgangspunkt, von dem aus Hage die letzten drei Lebensjahre Schnitzlers literarisch zu rekonstruieren sucht. "Von diesem Tag an [...] würde sein Leben nur noch eines sein, das es abzuleben galt" – so zumindest die düstere Prognose Schnitzlers im Roman. Doch der "einsame Weg hinab", den es für den Trauernden nach eigener Einschätzung nun zu beschreiten gilt, ist so einsam am Ende tatsächlich nicht. Im Gegenteil scheint der "fünfte Akt" im Leben des erfolgreichen Autors – aller Trauer und Melancholie um die verlorene Tochter zum Trotz – vor allem bestimmt durch allerlei amouröse Verstrickungen. Da ist zum Beispiel Olga, die auch nach der Scheidung nicht gewillt ist, ihre Ansprüche an den einstigen Ehemann aufzugeben und die frühere Beziehung nur allzu gerne wieder aufnehmen würde. Sehr zum Missfallen von Clara, Schnitzlers langjähriger Lebensgefährtin, die ihren Platz an der Seite des Geliebten mit aller Macht zu verteidigen sucht. Als schließlich auch noch die dreißig Jahre jüngere Übersetzerin Suzanne in das Leben Schnitzlers tritt, scheint das Beziehungschaos perfekt. So liest sich Hages Roman dann nicht nur als Schriftstellerbiografie, sondern vor allem auch als Porträt eines umtriebigen Casanovas, der selbst im hohen Alter nichts von seiner Anziehungskraft eingebüßt zu haben scheint.   Ist Schnitzler einmal gerade nicht mit einer seiner vielen Frauen beschäftigt, so tut er bei Hage vor allem eines: er liest. In den Werken Freuds, Gerhart Hauptmanns oder Hugo von Hofmannsthal, in alten Aufzeichnungen und Briefen – jahrzehntelang akribisch von der Sekretärin abgeschrieben und archiviert – , den Tagebüchern seiner Tochter oder den eigenen. Überhaupt kommt den Tagebüchern in "Des Lebens fünfter Akt" eine überaus wesentliche Rolle zu. Dabei dient die "autobiografische Pedanterie" Schnitzler nicht nur dazu, regelmäßig in die eigene, ferne Vergangenheit einzutauchen und – manchmal staunend, manchmal irritiert – sein jüngeres Ich zu studieren. Vielmehr geraten die selbstreferenziellen Schriften bei Hage auch als eigentliches Lebenswerk  des Wieners Autors in den Blick.  Zwar lässt er seinen Schnitzler immer wieder auch über Sinn und Unsinn seines "Privatarchivs" sinnieren, das ihm "mal als Schatztruhe, mal als sinnlose Anhäufung" erscheint. Auch den Eindruck, den seine privaten Aufzeichnungen in der Nachwelt hinterlassen werden, erfüllen Schnitzler gelegentlich mit Sorge. Am Ende zeigt er sich dann aber doch immer wieder überzeugt: "Vielleicht war gerade das hier sein Hauptwerk, sein Beitrag zur Moderne: die schonungslose Selbstdarstellung [...] Das hier war der Roman seines Lebens, ohne Beschönigung". Dabei schleicht sich beim Lesen immer wieder der Verdacht ein, dass es hier mit der Aufwertung des Autobiografischen nicht allein darum geht, die Perspektive auf die Privatperson Schnitzler zu lenken, sondern implizit auch darum, den eigenen dokumentarischen Zugang zu Leben und Werk des Schriftstellers zu legitimieren: So basiert auch Hages sorgfältig recherchierter Roman selbst auf zahlreichen Zitaten und Zeitdokumenten. Leider gelingt der Versuch, den Menschen Arthur Schnitzler über die zeitgeschichtlichen Zeugnisse literarisch zum Leben zu erwecken, am Ende allerdings nur bedingt. So bleiben die vermeintlich intimen Einblicke, die große Gefühle zwar thematisieren aber nur selten auch spürbar werden lassen, häufig selbst sonderbar blass und papieren, der Protagonist – trotz aller suggerierten Nähe – als Figur eher unnahbar.  Für Schnitzler-Liebhaber freilich hält der Roman allerdings noch ein besonderes archivarisches Detail bereit: So erhielt Hage von Schnitzlers Enkel Michael die exklusive Erlaubnis, Einblicke in die bis dato für die Öffentlichkeit gesperrten Tagebücher Lili Schnitzlers zu nehmen. Auszüge daraus – die konsequenterweise ebenfalls hauptsächlich um die Affären und Ehekrisen der jungen Frau kreisen – haben in literarisierter Form auch Eingang in den Roman gefunden.  

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