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Rezensionen zu
Eine kurze Chronik des allmählichen Verschwindens

Juliana Kálnay

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Eine sehr eigene Hausgemeinschaft mit all ihren skurrilen Bewohnern

Von: Marina Büttner aus Berlin

20.12.2018

Der 1988 geborenen Juliana Kálnay ist ein außergewöhnlicher Debüt-Roman gelungen. Selten genug ist es, dass eine Debütantin sich sogleich den dritten Platz auf der SWR-Bestenliste sichert. Kalnáys kurzer Roman spielt in einem Haus mit der Nummer 29 und erzählt von ihren seltsamen Bewohnern. Die Kapitel werden überschrieben mit den jeweiligen Orten im Haus, an dem sie spielen, wie etwas 3. Etage links oder Treppenhaus, nachts oder hinterm Haus. Zwischen diese Episoden fügt die Autorin Dialoge oder Kapitel mit besonderen Ereignissen im Haus ein. Obgleich die Geschichte im Titel als Chronik bezeichnet wird, berichtet die Erzählerin nicht durchgehend in logischer Reihenfolge von den Geschehnissen. Das und auch die wechselnden Erzählperspektiven könnten den Leser verwirren, wenn nicht schon die Protagonisten selbst es täten. Erst gegen Ende hin lassen sich Zusammenhänge und Verknüpfungen zwischen den einzelnen Sequenzen erkennen. „An dem Tag, an dem meine Mutter von einem vorbeihuschenden Schatten so erschreckt wurde, dass sie auf der Treppe die Kiste mit dem Geschirr fallen ließ und die bunten Scherben über die Stufen sprangen; an dem Tag, an dem mein Vater, vom selben Schatten überrascht, einen Schrei ausstieß, den man angeblich noch drei Straßen weiter hören konnte, und sie beide in das Haus mit der Nummer 29 zogen, wurde ich geboren. Zumindest erzählten sie das, wenn ich sie fragte.“ Im Haus leben Familien mit Kindern, Einzelpersonen und Paare. So wie Lina, deren Mann offiziell verschwunden ist, der sich aber in Wirklichkeit in einen Baum auf ihrem Balkon verwandelt hat, aus dessen Früchten sie Marmelade kocht oder die chronisch Schlaflosen, die in großer Anzahl in einer einzigen Wohnung leben oder Maia, die gerne Löcher gräbt und sich darin versteckt, die allerdings irgendwann ganz verschwunden ist oder der alte Oskar, der in seinem Badezimmer etwas Geheimes versteckt und der deshalb eines Tages von Polizeibeamten abgeführt wird oder Tom, der es sich im Fahrstuhl gemütlich gemacht hat oder die Zwillinge, die man immer nur einzeln antrifft und viele andere mehr. Wie ein echtes Unikum mutet Rita an, die am längsten im Haus lebt und quasi mit ihm verwachsen ist. Rita mit dem Spiegel auf dem Balkon, die strickt und die alles sieht, alles hört, alles weiß, was im Haus geschieht und sich nicht selten einmischt … und das Haus selbst, dass irgendwie lebt, geheimnisvolle Türen verbirgt und immer öfter Stromausfälle produziert … Leser, die eingängige Geschichten mit eindeutigem Plot lieben, werden sich mit diesem Roman schwer tun. Viele Fragen stellt man sich im Laufe der Lektüre, Fragen die am Ende offen bleiben, Handlungen, die plötzlich abbrechen oder im Sande verlaufen, Sätze, die nicht vollständig ausgeschrieben werden. Es wimmelt nur so von extravagantem, schrägem Personal und seltsamen Begebenheiten. Unter der Rubrik „magischer Realismus“ könnte man diese Geschichte einordnen, wobei es für den Lesegenuss vollkommen egal ist, ob real oder surreal. Was zählt ist, dass Juliana Kálnay ein etwas anderes Debüt geschrieben hat, dass ihr Roman sich konsequent abhebt von vielem, was derzeit auf den Buchmarkt geworfen wird.

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