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Rezensionen zu
Junktown

Matthias Oden

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In Junktown nimmt uns Matthias Oden in eine ganz eigene Welt mit. In einer faschistischen Gesellschaft, regiert durch die Konsumistische Partei, ist Drogenkonsum Pflicht. Jeder Bürger muss durch regelmäßige Tests nachweisen, dass er seinen Drogenlevel hoch genug hält. Menschen werden von mechanischen Brutmüttern geboren und in Humanklassen eingeteilt, die den Status und den Nutzen des Menschen in der Gesellschaft angeben. Wer durch exzessiven Drogenkonsum keinen Nutzen für die Gesellschaft mehr hat, wird herabgestuft und "recycled", so dass wenigstens seine Biomasse noch von Nutzen sein kann - um einen neunen Konsumenten zu erschaffen. In diese dystopische, totalitäre Gesellschaft schickt Oden, seinen Ermittler Solomon Cain der Gemapo (die Geheime Maschinenpolizei) um den Mord an einer Brutmutter aufzuklären. Klingt nach einer wenig freundlichen Umgebung? Korrekt - und Matthias Oden hält dieses Bild einer dunklen Gesellschaft voller Kontrolle auch durch seinen harten, dreckigen Sprachstil aufrecht. Auch kurze Momente der Freunde und sich anzeichnende "Feel Good" Momente werden im Keim erstickt. Also definitiv kein Buch für jemanden, der gerne schöne, rosa Welten voller Freude und Herzlichkeit sieht. Man könnte Junktown fast als Noir-Krimi in einem Sci-Fi-Setting bezeichnen - wenig Hoffnung, kaputte Charaktere und kein Happy End. Wer sich auf eine solche Welt und Geschichte einlassen kann und möchte, wird an Junktown seine Freude haben! Matthias Oden verwebt einige bekannte Dinge sehr geschickt in eine eigene stimmige Welt. Bezeichnungen wie Gemapo, Rauschparteitagsgelände oder das "recyclen" von Menschen, die für die Gesellschaft keinen Nutzen mehr haben, erinnern frappierend an die Zeit des Nationalsozialismus und geben dem ganzen so eine noch dunklere Aussage. Manches übernimmt er auch ganz einfach mal, wie z.B. die Stimmungsorgel zur Beeinflussung von Gefühlen, die der Sci-Fi Leser bereits aus Philip Dicks "Blade Runner" kennt. Was ich etwas schade fand: Es wird zwar eine ganz eigene Gesellschaft des Drogenkonsums generiert, aber das wieso und warum wird nicht wirklich erklärt. Der Leser wird einfach ohne größere Erklärungen in diese Welt hineingeworfen, und bekommt auch bis zum Ende hin nur wenig Einblick in das System an sich und die Beweggründe - schade, hier hätte ich mir definitiv mehr gewünscht. Alles in allem aber ein Lesetipp für all jene, die sich nicht an dunklen Welten mit wenig freudigen Momenten stören.

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In einer Stadt in der Zukunft, ‚Junktown‘, in der Drogenkonsum rechtlich vorgeschrieben wird und Maschinen fast genauso zur Gesellschaft gehören wie Menschen, lebt Solomon Cain. Er ist Inspektor bei der Geheimen Maschinenpolizei. Der Leser begleitet Cain in den Ermittlungen eines Mordfalls, bei welcher es zu vielen Ungereimtheiten kommt. Das Buch fand ich bei der gezielten Suche nach einem Science-Fiction(-artigem) Buch. Das Cover setzte sich am besten von den anderen - in Blau/Grau/Grün-Tönen gehaltenen - Covers ab und der Klappentext hat mich dann endgültig überzeugt. Meiner Meinung nach hat der Roman ein sehr gutes Verhältnis zwischen SciFi-/ausgedachten Elementen und der Realität. Man ist nicht vollkommen verloren in einer Welt aus ausgedachten Rassen und Gruppen, da bekannte Grundstrukturen (eine Partei stellt die Regierung, Menschen und Maschinen, Drogenkonsum etc.) verwendet werden und mit neuen Gedanken verknüpft sind. Oder es werden komplett neue Elemente sinnvoll in die vorhandenen Strukturen eingefügt. Daher finde ich es auch nicht tragisch, dass die Vorgeschichte kaum thematisiert wird - die Meisten werden beispielsweise eine (grobe) Idee einer Revolution im Kopf haben und diese kann man dann einfach auf die gegebenen Umstände im Roman anwenden. Neue Begriffe werden meistens unmittelbar im Fließtext erklärt, zum Nachschlagen gibt es aber auch zwei Anhänge, die noch einmal alles übersichtlich gegliedert aufführen. Bei Erklärungen im Fließtext könnte man teilweise auf mehr Informationen hoffen, muss aber auch bedenken, wie langatmig das Buch dann geworden wäre. Daher sehe ich es wie es ist als perfekte Balance zwischen Neuem und Bekannten, sowie Erklärtem und Dingen, die man sich selber dazu denken kann/muss. Die Figuren an sich sind gut ausgearbeitet und man versteht ihr Handeln, da es nachvollziehbar dargestellt oder erklärt wird. Die Dialoge sind lebhaft und -wo es angebracht ist- in einer natürlichen Umgangssprache gehalten. Ein Minuspunkt für mich ist der Mangel an weiblichen Charakteren, welcher zwar mit einer Aussage im Buch erklärt werden kann, mich aber dennoch stört, da diese einen dermaßen geringen Anteil an Frauen meiner Meinung nach nicht rechtfertigt. Im Roman wird mehr oder weniger kontinuierlich Spannung aufgebaut. Dies geschieht mit vielen kleinen ‚Plottwists‘ im Werdegang der Handlung. Stellen, die nicht zum Spannungsaufbau dienen werden mit Erläuterungen der ‚neuen Welt‘ ausgefüllt und sind somit - für jemanden, der sich für die Thematik interessiert - durchaus interessant. Wenn man mit dem Gedanken einer ausgedachten Dystopie mit Parallelen zur heutigen Zeit nichts anfangen kann und man eher auf der Suche nach einem Krimi ist, ist einem das Buch eher nicht zu empfehlen. Beim Lesen merkte ich an vielen Stellen, dass Oden eine intensive Hintergrundrecherche betrieben und/oder über ein breit gefächertes Vorwissen verfügt, denn von den Gerüchen der einzelnen Drogen beim Konsum, über Fakten die menschliche Psyche betreffend, bis hin zu Kommunikationswissenschaft wird alles passend in den Roman eingebaut. Der Autor neigt nicht zu seitenlangen Sätzen, bei denen man schnell den Faden verliert, sondern einem guten Mix aus einfachen und komplexen Konstruktionen, die den Lesefluss unterstützen. Anstrengend sind zu Beginn die vielen Abkürzungen, wenn man sich daran gewöhnt hat (/gewöhnen kann) stören diese aber nicht mehr. Die Kapitelenden erregen oft den Wunsch, weiterzulesen, da es an den spannendsten Punkten zu einem Bruch kommt. Durch den gesamten Roman zieht sich eine düstere Stimmung. Zusammen mit Anspielungen auf die heutige Zeit macht dies das Buch zu alles anderem als einen ‚Happen für Zwischendurch‘, da es einem zum Nachdenken bringt, auch über die Lesezeit hinaus. Generell sind die Herleitungen in der Ermittlung immer schlüssig und zeitlich passend - nicht ‚aus dem Nichts hervorgeholt‘ und alle offenen Fragen werden am Ende geklärt. Fazit: 4/5 für einen (indirekt) gesellschaftskritischen Roman über eine Mordermittlung in einem spannenden dargestelltem Fall in einer dystopischen Welt. Nicht zu empfehlen, wenn man auf der Suche nach etwas mit einer leichten, freundlichen Atmosphäre ist.

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»Junktown« von Matthias Oden ist ein Buch, dass ich gleich zum Erscheinen im Mai gelesen habe und das mich in den letzten Monaten immer wieder beschäftigt hat, bevor ich endlich die Rezension schreiben konnte. Matthias Oden zeichnet das Bild einer dystopischen Zukunft der Faschisten in einem Stadtstaat zeigt. Für das passende Setting sorgt der Autor nicht nur mit seinem harten, aber detaillierten Schreibstil und Inspektor Solomon Cain. Auch die Nutzung vom Bezeichnungen wie „Gemapo“, „Humanklassen“ sowie „Ausfall“ und „Recycling“ im Zusammenhang mit Menschen, verdichtet die Atmosphäre, die an die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands erinnert. Die historischen Anspielungen finden zu einem dichten, totalitären Stadtstaat zusammen, der nicht nur seine Bewohner gefangen hält. Auch der Leser ist schnell gefangen von den strengen Vorschriften und Kontrollen, regelmäßige Drogentest sorgen hier dafür, dass die Bürger nie zu nüchtern oder entsorgt werden, falls die Konzentration der Drogen im Blut zu niedrig ist. In diese Welt hat Matthias Oden seinen Protagonisten Solomon Cain gesetzt, Mitte 50, Witwer hat der ehemalige Kämpfer für die Konsumistische Partei so langsam seine Zweifel an dem System, dem er an die Macht geholfen hat. Dabei ist er mürrisch, etwas selbstherrlich und trotzdem sympathisch. Und er ist ein Ermittler, der nicht aufhört, wenn der Befehl von oben dazu kommt, sondern gerne seine Fälle löst. Ungelöste Rätsel sind ihm ein Greuel. Genauso wie systemtreue Speichellecker. Kurz: Wer sich durch den Anfang von »Junktown« beißt und bereit sich mit dem direkten Einstieg ohne große Erklärungen zu Beginn zurechtzufinden, liest hier ein Buch voll skurriler Momente, Tempo, überzeugender Charaktere und wenig hoffnungsvoller Momente. Die Lektüre hat eine dichte Atmosphäre, die den Leser in den Bann zieht und die Dystopie lebendig macht. »Junktown« ist eine Leseempfehlung für Leser von Büchern, die sich gerne unterhalten lassen, aber auch versteckten Tiefgang und Hintergründe zu schätzen wissen.

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Ich liebe Dystopien. Bisher hier wenig thematisiert, aber neben Sachbüchern lese ich unglaublich gerne Zukunftsvisionen aller Art – meist einer düsteren, oft einer realistischen, in vielen Fällen einer erschreckenden, manchmal auch einer fantastisch angehaucht. Egal ob als Buch, Film, Serie oder Hörspiel – dieses Genre hat mich gefesselt und ich würde fast behaupten, sie alle konsumiert zu haben, Dark-Romance-Schmonzetten einmal außen vor gelassen. Kein Wunder also, dass „Junktown“ sofort auf der Leseliste landete. Habe ich in letzter Zeit schon Dystopien gelesen, in denen die härteste Droge Chilipulver („Finnisches Feuer“) war oder das Essen stigmatisiert wurde („Epidemie“), schafft Matthias Oden hier ein ganz neues Szenario: „Abstinenz ist Hochverrat! Der Konsum von Rauschmitteln ist Pflicht!“ Erschreckend. Aber Oden zeichnet das Bild einer verrohten, abgestumpften, gelangweilten Gesellschaft – „overfucked and underwhelmed“. In Junktown ist der Konsum von Drogen oberste Bürgerpflicht und wird von der machthabenden Einheitspartei auch strengstens überwacht. Der Bürger, so scheint es, soll erst gar nicht auf die Idee kommen, klar denken zu wollen – denn das führt ohnehin zu nichts mehr. Protagonist Solomon Cain, der als Ermittler bei der Polizei arbeitet, mogelt sich mit einem Mindestmaß an Konsum gerade so durch, als er auf einen neuen Fall angesetzt wird: eine „Brutmutter“, wie die Gebärmaschinen in Junktown genannt werden, wurde brutal ermordet – und vorher vergewaltigt. Wie geht das bei einer Maschine, ist die Frage, die sich der Leser stellt, der sich durch eine Schilderung hangelt, die absurder nicht sein könnte. In Odems Szenario sind intelligente Maschinen den Bürgern gleichgestellt und haben dieselben Rechte. Altbekannt kommt dem Leser höchstens der Bürokratie-Dscungel vor, durch den Cain sich kämpfen muss, und in Ansätzen auch die allgegenwärtige Überwachung. Ein Buch, dessen Thematik abstößt. Aber fasziniert. Das Dystopie-Fans durch seinen pervertierten Ansatz mitreißt, auch wenn Verlauf und Sprache an manchen Stellen etwas schwächeln. Zumindest mir ging es so, dass ich mich aber der Mitte teilweise etwas aufraffen musste, weiterzulesen. Der Zugang zur Story wird im Verlauf des Buches insofern immer weiter erschwert, weil er immer absurder und kränker wird. Dennoch eine Gesichte, deren Thematik hängen bleibt und zu denken gibt. Künstliche Intelligenz ist schon jetzt weit fortgeschritten und wer weiß schon, wohin sich all das noch entwickeln wird?

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retro pu

Von: der Michi

03.10.2017

Vom Rauschsicherheitshauptamt bis zur konsumistischen Partei: Die Betonsprache der doppelten Diktaturerfahrung Deutschlands ist nicht zu überhören. Auch sonst zitiert der Autor freimütig die Vergangenheit, selbst wenn es sich dabei um die Welt der Popkultur handelt. Der abgehalfterte Inspektor mit der düsteren Vorgeschichte könnte glatt mit Rick Deckard aus "Blade Runner" verwandt sein, sein Name, geborgt von Robert E. Howards Dämonenbekämpfer Solomon Kane, die Atmosphäre irgendwo zwischen dem Retrofuturismus des Dieselpunks und einer halb ironischen Weiterführung zeitgenössischer Konsumperversionen angesiedelt. Die im Roman beschriebene Gesellschaft, in der Müll als Statussymbol vor dem Haus verteilt wird und ein frühes Ableben durch einen Goldenen Schuss zur gefühlten Unsterblichkeit führt, könnte kaum deutlicher als Warnung vor der übertriebenen Hingabe an Sinneslust und grenzenlosen Kommerz inszeniert sein. Aber dann ist da ja noch die Handlung. Zwischen all den Beschreibungen seiner dystopischen Welt versteckt Oden eine Detektivgeschichte, die sich aus bestens vertrauten Bauteilen zusammensetzt. Ein undurchsichtiger Chef, ein deprimierter Ermittler, unfähige Untergebene, womöglich Spione in den eigenen Reihen, eine mysteriöse Zeugin ... auf all das scheint auch in der fernen Zukunft noch Verlass zu sein. Die meisten dieser Handlungsstränge enden dann auch wie erwartet, kleinere Überraschungen finden sich allerdings dennoch gegen Ende des Buches. Da darf endlich das ganze Ausmaß der Verschwörung deutlich werden, die vorher leider irgendwo in den Tiefen Junktowns zur Nebensache wurde. Ähnliches geschieht mit Inspektor Cain. Er und die meisten anderen Figuren mit ihren fast durchweg biblischen Vornamen bleiben hinsichtlich ihrer Charaktereigenschaften derart auf der Strecke, dass insbesondere Cains tragisches Schicksal vollkommen trivial wirkt. Das nimmt dem eigentlich ziemlich wendungsreichen Finale viel von seinem Potenzial. Der von Cain untersuchte Mord an der Maschine deutet zudem darauf hin, dass in Junktown Menschen und HMW (Höhere Maschinenwesen) einträchtig nebenbeinander leben und sogar Beziehungen eingehen (man kommuniziert per Lochkarte). In einigen Nebensätzen erfährt man noch ein wenig mehr darüber, insgesamt scheint dem Autor die kontinuierliche Beschreibung seiner Welt aber wichtiger zu sein als dieses vergleichsweise unterentwickelte Motiv. Hoch anzurechnen ist es dem Werk allerdings, dass es nicht in pseudoprofessionellen Anglizismen versinkt und so manches kreative Wortspiel mit bekannten Begriffen enthält. Ein interessanter Roman also, der dennoch nicht vollständig überzeugt. Man darf von einem Leser im einundzwanzigsten Jahrhundert durchaus erwarten, dass er eine Dystopie mit Verweis auf die Fehler der Vergangenheit erkennt, selbst wenn es nicht auf jeder Seite wörtlich geschrieben steht. Als Journalist und Ex-Redakteur einer Werbezeitschrift weiß Matthias Oden um das propagandistische Potenzial von Kommerz und Werbung, was auf jeder Seite deutlich wird. Dennoch gibt es elegantere Arten davor zu warnen als es dem Leser plakativ ins Gesicht zu schreien. Diese Art zu schreiben gehört eher zu klassischen Genrevertretern wie Aldous Huxley oder George Orwell. Damit wirkt "Junktown" teilweise, als wäre es bereits vor vierzig Jahren verfasst worden. Wer Hommagen an diese Zeit mag und mit kaum verhüllten Allegorien klarkommt, der hat womöglich seine Freude daran. Seitenzahl: 400 Format: 13,5 x 20,5 cm, Klappenbroschur Verlag: Heyne

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Kommen wir gleich zur Sache: Junktown ist ein verkommenes Drecksloch. In einer dystopischen Zukunft ist der Drogenkonsum oberste Bürgerpflicht und wird von der Einheitspartei genauestens überwacht. Die Bevölkerung setzt sich aus verschiedenen Zuchtreihen mit unterschiedlicher Genqualität zusammen; die Straßen sind leer, denn alle liegen sediert zu Hause rum. Als dann eine Brutmutter, eine riesige Gebärmaschine mit mehreren hundert Föten, umgebracht wird, nimmt sich der Ermittler Solomon Cain des Falles an. Seit sich seine Frau aus Liebe zur Partei den Goldenen Schuss gesetzt hat, kämpft er mit seinen Dämonen – und als seine Ermittlungen voranschreiten bald auch mit dem Staatsapparat. Die ersten Seiten las ich mit großer Skepsis. Zu abgefahren war mir die Schilderung der Vergewaltigung einer Gebärmaschine – die haushohe Maschine wurde nämlich genau wie eine menschliche Frau beschrieben. Intelligente Maschinen besitzen in Junktown Bürgerrechte, daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Außerdem argwöhnte ich, dass sich der obszöne Ton von Cains Kollegen durch den ganzen Roman ziehen würde – dem war zum Glück nicht so, obszöne Sprache wurde gewählt als Stilmittel eingesetzt – raues Polizistenleben eben. Die Figur des verbitterten und zynischen Ermittlers Solomon Cain ist ein wandelndes Klischee und ungeheuer gut ausgearbeitet zugleich. In dem dystopischen Umfeld ergeben sich ganz neue Spielarten und abgedroschene Verhörszenarien bekommen aufgrund des Drogenkonsums und der allumfassenden staatlichen Überwachung ganz neue Wendungen. Die Stadt selbst ist hier eine Protagonistin, der man mit Faszination und Abscheu zugleich zusieht. Die vielen Anspielungen auf totalitäre Systeme sind zum Schreien komisch und wer einmal in den deutschen Behördendschungel eingetaucht ist, wird sich im von Bürokratie besessenen Junktown gleich zu Hause fühlen. Hier gibt es köstliche Seitenhiebe auf den öffentlichen Dienst. Der Roman ist sehr durchgestylt; am Ende laufen alle Fäden konsequent zusammen, einige der beschriebenen Passagen laufen beim Lesen zugleich als Film vorm inneren Auge ab. Die Dialoge sind klar und präzise, spielen mit Klischees und führen unter dem Motto „Alle Macht den Drogen“ Altbekanntes ad absurdum. Nach kurzer anfänglicher Fassungslosigkeit („Das kann der Autor doch nicht ernst meinen“) hab ich Junktown in vollen Zügen genossen und kann es jedem, der vor dem einen oder anderen derben Wort nicht zurückschreckt, empfehlen.

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Zuerst – drückt bitte die große „DELETE“-Taste in Eurem Kopf. Vergesst alles, was Ihr über das Kinder machen wisst. Vergesst alles, was Ihr über das Kinder bekommen wisst. Vergesst alles, was mit Mensch sein zu tun hat. Löscht Euer Wissen und löst den Drang dagegen anzukämpfen. Sagt nicht, das geht nicht, sondern lasst ~ wenn Euer Kopf frei ist ~ diese Geschichte einfach mal wirken. „Soll der Staat ewig dauern, muss die Kontrolle es auch.“ Der Fall BM 17 ruft Inspektor Solomon Cain auf den Plan. Eine tote Mutter – nicht irgendeine, sondern Brutmutter 17,eine Gebärmaschine inklusive ihrer 600 Föten. Mutwillig beschädigt, zerstört, ermordet? Viel mehr als nur ein Kapitalverbrechen, ein Angriff gegen alle geltende Regeln, grausam, furchtbar – ähm, Moment einmal. Eine Brutmutter? So habe ich auch gestaunt, nach den ersten Seiten. Wo bin ich da gelandet? Was ist das für ein Ort? Ein Inspektor der unter Drogeneinfluss zu ermitteln beginnt und vom Kollegen mal eben so einen Schuss angeboten bekommt? Willkommen in Junktown!!! Dieser Roman ist sehr dystopisch. Irgendwann vor 25 oder 30 Jahren gab es wohl eine Revolte, ein Umsturz, wie auch immer man es nennen mag. Der neu gegründete Staat setzte alles auf Kontrolle und wer ließe sich besser kontrollieren als eigens dafür, im Laufe der Jahre immer mehr perfektionierte und selbst kreierte Humans. Menschenwesen, die so weit von einem selbstständigen Denken, Handeln und Hinterfragen entfernt sind, dass sie alles schlucken was der Staat vorgibt. Drogen in allen Varianten, solche die schöne Träume bescheren, solche die aufputschen oder runterfahren. Damit keiner mehr in die Versuchung kommt Fragen zu stellen und besonders diesen Staat in Frage stellt, gibt es eigene „Zuchtprogramme“ – Biotech sein Dank, oder auch nicht. Die Humanklassen von AAA bis D sind eine Stufe des Geistes- und Gesundheitszustandes. Wer nicht mehr funktioniert, was bei dem immensen Angebot kaum verwunderlich ist wird nicht einfach getötet – nein, hier in Junktown wird recycelt. Alles hat seine Ordnung, alles wird überwacht, alles kontrolliert, selbst der Tod. „Fragen führen zu Gerüchten, Gerüchte führen zu Nachforschungen, Nachforschungen zu Enthüllungen.“ Gehen wir mal wieder zum Ausgangspunkt zurück – der ermordeten Brutmutter und Inspektor Solomon Cain. Als Angehöriger der GEMAPO (Geheime Maschinenpolizei) hat er die Aufgabe den Mörder zu schnappen. Cain ist noch einer von den Alten. Er hat noch Erinnerungen an die Zeit davor und doch beugt er sich diesem von Staatswegen vorgegebenen Dauerrausch. Er lässt die regelmäßigen Kontrollen über sich ergehen und gibt doch in der Geschichte so nach und nach ein Stück von sich preis. Emotionen werden in Junktown nur durch Party machen gelebt – alles andere ist vorgegeben und nicht wirklich lustig. Wer will schon durch das Raster fallen, weil der Urintest gezeigt hat das man enthaltsam war? Die Hygienepolizei und das Sozialgericht warten – genauso wie der Recyclinghof. Cain ist die tragende Figur im gesamten Buch. Ihm zu folgen hat sehr großen Spaß gemacht auch wenn es immer wieder erstaunlich war, was es so alles in Junktown gibt. Ein Junkie als Ermittler? Ja, und zwar ein sehr guter. Cains Ermittlungen bringen Dinge ans Tageslicht die für manche gefährlich werden, vor allem für Cain selbst. Sein Stil zu ermitteln zeigt von seiner Intelligenz und auch der Umgang mit den Kollegen hat was. Es gab immer wieder Dialoge die mich schmunzeln ließen, aber auch sehr ernsthafte Unterhaltungen und Gedanken. „Er hatte ein paar Fäden in der Hand, aber um daraus etwas zu weben, das einer Lösung ähnelte, brauchte er mehr.“ „Junktown“ ist so eine abgedrehte Geschichte, aber kein Sience Fiction. Sie ist sehr dystopisch und kommt ohne Monster aus. Mir kam es vor wie ein Krimi in einer ganz anderen Welt. Genau deshalb auch mein Rat, das „normale“ und „logische“ einfach mal zu vergessen. Denn der Schreibstil zieht einen in diese Geschichte. Absolut locker und flüssig. Man rätselt mit, möchte immer mehr erfahren und wird in Gedanken ein Teil von Junktown. Da sind diese „Kleinigkeiten“, die mir so sehr imponierten. Die goldenen Stehlen, Mahndenkmäler derer, die sich den goldenen Schuss setzten und dadurch zu Helden wurden, riefen automatisch Assoziationen zu den Friedhöfen mit ihren hunderten Kreuzen hervor. Das Denkmal des unbekannten Drogentoten, die Rauschparteitage, Widerstandsgruppen, Menschen die sich durch Propaganda leiten und verleiten lassen. Gehirnwäsche und Unterdrückung durch Kontrolle, Gewalt und Überwachung. Bloß nicht aus der Reihe fallen ~ vielleicht interpretiere ich zu viel hinein, aber so zukunftsträchtig ist das alles gar nicht. Was mich „ärgerte“ war die Liste am Ende des Buches mit den Abkürzungen und Erklärungen. Dieses zu Anfang des Buches, hätte mir so manches rätseln erspart. Aber vieles kann man sich einfach ableiten und die bildhafte Darstellungen im Buch sind sehr gut. Ich muss es erwähnen – die Brutmutter – eine metallene, riesige Maschine, mit Kammern, Treppen, Rohren, Elektronik und technischem Schnickschnack, sie hatte es – das kleine aber feine, wichtige Teil das benötigt wird für das Kinder machen 😉 Jetzt könnte ihr nachdenken und grübeln – oder das Buch selber lesen. Ein sehr gelungenes Debüt, das mich durch diese so ganz andere Geschichte und Welt, der bildhaften Sprache und einem mehr als sympathischen Cain überzeugte. Rezension verfasst von © Kerstin

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Darum geht’s: Für die Bewohner von Junktown ist es Pflicht, ständig Drogen zu konsumieren. Umso wichtiger sind Maschinen, die die Arbeit erledigen. Diese Maschinenwesen sind gleichberechtigte Einwohner und deshalb wird es auch als Mord angesehen, als eine maschinelle „Brutmutter“ getötet wird und ihre 800 ungeborenen Kinder damit ebenfalls nicht überleben können. Solomon Cain, Inspektor der Geheimen Maschinenpolizei, wird mit den Ermittlungen beauftragt. So fand ich’s: Was für eine Welt, die Matthias Oden erschaffen hat. Auf den ersten Blick eine scheinbar traumhafte Zukunftsvision, in der es nicht nur legal ist, sämtliche Drogen zu konsumieren, sondern in der es sogar erwartet wird. Doch bei näherem Hinsehen erscheint das gar nicht mehr so paradiesisch und nicht umsonst sind alle scharf auf einen ABS, einen Abstinenzberechtigungsschein, der es einem erlaubt, mal für einen Tag auf Drogenkonsum zu verzichten. Neben den „Weichen“, den Menschen aus Fleisch und Blut, gibt es auch HMWs, die höheren Maschinenwesen, denen ein Sozialleben und eine Persönlichkeit zugesprochen werden. Und eine dieser HMWs, die mit 800 Föten schwangere Brutmutter BM17, wurde ermordet. Mit ganz viel Liebe zum Detail und gespickt mit Anspielungen auf Begriffe (früher) real existierender Gesellschaftssysteme (z. B. das Auto namens Tripbant) hat mich die dystopische Zukunftsvision von Matthias Oden begeistert. Es wurden ganz viele neue Begriffe erfunden, die zum Teil deutlich aussagten, was dahinter steckte, bei denen man aber auch teilweise mit seiner Fantasie alleingelassen wurde. Obwohl ich als Krimifan natürlich den Mordfall grundsätzlich für am wichtigsten halte, hätte ich doch noch gerne viel mehr über diese Welt erfahren. Man wird hineingeworfen und muss sich nach und nach die Informationen zusammen sammeln, während Solomon Cain versucht, den Mordfall aufzuklären. Und am Ende bekommt man doch nur einen oberflächlichen Einblick, der nicht alle meine Fragen zu dieser neuen Gesellschaftsform und wie es dazu kam, beantwortet hat. Cain ist ein alter Hase bei den Ermittlern, nach außen hin ein hoch angesehenes Mitglied der Gesellschaft, ein „Alter Kämpfer“ und Witwer einer „Goldenen Schützin“, die sich zur Ehre des Staates den goldenen Schuss gesetzt hat. Doch den Tod seiner Frau hat er nie verkraftet und rettet sich in einen Zynismus, der immer besser zu dem System passt, in dem er lebt, je mehr man hinter die Kulissen schaut. Cain fühlt sich zu alt und ist verbittert – und doch kann er es nicht lassen, den Mordfall ernst zu nehmen und sich mit all seinem Wissen und seiner Erfahrung zu engagieren. Der anfangs ganz eindeutige Mordfall wird immer undurchsichtiger, und je mehr Cain gräbt, desto mehr Widerstand wird ihm entgegengebracht. Matthias Oden schafft eine sehr ungewöhnliche Welt, die dicht gewebt und in sich schlüssig ist und setzt einen spannenden und intelligenten Kriminalfall hinein. In düsteren Bildern wird ein menschenverachtendes System gezeigt, in dem Cain versucht, über die Runden zu kommen und diesen Mordfall zu lösen. Manches wirkt auf den ersten Blick skurril, und doch bleibt einem oft genug das Schmunzeln im Hals stecken, wenn man Zeit hat, ein bisschen darüber nachzudenken, welches Zukunftsbild Oden da zeigt. Wer abseits vom 08/15 Krimi etwas durch und durch Ungewöhnliches lesen möchte und nicht vor einer düsteren Welt zurückschreckt, dem kann ich „Junktown“ nur wärmstens empfehlen.

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