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Rezensionen zu
Schuld, die nicht vergeht

Kurt Schrimm

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Als Staatsanwalt hatte Kurt Schrimm bereits „von Amts wegen“, den Auftrag, „gegen das Vergessen“ anzugehen und die Gräueltaten des dritten Reiches bis weit in die Gegenwart hinein unnachgiebig zu verfolgen. Gerade was die „zweite und dritte“ Reihe der Beteiligten angeht, gerade was jene betrifft, die sich selbst immer nur als „kleines Rad“ im großen Ganzen dargestellt haben, als reine „Befehlsempfänger“ ohne eigenen Handlungsspielraum. Was nicht stimmt. Schlicht und einfach. All die Wachleute, Aufseher, die „Verwerter“ jüdischen Eigentum und Besitzes, die „Todesbringer“, in lebendiger Sprache und ebenso, teils fast abenteuerlich zu lesenden, Ermittlungsberichten gibt dieses Buch einerseits Auskunft über die Ermittlungen, Verhaftungen und Verhandlungen an sich, zum andern aber ermöglicht Schrimm auch einen tiefen Blick in die innere Haltung solcher Menschen, die sich selbst im Gros anscheinend nichts vorzuwerfen zu haben glauben. Wie ebenso mehr und mehr dem Leser deutlich wird, dass hier einer schreibt, der nicht nur „von Amts wegen“ sich mit diesen Verbrechen beschäftigt hat, sondern auch eine Person mit klaren Überzeugungen, die durch seine Tätigkeit noch deutlich geschärft und gefestigt wurden. Sei es, was Josef Schwammberger angeht, ehemaliger Ghetto Kommandant in Przemsyl, 1987 erst nach akribischen Ermittlungen festgenommen, sei es von der „anderen Seite aus“ aus Sicht der Opfer, die dem Leser ebenfalls im Buch nahgebracht werden, denn die zentralen „Bausteine“ solcher Verhandlungen gegen NS-Verbrecher beruhten und beruhen zum größten Teil auf Zeugenaussagen. „Auf den Tagm dass sich ein offizieller Vertreter des deutschen Staates bei mir meldet und sich für das interessiert, was in jenen Tagen geschah, habe ich über 40 Jahre gewartet. Ich habe meine Geschichten meinen Kindern und Enkeln erzählt, aber das ist nicht dasselbe“. Ist es tatsächlich nicht und in Zeiten, in denen „völkisch“ und „abgrenzend“, gar „rassistisch bewertend“ wieder salonfähig zu werden scheint, ist dieses Werk ein wichtiger Baustein für jeden Leser, zumindest sich vor Augen zu halten, was damals aus solchen Haltungen heraus an Verbrechen, an inneren Einstellungen und an Leid erst möglich wurde. Gerade weil im Buch (nicht nur, was Josef Schwammberger angeht) ja tatsächlich nicht selten anzutreffen ist, dass so manche der Angeklagten vor dieser Zeit du nach dieser Zeit nicht zur drängenden Ausübung von Gewalt neigten (Ausnahmen bestätigen die Regel). So dienen die Verfahren nicht nur einem konkreten Verbrechen und dessen Verurteilung, sondern in Gänze einer Aufarbeitung auch der Frage, was für Rahmensetzungen wohl dazu führen, das „Schlechteste im Menschen“ ungestraft, gar gewollt, zu Tage treten zu lassen. Und da muss der Leser sich schon wappnen, denn nüchtern und sachlich im Stil macht Schrimm keinen Bogen um die authentische Darstellung brachialer Gewalt und herzloser Verbrechen. Wobei er im Übrigen auch die großen Misserfolge seiner Arbeit und seiner Ermittlungen nicht auslässt und damit beim Leser wiederum durchaus das schale Gefühl verstärkt, dass man selbst mit Dummdreistigkeit (oder gerade aufgrund derselben) um die eigene Verantwortung herumkommt. Ein bewegendes Buch, gerade aufgrund der nüchternen Darstellung verankern sich vielfache Bilder eindringlich beim Leser. Und ebenso verankert sich, Seite für Seite mehr, die Überzeugung Schrimms, solches als menschliche Gemeinschaft nicht durchgehen lassen zu dürfen, bis zur letzten Minute solcher Leben, um sich überhaupt menschliche Gemeinschaft nennen zu dürfen. Gerade weil keine der konkreten angeführten Personen überzeugend Reue empfunden zu haben scheint.

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