Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Leere Herzen

Juli Zeh

(25)
(15)
(3)
(0)
(1)
€ 20,00 [D] inkl. MwSt. | € 20,60 [A] | CHF 27,90* (* empf. VK-Preis)

Bewertung: 3,6/5 "In einer Welt, in der sich die, denen es am besten geht, am beschissensten fühlen, ist etwas grundverkehrt." (Leere Herzen S. 107) Inhalt Die Handlung dreht sich um die Protagonistin Britta, die in einem Deutschland der Zukunft einem ganz besonderen Job nachgeht... Im Jahr 2025 ist die Besorgte Bürger Bewegung an der Macht und schafft Stück für Stück die Demokratie ab. Die wenigsten kümmern sich großartig darum und noch weniger würden in Erwägung ziehen, etwas dagegen zu tun, wie z.B. wählen zu gehen. Es gibt ein bedingungsloses Grundeinkommen, sodass es kaum noch normale Angestellte gibt, sondern sich die meisten mit irgendwelchen Ideen selbstständig gemacht haben. Erfolgreich sein müssen sie ja damit nicht, was auch gut so ist, denn richtige Ziele hat kaum einer mehr. Die allgemein verbreitete Gleichgültigkeit lässt sich am besten mit den Worten von Brittas bester Freundin auszudrücken: "Ich genieße es in vollen Zügen, dass mich die allermeisten Dinge nichts angehen." (S. 155) Irgendwie bedrückend, denkt man sich da. Ja, nicht jeder kann das ganze so positiv sehen wie Brittas Freundin. Manche sind sogar so deprimiert, dass sie diesem Leben ein Ende setzen wollen. Da kommt Brittas Psychotherapiepraxis " Die Brücke" ins Spiel, die sie mit ihrem besten Freund Babak gegründet hat. Sie haben ein Programm für Selbstmordgefährdete entwickelt, welches auf der Konfrontationsmethode beruht und die allermeisten am Schluss doch von ihrem Plan abbringt und "geheilt" zurück in die Welt entlässt. Doch manche Teilnehmer lassen sich nicht belehren. Diese werden dann von Britta und Babak an Terrororganisationen vermittelt, um für einen höheren Zweck zu sterben. Ein ziemlich lukratives Geschäft. Doch dann passiert ein Terroranschlag, mit dem die Brücke nichts zu tun hat. Gibt es Konkurrenz auf dem Markt? Meine Meinung Leere Herzen ist mein zweiter Juli Zeh - Roman. Ich habe ihn direkt im Anschluss an ihren Bestseller Unterleuten gelesen. Was soll ich sagen, der Klappentext hat mich sofort fasziniert. Ich kann es nicht oft genug sagen, ich liebe skurrile und auch bedrückende Zukunftsvisionen und diese makabre Geschäftsidee fand ich einfach so originell, dass ich den Roman lesen musste. Man wird ziemlich schnell in die Handlung geworfen, erfährt, was Die Brücke ist und dann passiert auch schon der Terroranschlag, der Brittas solides Geschäft gehörig ins Wanken bringt. Der trockene, sehr sarkastische Schreibstil, mit dem Juli Zeh die Probleme unserer oftmals paradoxen Gesellschaft auf den Punkt bringt, hat mir sehr gut gefallen. Insgesamt ließ sich der Roman dadurch schnell und flüssig lesen. Die Entwicklung der Geschichte konnte mich dann jedoch nicht wirklich überzeugen. Was mit einer meiner Meinung nach sehr originellen und skurrilen Idee anfing, kam mir schnell überspitzt vor und wurde am Ende zu einer Moralpredigt. Die Aussage, die ich aus dem Buch mitnehme ist die, dass wir uns nicht über diese Welt beschweren können, wenn sie uns egal ist. Konkreter: Wer nicht wählen geht, ist selber Schuld. Keine schlechte Aussage, aber mir gefiel die Art einfach nicht, wie sie einem am Schluss eingetrichtert wird. Die Story, die an sich viel Potenzial für eine gute Gesellschaftskritik hat, wird so zu einem Märchen, das scheinbar nur auf die "Moral von der Geschicht" ausgelegt ist. Was wahrscheinlich ebenfalls dazu beigetragen hat, dass mir die Story mehr und mehr übertrieben und unglaubwürdig vorkam, waren die Charaktere. Eigentlich hat mir nur ein Charakter richtig gut gefallen und das ist Julietta. Eine junge Frau, die nicht mehr leben möchte. Warum, weiß man eigentlich nicht genau, denn sie scheint eigentlich ganz fröhlich zu sein. Das machte sie für mich unglaublich interessant. Britta hingegen steckt für mich voller Widersprüche und ist meiner Meinung nach ein ziemlich oberflächlicher Charakter. Die Geschichte wird aus ihrer Sicht erzählt und man soll als Leser durch sie am Ende, diese große Aussage verinnerlichen, obwohl ihr selbst eigentlich alles egal zu sein scheint, außer ihrer Firma. Ich konnte mit dieser Protagonistin einfach nicht warm werden. Natürlich soll sie kein sympathischer Charakter sein, das schließt ihr makabres skrupelloses Geschäft schon irgendwie aus, aber ich konnte ihre Art auch letztlich nicht mit der Aussage in Verbindung bringen. Das hat für mich irgendwie alles nicht gepasst. Der Roman hätte für mich schon genug Bedeutung gehabt, wenn man das Geschäft mit den Selbstmördern vor dem Hintergrund einer Welt, in der es sich nicht lohnt zu leben thematisiert. Die Moralpredigt von Britta, die selbst so wenig Werte zu besitzen scheint, war für mich einfach zu viel des Guten. Die Story hatte für mich einige interessante Details, die ich gerne etwas ausgeschmückter oder mehr in den Fokus gerückt gesehen hätte, nicht zuletzt der Charakter Julietta. Stattdessen wirkten diese unvollständig und schnell abgearbeitet, um am Ende auf eine übertriebene und meiner Meinung nach aus der Story nicht wirklich schlüssig hervorgehende Aussage hinzuführen. Fazit Leere Herzen ist alleine aufgrund der Idee eine spannende Gesellschaftskritik, von der ich jedoch mehr erwartet hätte. Die interessante Idee sowie der schöne Schreibstil mit einigen tollen Zitaten, die mir im Gedächtnis bleiben werden, machten diesen Roman für mich zwar schon lesenswert, die eher wenig authentischen Charaktere, sowie eine für meinen Geschmack überspitzte und in Bezug auf die Geschichte nicht ganz passende moralische Aussage, dämpften den Lesegenuss für mich jedoch letztendlich etwas. Unterleuten hat mir deutlich besser gefallen.

Lesen Sie weiter

LEERE HERZEN. JULI ZEH.

Von: Bücherkompass

17.01.2018

'Leere Herzen‘ ist Politthriller und Dystopie in einem und vereint (Alt-)Bekanntes mit Neuem. In ihrem Werk lässt Juli Zeh eine Partei an die Macht kommen, die die Lage in Deutschland beträchtlich verändern soll. So ändern sich beispielsweise gesellschaftlich verbreitete Vorstellungen von Moral derart, dass es Britta Söldner und ihrem Geschäftspartner Babak Hamwi möglich ist eine Praxis für potenzielle Selbstmordattentäter zu führen. Unter dem Deckmantel einer psychotherapeutischen Praxis akquirieren die beiden Selbstmordgefährdete und verdienen damit gutes Geld. Nebenbei führt Britta ein gesittetes Familienleben, das für sie jedoch kaum Priorität besitzt. Ihr Fokus liegt auf der Ausbildung der Kandidaten, auf der Akquise weiterer Attentäter und auf der Erhaltung ihrer Geschäftsbeziehungen. Bei allem was sie beruflich beschäftigt merkt Britta nicht, wie sie langsam aber merklich den Halt verliert. Als ihr Mann eines abends verkündet er wolle nun das Geld für die Familie verdienen ist sie geschockt. Wie kann er sie ihrer Position berauben wollen und zugleich behaupten, dass es zu ihrem Besten sei und das auch noch zum denkbar unpassendsten Zeitpunkt. ‚Leere Herzen‘ entwirft ein erschreckendes, wenn auch nicht allzu abstruses Bild von der Zukunft unserer Gesellschaft, in der sich die Moral hinten anzustellen hat. Denn welche Bedeutung hat ein Leben in einer Welt, in der moralische Grundsätze tagtäglich beiseite geschoben werden, um wichtigeren Dingen Platz zu machen? Auch wenn ich so meine Schwierigkeiten hatte eine Verbindung zu den Protagonisten des Romans aufzubauen und mich das Buch entsprechend nicht ganz mitreißen konnte, ist ‚Leere Herzen’ ein gut geschriebener Roman, der dem Lesenden nur allzu deutlich Augen führt was in einer Gesellschaft, in der das Leben des Einzelnen scheinbar seinen Wert eingebüßt hat alles möglich wird.

Lesen Sie weiter

Der aktuelle Roman von Juli Zeh beschäftigt sich vor allem mit der politischen Situation Deutschlands im Jahr 2025. Das neue Staatsoberhaupt ist Regula Freyer, die der besorgten Bürgerbewegung (BBB) angehört. Obwohl viele Bürger mit Frau Freyers politischem Handeln nicht einverstanden sind und durch ihre Aktionen eher noch besorgter werden, schaffen sie es nicht ihre politische Lethargie zu überwinden. Somit sind immer neue, sogenannte Effizienzpakete die die demokratischen Werte nach und nach unterwandern, die Folge. In dieser Zeit lebt Britta zusammen mit ihrer Familie in Braunschweig. Gemeinsam mit einem Freund aus Studientagen führt sie eine Heilpraxis mit dem Namen „Brücke“. Britta und ihr Bekannter Babak haben sich auf suizidgefährdete Menschen „spezialisiert“. Vordergründig möchten sie den Betroffenen natürlich helfen und mit ihnen alternative Handlungsstrategien erarbeiten. Ihre wahre Absicht hingegen ist eigentlich die Rekrutierung von Selbstmordattentäter für verschiedene Gruppierungen. Mit ihrem ungewöhnlichen Geschäftsmodell ist es ihnen nicht nur gelungen sich am Markt zu etablieren sondern auch ihren Lebensunterhalt mehr als nur zu sichern. Doch mit einem Mal erscheint von einem Tag auf den anderen ernstzunehmende Konkurrenz auf der Bildfläche. Und plötzlich werden nicht nur die Grundsätze der „Brücke“, sondern auch Brittas gesamtes Leben in Frage gestellt. Auf den ersten Blick vermutet ein Juli Zeh Anhänger möglicherweise, dass ihr aktuelles Buch ganz neue Genres bedient. Handelt es sich um „Leere Herzen“ doch um eine Dystopie bzw. um einen Politthriller. Aber bei genauerer Betrachtung ist auch diese Geschichte ein gesellschaftskritischer Roman mit einem „bedrohlichen“ Bezug zur Realität. An einigen Textstellen musste ich kurz innehalten um über unsere aktuelle politische Situation nachzudenken. Sind wir vielleicht auch gerade dabei uns zu einer Gesellschaft zu entwickeln, der Ungerechtigkeit und Missstände egal sind, solange man sich selbst in einem gesicherten Wohlstand befindet? Wird keiner mehr etwas sagen, wenn einzelne Person oder Personengruppen denunziert werden? Werden möglicherweise die hart erkämpften demokratischen Werte klammheimlich abgeschafft und es interessiert niemanden? Juli Zehs Geschichte hat mich auf jeden Fall wieder etwas wach gerüttelt. Man sollte die gesellschaftlichen Geschehnisse mehr hinterfragen und für Werte aktiv eintreten, die einem wichtig sind. Fazit: Ein spannender Roman mit erschreckend, aktuellen Aspekten, der an den Leser appelliert für demokratische Grundwerte einzustehen.

Lesen Sie weiter

Babak und Britta führen ein Unternehmen, das Selbstmörder sucht: entweder, um sie vom Selbstmord abzuhalten oder um sie zu Selbstmordattentätern zu machen. Sie verkaufen die Kandidaten an die entsprechenden Organisationen, weshalb Attentate nur noch perfekt, aber seltener stattfinden. Die Geschichte spielt in naher Zukunft, an der Regierung ist eine Partei, die nach und nach die Grundrechte einschränkt und abschafft. Britta ist desillusioniert. Sie ist verheiratet, hat Freunde, ein Kind, ihr Mann scheint plötzlich Erfolg mit seinem Unternehmen zu haben, oder doch nicht? Dann taucht auch noch Julietta auf – die erste Frau, die ein Selbstmordattentat begehen will – und plötzlich sprengen sich am Leipziger Flughafen zwei junge Männer in die Luft – und niemand weiß warum. Doch sie waren mal in Brittas und Babaks Firma und natürlich noch in ihrer Kundendatei … Die Geschichte überrascht inhaltlich an vielen Stellen. Sie wirkt kühl, weil Britta versucht, so kühl zu sein, um nicht unterzugehen. Doch dadurch wirkt das Buch insgesamt recht kühl, linear, zielstrebig, ohne aber am Ende tatsächlich einem Ende, einer Überraschung, einem Highlight entgegen zu streben. Das Ende bleibt diffus, undeutlich. Während die anfänglichen (im Text als nicht besonders gut versteckte Belehrungen) Warnungen Brittas vor einem Rechtsruck noch zeigen, wie sehr die Menschen sich treiben lassen, wenn sie ein Gefühl der Ohnmacht haben bzw. wenn sie keine ausreichenden Informationen besitzen, driftet der Roman in der zweiten Hälfte ins Unwirkliche ab. Der erste Teil wird von den Belehrungen (bzw. Warnungen) dominiert, der zweite von Aktionismus, beides überzeugt nicht wirklich. Trotzdem kann man das Buch gut lesen, es bleibt aber ein Gefühl, dass da noch was fehlt.

Lesen Sie weiter

Juli Zeh hat sich das wohl furchterregendste aller Szenarien herausgesucht – jenes der nahen Zukunft. Wo hört die Dystopie auf, wo fängt die mögliche Realität an? „Leere Herzen“ spielt 2025 in Deutschland. Nach Angela Merkels Rücktritt hat die BBB (Besorgte Bürger Bewegung) die Regierung übernommen. Es gibt das Bedingungslose Grundeinkommen, Europa steht kurz vor der Auflösung, demokratische Grundrechte werden kaum merklich „vereinfacht“. Ehemalige Großstadthipster betreiben gepflegten Eskapismus und strömen in die überschaubaren Mittelstädte. Es sind zynische Nichtwähler wie Britta, jeglicher Illusion beraubt. Nur dass Britta daraus Kapital schlägt. Ihre Psychotherapiepraxis „Die Brücke“ filtert das Internet nach suizidgefährdeten Personen. Durchlaufen diese 12 Stadien ohne geheilt zu werden, werden sie an Organisationen vermittelt, die Selbstmordattentäter gebrauchen können – von Islamisten bis Umweltaktivisten. Britta, Ehefrau und Mutter mit sauberem Betonklotzhäuschen in Braunschweig, hat mit ihrem Doppelleben kein Problem. Bis eine vermeintliche Konkurrenzfirma namens „Empty Hearts“ auf den Markt drängt und ihr eigenes Leben bedroht wird. Keine Frage, die studierte Juristin und vielfache Literaturpreisträgerin Juli Zeh weiß mit ihrer Prosa zu spalten und zum Nachdenken anzuregen. In ihrem Vorgänger „Unterleuten“ stellte sie ein Panoptikum der Gesellschaft in Form eines brandenburgischen Dorfes dar. Hier holt sie zu weitaus größerem Wurf aus. Sie setzt der Gesellschaft einen Spiegel vor, greift aktuelle politische Ereignisse auf, stellt Grundwerte wie Demokratie, Engagement und Werte auf den Prüfstand. „Da. So seid ihr“, steht anstelle einer Widmung zu Beginn der Geschichte. Wie immer gestaltet sich die Suche nach einem Sympathieträger in Juli Zehs Prosa sehr schwierig. Die abgeklärte Britta, die ein Geschäft mit dem Tod betreibt, Ordnung über alles liebt, ist von sich und der Natur entfremdet. Sie ekelt sich vor Staub, Schmutz und allem, was organisch ist. Über Politik will sie nicht diskutieren. Gemeinsam mit ihrem schwulen und einst selbstmordgefährdeten Freund Babak, betreibt sie ihre Agentur, mit der sie so gut verdient, dass sie ihren Mann damit unterhalten kann. Dieser befindet sich in der schwierigen Startup-Phase seines Unternehmens, insgeheim zweifelt sie an seinen Fähigkeiten. Ihre besten Freunde sind ausgerechnet ein Künstlerehepaar, das nicht viel verdient und von einem baufälligen Häuschen auf dem Land träumt. Was hält diese Freundschaft zusammen, abgesehen von den gleichaltrigen Töchtern? Ist es, weil Britta Leute braucht, auf die sie heimlich herabschauen kann? Oder erinnert die Janina Britta an etwas, was sie vor langer Zeit verloren hat? Im Verlauf der Plots bekommt Brittas fast schon roboterhaft anmutende Fassade Risse. Da stürmt Julietta in ihr Leben, die sich als freiwillige Selbstmordattentäterin für den Tierschutz bewerben möchte und Britta vor Augen hält, wie es ist, für Ideale zu brennen. Zu dritt begeben sie sich auf die Flucht, nachdem ihre sensiblen Computerdaten geklaut und sie von einem esoterisch angehauchten Multimillionär bedroht werden. Ihr Geheimversteck befindet sich auf dem Land, wo Britta ohne Internet, Fernsehen und Ablenkung auf sich selbst zurückgeworfen wird. „Das beliebte Gesellschafsspiel namens Stress, bei dem es darum geht, einen Tag so geschickt zu packen wie einen Koffer, damit möglichst viel hineinpasst, ist für sie einstweilen beendet.“ Britta entdeckt, dass sie längst nicht so nihilistisch eingestellt ist, wie geglaubt. Sie weiß noch, was Gut und Böse ist. Und so fällt sie am Ende eine Entscheidung, die zur Rettung der Demokratie beitragen kann. Juli Zehs Sprache ist schlicht und doch einprägsam, passend zur desillusionierten Gesellschaft des Plots. Ob ihr entworfenes Szenario nun in den Bereich der Sciencefiction oder in den Bereich der möglichen Dystopie fällt, daran mögen sich die Geister scheiden. Voll uns Boot holt uns Juli Zeh mit Szenen aus dem Alltagsleben, die den Leser dazu drängen, eigene Werte in Frage zu stellen. Einprägsam ist eine Szene auf dem Spielplatz. Ein dicker Junge, den Brittas Tochter nicht mitspielen lassen will, zerstört aus Ärger die gebaute Sandburg. Britta rät ihrer Tochter ohne zu zögern: „Hau ihm eine!“. Als sich die Mutter des Jungen über Brittas Erziehungsmethoden beschwert, entgegnet diese: „Soll ich sie so erziehen, dass sie später stillhält, wenn sie vergewaltigt wird?“. Oder tatenlos zusieht, während andere vor ihren Augen zusammengeschlagen werden? Wer dem Leben ausweicht und nichts tut, leiste keinen wertvollen Beitrag für die Welt, konstatiert Britta. Wobei ihr erst später bewusst wird, dass sie selbst ebenfalls tatenlos ihre Wertvorstellungen verraten hat. Juli Zehs Roman kratzt beim Lesen. Weil er am Schutzpanzer unseres täglichen Eskapismus reibt, zerrt, drückt. Es ist leicht, dem Weltgeschehen den Rücken zu kehren und sich von Unterhaltungsshows berieseln zu lassen. Es ist bequem, Veganer zu belächeln, den eigenen Hund zu streicheln und herzhaft ins Steak zu beißen. Es ist blauäugig zu denken, die eigene Nichtwahl würde ein politisches Statement setzen. Wohin dies auf demokratischem, gesellschaftlichem und radikalem Weg führen kann, davon berichtet Juli Zeh. Ihr Roman ist ein hochaktuelles, hochbrisantes und besonders wichtiges Stück zeitgenössischer Literatur. Unbedingt lesenswert!

Lesen Sie weiter

In „Leere Herzen“ beschreibt Juli Zeh eine mögliche Zukunft. Eine Welt, die zynisch ist und in der der große Berlinhype dazu geführt hat, dass alle in farblose Kleinstädte ziehen. Auch Britta hat das getan und mit ihrem Geschäftspartner Babak mit der „Brücke“ ein Unternehmen gegründet, das auf den ersten Blick wie eine Therapieeinrichtung für Suizidgefährdete wirkt, in Wahrheit aber einen völlig neuen Geschäftszweig für sich entdeckt hat. Doch genau darf das niemand wissen, denn das Geschäft mit dem Tod ist gefährlich. Plötzlich scheint jemand ihre Geschäftsidee kapern zu wollen und Britta und Babak müssen zu ungewohnten Maßnahmen greifen, denn auch ihr eigenes Leben ist plötzlich bedroht. Juli Zeh hat zuletzt mit ihrem Gesellschaftsroman „Unterleuten“ uneingeschränkt überzeugt. Ihr neuer Roman „Leere Herzen“ setzt jetzt an einer ganz anderen Stelle an, es ist ein Zukunftsroman, der eine von vielen Möglichkeiten durchspielt, wie die Welt sich entwickeln könnte. Und es ist für mich ein sehr glaubwürdiges Szenario, das sie packend beschreibt. Als Leser ist man sofort gespannt auf diese Welt, auch wenn sie einen gruselt. Denn es ist eine kalte und zynische Welt ohne Mitgefühl, die Juli Zeh hier erschaffen hat. Es bleibt zu hoffen, dass wir diese Entwicklung noch abwenden können, denn folgt man dem Gedankengang der Autorin, sind wir auf dem direkten Weg in die dieses Szenario. „Leere Herzen“ ist keine unwahrscheinliche Science-Fiction-Idee, sondern die Realität, die uns allen blüht, wenn es einfach weitergeht wie bisher. Lediglich die Figuren bleiben mir etwas zu blass, da hätte ich mir noch mehr Informationen gewünscht, um einen guten Zugang zu finden. In ihrem Roman „Leere Herzen“ schafft Juli Zeh eine beängstigende Aussicht auf die Zukunft, spannend und packend realistisch, so dass man das Buch nur schwer aus der Hand legen kann, wenn man erst einmal in die Zukunft eingetaucht ist.

Lesen Sie weiter

Düstere Zukunftsprognose

Von: Manuela Kühn aus Gräfenhain

13.12.2017

Der postmoderne Roman "Leere Herzen" von Juli Zeh erschien im Herbst 2017 im Luchterhand Literaturverlag und umfasst 348 Seiten. Die Autorin beschreibt eine düstere Zukunftsversion von Deutschland, indem sie den Leser ein paar Wochen am Leben von Britta teilhaben lässt. Diese laut eigenen Aussagen desillusionierte junge Frau unterhält im praktischen Eigenheim lebend eine kleine Familie und betreibt oberflächlich betrachtet mit ihrem Geschäftspartner Babak eine Praxis für Psychotherapie. Genauer betrachtet geht ihre Geschäftsidee jedoch weit über ein normales Beratungssetting hinaus, was die beiden in existenzielle Bedrängnis bringt. Der Konflikt eskaliert und Britta muss gemeinsam mit Babak abtauchen. Nur durch einen fulminanten Schachzug gelingt es ihnen, dem Geschehen noch eine entscheidende Wendung zu geben. Mir persönlich hat der Roman sehr gut gefallen. Durch die Wahl der auktorialen Erzählperspektive kann der Leser tiefe Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonistin erhalten, bekommt aber auch zu den Ereignissen nur häppchenweise weitere Infos, die wirklich mitfiebern lassen. Zudem waren sie für mich Zugang zu einer unglaublich bedrückenden Zukunftsvision unseres Landes und den darin vorherrschenden Verhältnissen. Daher gehe ich davon aus, dass der Roman als eine Warnung zu verstehen ist. Es ist der Autorin sehr gut gelungen, den handelnden Personenkreis auf ein Minimum zu reduzieren, die Darsteller dafür aber umso detaillierter zu skizzieren. Hierzu nutzt sie einige Rückblenden. Zahlreiche innere Monologe gewähren Einblicke in Brittas Gedankengängen, ohne dass die Handlung dadurch an Spannung verlieren würde. Der Titel wird gleich auf den ersten Seiten des Romans in Beziehung zum Buch gesetzt und zieht sich dann wie ein roter Faden durch das Geschehen. Auch die minimalistische Gestaltung des Covers wird nach wenigen Seiten verständlich und als Thema ganz am Ende noch einmal aufgegriffen. Empfehlen kann ich diesen Roman all denen, die gerne einen Blick in die Zukunft wagen und bereit sind, sich mit gesellschaftlichen Problemen auseinanderzusetzen. Ein herzlicher Dank geht an den Luchterhand Literaturverlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Lesen Sie weiter

INHALT: Britta Söldner führt mit ihrem Freund und Geschäftspartner Babak in Braunschweig eine psychotherapeutische Heilpraxis namens *Die Brücke* , die darauf spezialisiert ist selbstmordgefährdete Patienten aus dem Internet zu fischen, zu begleiten und bietet Hilfe an. Wenn die Patienten verschiedene Therapien durchlaufen haben und von ihrer Selbstmordabsicht nicht abzubringen sind , vermittelt *Die Brücke* mehr oder weniger illegal diese Patienten an unterschiedliche Terror Organisationen weiter,,,, MEINE MEINUNG: Schon beim Schreiben dieser kleinen, obigen Inhaltsangabe stellen sich mir wieder die Haare zu Berge. Juli Zeh hat einen dystopisch angehauchten, gesellschaftskritischen Thriller geschrieben , der den Leser fesselt, bestürzt und vom Thema hoffentlich nicht unsere Zukunft sein wird. Ich war ein wenig überrascht von ihrem Schreibstil, der nicht unbedingt an die Genialität ihrer vorigen Werke erinnert, sondern eher an eine *Normale Thriller Autorin*. Aber genau diese Möglichkeit verschiedene Facetten des Schreibens aufzuzeigen, zeichnet eine grosse Schriftstellerin aus. Man fliegt durch diese spannende Geschichte , genießt viele Metaphern, wie zum Beispiel den Namen Britta SÖLDNER, eine Söldnerin der neuen Zeit in naher Zukunft, die von Informations Monitoren an den Verkehrsampeln geprägt ist, von der BBB ( besorgte - Bürger-Bewegung ) , einem Überwachungsstaat mit heimlichem, schrittweisen Abbau der Demokratie. Es gibt viel Privatleben in dieser fiktiven Gesellschaft, politisches Desinteresse der Bevölkerung und Kinder versinken in einer Welt von Baller-Spielen. Sie fügt geschickt Politiker wie Trump und Merkel beiläufig in ihren Roman ein und gibt ihm damit eine aktuelle Note. Mein Fazit über die Botschaft der Autorin dieser Geschichte , welches ich erlesen habe und die von Juli Zeh ein wenig zu offensichtlich und mit leichtem Vorwurf in die Buchwelt geschickt wird: Geht bitte wählen, schützt Eure Demokratie , sonst kann Euch ein ähnliches Geschehen wie im Buch drohen. Meine Wertung : FÜNF ***** STERNE Herzlichen Dank an die Autorin und die Random House Group für dieses Rezensionsexemplar!

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.