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Rezensionen zu
Der Club der Nobelpreisträger

Michael Kröher

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Der im Titel erwähnte „Club“ könnte durchaus, liest man sich langsam in das Werk ein, eine doppeldeutige Bedeutung in sich tragen. Denn so, wie sich im Buch in einem konkreten Haus Nobelpreisträger „die Klinke in die Hand geben“, könnte das wie ein intimer Club verstanden werden, zum einen. Wenn da nicht, auch dies legt Kröher verständlich zu lesen vor die Augen, die persönlichen Eitelkeiten, der Ehrgeiz des einzelnen und die Suche nach mehr an Aufmerksamkeit, Veröffentlichungen und (noch) besseren Stellen an Forschungsinstituten und Universitäten einen solchen Club im Sinne eines Vereins eher unwahrscheinlich machen. Zum andere wirkt das „Adolf Harnack Haus“, in dem die „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft“ (KWG) 1929 gegründet wurde und ihren „Stammsitz“ einnahm von der Anlage der Räume, der Angebote und des regen Lebens im Haus her wie ein traditioneller „englischer Club“. Und das trifft es dann auch eher. Als Begegnungsstätte von Wissenschaftlern mit Weltrang untereinander, im Austausch mit „der Gesellschaft“, als Lern- und Diskussionsort, aber auch als Ort, an dem Hitler nicht nur als „Bild über dem Kamin“ hing, sondern dessen Räume er durchaus hier und da für Empfänge und Veranstaltungen nutzte (wie ein hoher Teil seiner Entourage), als Treffpunkt der „High Society“ der damaligen Zeit in Form von „Wirtschaftskapitänen“ und Kulturschaffenden aller Couleur hat das Haus, nach dem weltweit anerkannten Kirchengeschichtler Adolf von Harnack benannt, eine nicht unerhebliche Bedeutung in der Geistesgeschichte Deutschlands. Bis dahin übrigens, dass die „Mittwochsgesellschaft“ als Treffpunkt des intellektuellen gesellschaftlichen Austausches 1996 von Richard von Weizsäcker neu ins Leben gerufen wurde und bis in die Gegenwart hinein Ort der „neuen Gedanken und der ausgetauschten Gedanken“ ist. Was alleine bei der Eröffnung 1929 (Stresemann, Friedensnobelpreisträger hält eine der meist beachteten Festreden) an Rang und Namen zusammenkommt und sich in den weiteren Jahren auf Kongressen und Symposien dem Gespräch stellt, klingt wie eine „Welt-Liga“ der großen Geister. Von Planck bis Einstein, von Heisenberg bis Lise Meitner, von Walter Nerst bis Robert Millikan. Was den Untertitel des Buches angeht, die „Neuerfindung des 20. Jahrhunderts“, so könnte man während der Lektüre im engeren Sinne fast an drei „Neuerfindungen“ denken. Zum einend die Gründung des Hauses in der Tradition amerikanischer Eliteinstitute. Zum zweiten die (nicht immer rühmliche, manchmal aber sehr entscheidende) Rolle derer, die sich dort ein stückweit „zu Hause fühlten“ während des dritten Reiches und zum Dritten der Angang, nachdem die Welt in Schutte und Asche lag, auch geisteswissenschaftlich die Gesellschaft „neu zu denken“ und durch internationalen Austausch starke Ressentiments langsam, aber sich wieder in kooperative Bahnen zu lenken. Dass Werner Heisenberg und Otto Hahn wohl ziemlich bewusst es zu verhindern verstanden, dass das dritte Reich sich ihrer Experimente mit Uran bemächtigte, dass ein jüdischer Mitwirkende bis fast zu m Ende des dritten Reiches hin über die Arbeit an und um das Adolf Harnack Haus sich völlig frei „in der Welt“ bewegen konnte, dass Teile des „Widerstandes“ im Haus ansässig waren (und einige davon mit dem Leben bezahlten), das ist die eine Seite dessen, was Kröher in ruhigem, sachlichen, eher dokumentarisch zu nennenden Ton dem Leser nahe bringt. Wie auf der anderen Seite „kaum gemuckt“ wurde, wenn wertgeschätzte Kollegen und Kolleginnen als „Juden“ quasi aus dem Wissenschaftsbetrieb entsorgt wurden, dann kommt auch das menschlich allzu menschliche in den Blick des Autors und des Lesers, wo auch bei nicht wenigen der „geistigen Höhenfliegern“ emotional eher kleingeistig und egozentrisch gedacht und gehandelt wurde. Und doch gilt in der Gesamtbetrachtung des Einflusses des Hauses auf jeden Fall: „Das neue Denken fördert unideologische Haltungen und ist Vorbild auch für andere, weniger forschungsorientierte gesellschaftliche Gruppen….Bei jenen Mitgliedern der Dahlemer Forscherkolonie, bei jenen Gästen und Betreibern des Harnack-Hauses….entsteht daraus das Gefühl einer direkt erlebbaren (liberalen) Wertegemeinschaft“. Umfassend bietet Köhrner dabei Episoden und Geschichten, Anekdoten und Denklinien, Verweise auf Kongresse, kleinere Treffen und politische Haltungen (und Einflüsse derselben auf die „Außenwelt“), die dem Leser ein breites Bild der wechselhaften Haltungen und Ereignisse um diese intellektuelle Institution herum bietet. Eine auf jeden Fall lesenswerte Lektüre, die Hintergründe zum Denken und Handeln in der Zeit nahebringt. Denn letztlich sind es nicht die „Ehrungen“ oder die „Festansprachen“ honoriger Männer und Frauen, welche die Geschichte des Hauses ausmachen, sondern die fundamentalen Ideengerüste, Forschungen und Erkenntnisse derer, die das Haus mit Leben füllten und damit das Leben aus dem Haus in die Gesellschaft mit hineintrugen.

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