Buchhandlung Jost GmbH
Von:
Tobias Wrany
aus Bonn
10.06.2016
Durch die Teilnahme an den Qualifikationen für EM und WM mit einer eigenen Fußballnationalmannschaft laufen die Färöer-Inseln inzwischen zwar auf einer etwas höheren Aufmerksamkeitsstufe, als San Marino oder Andorra; als Krimischauplatz sind sie dagegen noch immer relatives Neuland - insofern kann "Das Walmesser" schon einmal einen Punkt für sich verbuchen, zudem C.R. Neilson das Land und seine raue, aber romantische Natur, nebst seinen ebenso eigenständigen, wie eigenwilligen Bewohnern ausführlich vorstellt. Und in der zweiten Hälfte hat er auch eine Krimigeschichte, die Spannung und Dramatik in sich vereint und mit einigen prägnant gezeichneten Nebenfiguren aufwartet. Bis dahin zieht sich das Geschehen allerdings manchmal etwas dahin, was allerdings folgerichtig zur Mentalität der Hauptfigur passt, die bedrückt von vergangener Schuld und befeuert von gegenwärtigem Alkohol, etwas ziellos durch sein neues Leben treibt. Weniger nachvollziehbar ist jedoch der Anfang des Buches, der auf den ersten vierzig Seiten (die fatalerweise gemeinhin gerne zum Probelesen genutzt werden) mit überzogenen Formulierungen und einem Überschwang an Adjektiven den Eindruck erwecken, der Autor wolle dem Stil klassischer Noir-Novellen nacheifern - das Ergebnis hätte allerdings selbst einen Groschenroman zum spontanen Selbstrecycling animiert.