Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Ich bin niemand

Patrick Flanery

(0)
(1)
(3)
(2)
(1)
€ 10,99 [D] inkl. MwSt. | € 10,99 [A] | CHF 16,00* (* empf. VK-Preis)

"Ich bin Niemand"

Von: Liesa

30.07.2017

Jeremy O’Keefe ist Geschichtsprofessor im College und kehrt, nachdem er ein Jahrzehnt in Oxford gelehrt hat, zurück in seine Heimat New York und versucht dort wieder Fuß zu fassen. Schon bevor er nach Oxford ging war er geschieden, hat allerdings eine sehr erfolgreiche Tochter, zu der er auch ein sehr gutes Verhältnis hat, trotzdem er ihre Jugend über nicht wirklich für sie da war, da er auf der anderen Seite des Atlantiks lebte. So richtig kommt Jeremy in New York allerdings nicht an, zu seinen alten Freunden hat er kaum noch Kontakt und es fällt ihm schwer, neue Bekanntschaften zu knüpfen. Nachdem er auf eine Verabredung wartete, bei der erst hinterher realisierte, dass er sie angeblich nur wenige Stunden zuvor abgesagt hat, beginnt Jeremy sein Gedächtnis zu hinterfragen. Dann erreichen ihn auch noch mysteriöse Pakete ohne Absender, in denen seitenweise Informationen über sämtliche seiner Online- und Telefonaktivitäten verzeichnet sind, die noch aus seiner Zeit in Oxford stammen. Spätestens jetzt wird im klar: Er wird beobachtet. Immer wieder fragt Jeremy sich, warum er beobachtet wird und schlägt dabei auch immer wieder Brücken zu seiner Zeit in Oxford. Dadurch gibt es etliche gedankliche Zeitsprünge in die Vergangenheit, die mal mehr und mal weniger interessant sind und insgesamt viel zu ausschweifend und detailliert vom Protagonisten wiedergegeben und auseinandergepflückt werden. Generell werden viele Episoden aus Jeremys Leben nach meinem Geschmack viel zu ausführlich erzählt, zumal einige davon auch einfach nur unendlich langweilig und belanglos sind. Erst in der zweiten Hälfte des Buches wird es zumindest ein wenig spannender, was die Ausflüge in seine Oxford-Zeit angeht, aber auch hier wird einfach zu viel geschwafelt. „Ich bin Niemand“ setzt sich mit vielen Themen auseinander, es geht nicht nur um die staatliche Beobachtung und Überwachung, der der Protagonist sich ausgesetzt sieht, sondern auch um Terrorismus, Karriere, Familie und in gewisser Weise auch Heimatlosigkeit, denn weder Oxford wird je zu Jeremys Zuhause, noch fühlt er sich wirklich heimisch und wohl, als er wieder in New York landet. Das Augenmerk des Romans liegt aber definitiv auf hochaktuellen Thematiken wie Datenschutz und staatlicher Observation, allerdings nähert sich der Roman diesen Themen in meinen Augen einfach zu eindimensional und langatmig – Jeremys Gedanken wiederholen sich ständig und er hat die längsten inneren Monologe, die man sich nur ausmalen kann. Nicht immer waren diese langweilig, aber dennoch vermochten es die wenigsten seiner Monologe, mich wirklich ans Buch und an die Geschichte zu fesseln – leider. An jeder Stelle spürt man, wie sehr Jeremy mit dem, was ihm widerfährt, zu kämpfen hat, wie er es nicht versteht und trotzdem immerzu versucht, logische Schlüsse aus dem Ganzen zu ziehen. Trotzdem wir so viel an seinen Gedanken und Gefühlen teilhaben durften, blieb mir Jeremy sehr fern. Er hatte nichts wirklich falsches getan, aber ich konnte dennoch keinerlei Mitgefühl für ihn entwickeln und er war mir auch nicht sympathisch, wobei ich nicht wirklich sagen kann, woran genau das lag. Vielleicht war es der akademische und teilweise fast schon emotionslose Tonfall, in dem er sein Leben schilderte, vielleicht war mir aber auch seine Persönlichkeit generell zu farblos. „Ich bin Niemand“ setzt sich mit einem hochinteressanten Thema auseinander, wird diesem aber in seiner Umsetzung keinesfalls gerecht. Das Buch bietet nur gelegentlich so etwas wie einen Spannungsbogen und verrennt sich in zu ausgeschmückten und langatmigen Erzählungen über Belanglosigkeiten. Sprachlich hat dieses Buch zwar eine Menge zu bieten, die Handlung entfaltet sich aber kaum und bietet keine überraschenden Höhepunkte oder Wendungen. Ich hatte mir definitiv mehr erhofft. 3/5

Lesen Sie weiter

Kennt ihr das auch? Ihr seid auf einer Party, Geburtstag, Empfang oder einfach auf einem offiziellen gesellschaftlichen Ereignis. Dort trefft ihr eine gepflegte, nett aussehende, distinguierte Person. Ihr kommt ins Gespräch, das vom Thema her sehr anregend ist, aber bald könnt ihr eurem Gegenüber nicht mehr zuhören. Warum? Das Thema ist nicht langweilig, die Worte fließen geschmackvoll und eloquent. Aber ihr könnt Euch nicht des Eindruckes erwehren, dass ihr jetzt sofort einen Grund braucht um zu verschwinden. Sofort. Vielleicht müsst ihr dringend in der Nase bohren, die Hände waschen? Gequält versucht ihr, elegant die Kurve zu bekommen, doch euer Gegenüber merkt eure Qual nicht. Die Redeflut erreicht ihren Höchststand (falls man davon sprechen kann) und ihr wisst schon gar nicht mehr, um was es geht und registriert auch gar nicht mehr, was das Gegenüber noch sagt. Ja? Kennt ihr? Stellt euch das Ganze gedruckt vor, dann habt ihr den Roman Ich bin Niemand von Patrick Flanery in der Hand. Auch hier ist das Thema interessant. Es geht um die allgegenwärtigen Überwachungsszenarien. Ein Professor, der jüngst aus Oxford zurück in die Staaten kommt, bemerkt, dass er anscheinend eine Mail an eine Studentin geschickt hat, bei der um die Verschiebung eines Termins bat, an die er sich nicht erinnern kann. Auch die Bestätigung der Verschiebung, an seinen E-Mail Account geschickt, liest er erst, als die Studentin nicht zu dem Treffpunkt erscheint. Der komplette Roman ist aus der Sicht dieses Professors geschrieben. Tief taucht der Leser in dessen Gedanken ein und erlebt ein zwar literarisch sicherlich gepflegtes Lesen – aber es passiert fast nichts. Die Gedankengänge des auch nicht sehr sympathischen Mannes, drehen sich um Paranoia, seine Einsamkeit und sein früheres Leben. Geheimnisvoll ist der Empfang von Päckchen, in denen, fein säuberlich ausgedruckt, seine Internetaktionen, Nummern, Dauer und Zeit der Telefongespräche und sogar sein Leben in Bildern vorliegen. Wer macht sich die Mühe so etwas zu tun? Und warum? Jede Begegnung mit Fremden und komische Situationen geraten für den Professor zum Verdacht, dass er beobachtet wird: „Als ich dort stand und auf die Stadt blickte, bemerkte ich auf dem Gehsteig einen Mann, der stehen blieb und zu meinem Fenster hochsah. Diesmal gab es für mich keinen Zweifel. Er starrte mich an und war sich bewusst, dass ich zurückstarrte. Das Zimmer war dunkel, also konnte ich ihn deutlich sehen, aber es gab keine Möglichkeit, das Gesicht des Mannes zu erkennen, weil er eine Skimaske trug, die nur die Augen freiließ, die in der frostigen Nacht glitzerten.“ Aber auch seine Tochter und ihr Mann können ihn nur an Anwälte und Therapeuten verweisen. Hat die frühere Verbindung zu einer ägyptischen Studentin, mit dieser Überwachung zu tun? Denkt der CIA, er wäre ein Terrorist? Sicher ein interessantes Thema. Doch was Flanery daraus macht, ist weder spannend noch spornt es den Leser an, am Thema und Buch zu bleiben. Ich musste mich durch die, immer wiederholenden bräsigen Gedanken des Jeremy O’Keefe quälen. Ständig schweift dieser vom Thema ab, beschreibt in allen Details Kleider oder Filmszenen und kehrt nicht zum eigentlichen Geschehen zurück. Was Steinfest in Vollendung gelingt, nämlich die Umleitung zur eigentlichen Geschichte zu machen, wirkt bei Flanery vollkommen zerfasernd und umständlich. Die Geschichte bietet dadurch auch keinerlei Höhepunkte, um auch nur annähernd als spannend zu gelten und auch das Ende punktete nicht. Weder mit interessanten oder gar neuen Ideen zu diesem Thema, noch mit einem Knalleffekt. Alleine die Sprache ist elegant, stilsicher und hochwertig. Doch was helfen mir teure, gute Ölfarben, wenn ich kein Bild daraus erkennen kann. Eine erste Leseenttäuschung diesen Jahres.

Lesen Sie weiter

“Ich bin niemand” von Patrick Flanery erzählt davon, wie wir zwischen einem zu viel an Daten im Rahmen der Digitalisierung zu verschwinden drohen. Ganz konkret geschieht dies im Buch Jeremy O’Keefe, der nach einigen Jahren im Ausland in seine Heimat New York zurückkehrt. Immer häufiger zweifelt Jeremy an seinem eigenen Gedächtnis, immer seltsamere Vorfälle häufen sich in seinem Umfeld und er fühlt sich zunehmend beobachtet und beschattet. Es ist gar nicht so leicht zu erkennen, dass dieses Buch um das Thema Big Data kreist. Vielmehr scheint sich die Erzählung zunächst um die eigene Realität und das Gedächtnis zu drehen. Erst allmählich werden Überwachung und Datensammlungen zum Thema der Geschichte. Leider schafft “Ich bin niemand” das Thema Big Data dann auch nicht neu aufzuarbeiten, es wird wenig substanzielles beigetragen. Außer der Paranoia des Protagonisten und der unheimlichen Datenflut, mit der er konfrontiert ist, wird zum “Gläsernen Mensch” wenig erzählt, wenig in Frage gestellt. Zwar gibt es in der Handlung interessante Entwicklungen und Gedanken darüber, wie viel die über uns gesammelten Daten tatsächlich von uns erzählen, wie gut die Schlussfolgerungen sind, die unsere Daten zulassen. Aber das bleibt alles ziemlich schwammig. Leider ist “schwammig” einer der Begriffe, der dieses Buch für mich generell ganz gut beschreibt. Die Geschichte ist hauptsächlich als innerer Monolog der Hauptfigur erzählt und nach einer Weile fingen mich die ständigen Abschweifungen in diesem Monolog wirklich an zu stören. Die Erzählung verliert sich in Nebensächlichkeiten, zum eigentlich spannenden Thema des Buches kehrt die erzählende Stimme selten zurück. Viel mehr finden sich ermüdende Einschübe über Heimat und Einsamkeit. Für meinen Geschmack bildet die Geschichte am Ende keine harmonische Einheit. Es stehen Thema, Erzählstil und die Figuren recht zusammenhanglos im Raum und fügen sich mehr schlecht als recht zusammen. Das verdeutlicht vor allem Jeremy als Hauptcharakter. Er ist Geschichtsdozent und forscht (passenderweise) über die DDR als Überwachungsstaat, tatsächlich werden dazu auch einige interessante Einschübe geliefert. Neben diesen Fakten gibt es wenig, was ihn als Figur auszeichnet. Sein Charakter bleibt blass und wenig einprägsam. Er ist leider manchmal wirklich niemand. Ich habe mich stellenweise sehr durch dieses Buch gekämpft und leider auch im Ende des Romans keine große Genugtuung gefunden. Zwar gibt es thematisch schöne Ansätze und interessante Abschnitte, insgesamt war das Buch für mich zu ziellos und die Figuren zu blass.

Lesen Sie weiter

Zunächst scheint es so, als wäre der Professor der Geschichte mit Spezialisierung auf die „Überwachung“ in der DDR nach dem zweiten Weltkrieg einfach ein wenig vergesslich geworden. Da wird ein Termin mit einer Doktorandin per Email verlegt, ohne dass sich Jeremy O´Keefe an seine selbst geschriebene Erklärung erinnern kann. Da trifft er einen jungen Mann, der sehr vertraut mit ihm tut, aber beim besten Willen kann er jenen Michael Ramsey nicht einordnen als auch nur entfernt Bekannten. Untersuchungen bei einer „Gedächtnisspezialistin“ (die Jeremy überaus attraktiv im Übrigen findet), bringen kein klares Ergebnis. Und dann tauchen da Kartons auf. Gefüllt mit hunderten, tausenden Blättern Papier mit zunächst kryptischen Zeichen. Und dann steht da dieser Mann vor dem Fenster. Und ein Geschäftsinhaber läuft ihm sogar auf offener Straße hinterher, um ihn zu warnen, dass er beobachtet wird. Psychische Labilität? Gespeist aus dunklen Ereignissen der Vergangenheit an der Columbia Universität und in Oxford, die bisherigen Stationen seiner wissenschaftlichen Karriere? Oder eine echte Überwachung, eine ernste Bedrohung und, wenn ja, warum? Was für den Leser lange Zeit, wenn man genau liest bis zum Ende hin, nicht wirklich klar wird. Denn O`Keefe verschweigt Dinge. Sich und dem Leser. Es könnten also echte Verdrängungen sein. Oder doch ein Bespitzeln? Ob Verbindungen zu dunklen Gestalten, wenn auch, wie O`Keefe betont, nur indirekte Verbindungen? Oder eine persönliche Rache irgendeines sich zurückgesetzt fühlenden Studenten mit Hackerkenntnissen, der von den Web-Seiten bis zum Email Verkehr bis zu den Telefondaten alles über den Professor zu wissen scheint. So tappt der Leser tatsächlich lange im Dunklen, bekommt keine andere Perspektive auf die Dinge geliefert und verirrt sich mit O`Keefe das ein um das andere Mal in breit dargelegten, bis in unwichtige Kleinigkeiten (die LKW vor dem Haus in Oxford) hinein dargestellte Einzelheiten an Erinnerungen, die vor allem immer eines sind: absolut subjektiv. Bis zu faustdicken Überraschungen, was die familiäre Situation des Mannes angeht, was seine nicht immer saubere Trennung zwischen privat und Beruf angeht und ebenso, was die Verbindung zu einem (vermeintlichen?) „echten“ Spion betrifft. Sprachlich ist es durchaus anregend, Flanery in diese sich verwirrende und verdrehende innere Welt zu folgen, gerade weil fast mäandernde Sätze den stetigen Fluss der Gedanken des Professors oft (nicht immer) gut emotional vermitteln. Spannende Momente gibt es durchaus, wenn nachts auf dem Lande im Dunklen an die Tür geklopft wird und wenn sich dann, zumindest ein wenig, die Fäden verbinden, kommt auch weit genug Licht in das Dunkle all dieser Ereignisse, um die hintergründigen, in der Vergangenheit verankerten Vernetzungen all der Ereignisse mindestens zu erahnen. Trotz mancher schwierig zu ertragenden Längen im Buch und einer endlosen „Erinnerungsorgie“ fast, die mit den Ereignissen der Gegenwart des Romans sich vernetzt und korrespondiert, diese Bedrohung, dass „einer“ alles über einen selbst zu wissen scheint, dass weder Telefon noch Email noch das „normale“ analoge Leben sicher zu sein scheinen und von allen Seiten unerklärliche Ereignisse sich zu einer zunehmenden Bedrohung ballen ist doch ein interessantes Sujet. Alles in allem ein interessantes, aktuelles Thema in einer besonderen Form mit ganz eigener Atmosphäre durch die Konzentration auf eigentlich nur eine Figur gesetzt,

Lesen Sie weiter

Jeremy O’Keefe war zehn Jahre Professor in Oxford und kehr nun in seine Heimatstadt New York zurück. Unheimliche Begegnungen häufen sich, der Historiker lässt sich sogar auf Demenz untersuchen. In der Tat passieren Dinge, die jeden Menschen nachdenklich werden lassen würden. Aber ist es so, wie Jeremy befürchtet oder ist er durch die jahrelange Einsamkeit in England mittlerweile wunderlich geworden? Leider hat der Roman mich nicht gefesselt. Das Grundthema – digitale Überwachung – ist spannend, aber durch den Stil von Patrick Flanery war die Lektüre für mich langatmig. Der Protagonist hat wenig Kontakt zu anderen Menschen und der Autor lässt uns an all seinen inneren Dialogen teilhaben. Es gibt unendliche Wiederholungen, es gibt insgesamt viel zu wenig Handlung auf den 400 Seiten. Für mich war es nichts, vermutlich auch, weil ich den Professor nicht sympathisch fand.

Lesen Sie weiter

Jeremy O'Keefe, Professor für Geschichte, der nach zehn Jahren Auslandsaufenthalt zwangsweise eine Stelle in seiner Heimat bei der New York University angenommen hat, gerät zunehmend in Bedrängnis. Merkwürdige Vorfälle und das Gefühl verfolgt zu werden, zwingen ihn dazu sich intensiv mit sich selbst und seiner Vergangenheit auseinander zu setzen. Aber er kneift und stellt lieber seine eigene Identität infrage, anstatt sich der Realität zu stellen. Sein Agieren ist halbherzig. Er fühlt sich schuldig und unschuldig zugleich und in der Befürchtung zum Opfer seines fehlerhaften Verhaltens geworden zu sein, reagiert er zunehmend verunsichert. Fazit Eine gute Grundidee, die in der Langatmigkeit des konturlosen Hauptprotagonisten leider untergeht und mit einem unbefriedigenden Schluss vollends enttäuscht.

Lesen Sie weiter

Irgendjemand wird seine Aufzeichnungen lesen, da ist sich Jeremy O’Keefe sicher, und derjenige wird, so hofft er, etwas damit anfangen können. Beunruhigende Dinge haben sich in den vergangenen Wochen zugetragen und er weiß nicht mehr, wem er noch vertrauen kann, nicht einmal, ob er seiner eigenen Erinnerung trauen soll. Ein junger Mann begegnet ihm wiederholt, er stellt sich als Freund seines Schwiegersohns vor, taucht aber überall da auf, wo auch Jeremy sich befindet. Es findet gesendete E-Mail in seinem Account, aber diese hat er nie verfasst. Und dann kommen nach und nach die Pakete, Zeugnisse seines Lebens, Papiere, die dokumentieren, wem er wann welche E-Mail geschickt hat, wann er wie lange mit wem telefonierte und Fotos, die die letzten Jahre minutiös belegen. Jeremy wird offenbar überwacht und er hat nur eine einzige Erklärung dafür: Es muss mit Fadia zusammenhängen, seiner Doktorandin, die er betreute, als er noch in Oxford lehrte, und deren Familiengeschichte politische Brisanz hat und ihr Privatleben geradezu Sprengstoff bedeutet. Der Protagonist schreibt vom Ende her und wendet sich direkt an seinen Leser. Man weiß, dass etwas Entscheidendes passiert sein muss, nur, was bleibt lange im Dunkeln. Jeremy O’Keefe erscheint zunächst wie der typische amerikanische Professor für Geschichte, die Figurenzeichnung ist hier oftmals sehr plakativ und stereotyp gehalten, was durch die Erzählperspektive zudem gefördert wird. Auch wenn er von seiner Zeit in Oxford berichtet, gewinnt er nur wenig an Profil. Die interessanteren Figuren bleiben hingegen am Rand und stets schwer greifbar: die junge Fadia, deren Rolle bis zum Ende mysteriös bleibt. Ähnlich Michael Ramsey, der zwischen der akuten Bedrohung des Feindes und der Möglichkeit eines Freundes schwankt. Auch Jeremys Kollege Stephen Jahn ist eine reizvolle Figur, aber auch er bleibt, wiederum bedingt durch die Erzählperspektive, in seiner Rolle für die Geschehnisse unkonkret, Jeremy schreibt über ihn: „Mit einem Mal begriff ich, dass Stephen Jahn auf etwas zusteuerte, dass er ein bestimmtes Ziel verfolgte. Was er wollte, hätte ich aber niemals vorhersagen können. Ihr müsst vor allem eins verstehen, dass, was auch immer später geschah, ich der von Stephen Jahn Hintergangene war, zumindest anfangs.“ Es ist diese Unsicherheit in Jeremy, die zunächst den Reiz des Buches ausmacht. Wie der Protagonist kann man die Zeichen nicht deuten, spürt ein Unbehagen und eine langsam wachsende Angst. Zugleich stellt man sich die Frage, inwieweit man ob der Enthüllungen der letzten Jahre genauso wie Jeremy eine Neigung zu Paranoia entwickelt hat und Dinge sieht, die es gar nicht gibt. Dann wiederum bestätigen die Figuren die Befürchtungen: »Ich habe immer wieder deutlich gesagt, dass alles wichtig ist«, fuhr Stephen fort. »Hier geht es nicht um Spaß. Ich verstehe gar nicht, wie ein Historiker wie du so blind für die Mechanismen der zeitgenössischen Geschichte sein kann. Das ist Geschichte, Jeremy. Du hast dich in ein Narrativ eingemischt, das schon im Gange ist und uns alle beiseitezufegen droht.« Eine Rolle zugeschrieben von unbekannten Mächten, dabei ist man selbst doch nur ein kleines Licht, wie sich Jeremy denkt: »Aber ich bin niemand.« »Wir sind alle niemand, bis wir etwas tun, um uns in jemand zu verwandeln.« Langsam dröselt man mit Jeremy auf, was in seinem Leben in den letzten zehn Jahren geschah, dass den unbedeutenden Wissenschaftler so ins Zentrum einer Macht, eines Dienstes oder einer geheimen Organisation bringen konnte. Man nähert sich dem Jetzt, aus dem der Autor berichtet, an und wartet gespannt auf die Auflösung --- an diesem Punkt hat mich Patrick Flanery dann enttäuscht wie selten ein Autor. Nein, das Ende ist nicht akzeptabel und dem Roman, der über weite Strecken trotz des gemächlichen Erzähltempos wirklich fesseln und überzeugen kann, nicht würdig.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.