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Rezensionen zu
Gehe hin, stelle einen Wächter

Harper Lee

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Der Schreibstil ist angenehm und fließend zu lesen. Dem Roman ist nicht negativ anzumerken, dass er dieses Jahr bereits seinen sechzigsten Geburtstag feiert. Zu der Gestaltung kann ich sagen, dass ich im Allgemeinen ein großer Fan von der Covergestaltung des Penguin Verlags bin. Und auch bei diesem Buch bin ich mehr als Zufrieden. Das Cover harmoniert mit der Geschichte und der Zeit in der es spielt. Die Botschaft dieses Werkes ist bis heute so unglaublich wichtig. Diskriminierung ist auch sechzig Jahre später noch immer ein zu großes Thema in unserer Gesellschaft. Da es zu einer Zeit spielt, in der Dunkelhäutige weniger Wert waren, stieß mir das Buch an manchen Stellen übel auf. Konnte ich doch nicht glauben, dass das jemals Normalität war. Doch dann bohrte sich die Frage fest in meine Gedanken „Ist es denn heute wirklich so viel besser?“ Mein Fazit zu diesem Buch ist mehr als positiv. Auch wenn ich an meinen Stellen schwer zu schlucken hatte, es das Buch jede einzelne Minute, die ich darin las wert gewesen. Es ist kein einfaches Thema und darauf sollte man sich einstellen. Wenn man sich dessen bewusst ist, ran an das Buch!

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Meine Meinung: Ich wollte dieses Buch unbedingt lesen, da ich von ''Wer die Nachtigall stört" nur Gutes gehört habe und aus diesem Grund wissen wollte, was Harper Lee auszeichnet. Also fing ich mit dem Lesen an und fand mich auch recht schnell in das Geschehen ein. Zu meiner Überraschung war die Sprache, abgesehen von ein paar Wörtern, gut verständlich. Jedoch hatte ich anfangs und auch zwischenzeitlich Probleme mit der Übersicht über die Charaktere, weil einfach sehr viele mit ins Spiel kamen. Das war aber nicht ganz so schlimm, weil ein Großteil der Menschen lediglich in Rückblenden erwähnt wurde. Die Tatsache, dass es Rückblenden gab, um dem Leser einen Eindruck von Jean Louises Kindheit und Jugend zu geben, hat mir echt gut gefallen, da ich ihr Denken so besser nachvollziehen konnte. Abgesehen von ihr war mir ihr exzentrischer Onkel und ihr Vater, der sie großzog, sympathisch, wobei ich jedoch gerne mehr über die beiden erfahren hätte. Harper Lee behandelt in ihrem Roman zwar ernste Themen, wie z.B. Rassismus und Identitätskrisen, aber sie lässt an der ein oder anderen Stelle zur Auflockerung glücklicherweise humorvolle Worte zu. Meines Empfindens ist die Handlung manchmal etwas zäh geflossen, da viele verschiedene Themen in die Erzählung mit eingeflossen sind. Andererseits hat diese Tatsache Abwechslung in die Geschichte gebracht, sodass ich mich an dieser Stelle nicht beschweren möchte, auch, weil ich den Roman trotzdem an einem Tag lesen konnte. Zum Ende kann ich nur sagen, dass es mich überrascht und mir gleichzeitig gefallen hat, mehr verrate ich euch nicht. ;) Da ich den Roman alles in allem wirklich gelungen fand, werde ich bald auf alle Fälle noch "Wer die Nachtigall stört" lesen! Mein Fazit: Diesen 2015 aus der Versenkung erschienenen Roman kann ich jedem ans Herz legen, der sich für die Gedanken und die Ansichten der amerikanischen Menschen Mitte des 20. Jahrhunderts erwärmen kann. Vielen Dank an den Penguin Verlag für die Bereitstellung dieses Buches! Gehe hin, stelle einen Wächer bekommt von mir 4/5 Sterne!

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Kill your darlings

Von: Bri

27.01.2016

Die kleine Scout, eigentlich Jean-Louise Finch, aus "Wer die Nachtigall stört" ist erwachsen geworden und lebt mittlerweile weit entfernt von ihrem Heimatort Maycomb in der Großstadt. New York ist mit seiner Vielstimmigkeit, seiner Vielfarbigkeit und seinem wahren Verständnis von leben und leben lassen ihre Herzensheimat geworden. Diese Erkenntnis muss sie bei einem ihrer jährlichen Besuche schlucken wie eine bittere Pille. Die Atmosphäre in der Kleinstadt hat sich verändert - der NAACP möchte auch in Maycomb / Alabama die farbige Bevölkerung in ihrem gesellschaftlichen und sozialen Aufstieg unterstützen. Und das wiederum macht der weißen Bevölkerung, die im County an einigen Orten mittlerweile in der Minderzahl ist, schlichtweg Angst. Die Einwohner Maycombs sind keine offenen Rassisten - sie sind zwar laut Atticus Finch, dem Vater Scouts keine Mitglieder des Ku-Klux-Klans, verhindern aber auch nicht, dass der Klan sich durch sein Auftreten öffentlich lächerlich macht - fühlen sich aber bedroht. Woran nur erinnert mich das? Vielleicht an die derzeitige Situation in Europa? Und schon bin ich mitten in der Diskussion, die sich während der Lektüre immer deutlicher als Mittelpunkt des erst 2014 wieder entdeckten Romans, der Urfassung des Pulitzerpreis gekrönten Erstlings der Amerikanerin Harper Lee, darstellt. Viel wurde darüber diskutiert, ob das Buch, das Harper Lee in den 50er Jahren schrieb und dessen thematischer Fokus von den Verlagen damals als zu gewagt betrachtet wurde, als dass man es verlegen wollte, überhaupt erscheinen sollte. Die Autorin selbst ist mittlerweile hochbetagt, soll taub und blind sein - ob sie tatsächlich abschätzen konnte, was die Veröffentlichung dieses Romans für sie heißen könnte, wird häufig diskutiert. Doch ehrlich: Warum sollte man sich in dem Alter, in dem Harper Lee nun ist, über solche Dinge noch Gedanken machen. Wichtig allerdings ist, dass das Thema des Buches, in der Urfassung für die damalige Zeit als zu aufrührerisch, zu verwegen empfunden, um veröffentlicht zu werden - ein heißes Eisen ist, heute wie damals. Ist es zulässig, Verfassungsänderungen vorzunehmen, die einerseits einer Gruppe von Menschen gewisse Rechte nehmen, die als unumstößlich und nicht diskutierbar galten, aber andererseits zu einer höheren gesellschaftlichen Gleichheit führen sollen. Ist das Vorgehen, einen Verfassungszusatz einfach zu streichen - wohl gemerkt durch ein hohes richterliches Gremium, aber ohne Beteiligung der Bürger - als demokratisch zu bezeichnen? Ein nicht einfaches Thema, dessen sich Harper Lee in "Gehe hin, stelle einen Wächter" in Verbindung mit der Frage nach Diskriminierung und Rassismus annimmt. Das merkt man der sich daraus entstehenden Diskussion zwischen Jean-Louise und ihrem Vater Atticus an: Sprunghafte Argumente und Erklärungen, die man nicht ganz greifen kann, führt Atticus für seine Entscheidung, einem bekannten Rassisten eine Plattform zur Verbreitung seiner menschenverachtenden Ansichten zu bieten, an. Die Antwort auf die Frage seiner Tochter, weshalb die Entscheidung zu Gunsten des unsäglichen Redners gefällt wurde, verknappt er in unnachahmlicher Weise: "Weil er es wollte." Einzig Jean-Louises Haltung ist und bleibt klar und deutlich. Um sie herum steht ihre Welt Kopf - alles, was sie von ihrem Vater erfahren und gelernt hat, scheint nicht mehr zu gelten. Die Annahme, alle Menschen seien vom Geburtsrecht her gleich zu behandeln steht plötzlich in krassem Gegensatz zu DEM amerikanischen Grundsatz, ein Mann könne alles für sich in Anspruch nehmen, was er sich erarbeitet habe. Farbenblind nennt Atticus die Einstellung seiner Tochter. Der Konflikt, den Jean-Louise mit ihrem Vater hat, ist aber nicht nur ein gesellschaftlicher. Eltern-Kinder-Beziehungen zeichnen sich auch durch eine gewisse Ablösung oder Abnabelung aus. Im Falle der Familie Finch ist diese vielleicht überfällig. Solch eine Abnabelung geht nie schmerzfrei vonstatten und so erfährt Jean-Louise auch ganz körperlich, wie hart es sein kann, seinem Wächter, dem eigenen Gewissen, Folge zu leisten. Doch letztendlich - und das ist für mich ein gewisser Kritikpunkt - bezieht sie nicht eindeutig Position. So sehr sie gegen die Haltung ihres Vaters, gegen die duckmäuserische Lebensweise ihres Freundes Hank und gegen die latent rassistische Haltung der Bürger Maycombs aufbegehrt, sie vollzieht den Schritt des absoluten Schnittes nicht. Am Ende bleibt große Aufregung, die sich in einem "leben und leben lassen" auflöst. Jean-Louises Onkel Jack Finch allerdings erkennt, dass Menschen wie sie in Zukunft in Maycomb gebraucht werden. Dennoch ist "Gehe hin, stelle einen Wächter" ein wichtiges Buch, das aufzeigt, wie komplex manche Sachverhalte sind, wie schwierig echte Demokratie ist und wie stark man sein muss, um seinem Wächter zu folgen. Will man die gesellschaftliche Gemengelage der 50er Jahre in Amerika besser verstehen, sollte man nicht nur eines der beiden Bücher gelesen haben. Literarisch gesehen, mag "Wer die Nachtigall stört" das reifere Werk sein, seine Urfassung jedoch hat es durchaus verdient, veröffentlicht und gelesen zu werden.

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Wie in jedem Sommer seit sie in New York lebt fährt Jean Louise zurück nach Maycomb, um ihren Vater und den Rest der Familie zu besuchen. Ihr geliebter Bruder Jem ist leider viel zu früh verstorben und ihr Jugendfreund Dill ist in Europa. Und so ist einiges anders in der Heimat, doch die 26-jährige freut sich auf den Besuch. Besonders auf ihren Vater, der in ihren Augen nichts falsch machen kann. Zwar nervt Tante Alexandra ein wenig, weil sie Jean Louise in das enge Kleinstadtleben einbinden will. Aber es ist Sommer, bis zu dem Tag als Jean Louise mitbekommt, dass ihr Vater im Bürgerrat ist. Die Südstaaten Amerikas mit ihrer speziellen Apartheitsproblematik werden hier von der durch „Wer die Nachtigall stört“ weltbekannten Schriftstellerin Harper Lee thematisiert. Nach Presseverlautbarungen wurde das vorliegende Buch bereits vor ihrem Mega-Seller geschrieben, von den Verlagen allerdings zurückgewiesen. Nun sind wir alle an die irgendwie heile Kinderwelt Scouts gewöhnt und gerade von dieser Kinderwelt muss man sich im Laufe der Lektüre dieses neuen älteren Romans verabschieden. Jean Louise steht mit beiden Beinen im Leben, sie hat eine Arbeitsstelle in New York, sie ist die freiheitliche Gleichheit der Stadt gewöhnt und auch deren Gleichgültigkeit vermeintlichen Unterschieden gegenüber. Und so wirkt die jährliche Rückkehr nach Maycomb wie ein Rückschritt. Dennoch genießt ihr Vater in den Augen der Tochter höchstes Ansehen, einen Vorbildstatus, dem ein Mensch nur schwer gerecht werden kann. Das Entsetzen über das Verhalten des geliebten Vaters spürt man beim Lesen fast am eigenen Leib. Der Sockel wankt, es ist wie ein jähes Erwachen. Scout muss erwachsen werden und sich eingestehen, dass das Denken des Vaters nicht immer der Weisheit letzter Schluss ist. Eine Ablösung, die auch ein Aufbruch sein kann. Auch wenn dem Buch der süße Schmelz aus Scouts Kindertagen meist fehlt und nur hin und wieder in Erinnerungen aufblitzt, ist dieser Roman doch außerordentlich gelungen im Hinblick einer Ablösung der Tochter von ihrem Übervater und im Erklärungsversuch der Verlustangst der Südstaatler, welche sie so gegen logische Neuerungen eingestellt erscheinen lässt. Jean Louises Plädoyer für die Gleichheit ohne Gleichmacherei überzeugt. Sie emanzipiert sich von der althergebrachten Denkweise, letztlich ohne ihren Vater zu verlieren. Vielleicht hat sie ihn sogar gewonnen. Man könnte sich wünschen, es wäre möglich zu erfahren, was sie aus ihrem Aufbruch gemacht hat. 4,5 Sterne

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"Die Insel eines jeden Menschen, der Wächter eines jeden Menschen ist sein Gewissen. So etwas wie ein kollektives Gewissen gibt es nicht." Vorab ist zu sagen, dass es sich bei diesem Roman um eine Weltsensation handelt. "Gehe hin, stelle einen Wächter" ist nämlich ein verschollenes Manuskript, das Jahrzehnte in einer Schublade lag. Aus diesem entstand nach starker Überarbeitung und Veränderung der amerikanische Klassiker “Wer die Nachtigall stört”, welches 50 Jahre lang Lees einziger Roman war. Inhalt: In „Gehe hin, stelle einen Wächter“ treffen wir die geliebten Charaktere aus „Wer die Nachtigall stört“ wieder, 20 Jahre später: Eine inzwischen erwachsene Jean Louise Finch, „Scout“, kehrt zurück nach Maycomb und sieht sich in der kleinen Stadt in Alabama, die sie so geprägt hat, mit gesellschaftspolitischen Problemen konfrontiert, die nicht zuletzt auch ihr Verhältnis zu ihrem Vater Atticus infrage stellen. Meinung: Nachden mir "Wer die Nachtigall stört" (engl. "To Kill a Mockingbird") so gut gefallen hat war ich natürlich sehr gespannt auf dieses Werk. Man merkt beim Lesen sofort, dass dies die der Vorgänger, das ursprüngliche Manuskript ist. Viele Charaktere, die bei der "Nachtigall" wichtige Rollen spielen, werden hier kaum erwähnt, der Schwerpunkt/Fokus ist ein anderer. Und so wird auch der im "Vorgänger" so wichtige "Tom Robinson-Fall" nur kurz angeschnitten. Außerdem ist der "Wächter" aus der dritten Person geschrieben, was alles etwas distanzierter wirken lässt. So hat die "Nachtigall" atmosphärisch die Nase vorn, jedoch sollte man, meiner Meinung nach, diese beiden sensationellen Werke nicht miteinander vergleichen, da sie jeder für sich ihren Charme haben. So is es sehr interessant zu sehen, wie sich die rebellische Scout weiterentwickelt hat, jedoch eindeutig immernoch das -von den Lesern geliebte- kleine, störrische Mädchen ist. Dadurch habe ich mich vor allem über die Rückblenden gefreut, die im "Wächter" eingebaut sind. Die Geschichte reflektiert die Zeit, in der sie spielt, das darf man nicht aus den Augen verlieren. Es werden die Gefühle der lokalen Bevölkerung vermittelt, ihre Ablehnung oder Billigung der NAACP (Nationale Organisation für die Förderung farbiger Menschen), und Harper Lee ist damit aufgewachsen, was ihrer Geschichte Authentizität verleiht. Fazit: In einer Zeit, in der sich nicht nur im Süden der USA, sondern momentan weltweit zeigt, dass der Rassismus keinen Deut überwunden ist, und das Länder zu spalten drohen, ist „Gehe hin, stelle eine Wächter“ von einer unter die Haut gehenden Aktualität. Ich empfehle, dass man "Wer die Nachtigall stört" vor diesem Roman lesen sollte, da sie zusammen sehr gut funktionieren. Summer♥

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Scout, Jean Louises Spitzname aus Kindertagen, verbringt ihren Sommer zu Hause im Süden der USA. Wir kennen Sie bereits aus "Wer die Nachtigall stört", mittlerweile jedoch ist aus dem kleinen Mädchen eine junge Frau geworden, die im etwas weltoffeneren und modernen New York arbeitet. Die Stadt ihrer Kindheit möchte sie gerne als das Paradies sehen, das Sie in Erinnerung hat, allerdings muss sie bald feststellen, das nicht so wundervoll ist wie gedacht. Auch wir als Leser werden von Atticus Finch überrascht, Scouts Vater und Held in Harper Lees anderem Buch. Von einigen Stellen habe ich schon enttäuschte Stimmen gehört. Dem kann ich aber so ganz und gar nicht zustimmen. Ja, die Figuren sind anders und auch die Geschichte ist nicht als Fortsetzung von "Wer die Nachtigall stört" zu verstehen. Ich fand es jedoch umso interessanter, die Entwicklung nachzuvollziehen, die das erste Manuskript (nichts anderes ist dieses Buch ja) machte, um als Lees weltbekanntes Werk veröffentlicht zu werden. Die Sprachgewalt ist die gleiche, nur ist diese Geschichte vielleicht in Anbetracht der Zeit ein wenig realistischer und regt uns dadurch noch mehr zum Nachdenken an. Ein herausragendes Buch und ein Stück Verlags- und Literaturgeschichte!

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Anfang des Jahres wurde “Go Set a Watchman”, so der Originaltitel, als literarische Sensation gefeiert. Ein verschollenes Manuskript, das Jahrzehnte in einer Schublade lag. das Manuskript, aus dem nach einer sehr starken Überarbeitung und Veränderung der amerikanische Klassiker “Wer die Nachtigall stört” (Rezension) entstanden ist. Alle Welt wartete auf die Veröffentlichung des Buches, dem bereits vor Veröffentlichung kritische Stimmen entgegen schlugen. Ich war sehr gespannt auf dieses Buch, nachdem mir “Wer die Nachtigall stört” so sehr gut gefallen hat, dass ich es anschließend in sämtliche Bücherrunden mitnahm und weiterempfahl. Beim Lesen der “Fortsetzung” muss dem Leser immer bewusst sein, dass es sich eigentlich um den Vorgänger und um das ursprüngliche Manuskript des bekannten Klassikers handelt. Jedoch ist das ursprüngliche Werk durch die Verlegung in eine frühere Zeit und einem anderen Fokus so stark verändert worden, dass sich erstaunlich wenig Gemeinsamkeiten wiederfinden. Nicht nur ist der “Wächter” in der distanzierteren dritten Person geschrieben, auch sind es nur wenige Personen, die den beiden Büchern gemeinsam sind. Kinderfreund Dill, der eine wichtige Rolle spielt, wird im “Wächter” kaum erwähnt. Die merkwürdigen Nachbarn, die bei der Nachtigall eine große Rolle spielen und letztendlich zur Titelgebung “Wer die Nachtigall stört” beitragen, gibt es nicht. So bekommt man einen Eindruck, wie die “Nachtigall” vielleicht entstanden ist. Was schon vorher da war und was ergänzt und ausgebaut wurde. Die Gerichtsverhandlung, die den Kern von “Wer die Nachtigall stört” ausmacht, wird nur beiläufig erwähnt. Auch wenn der Ton in der Erzählung unverwechselbar der Harper Lees ist, hat für mich “Wer die Nachtigall stört” eindeutig die Nase vorn und vor allem atmosphärisch viel voraus. Bei der “Nachtigall” spürt man förmlich die Luft flimmern, während der “Wächter” doch eher mit der Diskussion über moralische Werte punktet. Was das erzählerische Können und das schriftstellerische Handwerk betrifft, ist “Gehe hin, stelle einen Wächter” das Gesellenstück während “Wer die Nachtigall stört” eindeutig das Meisterstück ist. Es ist jedoch interessant zu sehen, was aus dem Wildfang Scout geworden ist. Die Rückblenden in die Kindheit machen einen Großteil des Charmes des “Wächters” aus, so dass durchaus verständlich ist, warum Lees Lektorin damals vorschlug, diesen Teil zum Inhalt der “Nachtigall” zu machen. Scout wirkt als Erwachsene wenig gereift. Man spürt noch immer die kindliche Naivität, der Abschied von der Kindheit ist noch nicht vollzogen. Bei der Rückkehr nach Maycomb wirkt sie erstaunt, dass das Leben ohne sie weiter ging. Für ihren Kinderfreund Henry kann sie sich nicht richtig entscheiden. Sie will bewahren und sieht nicht den Fortgang der Zeit. Der Schock, ihren Vater zusammen in einer Versammlung mit Mitgliedern des Ku-Klux-Clanes zu sehen, erweckt ihre alte Starrköpfigkeit. Es braucht eine Weile und viel Überzeugungsarbeit des Onkels bis sie sich dem stellen kann, dass es nicht nur schwarz und weiß, gut und böse, gibt. “Gehe hin, stelle einen Wächter” wirkt meiner Meinung nach nur in Zusammenhang mit der besseren Version “Wer die Nachtigall stört”. Auch wenn der “Wächter” unterhaltsam und nicht schlecht geschrieben ist, so kann er allein nicht überzeugen. In Bezug auf die berühmte, zeitlose vollständige Überarbeitung aber interessant, weil das Buch manches klarer sehen lässt. So wird zum Beispiel deutlich, dass die den Vater vergötternde kleine Scout letztendlich nur ihre eigene, kindliche Sichtweise auf Atticus beschrieben hat, und Atticus nie der über allem stehende Vater war, von dem auch die Leserschaft so begeistert war. Auch erscheinen die in meiner Rezension beschriebenen Brüche in der Erzählweise von Scout in der “Nachtigall” begründet in der Nachbearbeitung. “Gehe hin, stelle einen Wächter” ist auf jeden Fall lesenswert und immer noch zeitgemäß. Das Buch bietet viel Diskussionsstoff und eignet sich meiner Meinung nach excellent für Lesekreise. © Tintenelfe www.tintenhain.de

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Amerika in den 1950er Jahren: Jean Louise "Scout" Finch ist inzwischen erwachsen geworden. Mittlerweile lebt die 26-jährige in New York, doch jedes Jahr im Sommer kehrt sie für zwei Wochen zurück in das kleine Städtchen Maycomb in Alabama, wo sie ihre Kindheit verbracht hat. Dort besucht sie ihren Vater Atticus und ihren Freund Hank. In diesen Tagen denkt Jean Lousie oft an ihre Kindheit, wo sie die langen Sommer immer mit ihrem Bruder Jem und dem gemeinsamen Freund Dill verbracht hat. In Maycomb hat sich viel verändert, doch was gleich geblieben ist, ist die tiefe Kluft in der Gesellschaft. Der Rassismus ist leider immer noch spürbar. In diesem Sommer erfährt Jean Louise zudem etwas, das ihr großes Vertrauen, dass sie immer in ihren Vater Atticus hatte, zutiefst erschüttert... Nachdem ich mit Begeisterung vor einiger Zeit "Wer die Nachtigall stört..." gelesen habe war ich sehr neugierig auf Harper Lee's Erstlingswerk, das vor ihrem Weltbestseller entstand und jahrelang als verschollen galt. Die Geschichte spielt gut 20 Jahre nach den Ereignissen des ersten Bandes. Hauptfigur ist die inzwischen erwachsene Jean Louise "Scout" Finch, die nach einer Entdeckung tief enttäuscht von ihrem Vater ist. Ist ihr Vertrauen in ihn nun für immer zerstört? Mein Fazit: Eine gute Fortsetzung, die zeigt, wie es mit der Familie Finch weitergeht. Man erkennt den Schreibstil von Harper Lee sehr gut. Gut gefallen haben mir die Rückblicke in Jean Louises Kindheit und Jugend. Anfangs habe ich ein paar Seiten gebraucht um richtig in die Geschichte reinzukommen. Die Charaktere sind hier noch nicht ganz so perfekt ausgearbeitet. Aber trotz einiger kleiner Schwächen finde ich die Fortsetzung von "Wer die Nachtigall stört.." doch gelungen. Eine gute Ergänzung!

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