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Rezensionen zu
Dunbar und seine Töchter

Edward St Aubyn

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Shakespeare ist wohl der unangefochtene Meister des Theaters und besonders seine Tragödie "König Lear" hat es mir besonders angetan. Das Stück vereint alles, was eine Tragödie in meinen Augen haben sollte: Spannung, Emotionen, ein passendes Setting, gelungene Charaktere ...., weshalb ich mich umso mehr freute, als ich feststellte, dass es das Stück in einer modernen Adaptionen im Rahmen des Shakespeare projekts zu erwerben gibt. Edward St. Aubyn hält sich sehr genau an das Original ohne verkrampft jede Szene einbauen zu wollen. Die verschiedenen Charaktere sind eindeutig wiederzufinden, aber auch hier bleibt er im Großen und Ganzen seiner eigenen Handschrift treu, zumindest insoweit ich das beurteilen kann. Gerade die Töchter sind ihm herrlcih gelungen und sorgten bei mir für mehr als nur einen Schmunzler. Der schmale Grat des Wahnsinns auf dem schon Lear im Original regelmäßig ins Schwanken gerät, hat St. Aubyn ebenfalls gekonnt in Szene gesetzt. Der Schreibstil war flüssig, bildhaft und einfach perfekt passend für die Geschichte. Das Ende hält auch für Kenner des Stücks noch die ein oder andere Überraschung bereit, was mir ebenfalls gut gefallen hat. Fazit: Die perfekte Adaption: Nah genug am Original und dennoch losgelöst, um als individuelle Geschichte zu funktionieren. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

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Der Medienmogul

Von: Bri

24.07.2018

William Shakespeares Stücke sind ohne Zweifel Meisterwerke. Auch heute noch sind seine Stoffe aktuell, handeln sie doch von den uns als Menschen maßgeblich bestimmenden Gefühlen und Eigenschaften wie zum Beispiel Liebe und Vertrauen, Hass und Mißgunst, Neid und Hinterhältigkeit. Die Struktur gebenden Elemente seiner Bühnenstücke sind uns bis heute mehr als bekannt und gerade deshalb werden seine Dramen und Komödien nach wie vor überall auf der Welt gespielt. Dabei werden natürlich auch Änderungen und Modernisierungen vorgenommen, die Grundidee adaptiert und in unsere Sprache und / oder Zeit transferiert.Die Protagonisten jedoch sind dieselben. Gerade diese Klasse spornt natürlich an, einen Stoff weiterzuentwickeln, neu zu übersetzen oder gar neu zu erzählen. Letzteres wurde durch das Hogarth Projekt initiiert, das acht namhafte Autor*innen anlässlich des 400. Geburtstages Shakespeares damit beauftragte, ihrem Lieblingsstoff aus des Dichters Feder einen neuen Schnitt zu verpassen. Da ich Edward St. Aubyn sehr verehre und vermutete, dass er mit dem Familienkonflikt König Lears aufgrund seiner eigenen Biographie recht gut zu Rande käme, habe ich mich mit Freude auf Dunbar und seine Töchter gestürzt und wurde nicht enttäuscht. Zunächst einmal hält sich St. Aubyn sehr nah an die Vorlage – Henry Dunbar allerdings ist nicht König eines Staates, sondern eines Medienkonzerns. Als er öffentlich auffällig wird, lassen ihn zwei seiner Töchter quasi aus dem Verkehr ziehen. Er soll den Weg frei machen, damit die beiden die Firma übernehmen und ihren Reibach damit machen können. Seine dritte Tochter, von ihm enterbt, weil für das Geschäft nicht für geeignet befunden, hat sich zurückgezogen und spielt das Spiel der Intrigen ihrer beider Schwestern nicht mit. Doch anders als Shakespeares König Lear, der erst zum Schluss seine Fehler einsieht und bereut, ist sich Dunbar dieser gleich zu Beginn bewußt. »Mit gehörte mal ein ganzes Reich«, sagte Dunbar »Hab ich Ihnen schon die Geschichte erzählt, wie es mir gestohlen wurde?« […] »Ich hab Wilson gesagt, dass ich den Aufsichtsratsvorsitz behalte« begann Dunbar, »ich behalte das Flugzeug, die Leute, die Liegenschaften und die mir zustehenden Privilegien, aber ich werde mich der Lasten« – er nahm die große Vase mit den Lilien und stellte sie behutsam auf den Boden –, »der Lasten entledigen, die die operative Führung des Konzerns mit sich bringt. von jetzt an, hab ich ihm gesagt, ist die Welt mein privater Spielplatz und, wenn es eines Tages an der Zeit ist mein privates Hospiz.« […] »›Aber der Konzern ist alles‹, hat mir Wilson gesagt.« Je tiefer Dunbar in die Geschichte vordrang, desto mehr erregte sie ihn. »›Wenn Sie den abgeben, hat er gesagt, dann bleibt Ihnen nichts mehr. Sie können nicht etwas abgeben und gleichzeitig behalten.‹« Während die beiden intriganten und überaus bösartigen Töchter Dunbar nicht nur wegsperren, sondern auch ruhigstellen lassen, sucht seine dritte Tochter Florence nach ihm. Denn er hat nicht nur seine Fehler erkannt, sondern auch die Absichten von Abbigail und Megan und ist kurzerhand und mithilfe des schwer Alkoholabhängigen Komikers Peter ausgebüchst. Mitten durch die unwirtliche, weil kalte cumbrische Landschaft – wunderbar beschriebene, nein gezeigte, Natur. Dort überkommen ihn Reue und Erkenntnis und schlussendlich aber auch eine Rettung. Doch diese ist nur von kurzer Dauer und Dunbar muss erkennen, dass all die Dinge, die er als Medienmogul sein Leben getan, den eigenen Töchtern vorgelebt hat, sich nun quasi durch diese gegen ihn selbst wenden. Manchen Rezensent*innen ist die Adaption des Dramas um König Lear zu nah am Original geblieben. Auch sprachlich sieht der eine oder die andere St. Aubyn weit hinter Shakespeare – doch mir ist dabei nie ganz klar, ob hier das Original oder die Übersetzung gemeint war. Meine Lektüre war eine durchaus intensive und beglückende. St. Aubyn hat es wieder einmal vermocht, die Familienstrukturen geschickt freizulegen und dabei gleichzeitig mit seinem unvergleichlichen Esprit Szenen zu schaffen, die einen laut auflachen lassen. Für mich ist Dunbar und seine Töchter eine durchweg äußerst gelungene Transformation des Shakespearschen Stoffes in unsere medial geprägte Welt, deren scharfsichtige und -züngige Analyse auch Leser*innen einen Heidenspaß bereiten dürfte, die sich sonst nicht an klassische Stoffe wagen.

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Wie viele Schriftsteller haben sich wohl auf die eine oder andere Weise von Shakespeare inspirieren lassen? Im „Hogarth Shakespeare-Projekt“ haben acht renommierte Autoren ein Drama ihrer Wahl sogar ganz konkret neuinterpretiert, darunter der britische Journalist und Schriftsteller Edward St Aubyn. Er hat sich „King Lear“ vorgeknöpft und aus dem Stoff eine zeitlose, dramatische Familiengeschichte gestrickt. Sie beginnt in einem Sanatorium in Cumbria im Nordwesten Englands. Henry Dunbar, Chef eines Medienimperiums, wurde von seinen zwei intriganten und machthungrigen Töchtern Abigail und Megan mit Medikamenten vollgepumpt und in die Klinik abgeschoben. Es gelingt ihm jedoch, gemeinsam mit dem trinkfreudigen Komiker Peter Walker auszubrechen. Während Peter nur an einer Sauftour interessiert ist, wird aus Dunbars Flucht eine Reise zur Selbsterkenntnis. Schon bald trennt er sich von seinem Begleiter und versucht, trotz seiner schwachen körperlichen Verfassung allein einen Pass zu überqueren. Dabei reflektiert er voller Reue über sein verpfuschtes Leben, seine geliebte Frau, die er durch einen Unfall verlor und seine jüngste Tochter Florence, die er zu Unrecht enterbte. Die körperliche Grenzerfahrung und der völlige Kontrollverlust im tiefsten Wald führen bei Dunbar zu einer seelischen Läuterung. In starken Metaphern beschreibt der Autor, wie psychische und physische Schmerzen sowie Innen- und Außenwelt miteinander verschmelzen. Es kommt einem vor, als suche der einst machthungrige und skrupellose Unternehmer mit dem quälenden Aufstieg auf den Berg die Nähe Gottes, seine Gnade und Erlösung. Währenddessen starten sowohl die „bösen“ Töchter als auch Florence mit ihren jeweiligen Verbündeten eine große Suchaktion. Die Spannung wird dadurch erhöht, dass in vier Tagen eine Aufsichtsratssitzung geplant ist, die über die Zukunft des milliardenschweren Konzerns entscheiden soll. Was die Skrupellosigkeit und Grausamkeit von Abigail und Megan betrifft, werden alle Register gezogen. Ihre Kaltblütigkeit und Gewaltbereitschaft erinnert an so manche Figur aus Shakespeares Vorlage. Edward St Aubyn hat in seinem fesselnden Roman nicht nur den Stoff von King Lear geschickt in die Neuzeit versetzt, sondern auch den Fall und die Läuterung eines Menschen, nachdem er auf die nackte Existenz reduziert wurde, stilistisch und dramaturgisch überzeugend umgesetzt.

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Heute erscheint die deutsche Übersetzung des neueste Bandes aus der Hogarth Shakespeare-Reihe: Dunbar und seine Töchter ist Edward St Aubyns Version von Shakespeares King Lear. In Shakespeares Stück beschließt der alte König Lear, sein Reich unter seinen drei Töchtern aufzuteilen. Von der zurückhaltenden Reaktion seiner Lieblingstochter Cordelia erzürnt enterbt er sie, sie verlässt den Hof und Lear übergibt sein Erbe an Goneril und Regan, die im Gegensatz zu ihrer Schwester heuchlerisch und berechnend sind. Sobald diese beiden die Macht in Händen halten, hat jedoch jede Schmeichelei ein Ende und sie versuchen, den alten Herrscher möglichst schnell kaltzustellen. Daraufhin kehrt Cordelia zurück, um ihren Vater zu retten. Unterstützt wird sie dabei vom Earl of Kent, einem treuen Weggefährten des Königs, der ebenfalls in Ungnade gefallen ist. In St Aubyns Version des Stoffes ist die Titelfigur Henry Dunbar, der aus einem kleinen Verlag ein mächtiges Medienimperium aufgebaut hat. Seine Töchter Abigail und Megan haben den 80-Jährigen in ein Sanatorium in Cumbria im Nordwesten Englands verfrachtet, wo er mit Medikamenten vollgepumpt wird, um ihn ruhig zu stellen. Geholfen hat ihnen dabei Dunbars persönlicher Arzt Dr. Bob, der dafür einen Millionenbetrag bekommen hat und den die Schwestern nach Belieben für Liebesdienste zu sich beordern, die für ihn alles andere als ein Vergnügen sind. Während der medikamentensüchtige Arzt Pläne schmiedet, wie er den durchgeknallten Schwestern entkommen und dabei noch weitere Millionen abräumen kann, ist Dunbar die Flucht schon gelungen. Gemeinsam mit dem alkoholkranken Komiker Peter Walker hat er sich aus dem Sanatorium davongemacht, und auf seiner unfreiwilligen Wanderung durch den Lake District wird ihm klar, wie unrecht er seiner Lieblingstochter Florence getan hat, die auf ihren Anteil am Erbe nur deshalb verzichtet hat, weil sie einen bescheideneren Lebensstil anstrebt – wenn der Ausdruck bescheiden für die Bewohnerin eines Apartments mit Ausblick auf den New Yorker Central Park irgendeine Berechtigung haben kann. Mit Dunbars Flucht aus dem Sanatorium beginnt ein Wettlauf darum, wer den alten Mann zuerst findet – die beiden älteren Schwestern oder die aus den USA angereiste Florence, die dabei von ihrem Jugendfreund Chris und dessen Vater Wilson, dem von Dunbar gefeuerten Chef der Rechtsabteilung der Firma, unterstützt wird. Dabei baut sich ein Handlungsbogen auf, der das Buch vom ersten Kapitel an zu einer spannenden Lektüre macht, auch wenn die Zuordnung von Shakespeares Vorlage zu den Tragödien kaum Hoffnung auf ein Happy End macht. Die ohne Längen erzählte Geschichte hat von Beginn an einen surrealen Touch. Peter Walker, der alkoholkranke aber offensichtlich hochbegabte Schauspieler, wechselt im Gespräch ständig die Rolle (sein Repertoire reicht von beflissener Hotelempfangsdame über John Wayne bis zum deutschen Kommandeur) ,und die Grausamkeiten der beiden älteren Schwestern wären auch in einem Quentin-Tarantino-Film nicht fehl am Platz. Gleichzeitig bleiben die Ereignisse aber immer real vorstellbar. Dunbar hat vor seiner Abdankung eine Machtfülle, die der eines Herrschers wie Shakespeares Lear in nichts nachsteht. Er ist nicht nur milliardenschwer, sondern auch der Besitzer eines Medienimperiums, das es ihm ermöglicht, Menschen nach Belieben zu unterstützen und zu zerstören, und der Kampf um die Eroberung und Rückeroberung der Macht findet dort statt, wo heute tatsächlich Imperien geschaffen und zerstört werden – auf den Aktienmärkten. Die Beschreibung bleibt dabei immer auf das Wesentliche beschränkt und ist manchmal symbolhaft, so trägt beispielsweise Dunbars Privatjet den Namen Global One. Auch für die Rivalität zwischen den Schwestern liefert der Autor eine kurze aber plausible Erklärung: Abigail und Megan stammen aus Dunbars erster Ehe und sind beim Vater aufgewachsen, nachdem dieser ihre Mutter bei der Scheidung in eine psychiatrische Anstalt hatte einweisen lassen, Florence ist die Tochter von Dunbars tödlich verunglückter zweiter Frau Catherine. Anders als bei anderen Romanen der Hogarth-Shakespeare-Reihe war es mir hier beim Lesen nicht wichtig, möglichst viele Parallelen zu Shakespeares Stück zu finden, der Roman funktioniert meiner Meinung nach auch als Stand-alone ausgezeichnet. In diesem Zusammenhang würde mich eure Meinung interessieren: lieber genaues Quellenstudium oder unverstellter Blick auf das neue Werk? Edward St Aubin, Dunbar und seine Töchter. Aus dem Englischen von Nikolaus Hansen. Albrecht Knaus Verlag München 2017, 253 Seiten. Ich danke dem Knaus-Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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