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Rezensionen zu
Dunbar und seine Töchter

Edward St Aubyn

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Ohn' Macht

Von: Frau Lehmann

13.03.2018

Ein weiterer Band des Hogarth Shakespeare Projects im Knaus Verlag, der vierte für mich inzwischen. Dabei waren bisher Margaret Atwood, Jeanette Winterson und Howard Jacobson. Herausgekommen sind sehr unterschiedliche Interpretationen von Werken Shakespeares, mal als miterlebte Theateraufführung, mal fast soapartig, mal ein Diskurs zum Judentum gestern und heute, aber immer spannend, interessant oder auch lehrreich. Nun also Edward St Aubyn, einer der besten britischen Schriftsteller derzeit, bekannt dafür, den Finger in Wunden zu legen, die sonst eher im Verborgenen schwelen und kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Er hat "King Lear" gewählt, ein Familiendrama in höchsten Kreisen, also eigentlich für ihn fast ein Heimspiel. Der Medienmogul Dunbar, Vater von drei Töchtern, gibt den Firmenvorsitz an zwei seiner Töchter ab und verstößt die dritte. Diese Entscheidung war falsch, denn Abigail und Megan schieben ihn in ein Sanatorium ab und versuchen, Pläne durchzusetzen, die gar nicht in Dunbars Sinne sind. Dunbar entflieht. Und nun hängt sein Leben davon ab, wer ihn zuerst findet, die ihn liebende Dritte im Bunde, Florence, oder die beiden intriganten Biester, die vor nichts zurückschrecken. St Aubyn hatte definitiv Spass. Megan und Abigail sind die bösen Schwestern Cinderellas, getuned für die heutige Zeit, Karikaturen ihrer Art. Zehen fahren sie lieber anderen ab, statt sie selbst zu verlieren. Ihr Umfeld ist ebenso überzeichnet, der Arzt, der sein eigener bester Kunde ist, der Latino-Bodyguard, der für seine Süße auch mordet. Dagegen bleibt Florence blass. Was soll sie auch machen, sie ist die Gute im Stück und das Gute schillert nie so facettenreich wie der Gegenpart. Das muss auch der Autor so gesehen haben, denn rasanter sind definitiv die Szenen mit den Teufelsschwestern. Dunbar selbst ist gebeutelt, unter Medikamenteneinfluss und verstört von den Ereignissen. Ein armer, alter Mann, dessen Welt zerplatzt ist und der nun versucht,die Scherben zu finden. St Aubyn ist trotz aller Modernisierungen und Anpassungen recht nah am Stoff geblieben, der Fokus bleibt auf der Familie, darauf, was Macht in den falschen Händen ausrichten kann und wie man gerade denen besonders gut weh tun kann, die einem am nächsten sein sollten, zeigt aber auch die Leere, die diejenigen erfüllt, die Macht besessen und verloren haben. "Dunbar und seine Töchter" ist sicherlich das Werk aus der Reihe, das am leichtesten zugänglich ist, für das man eigentlich keine Shakespeare-Kenntnisse braucht, weil es auch eigenständig funktioniert. Keine Werkanalyse, keine anstrengenden Monologe, keine mühsamen Adaptionsversuche. St Aubyn hat einen bösen Unterhaltungsroman über die Medienwelt zum Einen und dysfunktionale Familien zum Anderen geschrieben und ist damit wahrscheinlich sehr nah dran an Shakespeares Intentionen. Gutes Theater, das durch die Darsteller lebt, ohne aus dem Zylinder gezogene Kaninchen, dafür mit einer großen Portion menschlicher Abgründe. Leider allerdings auch mit ein paar Längen. Das Tempo, das das Duo Infernale vorlegt, können die restlichen Mitwirkenden nicht halten. Das ist schade, fällt im Gesamtverlauf aber gar nicht so sehr ins Gewicht. Eine leichtfüssige Umsetzung eines schwerer wiegenden Themas, gute Unterhaltung und dafer definitiv lesenswert.

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Mit Dunbar und seine Töchter findet zusammen, was scheinbar zusammengehört: Edward St Aubyn und William Shakespeare. Dass mich die Idee des britischen Hogarth Verlags, Shakespeares Dramen durch zeitgenössische Autoren in ein modernes Gewand stecken zu lassen, absolut begeistert, habe ich euch ja bereits bei meiner Rezension zu Die störrische Braut (alias Der Widerspenstigen Zähmung) erzählt. Dass sie mit St Aubyn nun einen meiner Lieblingsautoren für das Projekt gewinnen konnten, brachte mich bereits bei der Ankündigung zum Jubilieren. St Aubyn wagt sich – es war nicht anders zu erwarten – an eines von Shakespeares intensivsten Dramen: König Lear. Arbeitete er sich in seiner fünfbändigen Melrose-Saga (bitte unbedingt lesen, gehört zum besten, was die Gegenwartsliteratur zu bieten hat) noch am eigenen Vater ab, widmet er sich mit Henry Dunbar einem fiktiven Übervater. Unsere Lears von heute Man liest ein paar Seiten des kurzweiligen Buches und weiß sofort, wer dieser Lear, wer dieser Dunbar ist. Dazu muss man König Lear nicht gelesen, ja nicht einmal von ihm gehört haben. Man muss dazu auch keine Romane gewälzt oder Filme verschlungen haben. Männer wie ihn finden wir hier. Hier im 21. Jahrhundert. Hier auf dieser Erde. Sie sitzen ganz weit oben und gucken mit kaltem Blick auf die da, auf uns da unten. Und alles, was zählt in ihrer eiskalten Welt, ist das Geld. Für diese Männer gibt es ein Wort: Mogul. Ich habe dieses Buch gelesen und jemanden wie Rupert Murdoch, wie Silvio Berlusconi, ja, wie Donald Trump vor mir gesehen. Dunbar und seine Töchter offenbart uns einen Blick in ihr Inneres und in das ihrer Kinder. Das sind keine schönen Orte. Aber sie schaffen ein gutes Buch. Was Macht mit Menschen macht. Das ist der Kern des Romans. Sie vergiftet alles und jeden, der von ihr umgeben ist. Und wer sie einmal mit den Fingerspitzen berührt hat, vergisst dieses Gefühl nicht mehr, der will sie ganz und gar in Händen halten. Die Fratzen der Macht So geht es auch den beiden ältesten Töchtern des alternden Medienmoguls Henry Dunbar. Abby und Megan wollen die ganze Macht im Konzern des Vaters für sich und lassen ihn mit kaum legalen Mitteln in ein Heim im englischen Lake District einweisen. Während die beiden durch und durch verlogenen, verschlagenen und von der Macht versauten Schwestern sich mit ihren männlichen Angestellten die Zeit vertreiben, bricht Dunbar aus dem Sanatorium aus und schlägt sich mit wirrem Kopf durch die wilde Seenlandschaft. Ein Worst-Case-Szenario für seine Töchter, die ihn mit kreisenden Hubschraubern suchen lassen und gleichzeitig versuchen, das Imperium weiter an sich zu reißen und vor weiteren Betrügern und Feinden zu schützen. Die Luft ist dünn an der Spitze eines Konzerns. Das heißt: Vertrauen, Schwäche und Naivität können sie sich nicht leisten. Deshalb sind die Damen härter als hart. Im Büro genauso wie im Schlafzimmer. Wer sich für das Business entscheidet, tut das mit jeder Faser und verkauft dazu noch seine Seele. Da sie vor der Besatzung an Bord des Flugzeugs nicht offen sprechen konnten, hatten Abigail und Megan die Royal Suite in einem der feinsten Hotels von Manchester bezogen und Dr. Bob eingeladen, sie dort zum Lunch zu treffen. Das Wissen, dass die Schwestern nach immer höheren Dosen der Perversion gierten, um ihre abgestumpften Gelüste zu stimulieren, ermutigte ihn, den Gefahren des bevorstehenden wichtigen Telefonanrufs zu trotzen. Sein Körper, längst entstellt von heftigen Striemen und Kratzern, gelblich verfärben Blutergüssen und neuerdings der frischen schmalen Wundnaht auf seiner Brust, schrie nach Rache. Es kommt noch schlimmer für die schlimmen Schwestern: ihre Halbschwester Florence – einst vom Vater enterbt – betritt nach langer Abwesenheit die Bühne und will sich mit Dunbar aussöhnen. Sie wird zur Endgegnerin für Abby und Megan und für den Leser zu einer angenehmen Verschnaufpause. Florence ist nämlich ein Mensch. Ein Mensch mit klarem Kopf und einem gesunden Gefühlsleben. Eine Tochter, die ihren Vater liebt und ihm helfen will. Ein bisschen zu böse Das Spiel „Gut gegen Böse“ ist eine alte Masche – niemand gibt ihr so viel Kraft und Drama wie Meister Shakespeare. St Aubyn greift sie auf und schleift sie einmal gehörig durch den zeitgemäßen Dreck aus Sex, Drugs und fast ein bisschen wenig Rock’n’Roll. Das liest sich locker und das Wühlen im Schmutz und der zunehmenden Verrohung fast aller Charaktere fühlt sich bisweilen wie das Begaffen einer Katastrophe an: man will wegschauen, aber die Gier ist zu groß. Der Autor spielt mit unserer Lust nach Sensationen – und er weiß ganz genau, was er da tut und wie er es tut. Manchmal trägt er so dick auf, dass es zu gestelzt, zu konstruiert wirkt. Für meinen Geschmack zumindest. Dann sind mir die Bösen ein bisschen zu böse und die Guten ein bisschen zu gut. Vielleicht funktioniert die Tragödie aber auch nur so. Und vielleicht – ja, ich befürchte, es ist so – trägt er noch nicht dick genug auf, um der Realität das Wasser reichen zu können. Dieser Roman passt in diese Zeiten, in denen die Sprache immer roher zu werden scheint und Anstand sich im öffentlichen Raum zum seltenen Phänomen entwickelt. Man erträgt es nicht besser, wenn man ihn gelesen hat. Die „Elite“ – der Schlangenkopf aus Medienkonzernen und Politikern – zeigt hier seine hässlichste Fratze. Aber wer einen Blick hinter die Machtstrukturen von Trump und Co. werfen will, findet hier sein Buch. Das Hässliche kommt poetisch und unterhaltsam daher. Aber Vorsicht: die Bilder, die St Aubyn malt, wird man so schnell nicht wieder los.

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Eines vorweg - das "Original" - Shakespeares König Lear habe ich nie gelesen. "Dunbar und seine Töchter" ist eine moderne Neuinterpretation. Henry Dunbar ist ein alternder Medienzar, ihm gehört ein großer Konzern, er ist Milliadär. Zwei seiner Töchter haben ihn in ein abgelegenes Altersheim abgeschoben mittels Pharmaka ruhig gestellt und versuchen nun auch die Firmenleitung an sich zu reißen. Doch sie haben nicht damit gerechnet, dass ihr Vater und ihre jüngere Halbschwester ihre Pläne durchkreuzen wollen. Denn Dunbar flieht aus dem Heim - die Suche der unterschiedlichen Schwestern nach ihm aus den unterschiedlichsten Gründen gerät zu einem Wettlauf mit Dunbars Leben. Der Roman führt psychologisch die ganze Bandbreite an Abgründen auf. Der alternde Egomane Dunbar, der sich am Ende seines Lebens wandelt, die Boshaftigkeit der älteren Schwestern, deren Grausaumkeiten keine (Schmerz-)Grenzen kennen, die "gute", jüngere Schwester, die den Vater nicht des Geldes wegen sucht, sondern der Familienbande wegen. Der Roman wurde gut geschrieben, die Sichtweisen wechseln, die Gefühle und Gedanken, die Abgründe des (modernen) Menschen werden detailliert ausgeführt. Macht und Mammon, Gier und Ehrgeiz, gepaart mit einer unterirdischen Hemmschwelle erschrecken. Dabei liegt der Schwerpunkt eindeutig auf der "bösen" Seite, die "gute" Seite wird Nebenschauplatz. St. Aubyn weiß sich auszudrücken, die Situationen zu beschreiben, bildhaft, die krankhaften Züge seiner Protagonisten ausleben zu lassen, und dennoch ab und an mal auch Humor durchblitzen zu lassen. Im Laufe des Romanes flacht die Spannung ziemlich ab und manche der Ausführungen waren mir etwas zu ausgebreitet oder auch zu blaß, so dass ich lange schwankte, ob ich drei oder vier Sterne vergeben kann, dennoch, am Ende hat mich das Drama wieder gefangen genommen, so dass ich die 3,5 Sterne, die ich gerne verteilt hätte, gerne aufrunde. Denn eines ist sicher, das Erschrecken über die Abgründe hallt noch lange nach. Fazit: Moderne Neuinterpretation von Shakespeares König Lear. Interessant, psychologisch, durchdacht, detailliert,abgründig - aber gerade dadurch auch anstrengend zu lesen.

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REZENSION INHALT: Henry Dunbar, einer der Protagonisten war zeitlebens ein weltweit operierender, einflussreicher Imperienmogul in der Finanzbranche , der ehrgeizig Geld, Macht und sein Firmenwachstum als Lebensziel ersten Ranges gesehen hat. Mit seiner ersten Ehefrau und den zwei bösartig denkenden und handelnden Töchtern Megan und Abigail, die ihren Vater hassen, hat er ein monströses Familienleben geführt. Die dritte Tochter Florence, aus einer zweiten Beziehung hervorgehend, liebt zwar ihren Vater, aber die Beziehung von Vater und Tochter zueinander ist sehr kompliziert. Diese unguten Familienkonstellationen werden dominiert von kaltem Ehrgeiz nach Macht und Einfluss aller weiteren Familienmitglieder und Geschäftspartner , obskuren und grausamen Bösartigkeiten nach dem Motto *Jeder gegen Jeden* , perversen sexuellen Neigungen und Handlungen, weitab von jedem menschlichen, fürsorglichem Miteinander und Wertschätzung der anderen Person. Alles verändert sich, als der schon etwas verwirrte , alte Henry Dunbar mit seinem Freund Peter versucht, daß von den Töchtern ausgesuchte Pflegeheim für alte , wohlhabende Personen heimlich zu verlassen und dadurch jeder Bevormundung von Megan und Abigail zu entgehen. Während seiner Flucht durchlebt Henry Dunbar eine seelische Veränderung und überdenkt sein Leben. Schmerzlich wird ihm bewusst, dass er ALLES verloren hat was wichtig ist im MENSCH-SEIN und zwar durch eigene Machtgier und Rücksichtslosigkeit,,,, sogar die Zuneigung seiner ihn eigentlich liebenden Tochter Florence,,,,, MEINE MEINUNG: Edward St Aubyn gehört zu den acht bekannten Autoren die beim „Hogarth Shakespeare-Projekt“ des Knaus Verlag mitmachen und indem die Autoren neuzeitliche Fassungen alter Shakespeare Dramen bearbeiten und diese unterschiedlichen Themen in einem eigenen Roman veröffentlichen. Der Autor hat das Drama *King Lear* von William Shakespeare als Vorlage gewählt. Zu Beginn dieser Lektüre war ich etwas durch den doch recht anspruchsvollen und auch kunstvollen Schreibstil des renommierten Autor verunsichert. Ein Buch für den intellektuellen Leser ? DIESEN Eindruck konnte ich einfach nicht abschütteln und loswerden. Nach ca. 80 Seiten hatte ich mich aber eingelesen und dieses zeitlose Familiendrama mit Entsetzen verfolgt. Von Harmonie, Frieden und liebevoller Zuwendung war nichts zu erlesen. Henry Dunbar’s Flucht mit Peter hatte mich beeindruckt und seine Wahnvorstellungen und einsame Flucht durch die kalte, abgelegene Landschaft haben Mitleid mit ihm in mir hervorgerufen. Diese seelische Veränderung durch die Flucht hat der Autor eindrucksvoll dargestellt und war für mich der beste Teil des Romans. Trotzdem konnte ich zu keinem der Protagonisten eine positive Lesebeziehung aufbauen, da mich JEDE Charakterdarstellung abgestossen hat. Das Buch ist halt keine Familiengeschichte im üblichen Sinne, sondern ein grausames Drama über Kaltherzigkeit und Unmenschlichkeit - dem Drama *König Lear* von William Shakespeare eben nachempfunden und spiegelt realistisch unser unmenschliches Finanz- und Gesellschaftssystem und die möglichen Auswirkungen dieser Einflüsse auf die Psyche. Ich war froh, als ich das Buch beendet hatte und möchte es sicher nicht noch einmal lesen oder mich mit diesem Thema beschäftigen. Viele Leser werden dieses Buch sicher anders erlesen und beurteilen und ich hoffe, sie können diese ungewöhnliche Lektüre positiver geniessen als ich. Für mich kann es nur VIER **** STERNE in meiner persönlichen Wertung geben. Dankeschön für das interessante Leseexemplar an den Autor und den Knaus-Verlag in der Random House Group!

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