Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Hexensaat

Margaret Atwood

(15)
(8)
(0)
(0)
(0)
€ 12,00 [D] inkl. MwSt. | € 12,40 [A] | CHF 17,50* (* empf. VK-Preis)

Felix, in eigentlicher Bedeutung „der Glückliche“, hat nicht viel mit seinem Vornamen gemein. Der einst erfolgreiche Theaterregisseur wurde nach dem Tod von Frau und Tochter beruflich ausgebootet und um seinen Job gebracht. Nur der Sinn nach Rache hält ihm am Leben. Dafür lässt sich Felix etwas ganz Besonderes einfallen… Margaret Atwood hat einen faszinierenden „Story-in-Story“-Plot entworfen. Denn Felix‘ Rache orientiert sich an Shakespeares Theaterstück „Der Sturm“. Diesen will Felix tatsächlich inszenieren, aber nicht mit herkömmlichen Schauspielern, sondern mit den Insassen einer Strafanstalt. Diese irrwitzige Ausgangslage meistert Atwood mit viel Einfallsreichtum, einem atemberaubenden Aufbau und viel lakonischen Witz. Nicht nur für Shakespeare Liebhaber ist dieser Roman ein Muss! Felix ist das erfolgreiche Enfant terrible des Makeshiweg-Festivals in Kanada und bekannt für seine Inszenierungen, die gerne Grenzen überschreiten. Ein Genie, das ganz in seinem Beruf aufgeht. Doch private Schicksalsschläge werfen ihn aus seiner Bahn. Zuerst stirbt seine Frau, zwei Jahre später seine Tochter Miranda an einer zu spät erkannten Meningitis. Felix wird von Schuldgefühlen zerfressen. Hätte sich ihr Tod vermeiden lassen, wenn er öfters zu Hause und aufmerksamer gewesen wäre? Um den Verlust zu überwinden, stürzt sich Felix in die bahnbrechende Neuinszenierung von Shakespeares „Der Sturm“, in dem er die gleichnamige Miranda stellverstretend für seine Tochter auferstehen lassen will. Doch dazu kommt es nicht mehr. Sein Assistent Tony, ein opportunistischer Emporkömmling, hat Felix instabile Gefühlslage längst zu seinen Gunsten genutzt. Er bewirkt Felix Entlassung und reißt sich dessen Job unter den Nagel. Gemeinsam mit einem alten Freund aus der Politik müssen sie diesen Coup schon lange geplant haben. Nach Jahren des Rückzugs, scheint Felix dem Wahnsinn zu verfallen. Er lebt als Einsiedler in einer abgelegenen Hütte und spricht mit einer Projektion seiner verstorbenen Tochter Miranda, die er „mitwachsen“ und altern lässt. Oder gönnt sich Felix nur eine wohlverdiente Auszeit als Vorbereitung für einen Gegenschlag? Denn „Rache muss kalt getrunken werden“! Unter dem Pseudonym Mr. Duke nimmt er den Job in einer Strafanstalt an. Er soll dort Theaterkurse halten, um die Lese- und Rechtschreibkompetenzen der Sträflinge zu fördern und ihre Wiedereingliederung zu erleichtern. Durch seine unkonventionellen Methoden wird der Kurs zum Hit und erregt bald Aufsehen. Hoher Besuch seitens der Politik steht an – darunter altbekannte Gesichter, mit denen Felix noch eine Rechnung offen hat… „Der Sturm“ in moderner Form mit den Insassen einer Gefängnisanstalt ist die wahnwitzigste Interpretation, die das Stück jemals erfahren habe dürfte. Hier zeigt sich Atwoods literarisches Können. Der Aufbau orientiert sich am Theaterstück, das natürlich von den Häftlingen entsprechend uminterpretiert, digitalisiert und „aufgepimpt“ wird. Dabei muss Felix einige Hürden meistern: Keiner der bösen Buben will „schwule“ Feen oder jungfräuliche Mädchen spielen. Wenn schon eine weibliche Hauptrolle, dann bitte eine Hexe oder rachsüchtige Königsgattin! Als eine weibliche Schauspielerin dafür engagiert wird, geraten nicht nur die Hormone der Insassen in Wallung. Doch was Felix und seine Truppe mit begrenzten Mitteln und Möglichkeiten auf die Beine stellen, ist schlichtweg großartig. Und verfehlt seine Wirkung am Ende nicht… Margaret Atwood, die 2017 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde, entführt ihre Leser auf eine atemberaubende literarische Inszenierung, die mühelos zwischen Lyrik und Rap, Theater und Literatur, Klassik und surrealistischen, digitalen Spielereien lustwandelt. Atwood ist ein Bravourstück gelungen, das sich nicht nur unterhaltsam liest, sondern auch mit dem nötigen Tiefgang aufwartet. Ihr Titelheld Felix schlüpft zwar in die Rolle des Prospero, steht aber stellvertretend für viele von Shakespeares Titelhelden, die von Rache, Wahnsinn, Eitelkeit, Schuld und Sühne angetrieben werden. Auch die Insassen der Haftanstalt wachsen durch die Inszenierung, entdecken neue Fähigkeiten, gewinnen eine Perspektive. Erhalten am Ende alle ihre Katharsis? Können Literatur und Theater den Menschen vergrößern, ihn über seine Schwächen erheben und zu etwas Besserem machen? Fazit: Unbedingt lesenswert! Die Art wie die preisgekrönte Autorin zwischen Kunstgenres lustwandelt, wie intelligent sie ihre „Story-in-Story“ aufbaut, wieviel Humor sie in die Rachestory einbaut und nebenbei noch die Lust auf Shakespeare weckt – das alles ist den sofortigen Gang in die nächste Buchhandlung wert!

Lesen Sie weiter

Felix ist ein gefeierter Regisseur in der Theaterszene, er leitet ein bekanntes Festival und dort soll auch seine neue Inszenierung von „der Sturm“ aufgeführt werden. Das Stück bedeutet ihm viel, er findet in Miranda seine vor kurzem gestorbene Tochter (selbigen Namens) wieder. Doch bevor das Stück auf die Bühne kommen kann, wird Felix von seinem Assistenten hintergangen und regelrecht abgesägt. Der Assistent klettert ein paar Karrierestufen höher, Felix endet als gefallener Star in einer einsamen Hütte. Doch 12 Jahre später bietet sich die Chance auf Rache. Felix leitet inzwischen eine Theatergruppe im Gefängnis, natürlich unter einem anderen Namen. Die Insassen sollen lernen mit Sprache besser umzugehen und sind mit Feuereifer bei der Sache. Ihre Stücke haben Erfolg und Felix alte Widersacher kündigen sich zu einem Besuch an. Felix kann endlich seinen Sturm aufführen, wenn auch nicht zum Vergnügen der Zuschauer…. Hexensaat ist ein weiterer Titel aus der Shakespeare-Kollektion. Bekannte Autoren interpretieren Shakespeares Werke neu. Mit Hexensaat stellt sich Margaret Atwood der Aufgabe „den Sturm“ in ein neues Gewand zu kleiden. Im Vergleich zu den anderen Büchern aus der Reihe, die ich bisher gelesen habe („der Neue“ von Tracy Chevalier, „die störrische Braut“ von Anne Tyler), geht die Autorin ganz anders an die Sache heran. Sie erzählt nicht die Geschichte neu, sondern setzt das alte Stück in einen anderen Rahmen. Ein Theater im Theater sozusagen. Denn die Gefängnisinsassen verändern den Sturm in ihrer Aufführung nur leicht, machen die Texte etwas moderner und denken sich abgefahrene Kostüme aus. Doch gleichzeitig nimmt auch Regisseur und Schauspieler Felix die Züge seiner Rolle an – er ist Prospero der Hexer, gefangen in seinen Racheplänen und immer besorgt um seine Tochter, die ihn nach ihrem Tod weiter als Hirngespinst begleitet. Das gesamte Stück wird von den Insassen analysiert und bearbeitet. Man erfährt einiges über die einzelnen Rollen, die Intensionen, die Shakespeare vielleicht gehabt haben könnte. Das klingt jetzt wie eine langweilige Theateranalyse in der Schule. Ist es aber ganz und gar nicht, denn der Handlungsrahmen und auch die Charaktere machen dieses Buch sehr lebendig, manches Mal humorvoll und eben auch ein bisschen düster, wie es sich für Shakespeare gehört. Diese neuen Ansätze und Aspekte waren wirklich sehr spannend zu lesen, manchmal vielleicht ein bisschen abgedreht, aber so erwartet man es ja auch aus der Sicht eines genialen Regisseurs. Ich hatte ein bisschen Sorge, ob mir das Buch gefallen würde, da mir der Schreibstil der Autorin in „der Report der Magd“ so gar nicht zugesagt hat. Diesmal jedoch konnte sie mich mit ihrer gekonnten und detailreichen Erzählweise wirklich von der ersten Seite an fesseln. Sie hat sich spürbar mit dem Stück auseinandergesetzt und ihre Freude daran kam bei mir an. Fazit: Eine sehr schöne und abwechslungsreiche Interpretation in einem gelungenen Rahmen. Ich habe das Original von Shakespeare nicht gelesen und kenne das Stück nur in seinen groben Zügen und aus Filmen. Deshalb findet der Kenner bestimmt noch einige Feinheiten und Anlehnungen mehr, die die Autorin in Hexensaat versteckt hat. Aber auch für mich als Leien war das Buch ein großes Lesevergnügen.

Lesen Sie weiter

REZENSION INHALT: Felix, eine etwas exzentrischer, älterer Theaterregisseur wird von seinen Kollegen gemobbt und verliert seinen Job am Stück *Der Sturm* . Seine Adaption an das gleichnamige Drama von William Shakespeare wird ihm rücksichtslos genommen. Er leidet darunter sehr, zieht sich in das Privatleben zurück, lebt sehr lange abgeschieden, einsam und ärmlich in einer Hütte. Er ändert sogar seinen Namen. Nach einigen Jahren des Dahinsiechen ohne Lebensperspektive nimmt er einen Job als Theatermacher in einem Gefängnis an. Ungeahnte Möglichkeiten während seiner Arbeit als Regisseur tun sich für ihn auf. Er möchte mit den Gefangenen *Der Sturm* proben und aufführen. Zufällig bekommt er die Gelegenheit zum Kontakt zu seinen damaligen Widersachern und nun arbeitet er zielstrebig nur auf eines hin. Rache auszuüben an den ehemaligen Kollegen,,,,,, MEINE MEINUNG: Diese ganz besondere Art der Erzählform, eine Umarbeitung (Adaption) eines literarischen Stückes in eine andere Umgebungs - und Zeitform hat mich absolut fasziniert. Margaret Atwood hat in ihrer Erzählform das Niveau von William Shakespeares Dramen gespiegelt und für unser heutiges Leseverständnis perfekt dargestellt. Das Buch liest sich flüssig,angenehm und erzeugt viele Bilder im Kopf. Mit leiser, humorvoller Erzählkunst bringt Margaret Atwood dem Leser die Gestalt des Felix ( bei Shakespeare Prospero) sehr nahe und stattet seinen Charakter mit sympathischer Gerissenheit und Schläue aus. Man leidet mit ihm und wünscht sich sogar, dass seine Rachepläne , mit denen er es seinen Kollegen heimzahlen möchte, in Erfüllung gehen. Stimmungsvoll beschreibt die Autorin die Gefängnisatmosphäre , die Charaktere und Möglichkeiten der Insassen zum Schauspielern, Fähigkeiten , die von Felix intelligent auf den jeweiligen Menschen-Typ zugeschnitten werden. *Hexensaat* ist eine superschöne Hommage von Margaret Atwood an den grossen William Shakespeare und steht an Dramatik und Bildhaftigkeit dem Stück des grossen Meisters in nichts nach. Wer möchte, kann am Ende des Buches vorher eine kurze Inhaltsangabe des Originalstückes *Der Sturm* von Shakespeare zum besseren Verständnis des Buches erlesen, aber das ist absolut nicht zwingend. Lasst Euch unvoreingenommen auf dieses tolle Meisterwerk und die Ausführungen von Margaret Atwood ein und ihr werdet einige wundersame, interessante, ganz andere Lesestunden, weitab vom Mainstream erleben,,, Meine Wertung: FÜNF ***** Sterne für dieses grossartige Buch! Herzlichen Dank an die Autorin und den Knaus-Verlag für dieses grossartige Leseexemplar!

Lesen Sie weiter

Das steht drin Felix bringt als Theatermachen die grandiosesten, gewagtesten Stücke auf die Bühne. Seine nächste Inszenierung soll Shakespeares "Der Sturm" werden. Sie soll ihm auch dabei helfen, über eine private Tragödie hinwegzukommen. Doch seine Mitarbeiter und engsten Vertrauten bringen ihn auf hinterhältige Weise um seinen Posten. Felix zieht sich zurück. Viele Jahre später sieht er seine Chance auf Rache endlich gekommen. Kritik "Hexensaat" von Margaret Atwood reiht sich als vierte Erscheinung in das Hogarth Shakespeare Projekt ein. Hogarth Press wurde 1917 von Virginia und Leonard Woolf gegründet. Das Label setzte es sich zum Ziel, die besten neuen und zeitgenössischen Autoren zu veröffentlichen. Mit dem Shakespeare-Projekt wagen sich insgesamt acht Autorinnen und Autoren an Neuerzählungen von Geschichten des Barden. Margaret Atwood hat sich mit "Hexensaat" an Shakespeares Sturm herangewagt. Wer mit ihren Werken bisher nicht vertraut ist, könnte sich nun sicher irgendwie zynisch dazu äußern, dass wir alle Jahre wieder mit Neuerzählungen und Nacherzählungen von Werken von Shakespeare und Austen geflutet werden. Doch Margaret Atwood ist als Autorin nicht zu unterschätzen. Sie verwandelt den Sturm in eine wilde Achterbahnfahrt, bei der man als Leser kaum die Augen von den Seiten lösen kann. Ihr Meisterstück in diesem Buch ist sicherlich die Hauptfigur Felix, der natürlich dem Prospero aus Shakespeares Sturm nachempfunden ist. Felix ist stellenweise haarsträubend dämlich und teilweise wirklich unerträglich. Atwood hat mit ihm eine bitterböse Karikatur der Theatereliten geschrieben, die ein Stück gar nicht abgedreht genug sein lassen können. So will er, dass Ariel (der Luftgeist aus dem Originalstück) von einem Transvestiten auf Stelzen gespielt wird, der sich irgendwann in ein Glühwürmchen verwandeln soll. Für alle Figuren hat er solche Ideen, und wer die Aussage dahinter nicht versteht, nun, der ist eben einfach ein Idiot. Und trotzdem fiebert man am Ende mit ihm mit, wünscht ihm den Erfolg und die Möglichkeit, seine Rache auszuüben. Denn hinter all dem Wahnsinn, den er mit seinem Sturm auf der Bühne entfesseln will, steckt am Ende doch nur der Wunsch, sein verlorenes Kind wenigstens auf der Bühne wieder ins Leben zu holen, und wenn es nur für einen Moment ist. Felix als Charakter ist extrem instabil und schwankt permanent zwischen verschiedenen Extremen, und ihm immer weiter in diesen wirren Kaninchenbau zu folgen, ist absolut unterhaltsam. Margaret Atwood schafft es ebenfalls, das durchaus von magischen und fantastischen Elementen durchzogene Stück in unsere Zeit zu verlegen. Mit Shakespeare hat man dort ja häufiger ein Problem. Seine Dramen mögen da zugänglicher sein, doch wie erklärt man heutzutage Luftgeister und die anderen Kreaturen, die im "Sturm" auftauchen? Atwood integriert ein Stück in das Stück, über welches sie schreibt, was ganz in der Tradition von Shakespeare selbst steht. Problematisch für den Leser wird dies höchstens am Ende, und dann auch nur, falls er oder sie bisher den "Sturm" nicht gelesen hat. Denn wenn wir davon ausgehen, dass Felix als Prospero sein Reich mit Magie im Zaum hält, dies aber nicht auf die Zuschauer des Stückes übergreift, dann bleiben die Motivationen einiger Figuren im Buch undurchsichtig. In diesem Fall sind wir die Zuschauer, und einige der Figuren handeln irrational. Dem Lesevergnügen tut dies aber keinen Abbruch, insofern man sich darauf einlassen will. Margaret Atwood liefert eine ideenreiche Neuerzählung mit einem detailliert ausformulierten Protagonisten, bei dem man nie so richtig weiß ob man ihn nun lieben oder verabscheuen soll. Zahlreiche Seitenhiebe auf kulturelles Geschehen und zeitgenössische Themen als solche sind ebenfalls untergebracht und werden mit der für Atwood typischen, scharfen Zunge vorgetragen. Wie auch schon beim Originalstück bleibt am Ende aber die Frage, was mit den Figuren passiert, sobald der Zauber der Insel sich gelöst hat. Hier bieten beide Geschichten ein offenes Ende, und ich frage mich, ob eine Weitererzählung, anstelle einer Nacherzählung, nicht vielleicht sogar noch spannender gewesen wäre. Denn eins ist nach "Hexensaat" klar: Atwood und Shakespeare sind eine überaus spannende Kombination. Fazit "Hexensaat" von Margaret Atwood bietet kurzweiliges Lesevergnügen sowohl für Kenner von Shakespeares Werk, als auch für Neueinsteiger. Geschickt transportiert sie die Geschichte in die heutige Zeit und geizt nicht mit zahlreichen Rundumschlägen. Ein Buch, welches ich kaum aus der Hand legen konnte und ehrlich gesagt auch gar nicht wollte, so fesselnd ist es geschrieben.

Lesen Sie weiter

The Tempest (Der Sturm) gehört nicht zu den Theaterstücken William Shakespeares, deren Handlung jeder kennt, aber in Hag-Seed (Deutsch: Hexen-Saat), Margaret Atwoods Romanversion des Stücks für das Hogarth Shakespeare Project, wird uns diese Handlung gleich in zweifacher Weise näher gebracht: sie dient als Vorlage für den Roman und sie begegnet uns als das Theaterstück, an dessen Inszenierung die handelnden Personen freiwillig und weniger freiwillig mitwirken. Die kanadische Autorin erzählt die Geschichte von Theatermann Felix Phillips. Schwer angeschlagen vom Verlust seiner Frau und seiner dreijährigen Tochter war er mitten in den Vorbereitungen zu einem seiner Geniestreiche, einer modernen Inszenierung von Der Sturm, als ihm sein zuvor immer eifrig kooperativer Assistent Tony Price eröffnete, dass er als künstlerischer Leiter des von ihm gegründeten Theaterfestivals gefeuert und Tony selbst sein Nachfolger sei. 12 Jahre später ist Anthony Price Kulturminister und Felix Phillips unter falschem Namen Leiter einer Theatergruppe eines Gefängnisses in der Nähe von Toronto. Zur nächsten Aufführung hat sich nun der Minister als Gast angekündigt. Der Augenblick der Rache ist gekommen. Margaret Atwood erzählt die Geschichte in der dritten Person, aber weitgehend aus Felix‘ Perspektive. Felix liebt das Theater, dem er alles andere unterordnet, er liebt seine Tochter Miranda, die er in den letzten 12 Jahren an seiner Seite hat aufwachsen sehen, obwohl sie als Dreijährige an einer zu spät behandelten Gehirnhautentzündung gestorben ist, und er liebt sich selbst als den großen Theatermann. Sein Agieren und seine Gedankengänge bei der Vorbereitung und Durchführung seines Plans lassen erkennen, dass er sich immer noch für einen genialen Regisseur hält, einen, der genau weiß, was er will, der in der Lage ist, Menschen zu motivieren und zu lenken und sie so zu perfekten Mitwirkenden in seiner nun endlich umgesetzten Inszenierung zu machen. „Das Theater ist keine Republik“, sagt Felix, „es ist eine Monarchie. Und ich bin der König.“ Natürlich lässt sich die Frage stellen, wie glaubhaft es ist, dass eine Gruppe Gefängnisinsassen Felix‘ Racheplan widerspruchslos und weitgehend fehlerfrei umsetzt, aber von dieser Einschränkung abgesehen sind die Charaktere und auch die Geschehnisse ebenso wie die Rahmenbedingungen, die Felix im Gefängnis vorfindet, durchaus realistisch gezeichnet, in einer nüchternen, präzisen und knappen Sprache, so, als wäre es ein Bericht von einer militärischen Operation. Dadurch bleibt der nicht ganz unkomplizierte Plan verständlich, ohne dadurch vorhersehbar zu werden. Als Zuschauerin aus den Kulissen war ich von der Aufführung streckenweise genauso überrascht wie der Minister und seine Begleiter, streckenweise habe ich, zumindest vorausahnend, was da jetzt kommt, schon im Vorhinein vor Vergnügen und Schadenfreude gegrinst, und nach Ende der Vorstellung konnte ich dem Regisseur und seiner Truppe vorbehaltlos applaudieren. Die Illusion ist gelungen, die Magie des Stücks hat auch 400 Jahre nach Shakespeare noch gewirkt.

Lesen Sie weiter

Felix Phillips steckt mitten in den fieberhaften Vorbereitungen zur Aufführung von William Shakespeares Stück "Der Sturm", als ihn eine infame Intrige seines engsten Mitarbeiters Tony vom Posten des künstlerischen Leiters des Theaterfestivals in Makeshiweg fegt. Der "heimtückische, hinterhältige Scheißkerl Tony" hatte langsam aber stetig Felix' Stellung an der Spitze des Theaterfestivals untergraben und ihn dann schließlich vom sprichwörtlichen Sockel gestoßen. Selbstredend, um ihn postwendend selbst zu besteigen. Für Felix bricht eine Welt zusammen. Die Inszenierung von Shakespeares "Der Sturm" war, nach dem tragischen Verlust seiner geliebten Frau und der gemeinsamen Tochter Miranda, zu seinem einzigen Lebensinhalt geworden. All seine Kraft, all seine verbliebene Energie richtete er auf diese Inszenierung. "So viel ist gewiss, dass jemand, der Rache brütet, seine eigenen Wunden frisch erhält, die sonst heilen und verharschen würden.", lauten die dem Roman vorangestellten Worte von Sir Frances Bacon. Und Felix Phillips sinnt auf Rache an seinen Usurpatoren. Atwoods Spiel beginnt: Felix, der in seiner Inszenierung von "Der Sturm" den Prospero spielte wollte, zieht sich nach seinem Sturz vollkommen vom Leben zurück. Er mietet eine Art Höhle als Wohnstatt, verliert sich zunehmend in Phantasmen um seine verstorbene Tochter Miranda und hegt und pflegt seinen tiefsitzenden Groll. Doch dann, eines Tages, bietet sich ihm die perfekte Gelegenheit Rache zu nehmen. Margaret Atwood adaptiert Shakespeares "Der Sturm" meisterlich. Während in Hexensaat die Inszenierung und Aufführung des Theaterstücks eine zentrale Rolle spielt, spiegelt Atwood die Handlung des Stücks auf einer zweiten, sehr gegenwärtigen Ebene. Felix Phillips wird zu einem Pendant von Shakespeares Prospero, die Theaterwelt wird zu dem Herzogtum Mailand, aus dem Prospero mit seiner Tochter Miranda vertrieben wird, seine Höhle und seine neue Wirkstätte werden zu Prosperos Insel. Nahezu alle Rollen aus "Der Sturm" finden Eingang in "Hexensaat". Atwood ist eine Meisterin ihres Handwerks: Nicht nur Prospero, Miranda und Anton(y)io sind in der gegenwärtigen Handlung glaubwürdig gezeichnet - oder, um im Theaterjargon zu bleiben: besetzt - sondern auch die Randfiguren, wie etwa Caliban oder Ariel, fügen sich nahtlos in die Handlung ein. Inhaltlich, wie sprachlich ist Atwood mit "Hexensaat" ein Glanzstück gelungen. Das Buch steckt voller Witz, voller Satire. Die Beschreibungen von Felix' Leiden, seinem Groll und seiner Einsamkeit sind rührend, aber nicht pathetisch. Die Passion, welche die kanadische Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin für den ursprünglichen Stoff hegt, ist in jede Romanzeile eingewoben: "Der Sturm ist eigentlich ein frühes Multimedia-Stück. Ich bin sicher: Würde der Barde heute leben, so würde er alle Special Effects nutzen, welche die Technologie inzwischen zu bieten hat. Außerdem war dieses Stück für mich besonders verlockend, weil Shakespeare hier so viele Fragen einfach offen lässt. Was für ein - anstrengendes! - Vergnügen es doch war, sich damit auseinanderzusetzen." Wenn Felix Phillips über Prospero referiert, ihn interpretiert, sein Denken und seine Handlungen darlegt, und auf diese Weise indirekt über sich selbst spricht, ist das grandios. "Hexensaat" weist zudem mehrere Zeitebenen auf und der Prolog, so viel sei verraten, hat es in sich: "Absolute Finsternis. Lärmendes Durcheinander außerhalb des Raums. Geschrei. Schüsse fallen. STIMME AUS DEM PUBLIKUM: Was ist los? STIMME VON DRAUSSEN: Abriegelung! Abriegelung! STIMME AUS DEM PUBLIKUM: Wer hat hier das Sagen? Drei weitere Schüsse." Neben aller sprachlichen Raffinesse und Atwoods großer Erzählkunst macht auch die Frage welche Form der Rache Felix' für seine Widersacher auserkoren hat das Buch zu einem grandiosen Pageturner. Kaum hatte ich "Hexensaat" ausgelesen, begab ich mich auf die Suche nach weiterer Lektüre aus der Feder von Margaret Atwood. Viele Stimmen empfahlen "Der Report der Magd" (1985), den Roman, der Atwood bekannt bekannt gemacht. Er fiel mir im Antiquariat für einen Spottpreis in die Hände. Thematisch finde ich jedoch den Roman "Der blinde Mörder" (2000), für den Atwood den Brooker Price gewann, weitaus spannender. Beide Romane reihen sich nun in die Schlange der unbedingt zu lesenden Bücher ein. Aber "Hexensaat", herrje, ein so tolles Buch. Ob das zu toppen ist? Unbedingte Leseempfehlung!

Lesen Sie weiter

Er ist ein großer Theatermacher. Und er hat ein noch größeres Leid zu tragen. Eine gute Idee somit, das Leid zu bearbeiten und zu verarbeiten, indem er das tut, was er am besten kann. Ein Stück zur Aufführung bringen. „Die Ärzte taten, was sie konnte. Jede Plattitüde wurde aufgefahren“. Doch das wird eine ungeahnte Pause von 12 Jahren bedürfen und dann auch an einem Ort und mit „Schauspielern“ langsam, aber sich Gestalt annehmen, die sich Felix Philips so nicht vorher gedacht hätte. „Dieser heimtückische, hinterhältige Scheißkerl“. Und das ist er. Der vormalige Vertraute und aktuelle Verräter und Karriererist. Wobei es ganz gut ist, dass 12 Jahre vergangen sind. Vielleicht kann er so eine Weile noch unerkannt bleiben auf seinem Weg der „Rache“ einerseits und der „inneren Wiederbelebung“ andererseits. Vielleicht wird „Der Sturm“ von Shakespeare ihm Gelingen, ganz vielleicht sogar echten Frieden bringen. Und während man dem Unglück des „Felix“ (lateinisch: „Der Glückliche“ folgt, miterlebt, wie er mitten im Schaffen „ausgebootet“ wird und umgehend ein „Refugium“, eine „Insel“ findet, erinnert man sich, dass in Shakespeares „Der Sturm“ der Held Prosperos auch 12 Jahre auf einer Insel verbrachte. Und ebenfalls zuvor von einem engen Vertrauten, im Sütck vom eigenen Blut, und, wie im Buch nun auch, von je dessen „Gönner“ zunächst gründlich aus dem Spiel genommen wird. Atwood gestaltet das Buch wie die Handlung wie das zur Aufführung kommende Stück im Buch im Gesamten nach „Der Sturm“. Verlegt die Handlung in die „moderne Welt“ und ist wunderbar in der Lage, sowohl die formalen Aspekte (Orte, Personen und Ereignisse“ völlig neu zu füllen und je zu übertragen, wie sie sorgsam auch der inneren Dramatik des Stückes nachgehet, hier das Leiden ihres Felix ein wenig steigert, dort die „Insel“ ein wenig glättet und so alle Protagonisten in bester Weise Schritt für Schritt „antreten“ lässt zur großem Aufführung und zum ebenfalls wunderbar passend gestaltetem Finale. Mit all de Bildern eines realen Gefängnisses, eines inneren Gefängnisses (Trauer), eines inneren Exils, mit den Mitteln der Täuschung, der Illusion, der Doppelbödigkeit agieren alle Beteiligten. Atwood in ganz klarer und mitreißender Sprache, Shakespeare im Aufbau seines Stückes und an dessen Ende mit der Bitte um Applaus und damit Erlösung aus der Unsicherheit und Felix mit seinem Weg zur neuen Reputation, vor allem aber zum inneren Frieden in seiner Trauer. Die ihn in Kontakt zur „Geisterwelt“ bringt und erst am Rande des Wahns ihn in die Welt zurückführt. Geändert, aber nicht geläutert, zunächst. „Lavinia, Julia, Cordelia, Perdita, Marina. All die verlorenen Töchter. Einige von ihnen wurden wiedergefunden, warum nicht auch Miranda“? Was dennoch schwer erden wird, denn Töchter können ja auf verschiedene Weise verschwinden. Und je nachdem den Vater vor fast unlösbare Aufgaben stellen. Was wiederum den Leser interessiert, animiert, sich der Frage mit anzuschließen,, ob und wie das Felix im Buch wohl unter diesen konkreten Umständen gelingen kann. Und so spielt es am Ende keine Rolle, ob Insel oder Gefängnis, ob Unwetter oder Schneesturm, ob lebendig oder tot, ob Bruder oder Günstling, eng folgt Atwood dem Faden des Stückes und jede Seite kündet von ihrer gelungenen Mission, den Geist Shakespeares in die moderne Welt zu übertragen. Ein hervorragender Roman mit vielen Ebenen, ebenso vielen menschlichen Erkenntnissen, sprachlich hervorragend umgesetzt und mit einigen eigenen Schwerpunkten versehen.

Lesen Sie weiter

Hexensaat

Von: Manuela Hahn

18.07.2017

Inhalt: Der exzentrische Theaterregisseur Felix ist der Star eines bedeutenden Festivals, seine Inszenierungen locken die Massen in die Vorstellungen. Bis nach dem Tod seiner Frau und dem kurz darauf folgenden Tod seiner kleinen Tochter, sein engster Vertrauter gegen ihn intrigiert und er noch vor der Uraufführung seines nächsten Stückes "der Sturm" von Shakespear entlassen wird. Mit diesem Stück wollte Felix den Tod seiner kleinen Tochter Miranda verarbeiten, sein Kind ein stückweit unsterblich werden lassen. 12 Jahre später, in denen Felix allein in einer kleinen abgelegen Hütte lebt und mittlerweile als Schauspiellehrer unter dem Namen Mr. Duke, an einem Gefängnis arbeitet, bietet sich ihm die Gelegenheit zur Rache. Meine Meinung: Margaret Atwood schrieb dieses Buch im Rahmen eines Projekts, das der Verlag Hogarth Press anlässlich Shakespears 400. Geburtstag ins Leben gerufen hatte. Die deutsche Umsetzung realisiert der Knaus Verlag. Aufgabe der Autoren war es ein Stück des berühmten Schriftstellers zu adaptieren, es in die heutige Zeit zu holen. Meiner Meinung nach ist dies der Autorin hervorragend gelungen, sofern ich das beurteilen kann, denn leider muss ich zugeben das mir dieses Stück vollkommen unbekannt war. Eine Zusammenfassung des Stückes am Ende des Buches, half mir aber sehr. Felix Phillips, stand meiner Meinung nach zu Beginn des Buches am Rande des Wahnsinns und so erschien es mir logisch, das sein Vertrauter Tony die Gelegenheit ergriff um ihn aus seiner Position entfernen zu lassen, geschickt machte er sich Felix Kummer und Schmerz zunutze. Und auch im Laufe seines selbst gewählten Exils gesundete Felix nicht, sondern badete in Selbstmitleid. In seiner Vorstellung lebte seine Tochter mit ihm in der Hütte er ließ sie in seiner Vorstellung sogar älter werden. Erst die Arbeit mit den Häftlingen gab dem Regisseur neuen Halt. Margaret Atwood hat den Focus eindeutig auf Felix gelegt und so blieben die weiteren Protagonisten leider etwas blass. Nichts desto trotz bekommt Hexensaat eine absolute Leseempfehlung von mir. Es hat Spaß gemacht eine alte Geschichte in neuem Gewand zu lesen und bestimmt werde ich auch noch eine weitere Adaption lesen, vielleicht die eines Stückes das mir auch bekannt ist, die Auswahl ist ja groß genug: Jeanette Winterson „Das Wintermärchen“ neu mit „Der weite Raum der Zeit“ Howard Jacobson „Der Kaufmann von Venedig“ neu mit „Shylock“ Anne Tyler „Die Widerspenstige Zähmung“ neu (Herbst 2016) Margaret Atwood „Der Sturm“ neu (Frühjahr 2017) Jo Nesbø „Macbeth“ neu (Herbst 2017) Tracy Chevalier „Othello“ neu (Frühjahr 2018) Edward St. Aubyn „König Lear“ neu (Herbst 2018) Gillian Flynn „Hamlet“ neu (Herbst 2018)

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.