Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Anna und der Schwalbenmann

Gavriel Savit

(7)
(10)
(2)
(1)
(1)
€ 9,99 [D] inkl. MwSt. | € 10,30 [A] | CHF 14,50* (* empf. VK-Preis)

Wie einem Kind das Grauen des Nationalsozialismus, überhaupt das Leid von Krieg und Mord, von menschlicher Grausamkeit erklären? Das heutige didaktische Problem überträgt Gavriel Savit in seinem Jugendbuch „Anna und der Schwalbenmann“ in den Text selbst. Wie einem kleinen Mädchen erklären, dass der Vater einfach verschwindet, weil die Nazis ihn als Angehörigen der intellektuellen Elite ermordet haben? Die Antwort, die dieser poetische Roman gibt, ist so bedrückend leicht wie erhaben schwer: Mit Geschichten. Gavriel Savit nimmt uns mit in die Zeit des Zweiten Weltkrieges und zeigt uns fernab der großen Städte und Straßen, inmitten der Einsamkeit der Wälder und Wanderwege umso eindrücklicher, wie existenziell bedrohlich der Mensch dem Menschen werden kann, wie einsam wir alle sind und wie schwer es ist, Mensch zu bleiben, trotz allem. Die Handlung beginnt 1939 in Krakau. Anna ist ein Intellektuellenkind und wächst in der multikulturellen Atmosphäre einer bunten Weltstadt auf. Mal spricht sie deutsch, mal jiddisch, mal polnisch, mal französisch. Die Freunde des Vaters sind auch ihre Freunde, die Welt ist ein Sammelsurium spannender Menschen mit eigenen Geschichten und bunten Erlebnissen. Bis ihr Vater sie eines Tages bei einem befreundeten Apotheker lässt und nicht zurückkehrt. Der Apotheker will Anna jedoch auch nicht beherbergen. Er ist Deutscher, das Kind eines Ermordeten will er offensichtlich nicht bei sich unterbringen. Welche Ethnizität Anna selbst hat, wird nie deutlich, sie weiß es selbst nicht, genauso wenig wie sie weiß, wohin sie gehen soll, nachdem sie stundenlang von der abgeschlossenen eigenen Wohnungstür gesessen hat. Schon hier wird auf wundersame Weise die Absurdität ethnischer Zugehörigkeiten deutlich und gleichsam die (vermeintliche) Sicherheit, die sie manchen vermitteln gespiegelt. Ganz ohne dass es klar ausgesprochen würde. Anna ist verzweifelt und hat Angst. Doch dann passiert ein kleines Wunder: Auf der Straße, vor der Apotheke, trifft sie einen leicht unheimlichen, mysteriösen Mann, der genau wie sie die Sprachen wechseln kann wie Kleider und der sogar mit Vögeln spricht. Er lockt eine Schwalbe zu sich, um Anna zu trösten. Und Anna weiß plötzlich, was zu tun ist. Sie folgt dem Schwalbenmann. Geschichten und Identitäten und wir: Dazwischen Der Schwalbenmann ist ein Rätsel für Anna und er wird es das ganze Buch über bleiben, doch eines erkennt Anna intuitiv von Beginn an: So, wie eine Tochter nicht ohne Vater sein kann, so kann auch ein Vater nicht ohne Tochter sein. Die gemeinsamen Verluste schmieden die beiden aneinander, der Schwalbenmann und Anna wandern durch Polen, Jahre vergehen und in kurzen Sätzen gelingt es Savit, die historischen Hintergründe einzuflechten, während er ansonsten beschreibt, wie Anna langsam erwachsen wird und doch in einer Welt der Geschichten lebt. Wie sie dabei bleibt, die Nazis als Wölfe und die Sowjets als Bären zu betrachten, ganz so, wie der Schwalbenmann es ihr von Beginn an erklärt hat. Wie sie durch die Geschichten des Schwalbenmanns ihren eigenen Namen verliert und doch nicht verloren geht, bis eines Tages die Frage im Raum steht, ob es wirklich möglich ist, ein einziges Menschenleben gegen viele aufzurechnen. Und ob wir, wenn wir einmal unsere Maske haben fallen lassen, wieder zurückkönnen in die Rollen, die wir uns selbst gesucht haben. Vom Wert eines Menschenlebens Gavriel Savit erzählt vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Besatzung in Polen eine berührende Geschichte von Menschenwürde und Anstand, die so philosophisch wie poetisch ist und an vielen Stellen so grausam und buchstäblich herzzerreißend, dabei so ruhig und nachdenklich, dass es weh tut. Aufgrund der hohen Abstraktion ist die Empfehlung des Verlages ab 14 Jahren sicherlich sinnvoll, zumal der historische Kontext wirklich nur en passant geliefert wird. Weiterführende Hinweise finden sich nicht am Ende des Textes. Dennoch sei dieser Roman wärmstens empfohlen. Eben gerade, weil der historische Rahmen so selbstverständlich erzählt wird, ist er umso eindrücklicher präsent und zugleich viel näher an uns dran, als gelegentlich lieb ist. Die Rätselhaftigkeit der Charaktere lässt uns über uns selbst rätseln, das Fehlen von Schwarz und Weiß-Malerei, von eindeutigem Böse und Gut macht das Rätsel noch schwerer. Was sind die Dinge die uns leiten, wer wollen wir sein, wie können wir das Elend der Welt ertragen? „Anna und der Schwalbenmann“ lädt ein, darüber nachzudenken. Gestaltung 5/5 Sprache 5/5 weiterführende Tipps 0/5 Handlung 5/5 Gavriel Savit: Anna und der Schwalbenmann. Mit Illustrationen von Laura Carlin. Aus dem Amerikanischen von Sophie Zeitz-Ventura. Ab 14 Jahren. ISBN 978-3-570-16404-4. München: cbt 2016.

Lesen Sie weiter

Wunderbares Buch mit fantastischem Schreibstil

Von: Clarry aus Reutlingen

15.07.2016

Ich habe schon so viele Bücher gelesen, aber ich muss sagen, dass dieses Buch eines der besten ist, das ich je gelesen habe. Die Gabe von Gavriel Savit, mit Worten umzugehen, ist schlicht und einfach atemberaubend. Der Schreibstil hat mich in eine andere Welt verführt, und so gerne habe ich das Buch aufgeschlagen und mich ihm hingegeben... Es ist definitiv ein Buch mit geschichtlichem Hintergrund der anderen Art. Der dunkle und erdrückende Schatten des Krieges liegt zwar über der Geschichte, aber er steht nicht im Vordergrund. Das ist ein Faktor, der das Buch zu etwas ganz Besonderem macht. Ich kann es nur weiterempfehlen, es ist wunderbar, es zu lesen!

Lesen Sie weiter

1939, Krakau: Anna ist gerade einmal sieben Jahre alt, als die Deutschen ihren Vater, einen jüdischen Intellektuellen mitnehmen. Das junge Mädchen versteht nicht aus welchem Grund, sie versteht nur, dass sie nun alleine ist. Auf ihrer Suche nach einer Unterkunft bei Bekannten trifft sie den Schwalbenmann. Der große, hagere Mann ist geheimnisvoll, charismatisch, unglaublich klug und spricht faszinierend viele Sprachen, was Anna an ihren verschwundenen Vater erinnert. Bei ihrer ersten Begegnung imitiert der Unbekannte Vogellaute und lockt damit eine Schwalbe für Anna an. Von aufkeimender Hoffnung geleitet, folgt Anna dem Schwalbenmann auf seinem Weg und schließt sich dem Überlebenskünstler an. Er zeigt ihr, wie man von den Städten fernbleibt, sich im Wald ernährt und vor allen versteckt, um in einer Welt voller tödlicher Feindseligkeit am Leben zu bleiben. Doch in einer Welt, die am Abgrund steht, kann alles gefährlich werden, ein falscher Blick oder ein dummes Wort kann den Tod besiegeln und auch der Schwalbenmann selbst kann zu einer tödlichen Gefahr werden. "Anna und der Schwalbenmann" ist einer von vielen Romanen über die Zeit des Nationalsozialismus und doch so anders. Es ist ziemlich rätselhaft und trotz des schwierigen Themas ein wunderschönes Werk, das man gelesen haben muss, weshalb es von mir fünf Sterne bekommt. Das Buch bringt einen zum Lachen und zum Weinen, man fiebert mit Anna und ihrem Begleiter mit und folgt dem Verlauf der Geschichte wie einem rauschenden Fluss. Zunächst plätschert dieser leise und ruhig dahin, um einige Meter weiter zu einem gewaltigen Strom anzuschwellen und alles mit sich zu reißen, was in nächster Nähe steht. Genauso verhält es sich mit Annas Reise durch die Wälder Polens auf der Flucht vor dem zweiten Weltkrieg. Gemeinsam mit dem geheimnisvollen Schwalbenmann, den sie zugleich fürchtet und wie einen Vater liebt, durchquert sie das ganze Land und trifft dort Freunde und Feinde, wobei sie letztere mehrmals mit gewitzten Tricks überlisten. Doch ihr neues Leben ist anstrengend und nicht nur von schönen Erlebnissen geprägt, denn Anna muss viele schlimme Dinge mit ansehen und der ohnehin wortkarge Schwalbenmann spricht teilweise tagelang kein einziges Wort. Schließlich treffen die beiden Reisenden auf den liebenswerten und lebenslustigen Reb Hirschl, einen Juden, der dem Wodka sehr zugeneigt ist und Klarinette spielt. Von nun an lernt Anna die Welt nicht nur durch die Augen des Schwalbenmanns, dessen wahre Identität bis zum Ende des Buches ungeklärt bleibt und sich nur durch dezente Andeutungen erahnen lässt, sondern auch durch die des Juden kennen. Doch eines Tages verändert sich der Schwalbenmann und wird zu einer unkalkulierbaren Gefahr. Nachdem Anna, die zu Beginn der Geschichte ein kluges aber dennoch sehr kindliches Mädchen war, nun die einzige Konstante in ihrem Leben verloren hat, muss sie schnell erwachsen werden, um sich und den Schwalbenmann zu retten. Dieses Buch zeichnet sich durch die fesselnde Geschichte und die ausdrucksstarken Charaktere aus, doch das Highlight ist unumstritten die einzigartige Sprache. Gavriel Savit schafft es mit wenigen Worten eine Atmosphäre zu schaffen, die einen tief berührt und die Gefühle der fliehenden Anna nachempfinden lässt. Seine Erzählweise ist so literarisch, poetisch, sanft und doch auf eine gewisse Weise schmerzhaft ehrlich. Folgender Textausschnitt zeigt die einmalige Art zu Erzählen sehr deutlich und hat mich tief berührt: "Enttäuschung war schwer, aber sie ließ sich in einen Koffer packen – sie hatte gerade Kanten und runde Ecken und passte noch in den letzten Winkel. Bei Hoffnung war es ähnlich. Doch die Mischung von beiden war weniger handlich – sie war sperrig und unförmig und trotzdem bleischwer. Die Mischung von beiden war viel zu zerbrechlich, um sie einzupacken, sie musste in den Händen getragen werden." (S. 262 f.) "Anna und der Schwalbenmann" ist ein wunderbares Buch gegen das Vergessen ohne dabei mit erhobenem Finger auf die Leser einzuwirken. Es zeigt, dass es auch in den dunkelsten Momenten des Lebens Lichter gibt, die Hoffnung und Freude bringen. Dieses Werk kann ich jedem nur wärmstens ans Herz legen, denn es besticht mit charismatischen Charakteren, einzigartiger Erzählweise und einer grandiosen Geschichte.

Lesen Sie weiter

Ann ist 7 Jahre alt, als sie ihr Vater an der Apotheke absetzt und nicht wieder abholt. Niemand möchte dem Mädchen helfen, da die Angst vor einer Bestrafung zu groß ist. Ihr müsst wissen das es 1939 und Anna von jüdischer Abstammung ist. Doch dann trifft Anna auf den Schwalbenmann. Anna weiß nicht wieso, aber sie fühlt sich zu ihm hingezogen und folgt ihm. Gemeinsam durchqueren sie das ganze Land und treffen dort Freunde und Feinde. Anna erfährt Freundlichkeit, aber muss auch schlimme Dinge mitansehen. Auf ihrer langen Reise durch Polens Wälder treffen Anna und der Schwalbenmann auch auf Reb Hirschl...einen liebenswerten und lebenslustigen Juden, der gern Wodka trinkt und Klarinette spielt. Gemeinsam setzen sie nun ihre Reise fort. Doch eines Tages verändert sich der Schwalbenmannund Anna weiß nicht wieso. Nun liegt es an ihr, schnell erwachsen zu werden. "Anna und der Schwalbenmann" ist einer von vielen Romanen über den Holocaust und doch so anders. Die Erzählweise, die der Autor hier benutzt ist...wie sag ich es...so lieterarisch, poetisch, sanft und doch auf eine gewisse Weise erbarmungslos. Das Buch liest sich wirklich sehr gut. Für uns leser bleibt der Schwalbenmann bis zum Ende ein geheimer Mensch. Wir erfahren weder seinen echten Namen oder was er arbeitet oder überhaupt etwas über ihn. Aber man könnte sagen, er ist Annas Schutzengel. Ohne ihn wäre sie wahrscheinlich in einem der Arbeitslager gelandet...oder schlimmeres. Das Buch und seine besondere Erzählart ist wieder ein wunderbares Werk "Gegen das Vergessen" und zeigt auch wieder sehr schön, dass es auch in der dunkelsten Stunde, noch helle Lichter gibt...Lichter die für Hoffnung und Freude stehen. Was ich noch anmerken muss: Ich finde es super, dass hier das Cover vom Original komplett beibehalten wurde!

Lesen Sie weiter

Meine Meinung: Erst vor kurzem habe ich ein anderes Jugendbuch zum Thema Zweiten Weltkrieg gelesen: "Winterpferde" von Philipp Kerr, das ebenfalls im Osten Europas spielt und den Überfall der deutschen Wehrmacht aufzeigt. Dieser Roman hier ist noch etwas märchenhafter und meiner Meinung nach für jüngere Leser oder Teenager geeignet, die über den Weltkrieg lesen wollen, da er auch weniger Brutalität aufzeigt, aber trotzdem die Atmosphäre spüren lässt.. Die erst siebenjährige Anna ist ein sehr intelligentes Mädchen. Ihr Vater ist Professor für Fremdsprachen an der Jagiellonen Universität und so lernt sie spielerisch von klein auf die Sprachen Russisch, Deutsch, Französisch, Englisch, Jiddisch und Ukrainisch. Die Muttersprache Polnisch lernt er ihr nicht, denn die kommt von ganz alleine, meint ihr Vater. Doch eines Tages kommt er nicht mehr von der Universität nach Hause. Gemeinsam mit anderen jüdischen Gelehrten wurde Annas Vater von der Gestapo abgeholt und wurde nie mehr gesehen. Anna wartet stundenlang vor der Tür des Apothekers, der sie normaler Weise immer unter seine Fittiche nimmt, bis der Vater sie abholt. Doch diesmal ist es anders und er will das Mädchen nach dem Verschwinden des Professors nicht mehr in seine Apotheke lassen. Dort vor der Eingangstür trifft sie eines Tages auf den Schwalbenmann. Er ist elegant gekleidet, groß gewachen und spricht ebenfalls mehrere Sprachen, wie ihr Vater. Aber was Anna am meisten an ihm fasziniert....er spricht mit den Vögeln. Sie folgt dem faszinierenden Mann. Es ist eine Wanderschaft ins Ungewisse. Bald sind die Beiden in ganz Polen unterwegs und kommen sogar bis in die Ukraine. Dabei macht ihnen der Winter schwer zu schaffen, aber Anna lernt wie man in der Wildnis überlebt, Gefahren umgeht und sich von der Stadt fernhält. Eines tages treffen die Beiden auf den Juden Reb Hirschel, mit dem Anna sofort Freundschaft schließt. Er stellt jedoch für Beide eine große Gefahr dar, da er keine Ahnung vom Überleben im Wald hat und außerdem ein Jude ist. Es gab nur eine negative Anmerkung von meiner Seite, deshalb auch keine 5 Sterne: Das Ende blieb mir zu offen. Das liegt nicht an der Frage, wer nun der Schwalbenmann eigentlich ist, denn hier kann jeder seine eigenen Vermutungen anstellen. Aber das offene Ende bezüglich Anna's Schicksal hat mich dann doch etwas gestört. Charaktere: Die Protagonisten sind sehr anschaulich beschrieben, mit allen Eigenheiten und einer Portion Magie. Und trotz der bildhaften Charakterbeschreibungen sind diese schwer greifbar. Auch der Schwalbenmann bleibt für den Leser ein Geheimnis. Man erfährt weder seinen wahren Namen, noch seinen Beruf oder warum er sich Anna annimmt. Der Leser bleibt Betrachter und lässt sich von der märchenhaften Erzählung ganz einfach faszinieren. Schreibstil: Der Schreibstil ist ruhig, sehr poetisch und bildhaft. Er hat mich sofort verzaubert und mich auf eine Reise mitgenommen, die mal voller Hoffnung und Liebe war und dann wieder düster und verwirrend. Hier wird der Krieg auf ganz andere Art erklärt....die Deutschen sind z. Bsp. die Wölfe, die Russen die Bären und natürlich muss sich Anna in den Tiefen des Waldes von Beiden verstecken. Es gibt viele Metapher, die jedoch leicht verständlich sind. Fazit: Eine etwas andere Geschichte über den Zweiten Weltkrieg, ruhig und poetisch, die sich langsam und leise in das Herz des (jungen?) Lesers schmuggelt. Fasziniert hat mich auch, dass "Anna und der Schwalbenmann" ein Debütroman ist. Von diesem Autor möchte ich gerne noch mehr lesen!

Lesen Sie weiter

HÖRBUCH Anna und der Schwalbenmann . „Ein Fluss fließt immer dahin, wohin ihn das Flussbett trägt. Es muss nie nach dem Weg fragen, sondern folgt immer der vorgegebenen Form.“ Wir schreiben das Jahr 1939. Anna wächst bei ihrem Vater in Krakau auf, einem liebevollen Mann, dem nichts auf der Welt wichtiger ist als seine Tochter. Wenn er Verpflichtungen nachzukommen hat, möchte er nicht, dass Anna alleine zuhause bleibt. So bringt er sie auch jetzt bei einem Freund unter. Als Annas Vater das Mädchen nicht abholt, sieht sich der „Freund“ außerstande, seine Pflicht weiter zu erfüllen. Die Zeiten sind gefährlich und er setzt Anna vor die Tür. Wer nun denkt, dass dieser Roman wie so viele andere fortfährt, irrt sich. Der Autor schaut nicht in die Stadt, um als stiller Beobachter des Grauens zu fungieren. Er zeigt nicht an konkreten Inhalten, wie die kalte Hand des Nazi-Regimes seinen Griff immer mehr verstärkt. Man bekommt keinen Blick in die Veränderungen des gewohnten Alltags der Menschen, der nach und nach an Inhalt und Substanz verliert. Der Hörer wohnt weder Massentötungen noch Frontkämpfen in großem Ausmaß bei. Nein, Gavriel Savit schreibt und Laura Maire liest eine andere Geschichte des Krieges, die dennoch eine sehr eindringliche Wirkung auf mich hat. Anna trifft auf einen geheimnisvollen Mann, den sie nach einiger Zeit den Schwalbenmann nennen darf, und schließt sich ihm an. Das Hörbuch bietet kaum Handlung, es schildert überwiegend den Weggang des ungleichen Paares aus Krakau. Während der jahrelangen Flucht, die von vielen bunten, Unterhaltungen in vielerlei Sprachen geprägt ist, begreife ich gemeinsam mit Anna, warum es so wichtig ist, wie der Schwalbenmann sie sich zu verhalten lehrt. Er schult sie in der Kunst des Überlebens, ist aber – das wird im späteren Verlauf der Geschichte deutlich – ebenso sehr von ihr abhängig. Auf leichte, aber sehr eindringliche Weise baut der Autor das Voranschreiten des Krieges in Polen während der lange währenden Wanderung der beiden mit ein. Obwohl sich der Hörer so gut wie nie mitten im Krieg befindet, begreift er dennoch intuitiv dessen Verlauf und Entwicklung. Der Schwalbenmann ist eine mysteriöse Figur im Roman. Während man alle anderen Charaktere ganz eindeutig der Spezies Mensch zuordnen kann, war ich mir zum Ende hin bei diesem Protagonisten nicht mehr sicher. Er wirkte phasenweise unmenschlich, aber auch übermenschlich, sogar magisch. Immer wenn ich glaubte, seine Figur begriffen zu haben, entglitt er meinen Händen wieder wie ein glitschiger Fisch. Die Geschichte von Anna und dem Schwalbenmann hat mich in Bezug auf den Zweiten Weltkrieg – und Krieg überhaupt – sehr viel tiefer getroffen als viele andere Schilderungen der „Tatsachenberichte“. Da es kaum konkrete Beschreibungen gab, blieb sehr viel Raum für eigene Gedanken und Gefühle. Dazu passte der eigenwillige, poetische, manchmal gar sanfte Sprachstil des Autors, der mich mit seinen metapherhaften Schilderungen sehr häufig zum Sinnieren einlud und mir teils starke Empfindungen entlockte. Der Autor zeichnet äußerst sorgsam das Gefühlsskelett des Krieges – zumeist grausam, aber was wären wir ohne die Hoffnung? Laura Maire liest diese Geschichte äußerst sanft und einfühlsam und die überwiegende Zartheit ihrer Interpretation unterstreicht, wie wichtig die vom Autor fokussierte Hoffnung ist. Auch Erzählung und taucht immer wieder tief in die Empfindungswelt der Protagonisten ein. Für mich ist Laura Maire die perfekte Wahl für dieses Hörbuch. „Anna und der Schwalbenmann“ ist dem Bereich Jugendbuch (empfohlenes Lese- und Höralter ab 14 Jahren) zugeordnet. Auch wenn die sprachliche Umsetzung manchmal sehr anspruchsvoll ist, empfinde ich diese Kategorisierung als gut gewählt. Dieses Buch muss man inhaltlich nicht zu hundert Prozent sezieren, nicht jeden Satz konkret verstehen. Krieg ist ein Geflecht aus Gefühlen . Diese Empfindungen halte ich für sehr treffend umgesetzt und sie sind ganz sicher auch von jugendlichen Lesern erspürbar. Inhalt Krakau, 1939. Anna ist noch ein Kind, als die Deutschen ihren Vater mitnehmen, einen jüdischen Intellektuellen. Sie versteht nicht, warum. Sie versteht nur, dass sie allein zurückbleibt. Und dann trifft Anna den Schwalbenmann. Geheimnisvoll ist er, charismatisch und klug, und ebenso wie ihr Vater kann er faszinierend viele Sprachen sprechen. Er kann Vogellaute imitieren und eine Schwalbe für sie anlocken. Und er kann überleben – in einer Welt, in der plötzlich alles voller tödlicher Feindseligkeit zu sein scheint. Anna schließt sich dem Schwalbenmann an, lernt von ihm, wie man jenseits der Städte wandert, sich im Wald ernährt und verbirgt. Wie man dem Tod entkommt, um das Leben zu bewahren. Aber in einer Welt, die am Abgrund steht, kann alles gefährlich werden. Auch der Schwalbenmann. Das Hörbuch zu „Anna und der Schwalbenmann“ von Gavriel Savit ist im Februar 2016 unter der ISBN-Nr. 978-3-8445-2140-5 bei „der Hörverlag“ (Randomhouse) erschienen. Die ungekürzte Version des Audiobooks umfasst 5 CDs mit einer Gesamtlaufzeit von 6h 18 min. Autor Gavriel Savit ist Autor und Schauspieler. Nach seinem Abschluss an der Universität von Michigan – als Musicaldarsteller – zog er nach New York, um dort seine Bühnenlaufbahn zu verfolgen. Als Schauspieler und Sänger ist Gavriel Savit inzwischen auf drei Kontinenten aufgetreten, von New York bis Brüssel und Tokyo. Er lebt in Brooklyn. “Anna und der Schwalbenmann” ist sein erster Roman. Sprecherin Laura Maire, geboren 1979 in München, absolvierte ihre Ausbildung an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Frankfurt. Bekannt wurde sie durch eine Hauptrolle in der ARD-Vorabendserie “Verdammt verliebt”. Sie ist u.a. die Stimme von Kirsten Dunst und synchronisiert Ashley Greene (als Alice Cullen) in der “Twilight”-Reihe. Daneben war sie immer wieder in “How I Met Your Mother” zu hören. Maire erhielt 2011 den Deutschen Hörbuchpreis als Beste Interpretin. 2014 las sie für den Hörverlag den Thriller “Schattengrund” von Elisabeth Herrmann und erhielt für ihr “virtuoses Sprach-Spiel” noch einmal den Deutschen Hörbuchpreis als Beste Interpretin. Quelle: Randomhouse

Lesen Sie weiter

Zum Inhalt Anna und der Schwalbenmann ist eine Geschichte, deren Schwerpunkt auf dem Holocaust basiert. Das siebenjährige Mädchen spricht sämtliche Sprachen. Ihr Vater ist ein intelligenter Mann und der Meinung: "Deine Muttersprache brauche ich dir nicht lernen. Die lernst du von ganz allein!" Die kleine Anna führt mit ihrem Vater ein glückliches Leben; bis zu dem Tag, an dem Deutsche den jüdischen Sprachen-Professor mitnehmen. Vorher bringt ihr Vater sie noch zu einem befreundeten Apotheker. Der jedoch schickt Anna wieder heim. Anna fühlt sich einsam und verlassen und wartet vor der Apotheke auf ihren Vater. Ihr Vater kommt nicht. Da spricht sie ein sehr großer, dünner Mann mit einem Arztkoffer an. Dieser Mann lockt eine Schwalbe an, die sich auf seine Schulter setzt. Er schenkt Anna einen Keks und macht sich auf seinen Weg. Anna verfolgt ihn und eine abenteuerliche Reise durch die Wälder Polens beginnt. Meine Meinung Es gibt sehr viele Bücher über die Judenverfolgung. Diese Geschichte spielt in Krakau, 1939. Sie ist ganz anders, als all die anderen Bücher die ich bisher zu dieser Thematik gelesen habe. Der Autor bedient sich einer wunderschönen Sprache. Die Figuren die er geschaffen hat, haben etwas märchenhaftes. Der große Schwalbenmann bleibt während der gesamten Geschichte undurchsichtig. Er hat keinen Namen und spricht, wie Annas Vater, sämtliche Sprachen. Er lockt Schwalben an und kennt alle Vogelarten, deren Laute er imitieren kann. Anna lernt viel von dem ansonsten wortkargen Hünen, dessen Lächeln Seltenheitswert hat. Sein sonderbares Wesen schreckt Anna nicht ab; spürt sie doch das gute Herz vom Schwalbenmann. Ihren Namen muss sie ablegen; nur sprechen wenn der Schwalbenmann es ihr erlaubt. Diese Story ist von der ersten Silbe an spannend. Die Streifzüge durch die Wälder und Städte bergen jede Menge Gefahr. Anna ist noch zu klein, um all das zu verstehen. Sie erleben mehrere Winter in freier Natur. Es war für mich unvorstellbar, dass ein so kleines Mädchen diese Strapazen aushalten konnte. Eiskalte Winter in den Wäldern Polens. Kein Feuer zum Erwärmen, da man sie sonst entdecken könnte. Tagelanges Hungern erschwerte die Situation zusätzlich. Der Schwalbenmann blieb die ganze Geschichte für mich ein Rätsel. Sei es wie er Nahrung beschaffte, Kleidung für das kleine Mädchen und Pillen die er mehrmals am Tag nehmen musste. Anna kam mir total versteinert vor. Sie hatte ja nicht mal Zeit um ihren Vater zu vermissen. Trotz der Strapazen war ihr Wachstum normal. Ich konnte nicht nachvollziehen wie das möglich war. Geheimnisvoll empfand ich auch die Begegnungen, die sie mit anderen Menschen im Wald hatten. Fazit In diese Geschichte sollte man einfach eintauchen, ohne Logik zu erwarten. Sie mutet wie ein düsteres Märchen an. Viele Erlebnisse von Anna und dem Schwalbenmann könnten wirklich so passiert sein. Sämtliche andere Begebenheiten schreibe ich der Fantasie des Autoren zu. Dass Anna mit sieben Jahren fließend Deutsch, Russisch, Französisch und Englisch sprach, halte ich für möglich. Diese Talent war ihr auf ihrer Wanderung sehr hilfreich. Der Schwalbenmann war für mich einen Märchenwesen am ähnlichsten. Der Schreibstil ist wunderschön und magisch. Die Grausamkeiten, die sie auf ihrer Wanderung erlebt haben, waren damals mit Sicherheit nackte Realität. Anna war durch die Kriegswirren gezwungen, schnell erwachsen zu werden. >>Anna verstand, dass eine Sprache ein Kompromiss zwischen den Menschen war - dass zwei Menschen, die die gleiche Sprache sprachen, nicht unbedingt gleich waren.<< ( Seite 15) Nachdem Annas Vater spurlos verschwunden war, hoffte sie dass sich der Schwalbenmann ihrer annahm. Mein Lieblingszitat von Anna aus diesem Buch: >>Verzeihung. Ich weiß, dass eine Tochter in diesen Zeiten nicht ohne Vater sein sollte. Aber ist es nicht genauso schlimm für einen Vater, ohne Tochter zu sein?<< (Seite 54) Ob mir das Ende gefallen hat? Die Geschichte ist von Anfang bis Ende ein großes Geheimnis. Danke Gavriel Savit Eine uneingeschränkte Empfehlung von mir und 5 Sterne

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.