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Rezensionen zu
Sommernovelle

Christiane Neudecker

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€ 10,00 [D] inkl. MwSt. | € 10,30 [A] | CHF 14,50* (* empf. VK-Preis)

Die beiden 15-jährigen Mädchen Panda und Lotte verbringen ihre Pfingstferien an der Nordsee auf einer Vogelstation. Sie sind voller Enthusiasmus und Engagement für die Umwelt und hatten sich vorgestellt, sich dort um kranke und verletzte Vögel kümmern zu können. Stattdessen ist es aber eine reine Forschungsstation, so dass ihre Aufgabe darin besteht, Vögel zu zählen oder Besucherführungen durch die Dünen zu machen. Es ist der Sommer 1989, aber dennoch ist Panda noch gedanklich mit den Auswirkungen der Katastrophe von Tschernobyl beschäftigt. Sie wollte eigentlich Vegetarierin werden, wüsste aber dann gar nicht, was sie noch essen soll, da sich sich kaum mehr an Salat und Beeren herantraut. Vor allem bei dem tiefgefrorenen Gemüse, das neuerdings sogar bis zur Haustür geliefert wird, ist sie skeptisch. Lotte und Panda sind in ihrem jugendlichen Leichtsinn naiv, aber gleichzeitig auch so vorbildhaft engagiert, wenn sie sich vorstellen, die Welt retten oder zumindest ein Stückchen besser machen zu wollen. Themen wie der Kalte Krieg, Umweltzerstörung oder Neonazismus belasten sie. Sie wollen sich dagegen stark machen - Müll einsammeln, gegen den Verkauf von Pelzen vorgehen oder sich bei der Antifa engagieren. Panda bewundert Hiller, den vogelkundigen Rentner, der wie Panda die Leidenschaft für Bücher teilt, während Lotte für den etwas älteren Julian schwärmt, der auch auf der Vogelstation arbeitet, allerdings ein Auge auf die Studentin Melanie geworfen hat. Als nach einigen Tagen des Aufenthalts vor Ort der Leiter der Vogelstation, der Forscher und Prof. Dr. Hansjörg Kupfer eintrifft, ändert sich die Stimmung schlagartig durch seine rüde Präsenz. Sein Befehlston und seine Art mit den Vögel umzugehen, lösen bei Panda ein Misstrauen aus, weshalb sie beginnt, seine Forschungsarbeit zu hinterfragen. Der Coming-of-Age-Roman von Christiane Neudecker hat zwar nicht viele Seiten, ist aber sehr dicht mit vielen klugen und nachdenklich machenden Sätzen aus der Sicht der Ich-Erzählerin Panda geschrieben. Trotz des Alters der Protagonisten ist es kein Jugendroman, sondern eher ein Roman, für diejenigen, die auch in den 80er-Jahren großgeworden sind und die Sorgen und Nöte von Panda und Lotte geteilt haben. "Sommernovelle" ist per Definition eine kurze Erzählung über zwei Wochen im Sommer, die die beiden Mädchen prägen und in welchem Panda und Lotte ein wenig ernüchtert von der Erwachsenenwelt reifer werde und erwachsener nach Hause zurückkehren.

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Panda und Lotte sind gerade 15, als sie den Sommer 1989 auf einer Vogelwarte an der Nordsee verbringen. Diese zwei Wochen werden einschneidend und prägend für die beiden jungen Frauen. Zum Sommer passend kann man dieses Buch natürlich zur Hand nehmen, mich hat an dem Werktitel tatsächlich die Begrifflichkeit „Novelle“ noch viel mehr gereist. Die Novelle, als Textsorte zwischen Erzählung und Roman zu verorten hat ihre ganz eigenen stilistischen Mittel und wartet vor allem mit einer „unerhörten Begebenheit“ auf, die den handelnden Figuren nähere und tiefergehende Erkenntnisse beschert. Die Geschichte wird in Ich-Perspektive von Panda erzählt, deren Kosenamen wir erst in der Mitte des Buches bei einem Anruf der Eltern erfahren. In gewisser Weise ist dies eine typische Coming-of-Age-Geschichte: zwei junge Menschen werden langsam erwachsen, versuchen ihren Platz in der Welt zu finden und wollen nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl ihren Teil zur Weltverbesserung beitragen. Dass sie dabei auf bereits desillusionierte Erwachsene treffen, die auf besagter Vogelstation arbeiten, macht das Ganze zu einer kleinen Herausforderung. Die beiden Mädchen lassen sich davon nicht berirren. Sie lernen sehr eifrig alles Wissenswerte über die Nordsee, Möwen, Vögel im Allgemeinen und interessieren sich über alle Maßen dafür. Es machte große Freude, den beiden dahingehend zu folgen. Obschon hier eine jugendliche Perspektive dargeboten wird, ist die Sprache absolut ausgefeilt, poetisch und ästhetisch. Später merkt man, dass die Novelle aus Sicht der 40-jährigen Panda erzählt wird. Jugendliche, erfrischende Gedanken im ausformulierten Sprachgewand? Wundervoll! Was mir sehr gut gefiel, war die Tatsache, dass Panda eine begeisterte Leserin ist, die sich vor allem in Märchen heimisch fühlte. Auf der Vogelstation lernt sie einen älteren Mann kennen, der ihr beibringt auch „den Himmel zu lesen“ – dies waren oft Textstellen die sprachlich sondergleichen hervorstachen. Zudem gibt ihr dieser Mann eine Art literarisch-mysteriöses Rätsel auf und man verfolgt Panda dabei, was sie anstellt, um eine Lösung zu finden. Der erzählerische kleine Rahmen, das kleine mysteriöse Motiv und die wunderbare Verbindung von Erinnerung an DEN einen Sommer und den partiellen Rückblick auf die Wendezeit machen diese Novelle zu etwas sehr lesbarem und besonderem. Eine absolute Leseempfehlung dafür!

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