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Rezensionen zu
Der begrabene Riese

Kazuo Ishiguro

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Britannien im 5.Jahrhundert. Zur Zeit der Märchen und Sagen, kurz nach Artus und seiner Tafelrunde. Das schon nicht mehr junge Paar Axl und Beatrice fühlt sich in seinem Dorf nicht mehr wohl und macht sich auf die Suche nach seinem Sohn. Dabei treffen sie auf edle Ritter und Drachen, auf verräterische Mönche und gutmütige Fährmänner. Das ist die grobe Zusammenfassung des Geschehens. Aber damit lässt Ishiguro es selbstverständlich nicht bewenden. Der Meister der Zwischentöne erkundet vielmehr das weite Feld der Erinnerung: ist eine Erinnerung an Vergangenes förderlich für das Zusammenleben? Was bleibt vom Tage, wenn die Erinnerung schwindet? Sind wir friedlicher, wenn wir jeglichen Groll gleich wieder vergessen? Oder sind wir unhaltbar verloren im Meer der Zeit, wenn die Erinnerung uns nicht als Anker dient? In Beatrices und Axls Welt verschwindet die Erinnerung in einem grauen Nebel. Auf ihrer Reise kommen sie dem Ursprung des Nebels auf die Spur und erleben längst vergessenen Schmerz erneut. Macht sie das glücklicher, vollständiger, ihre Beziehung inniger? In einer eigentümlichen Mischung aus altertümlicher Sprache in modernem Gewande erzählt Ishiguro unendlich feinfühlig von der weiten Reise des Paares zu den Wurzeln ihrer Beziehung. Der dabei zu spürende Unterbau, die Andeutungen und Querverweise liessen mich allerdings an meinem Unwissen verzweifeln. Es war, als fehle mir der Schlüssel für das wahre Textverständnis, als sähe ich nur die Außenmauern, nicht die Inneneinrichtung. Ich fühlte mich ausgeschlossen, die Figuren blieben leblos, die Worte zwar schön formuliert, aber eben Worte, weil ich sie nicht mit Leben füllen konnte. Und dann kam mir die Frage nach weitergegebener Erinnerung. Hätte ich mich bei Grimms Märchen oder besser den Nibelungen auch so verloren gefühlt? Erkennen Engländer den Unterbau, weil ihnen die Artussage so vertraut ist wie mir Siegfrieds Lindenblatt? Wie auch immer, ich habe gekämpft und verloren. Der Nebel lichtete sich nicht. Aber es war trotzdem schön, eine Weile mit Sir Gawain zu reiten und den Drachen zu suchen.

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Ja, es ist ein Märchen. Und noch nicht mal ein modernes, sondern eines, das im 5. Jahrhundert spielt; mit tapferen Rittern, wilden Kobolden, Menschenfressern und furchterregenden Drachen. Alles, was so gar nicht meins ist. Aber ich habe mir weder Augen und Ohren zugehalten noch bin ich schreiend weggerannt. Stattdessen habe ich mich für mehr als dreizehn Stunden entführen lassen, der beruhigenden und facettenreichen Stimme von Gert Heidenreich gelauscht und wieder einmal festgestellt, dass die Romane von Kazuo Ishiguro auf ganz besondere Art meine Seele berühren. Ok, vielleicht ist das etwas zu vorschnell und pauschal geurteilt, denn ich kenne neben diesem Roman aus dem Jahr 2015, der jetzt bei Random House Audio als Hörbuch erschienen ist, eigentlich nur noch Ishiguros Klassiker „Was vom Tage übrig blieb“. Gerade habe ich mir noch mal die Verfilmung aus dem Jahr 1994 mit Anthony Hopkins und Emma Thompson in den Hauptrollen angesehen, die übrigens hervorragend und sehr nah am Buch ist, und auch hier musste ich wieder mit den Tränen kämpfen. Vielleicht ist es Ishiguros Sprache, dieser disziplinierte, altmodisch-unaufgeregte Erzählton, der einen auch in „Der begrabene Riese“ durch die Geschichte trägt, die Figuren sich entwickeln, Kontur gewinnen und sie einen letztendlich ganz fest ins Herz schließen lässt. So sehr, dass man jede Gefühlsregung der Helden förmlich miterlebt und erleidet und sich am Ende nur wieder schwer von ihnen trennen kann. Vielleicht ist es aber auch die Liebe, die der Autor für seine Protagonisten zu empfinden scheint. Wie sonst könnte er sie mit so viel emotionaler Tiefe ausstatten, dass man als Leser nahezu vergisst, dass es sich nicht um Menschen aus Fleisch und Blut, sondern nur um ausgedachte Romanfiguren handelt. Wie auch immer – Ishiguro bringt etwas in mir zum Klingen. So schlägt mein Herz von Anfang an für die beiden Hauptfiguren Axl und Beatrice, die sich am Ende ihres Lebens noch mal aufmachen, um ihren gemeinsamen Sohn und mit ihm ihre verlorenen Erinnerungen wiederzufinden. Beides haben sie durch den sogenannten Nebel verloren, der sich seit vielen Jahren über das ganze Land gelegt und die Vergangenheit scheinbar ausgelöscht hat. Das ganze Land leidet unter einer kollektiven Demenz, die jeden nur noch im hier und jetzt leben lässt. Was früher war, davon gibt es nur noch ein vage Ahnung. Und das ist einerseits Segen und Fluch. Denn so schön es auch ist, alle Verluste und Niederlagen ein für alle Mal hinter sich zu lassen, keine Lasten mehr auf seinen Schultern zu tragen und unbeschwert in den Tag hinein zu leben, so unvollständig ist ein Mensch auch ohne seine Vergangenheit, egal wie schwierig und belastend sie auch war. Das Thema hat Potenzial, ist interessant und erzählenswert, aber ich habe nur Augen und Ohren für Axl und Beatrice. Wie liebevoll die beiden miteinander umgehen, das ist einfach wunderschön mit anzuhören. So, ja genau so muss eine Beziehung sein. Etwas altmodisch, althergebrachte Rollenbilder zwar, aber für mich trotzdem ein Ideal. Denn in jedem Satz, in jeder Bewegung und Geste ist 100 Prozent Liebe. Und trotzdem, und das ist das Tragische, sind beide voller Zweifel. Die unbekannte Vergangenheit liegt wie ein klaffender Abgrund zwischen ihnen. Was, wenn sie sich nicht immer so geliebt haben wie jetzt? Wenn sie einander wehgetan und Dinge passiert wären, die man sich nicht verzeihen kann. Weiß man es? Warum ist zum Beispiel ihr Sohn nicht mehr bei Ihnen? Was hat ihn veranlasst, sie zu verlassen? Und, wird er sie nach all der Zeit überhaupt wiedererkennen und freudig und die Arme schließen? Am Ende besiegen sie den Nebel des Vergessens und mit Ihnen erwacht das ganze Land aus seinem Dämmer. Und sofort stellt sich die Frage: Ist es jetzt vorbei mit dem auskömmlichen Miteinander von Sachsen und Britanniern, der gelassenen Friedfertigkeit jedes Einzelnen und auch der Liebe des alten Ehepaars? Und wie bei jedem guten Märchen ergibt sich am Ende auch hier eine finale Erkenntnis, eine Lehre, die man aus dem Erzählten zieht: Dass man die Vergangenheit nicht unbedingt braucht, um gut zu leben, dass man ohne sie sogar wesentlich glücklicher wäre. Doch um zu realisieren, dass man jetzt gerade glücklich ist, dafür braucht man wiederum die Vergangenheit. Ein Teufelskreis.

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Vielen dürfte Kazuo Ishiguro vor allem durch seine Romane „Was vom Tage übrig blieb“ (1989), für das er den 'Booker Prize' bekam und „Alles, was wir geben mussten“ (2005) bekannt sein. Beide genannten Werke wurden mit namhaften Schauspielergrößen verfilmt, die Bücher sind weltweite Bestseller - So viel zu den grundlegenden Fakten. Doch was machen Ishiguros Geschichten aus? Sie berühren und bewegen den Leser sowohl inhaltlich, als auch durch dessen bildhaft schöne und leise Sprache, die selten geworden ist, seitdem moderne Literatur oft eine klare, präzise und lautstarke Wortwahl bevorzugt. In seinem neuesten Roman „Der begrabene Riese“ vermischt Ishiguro nun sämtliche Genres und schafft ein Werk, welches sich zwischen Literatur, Historie und Fantasy bewegt und wirklich alles ist, nur nicht gewöhnlich. Auch hier überwiegen leise Töne und Naturbeschreibungen, sodass man meint, man stünde tatsächlich im Wald und atme dessen frischen Duft ein. Aber, worum geht es in „Der begrabene Riese"? Wir befinden uns mit Axl und Beatrice im Britannien des 5. Jahrhunderts. Das Paar wird in ihrem Dorf als Außenseiter behandelt, weshalb sie sich dazu entschließen, sich auf die Reise zu ihrem Sohn zu machen, den sie schon lange Zeit nicht mehr gesehen haben. Dabei treffen sie auf allerhand mysteriöse und zauberhafte Gestalten (Drachen, Ritter, Merlin usw.) und sie lernen, dass ihre Welt unter einem Nebel des Vergessens liegt, weshalb alle Figuren praktisch vergangenheitslos sind. Dieser Nebel ist im Begriff alles und jeden einzuhüllen, sie sozusagen auszulöschen. Wird es Axl und Beatrice gelingen ihre Erinnerungen und somit sich selbst zu bewahren? „Der begrabene Riese“ ist ein Roman, in dem sich zwischen den Zeilen wohl jeder wiederfinden kann, denn nicht nur die Protagonisten sind von dem Nebel betroffen, sondern irgendwie wir alle. Das Leben rauscht nur so vorbei und wir vergessen, was wirklich zählt, wer wir wirklich sind. Hier bietet das Buch viel Raum für Interpretation, die jedem selbst überlassen ist. Ishiguros so wunderbar zarte Sprache und sein Erzählgeist tragen den Leser von der ersten Minute an und ziehen ihn in eine Art traumhaften Sog, dem man sich nicht entziehen kann, geschweige denn möchte. Einziger Nachteil der ausführlichen Beschreibungen Ishiguros sind die Längen, die der Roman dadurch teilweise aufweist. Zusätzlich sollte man, meiner Meinung nach, ein wenig Historie- und Fantasy affin sein – oder sich eben komplett auf die Geschichte einlassen können, dann begeistert das Buch und lässt einen auch lange Zeit später noch in Gedanken darin eintauchen, so lange man nicht dem Nebel des Vergessens begegnet.

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Inhalt Nach dem Krieg der Sachsen gegen die Briten im 5. Jahrhundert, ist Großbritannien kaum mehr als ein Trümmerhaufen. Das ältere Paar Axl und Beatrice lebt schon seit langer Zeit in einem kleinen Dorf. Doch in diesem sind sie nicht mehr erwünscht, da sie als eine Belastung für die Gemeinschaft gelten. Sie entschließen sich also ihrer Heimat den Rücken zu kehren und begeben sich auf die Suche nach ihrem Sohn, den sie schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen haben. Ihre Reise birgt nicht nur zahlreiche Gefahren, sondern ebenso überraschende und interessante Begegnungen. Doch ebenso bekommen sie die Veränderungen Großbritanniens deutlich zu spüren und schnell wird klar, dass bald nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. . . Kritik Ich erinnere mich noch ganz genau daran, dass ich nicht begeistert war, als wir in der Schule „Alles was wir geben mussten“, im Englischunterricht lesen mussten. Für mich klang es nicht interessant und ich habe ein langatmiges und langweiliges Buch erwartet. Doch als ich es durch hatte, war ich mehr als begeistert. Kazuo Ishiguro beherrscht sein Handwerk wie kein zweiter. Er verarbeitet schwierige Themen in fabelhaften Handlungen und spielt dabei gekonnt mit Worten. Der Schreibstil ist allerdings auch in „Der begrabene Riese“ kein einfacher und die Thematik keine leichte Kost. Es dauert ein wenig, bis man sich in die Geschichte einfindet, doch sobald das geschehen ist, liest sich das Buch relativ flüssig weg. Ich war beim Lesen sehr überrascht darüber, dass es sehr viel Märchenhaftes und einige Fantasyelemente beinhaltet. Das Paar reist durch Großbritannien und dabei stößt es auf zahlreiche mythische Wesen, die wohl jeder Leser kennt. Zunächst mögen diese nicht so recht in die Handlung passen, doch je tiefer man in die Geschichte eintaucht, desto klarer wird alles. Ich habe mit einer komplett anderen Richtung gerechnet, wurde allerdings mehr als positiv überrascht. So bekommen wir kurze Blicke auf beispielsweise den Zauberer Merlin und König Artus. Doch auch Drachen kommen hier nicht zu kurz. Es ist schwer zu erklären, weshalb mich dieses Buch so in den Bann gezogen hat, ohne zu viel von der Handlung zu verraten. Es handelt sich nämlich um eine Geschichte, die man selbst für sich entdecken muss. Der Klappentext wird dem leider so gar nicht gerecht, da er einfach nichts von den eigentlichen Geschehnissen preisgibt. Denn eigentlich dreht sich alles um das Geheimnis eines mystischen Nebels, der das Land einhüllt. Was es mit diesem auf sich hat, sollte man allerdings selber herausfinden. Auch ist es Kazuo Ishiguro wieder einmal gelungen einige wichtige Fragen des Lebens aufzurufen. Für was würde man sich entscheiden? Frieden oder seine Erinnerungen? Das alles wird in einer philosophisch-mystischen Geschichte verpackt, die zum Nachdenken anregt. Hier ist nichts, wie es scheint und man bekommt nicht alle Antworten auf einem Silbertablett serviert, sondern wird zum Nachdenken angeregt. Gerade das gefällt mir sehr. Trotzdem hat die Geschichte in meinen Augen ein paar Längen und an einigen Stellen gerät der Lesefluss aufgrund der Sprache etwas ins Stocken. Der Handlung tut das zwar keinen Abbruch, allerdings habe ich aus diesem Grund relativ lange für das Buch gebraucht. . . Fazit Das Buch ist keine leichte Kost und auch nicht für jedermann geeignet. Man muss ein ernsthaftes Interesse an Philosophie, der menschlichen Psyche und dem Mystischen aufweisen, um hier ein Lesevergnügen zu haben. Doch für all jene, ist das Buch mit Sicherheit geeignet.

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Offenbar muss ich hier länger ausholen, denn ich denke noch immer über das Buch nach. „Der begrabene Riese“ – ein Buch, auf das die Literaturwelt 10 Jahre gewartet hat. 1989 hat Ishiguro „Was vom Tage übrig blieb“ geschrieben, für das er den Booker Prize bekommen hat. 2005 kam sein letzten Buch „Alles, was wir geben mussten“ heraus, das bei ein paar Freunden von mir noch immer zu ihren Lieblingsbüchern gehört. Jetzt also endlich „Der begrabene Riese“ – das Motiv bleibt gleich, das Genre ändert sich. Ich bin so hin und her gerissen, komischerweise nicht aus den Gründen, die ich vorher angenommen hatte. Die Welt im Buch ist eine mittelalterliche Fantasywelt, mit der ich normalerweise gar nichts anfangen kann. Aber mit Landschaften hat es Ishiguro ja. Alles ist wunderbar auserzählt, so dass es das Lesen wahrscheinlich schöner macht als es dort in Wirklichkeit aussieht. Und natürlich ist das Genre (angelehnt an) Fantasy. Es spielt in einer Zeit, über die heute fast nichts bekannt ist. Als im 6. Jahrhundert die Römer sich aus England zurückziehen, verfällt das Land in tiefstes Mittelalter. Die Menschen glaubten nun mal an Drachen und Zauberwesen, die tief in den Wäldern hausten. Also laufen den Figuren auch hier und da welche über den Weg. Das hat mich überraschenderweise nicht gestört. Auch die Motiv der Geschichte, die sich ja grob in allen Romanen von Ishiguro wiederfinden, also Vergessen und Identität, haben mir gefallen. Da legt sich ein Nebel über das Land und niemand kann sich mehr an die Vergangenheit erinnern, oft nicht mal an etwas, das vor ein paar Minuten passiert ist. Wie soll da der Mensch (oder das Land) eine eigene Identität haben? Und als Gegenfrage: aber was ist, wenn dieses Vergessen nur dazu da ist, um dich selbst zu schützen? Diese Fragen muss man sich im Laufe des Buches selbst beantworten und auch ruhig auf unsere Gegenwart anwenden. In welchen Situationen wollen wir die Vergangenheit vergessen und neu anfangen? Wo ist es besser, sich Dingen zu stellen und daraus zu lernen? Trotzdem hat sich das Buch für mich hingezogen! Denn gerade das Problem mit dem Vergessen lässt die Figuren ohne Hintergundgeschichte dastehen. Sie sind flach und existieren nur für den Moment – und sind mir im großen und ganzen egal. Das ist schade, denn normalerweise bleiben Ishiguros Figuren lange bei mir. Und dann die Sprache! Die ist wie immer wunderbar klar und leise. Allerdings ist die Förmlichkeit, mit der die Figuren sprechen, für das Lesen anstrengend und kräftezehrend. Jemand auf Goodreads schreibt sehr passend, dass das Buch wahrscheinlich 50 Seiten kürzer wäre, wenn man jedes „Prinzessin“ herausstreichen würde. Da müsst ihr euch wahrscheinlich selbst ein Bild machen.

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„Der begrabene Riese“ war mein erstes Buch von Kazuo Ishiguro und ich war mir – vor allem wegen der doch sehr unterschiedlichen Meinungen zum Buch, aber auch weil ich zuvor noch nie etwas gelesen habe, das im 5. Jahrhundert spielt – nicht sicher, ob es mir gefallen würde. Weil ich über den Autor aber schon so viel Gutes gehört habe wollte ich dem Buch doch gerne eine Chance geben. Ich hatte zu Beginn Probleme damit, wirklich in das Buch hineinzufinden, was vor allem an der Sprache lag, die wohl ein wenig altertümlich klingen soll, die mir auf den ersten Blick einfach nur aufgesetzt und seltsam vorkam. Je mehr ich mich jedoch daran gewöhnt habe, desto weniger ist sie mir negativ aufgefallen – im Gegenteil, jetzt, wo ich fertig bin, finde ich sogar, dass diese Geschichte auf keine andere Weise, mit keinen anderen Worten hätte erzählt werden können oder dürfen. Was mir hingegen gleich von Beginn an sehr positiv aufgefallen ist, war die unheimlich atmosphärische, beinahe schon gruselige Welt, die Fantasy und Realismus auf eine Weise verknüpft, die einen direkt in die Zeit König Arturs, in das Land der Mythen und Sagen zurückversetzt. Selten habe ich ein Buch gelesen, in dem Kobolde, Menschenfresser und Drachen sich so natürlich und fast schon nebenbei in das Geschehen einfügen – man möchte beim Lesen fast glauben, dass es all das vor langer Zeit tatsächlich einmal gegeben hat. Auch die Geschichte an sich hat mir wirklich gut gefallen. Der Klappentext wird der Handlung leider absolut nicht gerecht, ich wüsste allerdings selbst auch nicht, wie man es besser machen könnte. „Der begrabene Riese“ ist einfach ein so gewaltiger, tiefsinniger Roman, der auf so vielen verschiedenen Ebenen funktioniert, dass man ihn wirklich gelesen haben muss, um zu wissen, worum es geht. Kitschig ist er dabei aber aber auf keinen Fall – mehr ein Abenteuer, nicht nur eine Reise in eine fantastische Welt sondern auch in den Menschen selbst. Ein Liebesroman vielleicht, ja, aber doch ganz anders als Liebesromane sonst so funktionieren – ohne Funken und Feuerwerk, dafür mit Gefühlen so tief und echt, wie sie wohl nur ein Paar, welches ein Leben lang zusammen gewachsen ist, verbinden. Vielleicht macht das das Buch sogar zum einzig „echten“ Liebesroman, den ich je gelesen habe. Es ist ein wahnsinnig ruhiges und doch gleichzeitig unheimlich spannendes Buch, welches ich kaum aus der Hand legen konnte – man hat quasi konstant das Gefühl, dass man beinahe weiß, was denn nun wirklich vor sich geht, aber so ganz kommt man dann doch erst am Ende dahinter. Vor allem die vielen verschiedenen Charaktere, die alle ihre eigenen Absichten haben, und diese selbst dem Leser nicht wirklich mitteilen bis sie sie dann in die Tat umsetzen, haben daran einen großen Anteil. Alles in allem kann ich nur sagen, dass mir „Der begrabene Riese“ – trotz anfänglicher Schwierigkeiten – wirklich, wirklich gut gefallen hat. Es war anders als jedes andere Buch, das ich bisher gelesen habe, und ich werde mit Sicherheit noch einige Zeit lang darüber nachdenken. Ich bin wirklich froh, Axl und Beatrice auf ihrer Reise begleitet zu haben und werde das Buch nicht nur jedem wärmstens ans Herz legen sondern mir mit Sicherheit auch noch mehr Bücher von Kazuo Ishiguro zulegen!

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Viele Jahre sind vergangen, seit der legendäre König Artus Britannien befriedet und geeint hat, und noch viele mehr, seit die Römer das Land seinem Schicksal überlassen hatten. Britannien verfällt mehr und mehr in Unwissenheit und Nebel. Ein in die Jahre gekommenes Paar, Axl und Beatrice, lebt wie unzählige andere in ärmlichen Umständen in einem kleinen Dorf. Beide sind sie mehr und mehr beunruhigt durch ihre Vergesslichkeit, eine, die jedoch nicht mit ihrem Alter zusammen hängt. Auch die Jüngsten in ihrem Dorf vergessen alsbald die Ereignisse der letzten Stunden und Minuten, die Erinnerungen an ganze Leben verschwinden unbemerkt. Doch von Zeit zu Zeit haben sowohl Axl als auch Beatrice lichte Momente, in denen sie sich kurz an Bruchstücke ihrer verlorenen Vergangenheit erinnern. Ihr Sohn - wo war noch gleich ihr Sohn? Sie sollten ihn besuchen, die Reise zu ihm haben sie schon viel zu lange aufgeschoben. Beschwerlich wird sie werden, diese Reise, voller natürlicher wie übernatürlicher Gefahren. Ungewollt nähern sie sich der dunklen Wahrheit über den Nebel des Vergessens, welcher ganz Britannien in seinen Fängen hält - einer Wahrheit, die nicht nur ihre eigene Liebe auf die Probe stellen wird. (...) Unvorhersehbar und voller kleiner Wunder steckt dieser wunderbare, vielschichtige Roman, den sich alle Liebhaber von Historischem und Mythologischem nicht entgehen lassen sollten. (Die komplette Rezension findet sich auf meinem Blog!)

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Im Vorfeld zu meinem Besuch von Kazuo Ishiguros Lesung beim internationalen literaturfestival berlin hatte ich bereits sein neues Buch Der begrabene Riese gelesen, damit ich auch weiß, worüber geredet wird :) Vor Erscheinen wurde schon viel über den lange erwarteten neuen Roman von Ishiguro diskutiert. Denn dieser Roman ist wohl so ganz anders als die Romane, die Ishiguro zuvor veröffentlicht hatte. Ich muss zugeben, dass ich es noch nicht geschafft habe, ein anderes Buch von ihm zu lesen, will das aber dringend nachholen. Die öffentliche Diskussion hatte mich definitiv neugierig gemacht auf den Riesen. Warum geht es also? Kazuo Ishiguro nimmt uns mit nach Britannien im 5. Jahrhundert. Das Land ist geplagt und ausgebeutet durch die Kämpfe zwischen den Briten und den Angelsachsen. In diesem Setting leben Axl und seine Frau Beatrice, ein älteres Ehepaar, in einem kleinen Dorf. Dort sind sie allerdings ziemlich Außenseiter, werden nicht richtig anerkannt und bekommen von der Dorfgemeinschaft nicht einmal eine Kerze ausgehändigt, um Nachts Licht in ihrer Kammer zu haben. Warum das so ist? Das weiß niemand so genau. Wie lange Beatrice und Axl da leben? Weiß man auch nicht. Und wie ihre persönliche Geschichte ist? Noch viel weniger. Denn irgendwie scheint über alle Menschen der Schleier des Vergessen zu hängen und Schuld daran ist der mysteriöse Nebel, der über dem ganzen Land wabert. Die beiden Alten beschließen eines Tage los zu gehen und ihren Sohn, der in einem anderen Dorf leben soll, zu besuchen. Sie haben die Hoffnung, dass sie dort vielleicht mehr willkommen sind, als in ihrem eigenen Heim. Auf ihrem Weg stoßen sie jedoch auf einige Hindernisse und treffen auf interessante Persönlichkeiten, wie den alten Ritter Gawain, der noch von Königs Artus den Auftrag bekommen hat die Drachin Querig zu töten, deren Atem Quelle des Nebel des Vergessens ist. Den gleichen Auftrag hat aber auch der sächsische Krieger Wistan. Wird es den beiden gelingen, die Drachin niederzustrecken? Finden die beiden Alten zurück zu ihrem Sohn? Und was hat es mit dem Jungen Edwin auf sich, der von Wistan gerettet wird und angeblich von einem Drachen gebissen wurde? Vor allem geht es bei dieser mittelalterlichen Aventüre aber um eine viel wichtigere Frage: Gibt es eine kollektive Erinnerung einer Nation? Und ist es vielleicht manchmal besser Vergangenes zu vergessen, hinter sich zu lassen und neu zu beginnen? Oder sollte man sich dieser Dinge immer bewusst sein? Ist Vergessen - egal ob gesellschaftlich oder persönlich - eine sinnvolle oder vielleicht sogar notwendige Option um für Frieden zu sorgen? Oder sollen diese Erinnerungen immer omnipresent sein, damit man aus ihnen lernt, sich ihrer bewusst ist und dementsprechende Maßnahmen ergreift? Und wenn man alles vergisst, wie lange geht das gut? Warum Kazuo Ishiguro diese Idee in ein mittelalterliches Setting Gesetzt hat? Gute Frage! Die Welt vermutet kürzlich, dass Ishiguro "jetzt einen auf Game of Thrones macht" (Den Artikel findet ihr hier: Klick). Das hat Kazuo Ishiguro bei seiner Lesung aber gleich abgestritten. Er kennt auch weder die Fernsehserie noch die Buchreihe von G.R.R. Martin. Er selbst berichtete auf dem internationalen literaturfestival, dass er die Geschichte in jedem Setting hätte schreiben können. Es gab sogar eine Vorversion des Romans, in einer noch archaischeren Sprache. Da hatte seine Frau - laut Ishiguro seine kritischste Leserin - aber ein Machtwort eingelegt und gesagt, dass dies so nicht gehen würde. Sie fand die Idee gut, aber die Sprache ganz schrecklich. Also musste der Autor noch einmal ran ans Papier und hat die Geschichte überarbeitet. Das Setting ist dabei gleich geblieben, nur die Sprache hat er für uns Leser etwas vereinfacht. Ich fand die Idee hinter Kazuo Ishiguros Buch wirklich total spannend. Ich mochte auch das mittelalterliche Setting und die mystische Geschichte um den Drachen sehr gerne. Denn ein bisschen "Fantasy" darf ab und zu bei mir schon mal sein. Allerdings muss ich zugeben, dass die Geschichte hier und da auch schon einige Längen hatte, die sich wirklich sehr gezogen haben. Besonders in den Gesprächen zwischen Axl und Beatrice, die sich ja an nichts erinnern können, hatte ich oft das Gefühl, dass sich alles Gesagte eh wieder nur im Kreis drehen würde. Mich hat es auch etwas gestört, dass Axl Beatrice wirklich ausnahmslos mit "Prinzessin" angesprochen hat... aber das ist natürlich eine sehr subjektive Auffassung, und dieser "Schönheitsfehler" fällt einem anderen Leser vielleicht gar nicht wirklich auf. Insgesamt fand ich das Buch schon gut, auch wenn ich nicht in Jubelstürme ausgebrochen bin nach der Lektüre. Aber ich will definitv noch mehr Romane von Kazuo Ishiguro lesen.

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