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Rezensionen zu
Trotz alledem

Hannes Wader

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Trotz alledem

Von: Dagmar

17.07.2020

„Trotz alledem“, ein Unabhängigkeitssong aus dem alten Schottland um 1795, begleitet Hannes Wader über lange Etappen seines Lebens in variierender Gestalt und gibt schließlich einen wunderbaren Titel ab, für eine Autobiographie eines eigenwilligen Musikers, bei dem man sofort einen Namen, einen Zeitgeist, ein Gefühl im Kopf hat. „Vorsicht Spoiler!“ „Allein bei der Vorstellung, mich derart einzuengen, meinen Tag zu planen, am Vorabend schon festzulegen, was ich am nächsten Vormittag tun und was ich am Nachmittag lassen werde, bekomme ich Bauchschmerzen.“ S.299 Er steht für ein in den Sechzigern aufkommendes tiefes Bedürfnis nach Befreiung von überkommenen Zwängen. Er liebt die Freiheit, seine Beziehungen sind unkonventionell, gleichzeitig ist er jemand, der an Beziehungen festhält, an seinem Wohnort gerne einen Garten hat, Gemüse anbaut, die ihn umgebenden Natur genießt und jede Nacht vor dem Einschlafen liest, egal wie betrunken er ist. Das Lied, das mich am meisten mit Hannes Weder verbindet ist „Heute hier, morgen dort“, eine zauberhafte Gitarrenmelodie, die man leicht ein bisschen umdichten kann und in die alle Sehnsüchte gepackt werden können. „Vorsicht Spoiler!“ „Ich verschließe >>dem tötenden Insekte gerühmter besserer Vernunft mein Herz<< und lasse meinem Hang zur Übertreibung bis zur Maßlosigkeit freien Lauf. Ohne Rücksicht auf eigene oder fremde Verluste.“ S.185 Hannes Waders Abkehr von einer beruflich gesicherten Zukunft, nach abgeschlossener Berufsausbildung und angefangenem Grafik-Studium in Berlin, bildet die Zäsur in seinem Leben, mit der es ihm weitestgehend gelingt, sich von den Zwängen eines Arbeitsbegriffs zu befreien, der den Vorstellungen einer Künstlernatur entgegen läuft. Mit der marxistischen Deutung von Arbeit wird er sich später befassen, zunächst wird er in seinen Zwanzigern in Berlin auf Leute treffen, die ihre Träume umsetzen wollen und er wird zum ersten mal mit der Gitarre auf der Strasse ein paar Mark verdienen. „Vorsicht Spoiler!“ „Einige meiner vor sich hindösenden Eigenheiten, die ich in den letzten Monaten unterm Deckel halten konnte, brechen jetzt erneut aus mir hervor. Rigide setzen sie ihren Führungsanspruch durch, den sie für den Rest meines Lebens immer wieder behaupten werden. Aufgelistet stünde da an erster Stelle mein Hang zur Besessenheit: mich anfallartig und obsessiv auf den jeweiligen Gegenstand meines Interesses und meiner Leidenschaft zu stürzen, um mich ihm dann mit einer fast wütenden Ausschließlichkeit zu widmen, bis ich seiner überdrüssig bin und in einen - zum Glück nie lange anhaltenden - Zustand depressiver Untätigkeit und Antriebslosigkeit verfalle.“ S.211 In seiner fast 600 Seiten starken Autobiographie beschreibt Hannes Wader seinen Werdegang als einer der einflussreichsten deutschen Liedermacher seiner Zeit. Diese Biographie ist auch ein Zeitdokument, das, immer ganz aus seiner persönlichen Perspektive heraus, die Zusammenhänge erhellt zwischen einer zunehmend anspruchsvollen Musikrezeption der jungen Zuhörerschaft und der Möglichkeit, in einer Zeit der Umbrüche mit deutschen Liedtexten dem revolutionären Anspruch auf ein anderes Leben Ausdruck zu geben. Seit 1964 gibt es Open Air Konzerte auf der Burg Waldeck im Hunsrück unter dem Titel „Chanson Folklore International“. Beim dritten mal wird dort Hannes Waders erster großer Auftritt sein, bei dem er auch gleich die entsprechenden Kontakte knüpft um schon bald sein erstes Album herauszubringen. Zu diesen Kontakten gehört auch eine sich anbahnende, über Jahrzehnte haltende Freundschaft mit Reinhard May, später auch mit Konstantin Wecker. Mit beiden wird er 2003 eine Tournee und ein Album machen unter dem Titel „Das Konzert“. Die Diskographie ist beeindruckend. Genau 40 Alben bis zu „Macht’s gut“ 2018. Hannes Wader betrachtet retrospektiv die Art und Weise eines vollkommen aufs Notwendigste reduzierten Musikmachens mit höchstem Anspruch auf das Texthören: „Wir haben unwillentlich, und gottlob nur vorübergehend, eine Diktatur der Auftrittsästhetik errichtet.“ S.429 Politisch zieht es ihn eine zeitlang zur DKP - obwohl der Juso Sigmar Gabriel damals, man glaubt es heute kaum, in Braunschweig regelmäßig Hannes Weder Konzerte organisiert. Über Jahrzehnte gehört er der DKP an, veröffentlicht Arbeiterlieder und wird dementsprechend von den öffentlich-rechtlichen in den „Giftschrank“ gepackt. Der Medienboykott schadet ihm nicht. „Heute hier, morgen dort“ singt er 2013 gemeinsam mit Campino von den Toten Hosen, als er den „Echo“ verliehen bekommt. Und diese Melodie im Kopf verleitet immer wieder dazu, die Gitarre auszupacken und den alten Träumen nachzuspüren, mit ein bisschen Wehmut und mit ein bisschen Glück in der Melancholie. Gut, dass Hannes Weder seine Biographie schließlich selbst geschrieben hat. Hannes Wader: Trotz alledem. Mein Leben. Pinguin Verlag, München 2019

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Politik und Poesie haben Hannes Wader auf seinem Lebensweg bisher immer begleitet. Seine Biografie ist durchzogen von Arbeiterliedern, Folksongs, einer Kindheit im Nachkriegsdeutschland und wirft so einen bewegenden Blick auf die Entwicklung der Bundesrepublik. Mit seinen Liedtexten bringt er poetisch und aussagekräftig zum Ausdruck, was ihn bewegte. Es geht um die 68er-Jahre in Berlin, die Friedensbewegung, den Kampf für eine gerechtere Welt und auch um den Abschied von Illusionen. Hannes Wader startet mit einem aufrichtigen Vorwort, Er ist einer, wie er selbst sagt, der nicht gern schreibt, aber mit dem Schreiben seiner Lieder seinen Lebensunterhalt verdient. Hannes Waders Biografie beginnt in seiner Kindheit in der Nachkriegszeit, der frühe Verlust des Vaters, die Arbeit in einem Schuhgeschäft und die Lebensumstände dieser Zeit bringt er eindrucksvoll zu Papier. Ende der 60-er war er Protest-Liedermacher und wetterte gegen Krieg und Kapitalismus, er unterstützte den Kommunismus, trat 1979 in die Partei ein. Doch Tschernobyl und einige Erfahrungen bei Reisen in die Sowjetunion ließen ihn dann an dieser Ideologie zweifeln. Später machte er in den 90-ern auch als Interpret von Eichendorff-Texten und Schubert-Liedern von sich reden. Er wandte sich musikalisch auch traditionellem und plattdeutschem Liedgut zu, sang Shanties. Man kann heute sagen, er wanderte mal hierhin, mal dahin. Vielleicht heißt eines seiner Lieder deshalb auch "Heute hier, morgen dort". Es will heißen: Was heute wahr ist, stimmt morgen schon nicht mehr. Wader drückt in seinen Texten Gefühle, Sorgen und gesellschaftliche Zwänge aus. Seine politische Position zeigte sich auch, als er seine Hamburger Wohnung an Gudrun Ensslin, eine der bekanntesten RAF-Terroristin, vermietete. Man kann ihn als Lebenskünstler, politischen Zweifler bezeichnen und Romantiker zugleich. Gemeinsam mit Konstantin Wecker und Reinhard Mey feierte er musikalische Erfolge. Seine Lieder waren nicht mehr politisch, sie zeigten jemanden, den seine Sicht auf das Leben im Alter milde gestimmt haben. Er erzählt durchaus selbstkritisch und legt sein Leben anhand vieler persönlicher Fotos offen für seine Leser/-innen. Wader ist ein Beobachter seiner Zeit, ein sozialkritischer Chansonnier der politischen Liederszene, der die Studentenbewegung durch seine Songs prägte. Seine Lieder begleiten mich dank einiger Ohrwürmer schon viele Jahre meines Lebens. Wader ist im Alter meiner Mutter, ich sang seine schönen und eingängigen Melodienen völlig unpolitisch laut mit. Erst viel später habe ich die Inhalte der Texte realisiert und ihn bei einem Konzert miterlebt. "Es ist an der Zeit", vielleicht kam ihm beim Singen dieses Liedes die Idee, seine Biografie zu schreiben. Auf alle Fälle ist es ein sehr umfangreiches Buch, mit vielen persönlichen Inhalten, politischen An- und Einsichten und einem Leben voller Musik. Der Erzählstil ist gut zu lesen, sehr aufrichtig, selbst-kritisch und persönlich. Diese Biografie zeigt in persönlicher und natürlich musikalischer Weise die letzten 70 Jahre deutscher Geschichte aus der Sicht von Hannes Wader auf eine interessante und aufrichtige Art. Seine Lieder sind eine Art Politbarometer und sind Zeugen seines Lebens.

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„Ein Mann, ein Wort.“ Dieses ohnehin sexistische Sprichwort trifft sicher nicht auf den Liedermacher Hannes Wader zu, schließlich ist seine Autobiographie ganze 592 Seiten dick. Die Leser*in begleitet dabei nicht nur Wader auf seinem Lebensweg, sondern wird auch zur Zeitzeug*in deutscher Geschichte von der Nachkriegszeit bis in die 2000er. Mir persönlich war Hannes Wader vor der Lektüre vor allem in Kombination mit Reinhard Mey und Konstantin Wecker ein Begriff, auch durch ihre deutsche Interpretation von „Bella Ciao“, das ja aktuell durch eine gewisse Fernsehserie eine ziemliche popkulturelle Relevanz bekommen hat. Ich dachte mir angesichts der Autobiographie also: Interessante politische Einstellung, auf dieses Leben bin ich neugierig. So machte ich mich ganz unverfangen an diesen dicken Schmöker. (Persönliche) Geschichte Hannes Wader wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, Vater und Onkel kamen irgendwann – körperlich und geistig verwundet – aus dem zweiten Weltkrieg zurück. Seine prägenden Kindheitsjahre beschreibt Wader sehr ausführlich und es dauert, bis aus Wader der auf Bühnen tourende Liedermacher wird, als den ihn heutzutage wohl vor allem die ältere Generation kennt. Dabei verknüpft Wader sein persönliches Schicksal immer wieder mit den aktuellen Ereignissen in Deutschland, so dass sich das Buch für mich manchmal wie eine Zeitreise anfühlte. Besonders spannend fand ich zum Beispiel die Zeit, in der die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) unter den Studierenden viel Zulauf fand und auch Wader selbst vom CDU-Wähler zum Parteimitglied avanciert. Das Ganze gipfelt in der jahrzehntelangen Beobachtung Waders durch den Verfassungsschutz, da Wader auch in Kontakt mit der RAF-Terroristin Gudrun Ensslin kam. Dazu habe ich dann selbst noch ein wenig recherchiert und einen interessanten Artikel des Spiegels von 1971 ausgegraben. Wader gibt dabei zu, dass er unbedingt selbst entscheiden wollte, wie viel Platz in er den einzelnen Ereignissen zugesteht, weshalb verschiedene Versuche anderer Autor*innen, eine Biographie über ihn zu verfassen, allesamt irgendwann scheitern mussten. Kritikfähigkeit Durchbrochen wird Waders (Lebens-)Geschichte immer wieder von Fotos und selbstkritischen Überlegungen. Er geht für mich durchaus hart mit einigen seiner Charakterzüge ins Gericht, auch wenn er diese nie wirklich ändern oder ablegen konnte beziehungsweise wollte. Trotzdem, nicht jeder spricht so offen und ehrlich über seine Fehler. Musikalische Untermalung Nach eigener Aussage basieren alle von Waders Liedern in der ein oder anderen Form auf Ereignissen aus seinem Leben und er fügt seine Liedtexte auch immer wieder an passender Stelle ein. Das habe ich als Einladung dazu aufgefasst, mich durch Waders Liederwerk zu hören, was zum Beispiel ganz gut mit dem gleich betitelten Album „Trotz alledem“ geht. Auch wenn mir längst nicht jedes Lied gefällt, fühlte ich mich gut unterhalten mit der Autobiographie zu diesem Leben, das in vielerlei Hinsicht weit von meinen eigenen Plänen abweicht. Wer ein paar von Waders Liedern kennt und jetzt neugierig ist, der greife zu!

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Mit dem musikalischen Werk von Hannes Wader, welcher hier mit „Trotz alledem – Mein Leben“ seine Autobiografie vorlegt, hatte ich in meinem bisherigen Leben erst ein einziges Mal Kontakt. Ende der 90er Jahre und vielleicht sogar bis heute, gehörte das Lied „Heute hier – morgen dort“ zum Pflichtrepertoire jedes Schülers im Musikunterricht, inkl. Benotung für den möglichst tonreinen und textsicheren Vortrag. Nur war mir damals nicht bewusst, von wem dieses Lied stammt. Vielleicht war es mir damals auch einfach nur egal. Auch Hannes Wader selbst ist dieser Umstand der Musikunterrichtspflichtlektüre bewusst, wie er im vorliegenden Buch schreibt. Im Zuge dessen verrät er, von wem die Melodie seines heute wohl bekanntesten Liedes eigentlich stammt. Hannes Wader wurde 1942 in Ostwestfalen geboren. Nach einer Lehre als Schaufensterdekorateur in einem Schuhgeschäft und einem abgebrochenen Grafikstudium widmete er sich als Komponist, Texter, Sänger und Gitarrist ganz der Musik. Er veröffentlichte 35 Studio- und Live-Alben und erhielt 2013 den ECHO für sein Lebenswerk. Diesen Musikpreis gibt es seit Kurzem nicht mehr. Die Umstände, die zur Abschaffung führten, sind sicherlich jedem interessierten Leser bekannt. Auch hierzu äußerst sich der Autor im vorliegenden Buch. Der Schreibstil ist flüssig, so dass man trotz des großen Umfangs von fast 600 Seiten gut vorankommt. Da ich über Herrn Wader, wie schon erwähnt, bisher nichts wusste und außer das oben erwähnte Lied auch keine Musik kannte, war die vorliegende Autobiografie eine durchaus abwechslungsreiche und interessante Lektüre. Die Kindheit des Autors nimmt in dem Buch einen großen Raum ein. Diesen Abschnitt fand ich besonders interessant, da es die Lebensumstände „einfacher“ Arbeiterfamilien in Nachkriegsdeutschland anschaulich beschreibt. Aufgrund einer kurzen aber schicksalshaften Begegnung wurde Hannes Wader später über viele Jahre zum Zielobjekt deutscher Überwachungsbehörden inkl. mehrjähriger Gerichtsverfahren. Dieses, für den Autor vermutlich nicht gerne erinnerte, für den Lesenden aber sehr interessante Kapitel, kam leider im vorliegenden Buch ziemlich kurz. Den Fokus legt Hannes Wader in seiner Biografie verständlicherweise auf sein musikalisches Schaffen. Der erzählende Text wird hier häufig durch verschiedene Liedtexte unterbrochen. Dies gab mir die Gelegenheit, die Lektüre immer wieder zu unterbrechen und mir die Songs anzuhören. Dieses Vorgehen kann ich jedem interessierten Lesenden der vorliegenden Autobiografie unbedingt empfehlen. In Anbetracht des umfangreichen Liedschatzes hat mich besonders das Geständnis beeindruckt, dass auch Herrn Wader die vielen verfassten Liedtexte nicht immer von allein zugeflogen sind, sondern dass, besonders am Anfang, der Schreibprozess richtig harte Arbeit war. Das gibt mir die Hoffnung, dass meine häufigen Schreibblockaden, ob Rezensionen oder Songtexte, (ich schreibe hin und wieder eigene Lieder), nicht auf generell fehlende Kreativität zurückzuführen sind, sondern, dass dies auch den Besten passiert. Für jeden Fan des Waderschen musikalischen Werkes, alt oder jung, ist dieses Buch sicherlich ein absolutes Muss. Aber auch unbedarften Musikinteressierten, wie ich es im Hannes-Wader-Fall war, kann ich diese Biografie uneingeschränkt empfehlen.

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"Trotz alledem" heißt Hannes Waders Lebensgeschichte aus dem Penguin Verlag. Politik und Poesie haben Hannes Wader auf seinem Lebensweg bisher immer begleitet. Seine Biografie ist durchzogen von Arbeiterliedern, Folksongs, einer Kindheit im Nachkriegsdeutschland und wirft so einen bewegenden Blick auf die Entwicklung der Bundesrepublik. Mit seinen Liedtexten bringt er poetisch und aussagekräftig zum Ausdruck, was ihn bewegte. Es geht um die 68er-Jahre in Berlin, die Friedensbewegung, den Kampf für eine gerechtere Welt und auch um den Abschied von Illusionen. Hannes Wader startet mit einem aufrichtigen Vorwort, Er ist einer, wie er selbst sagt, der nicht gern schreibt, aber mit dem Schreiben seiner Lieder seinen Lebensunterhalt verdient. Hannes Waders Biografie beginnt in seiner Kindheit in der Nachkriegszeit, der frühe Verlust des Vaters, die Arbeit in einem Schuhgeschäft und die Lebensumstände dieser Zeit bringt er eindrucksvoll zu Papier. Ende der 60-er war er Protest-Liedermacher und wetterte gegen Krieg und Kapitalismus, er unterstützte den Kommunismus, trat 1979 in die Partei ein. Doch Tschernobyl und einige Erfahrungen bei Reisen in die Sowjetunion ließen ihn dann an dieser Ideologie zweifeln. Später machte er in den 90-ern auch als Interpret von Eichendorff-Texten und Schubert-Liedern von sich reden. Er wandte sich musikalisch auch traditionellem und plattdeutschem Liedgut zu, sang Shanties. Man kann heute sagen, er wanderte mal hierhin, mal dahin. Vielleicht heißt eines seiner Lieder deshalb auch "Heute hier, morgen dort". Es will heißen: Was heute wahr ist, stimmt morgen schon nicht mehr. Wader drückt in seinen Texten Gefühle, Sorgen und gesellschaftliche Zwänge aus. Seine politische Position zeigte sich auch, als er seine Hamburger Wohnung an Gudrun Ensslin, eine der bekanntesten RAF-Terroristin, vermietete. Man kann ihn als Lebenskünstler, politischen Zweifler bezeichnen und Romantiker zugleich. Gemeinsam mit Konstantin Wecker und Reinhard Mey feierte er musikalische Erfolge. Seine Lieder waren nicht mehr politisch, sie zeigten jemanden, den seine Sicht auf das Leben im Alter milde gestimmt haben. Er erzählt durchaus selbstkritisch und legt sein Leben anhand vieler persönlicher Fotos offen für seine Leser/-innen. Wader ist ein Beobachter seiner Zeit, ein sozialkritischer Chansonnier der politischen Liederszene, der die Studentenbewegung durch seine Songs prägte. Seine Lieder begleiten mich dank einiger Ohrwürmer schon viele Jahre meines Lebens. Wader ist im Alter meiner Mutter, ich sang seine schönen und eingängigen Melodienen völlig unpolitisch laut mit. Erst viel später habe ich die Inhalte der Texte realisiert und ihn bei einem Konzert miterlebt. "Es ist an der Zeit", vielleicht kam ihm beim Singen dieses Liedes die Idee, seine Biografie zu schreiben. Auf alle Fälle ist es ein sehr umfangreiches Buch, mit vielen persönlichen Inhalten, politischen An- und Einsichten und einem Leben voller Musik. Der Erzählstil ist gut zu lesen, sehr aufrichtig, selbst-kritisch und persönlich. Diese Biografie zeigt in persönlicher und natürlich musikalischer Weise die letzten 70 Jahre deutscher Geschichte aus der Sicht von Hannes Wader auf eine interessante und aufrichtige Art. Seine Lieder sind eine Art Politbarometer und sind Zeugen seines Lebens.

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