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Rezensionen zu
Die Eroberung von Ismail

Michail Schischkin

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Schischkin schreibt so, wie ich es von einem Russen erwarte: großartige Bildsprache, schwelgen und dabei doch nie kitschig.  Es ist die Biographie des Autors verarbeitet in russischer Geschichte- klare Leseempfehlung!

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Schon als ich die Beschreibung las, wusste ich das ich diesen Roman lieben werde. Bei einer solchen Seitenanzahl war mir auch bewusst, dass es ein komplexeres Werk sein muss, ehrlich gesagt, habe ich auch nicht so leicht reingefunden, aber schnell wurde ich eines besseren belehrt. Plötzlich war ich mitten in der Geschichte und konnte das Buch kaum mehr aus der Hand legen. Wie gesagt, zu Anfang ist es ganz schön abstrakt und nicht so verständlich, ich meine slawische Gottheiten sind im Zug und fahren gemeinsam zu einer Gerichtsverhandlung. In der Verhandlung geht es um die Kultur und Gesellschaft des Russlands im 20. Jhrd. Es kommen Anwälte mit langen ausschweifenden Plädoyers zu Wort, was ich dabei grandios fand. Im Fokus sind die Leben der Angeklagten, Zeugen, Geschädigten und sogar das Leben des Autors selbst. Den Roman beendete Schischkin 1998 eigentlich perfekt um ein Jahrhundert zu beleuchten Sehr bemerkenswert fand ich aber auch die Leistung des Übersetzters, das an dieser Stelle erwähnt werden muss. Schischkin ist ein super Autor und mitten im Abschnitt wechselt er Sprachstile zumm Beispiel von modern zu altmodisch und gleich wieder zurück. Das konnte der Übersetzer sehr gut ins Deutsche transportieren. Was ich auch an Romanen toll finde ist, wenn Zitate von anderen Autoren oder Philosophen etc. verwendet werden. Und hier hat sich Schischkin wirklich richtig ausgetobt. Er verwendet unmengen an griechischen Philosophen, römischen Rednern, russischen Dichtern etc. Ich liebte es. Um ein besseres Verständnis im Hinblick all dieser Quellen zu bekommen, gibt es im Anhang viele Erläuterungen. Fazit: Wer genauso wie ich ein Liebhaber und Bewunderer russischer Literatur ist wird dieses Buch genießen. Die Eroberung von Ismail ist ein komplexes und sehr intelligentes Werk, das mich sehr beeindrucken konnte.

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Die Eisenbahn verbindet nicht nur einen bestimmten Ort mit einem anderen. Sie kann vielmehr auch ein riesiges und unermessliches Land für den menschlichen Geist in einer bestimmten Weise erfassbar machen. Als in Nordamerika der Kontinent von Ost nach West besiedelt wurde, zählte der Bau der Eisenbahn-Strecke von Küste zu Küste zu einem der größten und wichtigsten Bauprojekte. Nicht anders ist es in Russland, wo die Transsibirische Eisenbahn bis heute Kultstatus genießt. Züge und Bahnhöfe spielen in „Die Eroberung von Ismail“, dem neuen Roman des russischen Autors Michail Schischkin, eine wesentliche Rolle. Doch der ist keineswegs so leicht und bequem wie eine Fahrt mit einem Zug. Wohl ganz im Gegenteil. Der Schriftsteller, der 1951 in Moskau geboren wurde und seit Mitte der 90er Jahre in der Schweiz lebt, in Deutschland vor allem mit seinen zwei Romanen „Venushaar“ und „Briefsteller“ (beide ebenfalls DVA) bekannt wurde, macht es seinem Leser nicht leicht. Die Lektüre ist eine Herausforderung. Dies soll an dieser Stelle keine Warnung sein, sondern vielmehr Aufmunterung, sich dieser zu stellen. Die Belohnung all der Mühe wartet nicht am Ende der Lesezeit, sondern erfolgt Schritt für Schritt, wenn die Anspielungen, Verweise und Zitate, die in diesem Buch in reicher Zahl zu finden sind, nach und nach zu einem Bild zusammengefügt werden. Und das kann auch erst nach mehrmaliger Lektüre geschehen. Aber Lebensbücher tragen nicht umsonst ihren Namen, sie begleiten einen über Jahre und Jahrzehnte. Und „Die Eroberung von Ismail“ könnte so ein Buch für mich werden, für mich, die, zugegebenermaßen, erst seit kurzer Zeit eine Neugierde und Begeisterung für die Literatur des riesigen Landes verspürt. Doch diese Ausgabe und die Mühe des herausgebenden Verlages und des Übersetzers Andreas Tretner reichen dem Leser eine Starthilfe beziehungsweise eine unterstützende Begleitung zur Hand: Am Ende des Buches findet sich eine Liste von Anmerkungen und Erklärungen; im Übrigen auch zum Hintergrund des Romantitels. Zudem gibt es auf der Internetseite des DVA-Verlages umfangreiches Zusatzmaterial, in dem unter anderem dargestellt wird, wie dicht im Text die Zitate verwoben sind, welche stilistischen Besonderheiten der Roman aufweist und welche geschichtlichen Hintergründe er hat. Zwischen all den zahlreichen Stimmen, Erzählperspektiven und Schicksalen, Zeiten und inhaltlichen Ebenen, die sich in dem Buch förmlich ineinander schieben, ragen zwei besonders heraus: die Geschichte des Anwalts Alexander Wassiljewitsch und des Autors des Romans. Richtig, Schischkin schreibt über sich. Und beide – sowohl die fiktive als auch die reale Person – weisen Ähnlichkeiten auf. Beide stammen aus einer Lehrerfamilie; beziehungsweise im Fall des Schriftstellers war nur die Mutter Pädagogin. Über den Ehen beziehungsweise Beziehungen stand kein guter Stern, denn beide Frauen der Männer leiden unter einer psychischen Erkrankung und werden in eine Klinik eingewiesen. In beiden Fällen spielt dabei das Schicksal des gemeinsamen Kindes eine wesentliche Rolle: Alexanders Tochter kommt mit einer Behinderung zur Welt, Michails Sohn stirbt bei einem tragischen Autounfall. Und beide sind oft mit dem Zug unterwegs; der Anwalt, um Klienten zu erreichen, der Autor unter anderem, um für einen Beitrag einen Soldaten zu interviewen, der in der damaligen DDR ein Kind gerettet hat. Erzählen ihre beiden Schicksale in sehr zärtlicher und intimer Weise vor allem vom Privaten, spiegelt sich in ihrem jeweiligen Lebenslauf sowie den Erlebnissen weiterer Protagonisten die große Geschichte des großes Landes wider. Mit all ihren schrecklichen Auswirkungen auf den Einzelnen. Die Revolution findet sich darin ebenso wie die Juden-Pogrome, das Leid und die Unmenschlichkeit während des Zweiten Weltkrieges und in den unzähligen Lagern des Gulag. Auch der Krieg in Afghanistan, später der in Tschetschenien findet seine jeweilige Erwähnung. Jedes Leben scheint von Geschichte und ihren Ereignissen durchwirkt zu sein, die Gesellschaft ist vor allem eine politische, in der der Abstand zwischen Arm und Reich beträchtlich ist. All das wird auf den knapp 500 Seiten sprachgewaltig und meisterhaft konstruiert als literarischer Gerichtsprozess verhandelt, in dem juristische und polizeiliche Themen sowie Straftaten wie die physischen Veränderungen einer Leiche, Kindstötung und Giftmorde, Diebstahl und unterlassene Hilfeleistung ebenfalls hinterfragt werden; letztere Tat findet sich in der spannenden Geschichte über den Kulturarbeiter D., dessen Frau Mascha und den Sektionsgehilfen Motte. Diese Vielzahl an Stimmen und Erzählebenen sowie die Verweise auf russische Autoren und ihre Werke, Ereignisse in der russischen Geschichte, der Antike, im frühen Ägypten sowie aus dem Buch der Bücher, der Bibel, lassen einen besonderen Leseeindruck entstehen. Ich habe zum einen oft an eine Matroschka denken müssen, jene hölzerne Puppe, die ineinander verschachtelt ist, sich in einer großen Puppe viele kleine befinden. Oder schafft nicht auch eine Reise mit einem dahineilenden Zug mit Blick aus dem Fenster das Gefühl, viele verschiedene Personen und Ereignisse in einer Art Kaleidoskop, mal schärfer, mal etwas verschwommen wahrzunehmen? So ist „Die Eroberung von Ismail“ ein literarisches Erlebnis, das prägt, seinesgleichen sucht und vor allem Zeit braucht, um es in seiner Ganzheit zu entdecken.

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