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Rezensionen zu
Um Leben und Tod

Henry Marsh

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€ 10,00 [D] inkl. MwSt. | € 10,30 [A] | CHF 14,50* (* empf. VK-Preis)

Die letzte Woche hat mich im Leben als Medizinstudentin zusätzlich als Input das Buch „Um Leben und Tod“ von Dr. Henry Marsh begleitet – am 13.03.2017 im Spiegel Buchverlag erschienen umfasst es 368 Seiten – und jede einzelne davon hat mich zutiefst beeindruckt. Wie arbeitet ein Hirnchirurg? Wie fühlt es sich an, in das Organ zu schneiden, mit dem Menschen denken und träumen? Und wie geht man damit um, wenn das Leben eines Patienten von der eigenen Heilkunst abhängt? Operationen am Innersten des Menschen sind immer mit unkalkulierbaren Risiken verbunden. Henry Marsh, einer der besten Neurochirurgen Großbritanniens, erzählt beeindruckend offen, selbstkritisch und humorvoll von den Ausnahmesituationen, die seinen Arbeitsalltag ausmachen. Seine Geschichten handeln vom Heilen und Helfen, vom Hoffen und Scheitern, von fatalen Fehlern und von der Schwierigkeit, die richtige Entscheidung zu treffen. Als ich „Um Leben und Tod“ das erste Mal bei studylikegranger auf ihrem Instagramprofil gesehen habe, wusste ich sofort: Das muss ich lesen! Und ich wurde nicht enttäuscht. Der Untertitel „Ein Hirnchirurg erzählt vom Heilen, Hoffen und Scheitern“ fasst die Thematik des Buchs besser zusammen, als ich es je könnte. Jedes der 25 Kapitel startet mit einer Krankheit (vor allem Gehirntumore) oder einem Symptom in der Überschrift: Oligodendrogliom, Tic douloureux oder dergleichen. Und passend dazu wird dies in dem Kapitel durch einen bestimmten Patient, eine bestimmte Operation oder „Schlüsselereignisse“ in Henrys Arztleben verdeutlicht. Allein diese Gliederung hat mir persönlich unheimlich gut gefallen, da man Neues, Faszinierendes über das menschliche Gehirn lernt und gleichzeitig in jedem Kapitel miträtseln konnte, bei wem denn nun das Oligodendrogliom auftritt und wie das Ganze endet. Aber ist das Buch denn nur etwas für Medizinstudenten, Ärzte oder diejenigen, die es mal werden wollen? Im Gegenteil. Durch viele Erklärungen zwischendurch, die aber keineswegs ausarten, ist „Um Leben und Tod“ sehr verständlich geschrieben und gerade wegen der Thematik würde ich sagen, dass das Buch gerade Nicht-Mediziner anspricht. Die zusammengefasste Botschaft ist nämlich: Ärzte sind keine Götter in Weiß – sie irren, sind menschlich, machen fatale Fehler, treffen richtige und falsche Entscheidungen und sie haben auch keine Kontrolle über Zufälle, Schicksal (?). So erfährt man in diesem Buch erstaunlich gut, wie es ist, ein Neurochirurg zu sein. Plötzlich versucht man als Leser selbst, die schwerwiegenden Entscheidungen zu treffen, rechtfertigt sich zusammen mit dem Arzt, warum der Patient nicht gerettet werden konnte, … Gerade manche Kapitel, manche Patientengeschichten, sind mir dabei emotional sogar sehr nahe gegangen. Alles in allem habe ich mit „Um Leben und Tod“ (das Motto der Hirnchirurgen: ein Leben durch eine OP zerstören oder vielleicht doch noch ein paar Jahre herausholen?) wichtige Lektionen für mich und meine Zukunft als Studentin gelernt. Gerade dadurch, dass Henry Marsh so schonungslos über seine eigene Person und seine begangenen Fehler schreibt, konnte ich sehr viel aus dem Buch mitnehmen, wie ich später mal mit der ganzen Thematik umgehen möchte. Abgesehen von „Heilen, Hoffen und Scheitern“ führt einen dieses Buch natürlich ein in die faszinierende, ein klein wenig unheimliche, aber vor allem unglaubliche Welt des wichtigsten Organgs: das Gehirn. Hierbei wird der Leser auch selbst zum Nachdenken angeregt. Ist unsere Seele, unser Bewusstsein etwa nur ein Zusammenspiel aus etlichen Nervenzellen und elektrischen Signalen? Es scheint immer wieder unbegreiflich zu sein, dass all diese Gedanken, die ich in gerade diesem Moment formuliere, lediglich von dieser grauen, wackelpuddingartigen Masse stammen sollen. Zusammengefasst möchte ich nur sagen: Lest dieses Buch, mein neuestes Jahreshighlight! Man fängt an, sich mit Dingen zu beschäftigen, die im normalen Alltag total untergehen. Der Arzt wird für den Leser plötzlich zu einem normalen Menschen; eine Lektion, die auch ich immer wieder verinnerlichen muss, und vieles mehr. „Um Leben und Tod“ wird für jedermann eine großartige Lektüre sein. Vielen Dank an den Spiegel-Buchverlag und die Betreiber des Bloggerportals für dieses tolle Rezensionsexemplar! ♥

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Ärzte sind auch nur Menschen, ja, das erfahren wir hier. Das Zittern und Bangen, wenn es um das Leben eines Patienten geht, wenn es um Millimeter geht, die das Mikroinstrument in das Gehirn vordringt. Wenn Entscheidungen zu treffen sind und Wahrscheinlichkeiten des Überlebens ausgerechnet werden müssen. Wenn das Organ, das uns alles ermöglicht, eben nur ein Organ, schwammiges Gewebe ist. Der englische Neurochirurg erzählt Persönliches, gibt kritische Kommentare und schildert Schicksale seiner Patienten, das nicht selten vom Zufall abhängt. Immer respektvoll ehrlich lernen wir so unser verborgenes Inneres kennen und begreifen medizinische Zusammenhänge. Ein spannendes Buch, das das Wunder Denken, Leben und Träumen erfahrbar zu machen versucht.

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Bewertung Dieses Buch war überraschend bewegend und informativ zugleich. So ist jedes Kapitel einem anderen Krankheitsbild (das in Kurzform erklärt wird) zugeteilt, und geht mit passenden Fällen von Patienten einher. Trotzdem wird vor medizinischen Fachausdrücken und detailreichen OP-Vorgängen kein Halt gemacht. So kann man dieses Buch wohl keinem Hypochonder empfehlen, denn die würden ganz schön an ihre Grenzen kommen. Henry Marsh schenkt dem Leser in seinem Buch schöne und auch schreckliche Momente seines Arbeitsalltags. So erfährt man auch etwas über seinen Werdegang, und wie er schließlichz sein Herz an die Neurochirurgie verlor. Dieser Mensch operiert wirklich mit Leidenschaft. Genauso bemerkt man im Verlauf des Buches, dass Ärzte auch nur Menschen sind, und sich mit ähnlichen Ängsten wie denen der Patienten herumschlagen müssen. Über all dem liegt ein angebrachter Humor, der das Lesen auflockert. Interessant fand ich auch, dass es zur Covergestaltung eine eigene Anmerkung zum Ende des Buches gab. So erfährt man, dass diese Zeichnung (von Susan Aldworth) vor Ort am Royal London Hospital entstand, wärend einer zerebralen Angiografie eines Patienten, zum lokalisieren eines Aneurysmas. Fazit Wer nach einem Sachbuch, dass sich wie ein Roman liest und autobiographisch angehaucht wurde, sucht, ist mit "Um Leben und Tod" sehr gut beraten.

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Das Buch ist in 25 Kapitel gegliedert, in welchen Henry Marsh, der bekannteste Neurochirurg Großbritanniens, je eine Art der Gehirnerkrankung beschreibt. Von manchen dieser Krankheiten hatte ich schon gehört, andere waren mir total fremd. Dies bedeutet auch, dass man das Buch nicht zwingend in der vorgegebenen Reihenfolge lesen muss, allerdings gibt es ein paar Geschichten, die Bezug auf einen anderen Patienten nehmen, der in einem Kapitel davor abgehandelt wurde. Mit einer unglaublichen Ehrlichkeit beschreibt er wie es ist, wenn man einen Patienten operiert, wenn man den Druck der Angehörigen spürt, die sich wünschen, dass alles glatt läuft und die tiefe Traurigkeit, wenn es doch zu Komplikationen kommt. Wir sind Krankenhäuser immer suspekt, ich habe hohe Achtung vor den Menschen, die dort arbeiten. Die täglich Höchstleistungen bringen müssen und die manchmal doch an ihre Grenzen stoßen. Dann wenn der Tumor inoperabel ist oder wenn es während der OP zu einem folgenschweren Fehler kommt und der Patient für immer beeinträchtigt ist. Ich könnte diesen Job nicht machen. Ich würde ihn wohl noch nicht einmal einen Tag aushalten.  Marsh nimmt uns mit in das innere unseres Kopfes, zu dem wohl erstaunlichsten Organ unseres Körpers. Mit einer riesigen Vergrößerung des OP-Mikroskops können wir das Blut hinter ultra dünnen Gefäßwänden pulsieren sehen. Ein einziger falscher Schnitt und alles stürzt in ein rotes Chaos. Marsh hat es in einem Kapitel einmal ganz wunderbar erklärt. Er fühlt sich wie ein Sprengmeister beim Entschärfen einer Bombe, nur dass nicht er in Gefahr ist, sondern der Mensch in dessen Kopf er sich befindet.  Fazit: Der Schreibstil ist relativ schlicht, leicht und teilweise auch sehr nüchtern gehalten. Das führt aber auf keine Fall dazu, dass man die Schicksale der Menschen, die sich in Marshs Hände begeben haben aus der Distanz betrachtet. Wenn es angebracht ist, lässt er den Leser an seinen Gefühlen teil haben und baut so Distanzen ab. Wenn man wie ich eine große Abneigung gegenüber Krankenhäusern hat, hilft gerade diese Mischung, die Menschen die dort arbeiten und das, was sie leisten besser zu verstehen. Ein wirklich, wirklich gutes Buch, dass ich gerne weiterempfehlen kann! Nicht um sonst habe ich es eines Tages durchgelesen!

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Henry Marsh erzählt wie sein Beruf ihn zum Held aber auch zum Zerstörer eines Menschenlebens macht. Denn er ist Hirnchirurg und hat in seiner langjährigen Erfahrung einiges Erlebt. In 25 Kapitel erzählt er, wie er seine Patienten operiert, von seinem Alltag im Krankenhaus und wie es auch ihn mitnimmt, wenn eine OP schiefläuft oder er davor Lampenfieber hat. Meine Meinung: Unglaublich gutes, detailliertes und persönliches Sachbuch! Als ich dieses Buch als Rezensionsexemplar angefragt habe, wusste ich zuerst nicht, wie ich mir das Buch vorstellen soll. Ist es eine zähe Fachliteratur, bei der mein Gesicht einschläft? Würde man es eher als Roman sehen? Als erstes ist mir die Gestaltung der Kapitel aufgefallen und das der Autor sich nicht davor gescheut hat, auch Fachbegriffe einzusetzen. Jedes Kapitel ist nach einer Krankheit gegliedert, zu welcher der Autor sein Erlebnis erzählt. Oft hatte ich ein wenig Tränen in den Augen, da mir das menschliche Schicksal ein wenig nah ging. Mir hat es gut gefallen, dass er auch erzählt hat, dass sein Job manchmal nicht einfach ist und auch er ein Pokerface aufsetzen muss. Henry Marsh hat wirklich eine offene und lockere Art, über die Ereignisse zu erzählen. Er scheut sich auch nicht, über seine Gefühle zu sprechen und wie es ihm dabei ergeht. Alles in allem kann ich dieses Buch nur weiterempfehlen - für mich eine sehr spannende Lektüre mit gutem Einblick ins Leben eines Hirnchirurg.

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Inhalt Wer Gruselfilme grundsätzlich mag, sie aber ein wenig hart findet, der könnte in diesem Buch angemessen viel Grusel finden, denn gruselig ist es allemal, was Herr Marsh hier berichtet. In 26 kurze Kapitel unterteilt stellt Herr Marsh anhand von Fallbeispielen aus seiner Praxis verschiedene Erkrankungen des Gehirns vor und beschreibt, wie er sie operativ behandelt hat. Das Blut kriecht über das Papier, wir werden hineingezogen in das Bangen und Hoffen, in die Enttäuschung, aber auch in die Triumphe des Arztes und seiner Patienten. Parallel dazu erfahren wir viel aus dem Klinikalltag. In der Zeitfolge betrachtet scheinen die Restriktionen und Schwierigkeiten, mit denen das Klinikpersonal aufgrund von rechtlichen Regelungen und dem Streben nach höchster Effizienz auch im Gesundheitswesen zu kämpfen hat, zugenommen zu haben. Davon bleiben auch die Patienten nicht verschont. Sicher gibt es dabei sinnvolle Regelungen, aber ob alle wirklich auch vom humanistischen Standpunkt aus getroffen wurden, bleibt zu hinterfragen. Aus den Geschichten, die uns Herr Marsh erzählt, wird auch deutlich, welche Anforderungen an ihn als Neurochirurg stehen. Er muss nicht nur ein hervorragender Spezialist auf seinem Gebiet sein, sondern auch seine Mitarbeiter managen, mit den Patienten umgehen können, insbesondere wenn es heißt, ihnen ungute Nachrichten zu überbringen. Wir erhalten über die Erzählungen auch ein wenig Einblick in seine wesentlichen Charakterzüge. Subjektive Eindrücke Ja, gruselig ist es, wenn beschrieben wird, wie im Gehirn gearbeitet wird, wie versucht wird, Schäden zu minimieren. Dabei wird recht schnell klar, dass eine Krankheit im/am Gehirn eigentlich so gut wie keine Chance hat, ohne Nebenwirkungen geheilt zu werden. Eigentlich geht es hauptsächlich darum, dem Patienten noch ein bisschen mehr Zeit zum Leben zu geben. Leider ist diese Zeit nur zu häufig mit schweren Einschränkungen verbunden. Manche der sich abzeichnenden Charaktereigenschaften des Autors würde ich lieber nicht an Menschen sehen, denen ich mein Leben anvertrauen muss. Anhand der Beschreibungen wird aber relativ verständlich, dass sie auch ihre positiven Auswirkungen haben. Vielleicht braucht ein (Neuro-)Chirurg tatsächlich hin und wieder diese Glorien-Vorstellungen, um mit dem ganzen Geflecht an Aufgaben und Verantwortungen überhaupt umgehen zu können. Fazit Ein sehr faszinierendes Buch. Es gibt viel Einblick in die Arbeit eines Neurochirurgen und in den Klinikalltag, was teilweise auf mich recht erschreckend wirkte. Ich habe viel gelernt und mir ist klar geworden, dass jede Operation wirklich sehr genau überlegt sein will. Ich hoffe, ich erinnere mich daran, sollte ich einmal in eine solche Situation geraten. Ich danke dem Verlag sehr herzlich für dieses Rezensionsexemplar.

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Henry Marsh ist Neurochirurg, also ein Chirurg, der sich um Erkrankungen des Nervensystems spezialisiert hat. Er ist einer der besten Neurochirurgen Großbritanniens, hat zahlreiche Operationen vollbracht und die Schicksale vieler Menschen direkt beeinflusst. Ob diese nun ein Aneurysma, ein Karzinom oder ein Oligodendrogliom haben, in seinem Buch „Um Leben und Tod. Ein Hirnchirurg erzählt vom Heilen, Hoffen und Scheitern“ hat der Hirnchirurg zahlreiche seiner Fälle beschrieben. Mein erster Gedanke war, dass es ein Science-Fiction-Roman oder so etwas in der Art sei, als ich den Titel gesehen habe, bis ich dann den Klappentext gelesen und festgestellt habe, dass das ein Medizin-Roman ist. Normalerweise mag ich solche Bücher nicht lesen, weil sie mir zu langweilig, zu kompliziert oder zu belehrend sind. Aber was kann an Neurochirurgie schon belehrend sein? Das Buch habe ich dann einfach ausgeliehen und angefangen und ich muss sagen: es ist wirklich ein tolles Buch! Henry Marsh schildert seine Erlebnisse als Neurochirurg, gescheiterte wie erfolgreiche Operationen. Er zeigt den schmalen Grat zwischen seinen Entscheidungen auf, die nicht nur auf dem Operationsrisiko, sondern auch auf den Angehörigen und seinen eigenen Erfahrungen beruhen. Mit seinem fesselnden Buch wird es auch „normalen Menschen“ deutlich, was für eine große Herausforderung es ist, Hirnchirurg zu sein, denn Henry Marsh lässt keine Details aus und bleibt dennoch spannend. Neben seinen Beschreibungen der Operationen schildert der Hirnchirurg auch seinen Alltag im Krankenhaus, der ebenso wie riskante Eingriffe in das Gehirn turbulent und unvorhersehbar ist. Es ist chaotisch, dramatisch und lustig, wie Marsh seinen Alltag beschreibt und trotzdem bleibt er ernst genug, um das vermeintliche Tabu-Thema, die operativen Eingriffe am menschlichen Gehirn interessant zu schildern. Ehrlich gesagt hätte ich niemals gedacht, je so ein Buch zu lesen. Dieses faszinierende Buch von Henry Marsh hat mich eines Besseren belehrt. Mit seiner Schreibkunst und seinen vielen Erfahrungen ist es eine unglaublich fesselnde Geschichte, die er über sein Leben als Hirnchirurg erzählt. Er geht mit Fehlern und falschen Entscheidungen offen um, was ihn und sein Buch für mich als Leserin sehr sympathisch macht. Genau aus all diesen Gründen würde ich das Buch auch einfach an jeden weiterempfehlen, der mal ein Buch zu einem etwas anderen Thema lesen möchte. Mein Genre sind normalerweise eher Krimis und Thriller und ab und an mal Romane, aber mir hat „Um Leben und Tod“ sehr gut gefallen. Wer lieber in der Originalsprache liest: dort heißt das Buch „Do No Harm. Stories of Life, Death and Brain Surgery“. Viel Spaß beim Lesen, Eure Sophie

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Henry March ist Neurochirurg. Mittlerweile in Rente und nur noch gelegentlich als Gastoperateur in der Ukraine im OP-Saal. Ein Ass, was Hirn- und Wirbelsäulenoperationen angeht. Ein begeisterter Chirurg, ein sympathischer Mensch. Einer, der seine Grenzen kennt. Der weiß, dass Fehler eben doch passieren. Und der damit leben muss, dass seine Fehler für andere oft tödlich enden. Im letzten Jahr ist sein Buch über den ganz normalen Chirurgenalltag in England erschienen, dieses Jahr kam es in deutscher Übersetzung auf den Markt. Harter Stoff. Nix für Angsthasen. Und auch nix zum In-einem-Rutsch-Durchlesen, auch wenn alle Kapitel spannend geschrieben sind, schließlich geht es fast immer – wie in einem Krimi – um Leben und Tod. Ein wichtiges Buch, eins, das den Arztserien Paroli bietet, eins, das in eine Welt führt, die wohl niemand von uns freiwillig betritt (denn wenn wir im OP landen, dann doch meist als Patient, nicht als Operateur). Es ist trotz der zahlreichen quälend minutiösen Beschreibungen und dem so oft hoffnungslosen Wettlauf gegen den Tod, ein wichtiges und – auf lange Sicht – beruhigendes Buch. Mich jedenfalls entspannt die Tatsache, von einem “normalen” Menschen und nicht von einem “Gott in Weiß” operiert zu werden. Ich kann den Vorgang, der für mein Leben Konsequenzen haben wird (so oder so), besser einordnen, oder mich besser hineinbegeben, wenn ich verstehe, dass so ein Eingriff keine Sensation ist, sondern ein Termin in einem ärztlichen Arbeitsalltag. Die Erwartungen werden vielleicht kleiner, aber die Dankbarkeit um so größer für alles, was geht. Marsh schreibt im Großen und Ganzen seine Arbeits-Biografie: über seinen späten Wunsch, Arzt zu werden, über Umwege, eine harte, lange Ausbildung und die Zeit als Oberarzt im Krankenhaus. Er schreibt über seine Fehleinschätzungen in jungen Jahren, über das, was im Gesundheitswesen – insbesondere in Krankenhäusern – schief läuft, über Verbesserungen der Technik und die immer wieder neu zu justierende Teamarbeit auf den Stationen. Gleichzeitig umreißt er sein Arbeitsgebiet. Die Kapitel tragen meist den Namen einer Krankheit, die er im Laufe seiner Karriere behandelt hat, hier und da schleichen sich aber andere Diagnosen ein, “Melodrama” zum Beispiel oder “Hybris” und hier geht es um die Gefahren, denen die Ärzte als Menschen in ihrem Beruf ausgesetzt sind. Dass sie zum Beispiel unaufmerksam sind, und schon einen lebensgefährlichen Fehler machen. Dass sie Fehler machen, weil sie gelegentlich nicht genug über ihren Tellerrand schauen, weil sie Konkurrenz fürchten, weil sie müde sind, weil sie all den Dingen ausgesetzt sind wie unsereins, mit dem Unterschied, dass meine Fehler weitestgehend auf mich zurückfallen. Es ist eine Hommage an Ärzte und ihren riskanten Einsatz für ihre Patienten. Es ist aber auch der Rückblick auf ein gelungenes Leben. Was nicht bedeutet, dass es ein durch und durch glückliches war. Es gibt Krisen, eine Scheidung, ein eigenes Kind mit Hirntumor, der Tod der Mutter und immer wieder Gerichtstermine, in denen sich Marsh als gescheiterter Operateur verantworten muss. Und dann gibt es da noch das Rätselhafteste überhaupt: Unser Gehirn. Es ist Ich und Du und die Welt. Es ist Glück und Unglück, es ist – so stelle ich mir das zumindest vor – der Horizont jedes einzelnen Menschen und es ist das einzige Organ in unserem Körper, das keinen Schmerz kennt. Am Hirn kann man (und davon wird auch gelegentlich Gebrauch gemacht) ohne Narkose operieren, nur eine örtliche Betäubung für Haut und Schädel reichen. Marsh ist besessen vom menschlichen Gehirn. Bei jeder Operation fasziniert ihn die Schönheit des Organs und seine scheinbar grenzenlosen Fähigkeiten aufs Neue. Er betrachtet es, zumindest während der OP, als zartes Wesen, das es nicht zu verletzen gilt. Zurück im Büro oder im Gemeinschaftsraum kann ihm da auch schon mal ein grobes Wort entgleiten, was ich ihm aus zwei Gründen verziehen habe: Einmal ist er ehrlich und zum anderen kann wahrscheinlich kein Mensch die tägliche Verantwortung über Leben und Tod ohne gelegentliche Ausrastet auf sich nehmen. Ein wichtiges Fazit, eins, das man selten von Ärzten zu hören bekommt: Zu wissen, wann man aufhören muss. “Oft” – so schreibt Marsh – “ist es ohnehin besser, der Krankheit ihren natürlichen Lauf zu lassen und überhaupt nicht zu operieren.” Sein Buch ist ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit in unserem durchorganisierten Gesundheitswesen. Eins gegen das bloß Machbare. Eins für die Rückgewinnung von Verantwortung, auch der Betroffenen. Für mich war es eine ganz besondere Lehre: zu sehen, wie riskant manche Berufe sind und zu verstehen, wie gut ich es mit meiner Arbeit diesbezüglich getroffen habe. Was vielleicht auf der Rückseite heißt, hier und da mehr Risiko zu wagen. Ein anderer wesentlicher Satz fällt gleich im Vorwort: “Wenn wir als Patienten im Krankenhaus liegen, um unser Leben bangen und uns ein furchteinflößender chirurgischer Eingriff bevorsteht, müssen wir den Ärztinnen und Ärzten, die uns behandeln, vertrauen – zumindest machen wir uns das Leben ziemlich schwer, falls wir das nicht tun.” Ein tolles Buch, auch wenn es einem gelegentlich doch ziemlich nah geht. Hier und da zeigt sich Marsh als unerträgliches Chef-Ekel, mal mäkelt und jammert er rum und man möchte eine Seite überspringen oder gleich auch zwei. Aber es ist klar, dass er sich selbst so zeigen will, wie er nun mal ist. Nicht, um geliebt zu werden, sondern um die Verhältnisse in einem Krankenhaus so zu beschreiben, wie er sie aus einem jahrzehntelangen Arbeitsalltag kennt. Sein Lieblingsabschied steht am Schluss, der, den er nur von Patient/innen hört, die geheilt die Klinik verlassen: “Ich hoffe, dass wir uns nie wiedersehen.” Henry Marsh, Um Leben und Tod – Ein Hirnchirurg erzählt vom Heilen, Hoffen und Scheitern. Deutsche Verlags-Anstalt 2015. Einen herzlichen Dank an Random-House für das Rezensionsexemplar.

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