Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Der Aufstand der Ungenießbaren

Edo Popović

(2)
(0)
(0)
(0)
(0)
€ 17,99 [D] inkl. MwSt. | € 18,50 [A] | CHF 24,90* (* empf. VK-Preis)

«Jeder von uns hat in diesem Krieg jemanden oder etwas verloren, und aus Körperteilen, die deine Leute meinen Leuten und meine Leute deinen Leuten abgeschnitten haben, könnte man so viele Menschen zusammenschrauben, um damit eine ganze Kleinstadt zu bevölkern.» In diesem gesellschaftskritischen Roman geht es nicht um Krieg per se, auch wenn er an uns Ex-Jugoslawen klebt, wie ein langzerkauter Kaugummi ohne Geschmack. Es findet sich vermutlich auch keine Literatur aus unserer Heimat, die nicht vom Krieg betroffen ist. Jedenfalls nicht seit den 90ern. Doch Edo Popović möchte nicht, dass man seine Literatur durch die Kriegsbrille betrachtet und in einem Interview sagte er, dass nicht der Krieg das Leben der Kroaten zerstört habe, sondern der bis heute grassierende Turbo-Kapitalismus. Der Privatisierungsprozess habe den Menschen alles weggenommen und Unternehmen hätten das Geld aus dem Land gepumpt. Und darum geht es in diesem dystopisch anmutenden Roman, den Popović 2011 geschrieben hat. Zagreb, wie viele andere kroatische Städte, soll von einer Mauer der Privatisierung umgeben sein, Kroatien mehr eine Holding als ein Staat. Banker, Manager und Broker, die sich für Götter halten, privatisierten das Wasser und denken nun, sie könnten auch den Wind beherrschen. Den kroatischen Originaltitel «Lomljene vjetra», was «Brechen des Windes» bedeutet, finde ich daher überaus passend. Die Machthaber plündern das Land und «Gärtner», der neuste in der Truppe der Ungeniessbaren, knöpft sich die Vorstandsmitglieder dieses Megakonzerns einen nach dem anderen vor. Er hält einen CEO ausserhalb der Mauern gefangen, wo ihm sein vieles Geld nichts nützt. Er verfüttert ihm eine Münzsuppe, Sand oder auch mal die Financial Times. Doch, wo ein CEO war, kommt ein neuer an seine Stelle und auch «Gärtner» fragt sich irgendwann, wie er dieses System überhaut besiegen soll. In einem weiteren Handlungsstrang treffen ein kroatischer und ein serbischer Kriegsveteran bei Tulove Grede, Schauplatz der Winnetou Filme und wo sie sich einst gegenseitig bekämpften und nun Aussprache halten, aufeinander. Allgemeine Popović-Empfehlung meinerseits!

Lesen Sie weiter

Edo Popovičs Roman “Der Aufstand der Ungenießbaren” spielt in Kroatien, einem Land, in dem der Staat dem Spätkapitalismus zum Opfer gefallen ist. Das Ende des Sozialismus wurde von den Gierigsten und Rücksichtslosesten schamlos ausgenutzt. Übrig geblieben ist ein geplündertes und privatisiertes Land. Ummauerte Städte sind entstanden, in denen nun eine Organisation herrscht, die sich „Helden und keine Verbrecher“ nennt. Der Name kann als lächerlicher Versuch der Selbstlegitimierung und der Fremdtäuschung gewertet werden und spiegelt das Gegenteil von dem wider, wofür die herrschende Elite eigentlich steht. In dieser spätkapitalistischen Welt fängt eine Gruppe von Menschen an, sich vom System loszulösen. Sie wollen nicht mehr zehn, zwölf Stunden am Tag arbeiten, weigern sich in einem fort zu konsumieren, sich der Gier hinzugeben und möchten nicht mehr in einem ständigen Wettbewerb zu ihren Mitmenschen stehen. Doch “Welche Regierung braucht schon glückliche und kluge Menschen? Keine”. Denn Nicht-Angepasste können vom Kapitalismus nicht verdaut werden. Sie sind ungenießbar, bereiten Magenschmerzen, drohen mit Verstopfung. Und deshalb ist es fast unumgänglich, dass aus den friedlichen Systemverweigerern radikale Systemgegner werden. Popovićs Roman ist ein Kommentar über unseren Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen, über Gier und Machtmissbrauch, über den Profit- und Wachstumswahn und über die Auflehnung, den Widerstand. Der Blick des Autoren ist dabei stets glasklar. Er beschreibt eine Dystopie, die viel zu sehr in unserer Gegenwart und in der Vergangenheit verankert ist, als dass der Leser eine zeitliche und räumliche Distanz zu ihr verspüren könnte. Der Roman ist ein Lesevergnügen, weil er unheimlich klug und wichtig ist. Seine Kritik ist geschliffen scharf und speist sich außerdem häufig aus bitterböser Satire, z.B. wenn die Kirche wieder Ablassbriefe verkauft und der Sünder gleich einen Rabattcoupon für das Einkaufszentrum dazu bekommt. “Der Aufstand der Ungenießbaren” ist greifbar, nah und ungemütlich. In dem Roman schlummert ein Bestseller, der nur darauf wartet, von so vielen Lesern wie möglich entdeckt zu werden!

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.