Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Anleitung zum Gehen

Edo Popović

(1)
(5)
(4)
(0)
(0)
€ 16,99 [D] inkl. MwSt. | € 17,50 [A] | CHF 23,90* (* empf. VK-Preis)

Gleich ins Auge gesprungen ist mir das Cover sowie der Titel. Nach Jakobsweg-Erfahrungsberichten und anderen Erzählungen von Wander- und Pilgerreisen freute ich mich schon auf eine andere Art von Geherlebnissen. Bereits 2009 ist das kroatische Original erschienen und seit Juni 2015 auch auf dem deutschsprachigen Buchmarkt erhältlich. Auf 176 Seiten begegnen wir nicht nur Orten oder Wandererzählungen, sondern philosophischen Reden über Zeit, Wasser und Gipfelstürmerinnen. Diese poetischen Darstellungen werden von Bildern, genauer gesagt von Photos, und Zitaten verschiedenster Menschen untermalt. Edo Popović schafft es, zum Nachdenken anzuregen, allerdings würde eine Umsetzung der Anregungen, die dieses Buch enthält, für mich fast unmöglich sein. Wer kann sich schon von Arbeitgebern fernhalten und das tun, wozu er/sie wirklich Lust hat, wenn man nicht nur für sich selbst verantwortlich ist? Mit anderen Gedanken kann ich mich dafür recht gut anfreunden, zum Beispiel ist die Rede von der Zeit, die man hat und was man damit anfängt. Sehr gut gefallen hat mir das Kapitel ‚Literatur für Wanderer‘, welche in Leichtere Bücher (für den Rucksack) und Schwere Bücher (für das Regal) unterteilt ist. Dort findet sich eine zufällige Auswahl an Büchern, etwa von Lao Tse, T.S. Eliot oder Aldous Huxley und Stephen Hawking.

Lesen Sie weiter

Wo ist er gewesen?

Von: Heinrich aus Berlin

06.01.2016

Der Velebit ist schon ein außerordentliches Gebirge, auch durch die unmittelbare Nähe zur Adriaküste. Popović beschreibt mit viel Kenntnis und Erfahrung die Details der Landschaft und Natur und Kultur, die sie birgt. Schön wäre es, auch eine Karte zu sehen, die die Orte und Wege des Wanderers Popović aufzeigt. Die beigefügte Skizze ist leider nicht ausreichend.

Lesen Sie weiter

Edo Popovic, kroatischer Schriftsteller und Journalist, bekanntester Kriegsberichterstatter Kroatiens, hat 50 Jahre lang Weisheiten über die Menschheit und ihr oft selbstzerstörerisches Wesen gesammelt und zusammengetragen in der „Anleitung zum Gehen“ , erschienen bei Luchterhand. Auf seiner Rückseite wird das Buch beschrieben als „ein poetischer Ratgeber, der uns lehrt, was wir selbst sind und unsere Welt zum Überleben brauchen.“ Zunächst vergleicht Popovic den heutigen Menschen mit seinen Vorfahren, die vor dreieinhalb bis vier Millionen Jahren lebten und die ersten aufrechten Schritte machten. Was haben wir noch mit dieser Kreatur gemeinsam und welche Entdeckungen, Errungenschaften und völlig Überflüssiges hat die Menschheit seitdem gesammelt und sich selber dadurch zum Sklaven dieser Errungenschaften gemacht. Angereichert werden diese Überlegungen zu den Aspekten Beschleunigung, Parzellieren der Welt und der Zeit mit Zitaten und Beschreibungen bekannter Denker wie z.B. Seneca. Es folgt eine Liste von überflüssigen Dingen und dann nimmt Popovic den Leser mit auf mehrere Wanderungen durch den Velebrit; er, der gerade ein schweres Lungenleiden einigermaßen überstanden hat und beim Wandern seine Lungen trainieren will, erfreut sich an der Natur. Ihn beeindruckt, das erste Mal eine Wolke zu atmen und den Felsen, die er sieht bringt er Hochachtung und Bewunderung entgegen, erfreut sich an frischem Wasser und der Gastfreundschaft, die ihm entgegengebracht wird und über sies und das – und begreift, dass alles, was er wirklich braucht in einen 40 Liter Rucksack paßt. Viele Fotos, hauptsächlich von Bergen und unberührter Natur lockern das Buch auf. Zugegeben, ich hatte mir unter einem poetischen Ratgeber etwas anderes vorgestellt und für mich zogen sich die Wanderungsbeschreibungen schon etwas, ohne mich wirklich zu begeistern. Nichts desto trotz sind die aufgestellten Denkanstöße interessant, wenn auch nicht so ganz neu. Was ist genug und hast Du soviel angesammelt, dass Deine Sachen Dich besitzen? Frage Deine Seele, was Du brauchst und bedenke, dass Du wirklich Wichtiges nicht kaufen kannst.

Lesen Sie weiter

Ich gehe gerne. Wäre Berlin nicht so groß, würde ich öfters irgendwo hingehen. So gehe ich höchstens nirgendwo hin, das heißt, vor allem nicht zu Terminen, außer sie liegen wirklich nur um die Ecke. Edo Popovics “Anleitung zum Gehen” wäre da, so meine Hoffnung, ein Hinweis auf vielleicht neue Arten des Gehens oder auf alte, vergessene Techniken. Dass es dabei ums Überleben gehen soll und auch noch mit poetischem Anstrich (beides steht auf der Rückseite des gerade 175 Seiten starken Buches) schreckte mich nicht. Ich hätte über die “Anleitung” stolpern können, verpasste aber genau das. Und schon geht es los, mit dem ersten Schritt gleich im ersten Kapitel, der vor dreieinhalb oder vier Millionen Jahren auf diesem Planeten von einem ersten menschenähnlichen Bewohner getan wurde und der, so scheint es beim weiteren Lesen, dem Verhängnis freien Lauf ließ. Natürlich brauchte es noch andere Veränderungen, so musste vor allem das Gehirn größer werden, und ab da war endgültig Schluss mit der natürlichen Geruhsamkeit. Eile bestimmt seither die menschliche Herde, den Blick fest auf den Horizont gerichtet, die Verbindung zu den vierbeinigen Erdmitbewohnern gekappt (zu den anderen erst recht). Klar was jetzt kommt? Leider ja. “Wir” sind deformiert, wir sind dekadent, weil wir uns anziehen, in Wohnungen leben, Geld verdienen, Autos fahren und Computer spielen. Alle diese zivilisatorischen Errungenschaften nämlich rauben uns Zeit und vor allem den Zugang zu uns selbst. “Wir” sind wie Hamster im Laufrad, wir bauen Häuser und Mauern und ziehen Grenzen und kennen unsere eigenen Bedürfnisse längst nicht mehr, weil wir nur noch Verpflichtungen gegenüber anderen unterliegen. Die ganze Leier der Kritik an der heutigen Zeit. Wären da nicht auffällig häufig Zitate aus der weiteren Vergangenheit, z.B. von Seneca, der anmerkt, und zwar ausdrücklich, weil es offenbar schon in der Antike in Vergessenheit geraten war, dass dem Menschen nichts wertvoller ist als die eigene Lebenszeit. Was mir an diesem “Wir” aufstößt, ist seine Schnoddrigkeit. Ich kenne zum Beispiel niemanden, der für ein Auto einen Kredit aufgenommen hat. Ich bin froh, in den eigenen vier Wänden zu leben, die aus Mauern sind, mit einem Dach drauf, nicht nur, weil ich darin nicht mehr nass werde oder gnadenlos friere, sondern auch, weil ich einen Rückzugsort brauche, ein Drinnen, um wieder nach draußen zu gehen. Computer und Telefon erleichtern mein Leben und ich weiß sehr genau, wovon ich spreche, denn ich bin in einer Umbruchzeit großgeworden, d.h. mein Studium habe ich noch an Zettelkästen und mit endlosen Fernleihen absolviert und das hat eine Menge Zeit gekostet. Auch auf eine Wäsche mit der Hand lege ich keinen gesteigerten Wert, und so weiter. “Wir”, das ist das einzige Phänomen, das ich unumwunden bejahen würde – aber es wird mit keiner Silbe erwähnt – “Wir” sind im Lauf der Jahrtausende immer mehr geworden. Das stellt allerdings ein großes, wenn nicht das größte aktuelle Problem auf unserer Erde dar. Außerdem – aber das ist eine eigene und sicher längere Überlegung Wert – ist es nicht leicht, sich der heutigen Eile zu entziehen. Wer genug Geld hat, kann es sich leisten. Wer wenig Geld hat, auch. Wer Kinder hat, kommt schon ins Schleudern. Und wer die Eile erst mal in ihrem gesamten Umfang akzeptiert hat, wird lange brauchen, sie sich wieder aus allen Fasern des Körpers zu kratzen. Es ist nicht unbedingt Dummheit, die die Menschen ins Hamsterrad zwingt. Und oft haben sie sich im Laufe des Erwachsenwerdens selbst aus den Augen verloren. Das sollten “wir” ernst nehmen und nicht “einfach” therapieren wollen. Nun gut. Gehen hilft natürlich. Und dass jede und jeder die Welt für sich selbst entdeckt, ist ein schöner Ansporn. Auch der Gedanke, dass mir nichts auf dieser Welt gehört, weder die Dinge, die ich gekauft habe, noch mein eigener Körper, hilft, mich auf ein wesentliches, von Zivilisationstand entschlacktes Leben zu konzentrieren. Aber ich kann der harschen Luxus-Kritik nicht folgen. Es gibt tatsächlich gekaufte Dinge, die mich glücklich machen, mein Fahrrad zum Beispiel, mein Füller, die Skates, mein Rechner, schöne Kleider und ja, sogar die Espressomaschine. Ich könnte auch ohne leben, aber für mich ist ihr Besitz ein Glück, das nicht weniger authentisch ist als der Blick aufs weite Meer. Für mich ist auch das von Meisterköchen zubereitete Essen kein “Fraß” angesichts einer frischen Paprika mit Roggenbrot und Rindfleisch. Natur, so viel ist klar, wird dem Autor zur letzten Instanz für ein gelungenes Leben. Was angesichts eines Berges seinen Wert behält, hat einen. Mir ist diese Sicht zu altväterlich. Den Wert der Dinge in meinem Leben bestimme ich, auch wenn ich mich gerne dem Berg stelle und in seinem Windschatten Demut übe. Ich mag auch Kunst oder Architektur nicht als “Firlefanz” abtun. Wir haben nun mal unser großes Gehirn. Das lässt sich – zumindest nicht so schnell – wieder abschütteln. Genug Uneinigkeit auf den ersten 90 Seiten. Zum Glück wird der zweite Teil besser. Hier wandern wir durch das kroatische Küstengebirge Velebit, lernen dessen Bewohner (Mensch und Tier und Vorfahr) kennen. Wir staunen, lassen die Gedanken schweifen, nicht ohne gelegentlich an die uns Städtern ungewohnte Gegenwart von Bären zu denken, hier entkommen wir der eigenen Hektik, nicht nur beim Lesen, sondern auch beim Betrachten der wirklich hinreißenden Landschaftsfotos. “Das allererste Empfinden, das man am Berg verspürt, ist die Entschleunigung der Zeit. Nichts erinnert einen mehr an das Vergehen der Zeit, weder Straßenbahn, noch Busse und ihre Fahrpläne, weder die Uhren auf den großen Plätzen der Städte oder die Kirchenglocken, und auch keine Radio- und Fernsehprogramme, nichts außer Sonne und Mond, die sich in ihrem urtümlichen Rhythmus am Firmament ablösen. Man nimmt diesen Rhythmus an, beginnt darin zu leben.” (87) Den Autor Edo Popovic kannte ich vor der Lektüre von “Anleitung zum Gehen” noch nicht. Er gehört zu den zeitgenössischen kroatischen Schriftstellern, die hierzulande in Übersetzung zu lesen sind, seinen Erstling “Mitternachtsboogie” von 1987 allerdings erst verspätet seit 2010, die erste Erzählung erschien 2004. Wäre er ohne “Anleitung” mit uns losmarschiert, hätte mir das besser gefallen. Dennoch bin ich neugierig geworden und werde sicher noch einen Roman von ihm versuchen. Für das Rezensionsexemplar einen herzlichen Dank an Random-House.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.