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Rezensionen zu
Justizpalast

Petra Morsbach

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Thirza Zorniger wächst bei ihrem Großvater, einem Richter auf. Schon früh interessiert sie sich für die Welt der Gerichtsbarkeit. So verwundert es auch nicht, dass sie den selben Weg einschlägt, Jura studiert, verschiedene Stufen der Richterlaufbahn erringt, und es bis in den Justizpalast in München in eine führende Rolle schafft. Petra Morsbach erzählt das Leben von Thirza, von ihrem Schauspielervater, ihrer unglücklichen Mutter, ihrer Kindheit und Jugend, aber den meisten Raum nimmt ihre berufliche Laufbahn ein. Eingeflochten dabei immer wieder Gerichtsfälle, Gerichtsverhandlungen, Gerichtsurteile, es wird von Kollegen berichtet, von Arbeitsbelastungen, von wenig Freizeit. Der Roman ist nicht linear erzählt, er springt immer mal wieder vor und zurück im Leben von Thirza. Der Erzählstil ist nüchtern, erst gegen Ende kommen auch Emotionen ins Spiel, wird die Figur der Thirza menschlicher, greifbarer. Aber irgendwie passt der Stil auch zu der Protagonistin, die in einer eher als "trocken" geltenden Zunft arbeitet, in der es um Gesetze. Rechtsauslegungen, Aktenstudium und Urteilsbegründungen geht. Aber hinter jedem Fall stehen auch Menschen und das macht die Autorin mit den vielen beschriebenen Fällen auch deutlich. Thirza hingegen ist eine eher zurückgezogene, einsame Figur, die lange braucht um nicht nur ein berufliches Leben, sondern auch privates Glück zu haben, sich zu verlieben und einen Mann fürs Leben zu finden. Der Roman vereint das berufliche und private Leben der Protagonistin Thirza. Obwohl der Beruf der Richterin hier im absoluten Mittelpunkt steht und ihr Privatleben eher als Untermalung dient. Sie bleibt als Figur eher kühl und nur am Ende wird es emotionaler. Die Autorin deutet das Ende am Anfang an, doch erst nach und nach, Schritt für Schritt, schließt sich der Kreis im beruflichen Leben sowie im privaten Umfeld. Wer sich für die Arbeit und die Arbeitsbelastungen an deutschen Gerichten interessiert und dies auch noch verpackt in einem Roman, der viele Fälle aufgreift, dazu durch die Protagonistin Gedanken und Entwicklungen im Rechtssystem debattiert, dem kann ich den Roman empfehlen. Er bietet eine breite Palette an Einblicken hinter die Kulissen der Gerichtsbarkeit. Die Autorin hat neun Jahre recherchiert, mit gut 50 Juristen über ihre Arbeit gesprochen und deren Erfahrungen und Erlebnisse mit in diesen Roman verwoben. Zusammen mit dem Lebensweg der fiktiven Protagonistin ergibt sich ein interessanter Roman, der, wenn auch kühl und nüchtern beschrieben, mich fesseln konnte.

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Richterleben

Von: letteratura

24.09.2017

Jeder, der schon einmal eine Anwaltsserie verfolgt oder einen entsprechenden Film gesehen hat, weiß: Recht und Gerechtigkeit sind zwei Paar Schuhe. Zwar ist die „gute“ Seite dort meist auch die, die im Zuschauerempfinden im Recht ist und die die meisten Fälle gewinnt (oder den Fall, wenn es nur einen gibt), dennoch geht es um noch viel mehr als den Sieg der Gerechtigkeit: zum Beispiel darum, wer den besseren, klügeren, vielleicht gerisseneren Anwalt hat. Keinesfalls kann man sich in der Gewissheit zurücklehnen, dass die Gerechtigkeit siegen werde, und am Ende der Geschichte hat man gelernt, dass es um Gerechtigkeit eigentlich nur am Rande geht. Für Thirza Zorniger, Protagonistin in Petra Morsbachs neuestem Roman „Justizpalast“, ist es dennoch das Streben nach Gerechtigkeit, das sie antreibt, als sie sich für die Juristenlaufbahn entscheidet. Auch viele Jahre später, als sie längst eine angesehene und routinierte Richterin am Justizpalast in München ist, hat sie noch den gleichen Anspruch an sich und somit an die Gerechtigkeit, die in ihrem Gerichtssaal walten soll, auch wenn sie längst gelernt hat, dass dies nicht immer möglich ist. Thirza stammt aus einer unglücklichen Ehe. Eigentlich wollte schon ihre Mutter Richterin werden, heiratete aber stattdessen Thirzas Vater, was ihren Plänen ein Ende setzte. Die Ehe war nicht von Dauer und Thirza wuchs bei ihren Großeltern und Großtanten auf. Ehrgeizig und zielstrebig nimmt sie nach und nach alle Stufen der Karriereleiter bis ins Richteramt. „Justizpalast“ ist im Großen und Ganzen die Lebensgeschichte seiner Heldin, wobei im Roman einzelne Fallschilderungen viel Raum einnehmen. Einerseits kann man hier viel Neues erfahren und über die Justiz lernen, andererseits sind die Prozesse, die wieder gegeben werden teilweise recht grotesk. Vieles hat sich vermutlich in ähnlicher Weise (wahrscheinlich abgewandelt) zugetragen: Petra Morsbach hat für ihren Roman neun Jahre recherchiert und mit insgesamt um die 50 Juristen über ihre Arbeit gesprochen. Man sollte also für die Lektüre des Romans in jedem Fall ein gewisses Interesse für das Themengebiet mitbringen. Die meisten Fälle sind interessant – erschütternd empfand ich, meine Vermutung bestätigt zu bekommen, was Erbstreitereien angeht, wie sich Familien zuweilen völlig überwerfen, weil die eine Partei sich von der anderen hintergangen fühlt. Ebenso interessant sind dann die Ausführungen dazu, auf welche Weise in den einzelnen Fällen entschieden wird und warum. Manchmal wird es des Juristendeutschs aber auch etwas zu viel und nicht immer ist alles gleich verständlich. Die Geschichte um Thirza bleibt dabei ab und zu ein wenig auf der Strecke. Zwar fügen sich die Fallbeschreibungen stets gut in die Handlung ein, dennoch unterbrechen sie sie. So wird zwar deutlich, wie das Richteramt Thirzas Persönlichkeit ausmacht, trotzdem hätte ich manchmal gern weiter über Thirzas Leben jenseits des Justizpalasts gelesen, zumal Morsbach mit ihr eine interessante, lebendige Figur geschaffen hat, die man gern auf ihrem Weg begleitet. Sehr gut gefallen hat mir der Stil Morsbachs. Sie lässt ihre Erzählerin das Geschehen nicht nur wiedergeben, sondern von Zeit zu Zeit auch sehr pointiert kommentieren, oft mit einem Augenzwinkern oder leiser Ironie, sie trifft oft mit wenigen Worten ins Schwarze. Wenn Thirza dann plötzlich selbst die Erzählung – meist nur ganz kurz – übernimmt, dann ist man wirklich ganz nah dran. So entsteht nach und nach ein deutliches Bild dieser Frau, deren Beruf für sie an erster Stelle steht – stehen muss, denn das Richteramt ist ganz offenbar harte und zeitintensive Arbeit. Morsbach lässt sie aber auch privat, ebenfalls im beruflichen Umfeld, ihr Glück finden. „Justizpalast“ gibt spannende Einblicke in die Juristerei, erzählt unaufgeregt über seine Heldin und ihr Leben und ist über weite Strecken dabei unterhaltsam und lehrreich. Wer sich für das Thema interessiert, sollte dem Buch eine Chance geben.

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„Schon Thirzas Mutter wäre gerne Richterin geworden. Doch dann kam Carlos Zorniger dazwischen.“ Mit diesem Satz leitet Petra Morsbach ihren neuer Roman „Justizpalast“ ein, der auch soeben den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2017 erhalten hat. Imgrunde sagt dieser eine Satz schon viel über den Inhalt des Buches aus, denn es legt klar fest, dass Thirza nun gerade erst recht Karriere als Juristin machen will. Thirzas Mutter brach ihr Jurastudium ab und heiratete den wesentlich älteren erfolgreichen Schauspieler Carlos Zorniger. Das Glück hielt nicht lange vor. Die Tochter Thirza wächst bei ihren Tanten und ihrem Großvater auf und entschließt sich auch Jura zu studieren und Richterin zu werden. „Randbemerkung von Thirza: juristische Elite des 19. Jahrhunderts – Männer, adlig, Professoren! Wie einfältig wird eine Elite, die niemand infrage stellt! Und diese dümmliche Selbstgerechtigkeit bestimmte die Haltung zu Frauen bis ins 20. Jahrhundert hinein.“ Petra Morsbach hat neun Jahre für diesen Roman recherchiert und sie muss sich tief in die Materie eingearbeitet haben. Viele Fälle werden hier dem Leser geschildert und obgleich, sie versucht verständlich zu erklären, bleiben mir die Gesetzlichkeiten oft Böhmische Dörfer. Viele Fälle, von denen die Autorin erzählt, sind schon beim bloßen Lesen hanebüchen oder zum Fürchten. „Aus Gerichtsperspektive scheint jeder mit jedem zu streiten, das ganze reiche Land eine Horde von hereingelegten, und hereinlegenden, erschrockenen und erbosten, beleidigten und wütenden Bürgern. […] Sie prozessierten sich um Kopf und Kragen.“ Trotzdem ist es spannend einen Blick in die Gerichtsbarkeit und den Arbeitsalltag von Thirza zu werfen. Sie hat sich zielstrebig und mit großer Durchsetzungskraft hochgearbeitet, anfangs in einer fast nur männlich dominierten Welt, und richtet schließlich wie angestrebt im Justizpalast in München. Sie bemüht sich nicht nur Recht zu sprechen, sondern auch möglichst Gerechtigkeit walten zu lassen, was offenbar nicht immer das gleiche bedeutet. Aufgrund der vielen Arbeit, bleibt das Privatleben oft auf der Strecke. Thirza hinterfragt dann auch von Zeit zu Zeit, ob es das wert ist. Später, als sich privates Glück dauerhaft mit einem Mann – wie könnte es anders sein – einem Rechtsanwalt, einstellt, werden auch seine „Fälle“ noch ausdiskutiert. Als Max, inzwischen längst ihr Ehemann, nach vielen glücklichen Jahren aufgrund einer Krebserkrankung den Freitod wählt, stürzt sich Thirza schon kurz darauf wieder in die Arbeit bei Gericht. „Man lernte: Tausende Gesetze, von denen ein Nichtjurist die meisten auch bei mehrfachem Lesen nicht begreift, auf hunderttausend alltägliche Verstrickungen anzuwenden. Man bewertete zivile Ausgangspositionen nach gesetzten Prinzipien. Man entwarf, indem man Millionen Bürgerstreitereien entschied, ein Gesamtbild der Rechtssicherheit, das unsere Zivilgesellschaft stabilisiert und zu einer der angesehensten der ganzen Welt macht.“ Eine allwissende Erzählerin schickt uns zwischendurch immer wieder in der Zeit zurück Richtung Kindheit und Studium und kommentiert mitunter auch Thirzas Tun und Streben (und teilt ab und an kleine amüsante Seitenhiebe aus auf das männliche Geschlecht vor und hinter dem Richtertisch). Man sollte sich schon in gewissen Maße für unsere Rechtsprechung interessieren, um Vergnügen an diesem Roman zu haben, zumal er, sobald es um juristische Themen geht, und das tut es oft, mitunter sehr ausschweifend wird. Die Geschichte von Thirza selbst scheint mitunter ein wenig zu kurz zu kommen, dennoch schafft Morsbach in dieser Kürze viel auszudrücken, gerade auch was Thirzas klugen Blick auf ihre vergangenen Beziehungen angeht. Der Roman hat mir jedenfalls ungewohnte Einblicke in die Juristerei gegeben, auch wenn ich manchmal eine allzu ausführliche Urteilserklärung überblättert habe. Ich erinnere mich außerdem gerne an die bisher gelesenen Romane von Petra Morsbach, wie etwa Dichterliebe und Opernroman, bei denen mir die Themen jeweils näher waren.

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