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Rezension zu
1968

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

1968 - ein Jahr, das Geschichte schrieb

Von: Eva Krafczyk
24.09.2018

Claus Koch ist ein 68-er – und darauf ist er, mancher Desillusionierung zum Trotz, nach wie vor ziemlich stolz. In seinem Buch 1968 setzt er sich nicht nur mit der eigenen Generation auseinander, sondern auch damit, wie die 68-er die Generation der eigenen Kinder und Enkel prägten und sich von der Generation ihrer Eltern absetzten. Sie wollen vor allem eines sein: nicht so wie ihre Eltern, wie die Verdrängungsexperten, die Schuld, Verantwortung und Fragen zu den deutschen Verbrechen während des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, zur eigenen Verstrickung, nicht zulassen wollte. Darüber hinaus gab es für die Schüler und Studenten, für die das Jahr 1968 zum Jahr von Aufbruch, von Träumen und Rebellion wurde, noch einiges andere, was sie von der auf Leistung und Gehorsam gedrillten Elterngeneration absetzte. Sprich: Sex, Drugs und Rock ´n´Roll – für die einen mehr ein Wunschtraum, von anderen so oft wie möglich praktiziert. Die Abrechnung mit der Elterngeneration riss Narben, das merkt man de Buch von Claus Koch auch 50 Jahre nach 1968 an. Eine gewisse Unversöhnlichkeit spielt immer noch mit, eine Verletztlichkeit angesichts einer Kindheit, die vor allem als lieblos und strafend empfunden wurde. Koch konzentriert sich, das ist vermutlich kein Wunder bei einem, der damals selbst dabei war, stark auf die deutsche 68-er-Generation, gerade die Entwicklung in Frankreich wird kurz gestreift, und auch die amerikanische Protestbewegung bleibt eher eine historische Fußnote. Das macht den großen Unterschied etwa zu Mark Kurlansky´s schon vor Jahren veröffentlichtem Buch über das Jahr 1968 aus, in dem auch deutlich ausführlicher auf die so ganz anderen Ereignisse in Polen und in der Tschechoslowakei eingegangen wird. Gerade die Subjektivität macht das Buch spannend – auch wenn letztlich nicht klar wird, warum ausgerechnet Vertreter einer Generation, die die Eltern wegen ihrer unkritischen Haltung im Nationalsozialismus gnadenlos attackiert, sich selbst bereitwillig dem Dogmatismus der diversen K-Gruppen unterwarf, jahrelang auf Dialektik stürzte und sich als Speerspitze einer Arbeiterrevolution sah, mit der sie aufgrund ihrer Herkunft aus Groß- oder Bildungsbürgertum meist nicht das geringste zu tun hatten. Ein wenig schwülstig-schwärmerisch fällt der Rückblick auf die eigene Jugend mitunter aus und auch die Abrechnung mit der Borniertheit einiger Möchtergern-Revolutionäre scheint von einer gewissen Altersmilde geprägt. Ein bißchen selbstverliebt sieht sich der 68-er Autor wohl auch ein halbes Jahrhundert nach dem Auf- und Umbruchsjahr. Denn irgendwie kommt beim Lesen der Eindruck auf, als seien die Umweltbrwegung der 70-er, die Friedensbewegung der 80-er und die übrigen Protestbewegungen der nach 68-Zeit letztlich nur ein müder Abklatsch gewesen, copycat-Proteste, nichts Eigenständiges sondernv letztlich aus der großen Quelle 1968 gespeist. Dennoch: Am Ende ist die neue Generation gefragt, das Erbe anzutreten: “Jetzt ist es an unseren Kindern, die Kämpfe für eine gerechte Welt, die weiterhin anstehen, auszufechten und die Hoffnung darauf nicht aufzugeben.” Claus Koch, 1968. Drei Generationen. Eine Geschichte Gütersloher Verlagshaus, 2018 ca 270 Seiten ISBN 978-3-579-08655-3

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