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Rezension zu
Buchheim

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Abrechnung

Von: Michael Lausberg aus Doveren
26.06.2018

Lothar-Günther Buchheim (1918-2007) war Maler, Verleger, Kunstbuch- und Romanautor, Filmemacher, bedeutender Kunstsammler. Yves Buchheim erzählt in diesem Buch die Geschichte seines verstorbenen Vaters Lothar-Günther Buchheim die mit den Mythen um seine Person aufräumt. Er entwickelt ein anderes Bild mit den Schattenseiten und dunklen Geheimnissen seines Vaters und gibt dabei schmerzhafte Erinnerungen an die Öffentlichkeit preis. Er beschreibt ihn als Familiendespoten, der niemals eine andere Meinung als seine zuließ: „Er hat sich seine eigene Wirklichkeit zurechtgezimmert, und wehe, es wagte jemand, daran zu rütteln.“ (S. 12) . Brisant wird das Buch dann, wenn Yves Buchheim auf die Rolle seines Vaters im Nationalsozialismus zu sprechen kommt. 1940 trat Buchheim als Freiwilliger in die Kriegsmarine ein. Er wäre dem Nazi-Regime lange Zeit treu geblieben. Als Kriegsberichterstatter war er direkt Goebbels unterstellt. Weiterhin hat Buchheim in NS-Schulungsbriefen geschrieben. Zwischen 1941 und 1943 beteiligte er sich mit insgesamt 21 Zeichnungen (Porträts von Offizieren und Darstellungen von U-Booten) an der Nazi-Kunstausstellung im Münchener Haus der Kunst und war damit zahlenmäßig einer der am besten vertretenen Künstler. Sein Sohn schildert ihn als Karrieristen und gewissenlosen Pragmatiker, der zwar selbst nie Mitglied der NSDAP war, aber aus Image- und Karrieregründen sich dem System anbiederte, obwohl er das wusste, dass sich seine damalige Geliebte im KZ Ravensbrück und ihr Vater im KZ Buchenwald und Wansleben interniert wurden. Nach Kriegsende heiratete er dann die KZ- Überlebende Genevieve und spielte sich als Antifaschist auf und wollte seine Kontakte mit NS-Größen hinter sich lassen. In den folgenden 1950er Jahren baute Buchheim seine bedeutende Sammlung von Werken des deutschen Expressionismus auf. Diese erwarb er zu einem aus heutiger Sicht sehr niedrigen Preis, da der Wert dieser Kunst damals noch nicht allgemein anerkannt war. Mit welchen unmoralischen Mitteln, beschreibt sein Sohn ab S. 239. Die Zusammenstellung der Kunstsammlung seines Vaters bezeichnet Yves Buchheim als „Kaperfahrt“. Als Kunstsammler erwarb er diese Werke, von der keiner wusste, woher sie kam und wem man sie möglicherweise weggenommen hatte. Er soll auch Kunstwerke gestohlen haben, die die Amerikaner in Starnberger Villen beschlagnahmt hatten. Weiterhin fuhr er eigenhändig in der DDR kaufte, wo er sie von Privatleuten und schaffte die Bilder dann illegal über die Grenze. In den Jahren von 1981 bis 1985 wurden viele seiner Arbeiten in Leningrad, Moskau, Madrid, Tel Aviv und Japan ausgestellt. Auch als Vater und Mensch war er eine einzige Enttäuschung für seinen Sohn. In der Vorstellung des Buches heißt es: „Dies ist keine Abrechnung, sondern die ehrliche Beschreibung aus Sicht des einzigen Sohnes, der Aufklärung über das Leben seines Vaters gesucht und gefunden hat.“ Das stimmt nicht, es ist sogar mehr als das. Die lebenslange Abgrenzung seines Sohnes kulminiert in diesem Buch. Yves Buchheim entzaubert hier viele Mythen, die sich um die Person seines Vaters ranken und skizziert stattdessen das Porträt eines janusköpfigen Egozentrikers, Cholerikers und eines gewissenlosen Kunstsammlers und eines Menschen ohne Skrupel und Moral. Trotz der Abneigung zu seinem Vater gibt es keine Hinweise darauf, dass sich Yves Buchheim die schlimmen Anschuldigungen nur ausgedacht hat, um endlich mit seinem Vater abzurechnen und in der Öffentlichkeit posthum schlecht zu machen. Die vorgelegten Quellen kann jeder Leser prüfen. Daher ist das Buch unverdächtig der Lüge oder Übertreibung und wirft einen ganz anderen Blick auf die wahre Persönlichkeit Lothar-Günther Buchheims.

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