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Rezension zu
Montana

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Suchende in Montana

Von: Thursdaynext
04.06.2018

Wir alle sind auf der Suche, nach Liebe, Sicherheit, Schönheit, Glück. Autor Smith Henderson erzählt In seinem Debüt Montana von dieser Suche und denen, die sich auf eine solche begeben. Unaufdringlich, ohne zu werten, doch furios, hart, schonungslos, brutal, ehrlich und extrem packend – trotz des nicht unbeträchtlichen Umfangs seines Romans. Schwere Kost ist es, die er auftischt in dieser Schilderung des Lebens in Montana. Er berichtet nicht von Intellektuellen. Die Verlorenen und Suchenden sind sein Sujet. Auch Protagonist Pete Snow ist ein solcher, einer der versucht, fremdes Leid zu mildern, Sozialarbeiter beim Kinderschutz in einem kleinen Kaff in Montana. Wälder, Berge, Religion, Arbeitslosigkeit, Alkohol und Drogen gehören für viele Menschen dort zum Alltag. Es gibt Menschen die, aufgrund ihrer Vorgeschichte und Sucht, nicht mehr fähig sind die “richtigen“, pragmatischen Entscheidungen zu treffen. Die Kinder dieser Leute zu retten und zu unterstützen ist Petes Aufgabe. Er gibt sich keinen Illussionen hin, ist er doch selbst ein „Rudernder“ der verzeifelt versucht immer wieder an der Oberfläche zu treiben, nicht unterzugehen. Was ihn dennoch ein wenig sympathisch macht, ist dieser unbändige Wille seinen Schutzbefohlenen zu helfen. Trotz aller Widrigkeiten die sich ihm dabei in den Weg stellen und obwohl viele sich nicht helfen lassen wollen. Doch auch Pete trifft Entscheidungen die nicht immer gut sind, bläst sich mit Drogen oder Sex weg um das Denken, das Elend abzuschalten. Sein Elend, seine Ängste und später auch seine Furcht die unaufhaltsam über ihn kommt nachdem er seine Frau und Highschoolliebe verlassen hat weil sie ihn betrogen hat und die gemeinsame Tochter Rachel bei ihr ließ, obwohl gerade er, der Sozialarbeiter es besser hätte wissen sollen. Seine unerfreuliche Kindheit unter einem harten Vater, den stolz zu machen ihm nie gelang belastet ihn. Sein Bruder versteckt sich vor dem Knast,und der Bewährungshelfer verfolgt Pete. Einfach ist Pete Snows Leben nicht, noch dazu treibt ihn etwas es zusätzlich noch eigenhändig zu verkomplizieren. Joshua Smith Henderson wechselt die Perspektiven, ein neutraler Berichterstatter schildert Petes alltägliches Leben, seine Gedanken und Gefühle, gibt Dialoge wieder. Rachel, – nachdem sie ihrer Mutter weggelaufen ist und versucht ihren eigenen Weg zu finden, sich selbst zu finden – hier erzählt Smith Henderson direkt, in Form von Gedankensplittern die ihre Verzweiflung, ihr Misstrauen, ihre Wut authentisch transportieren. Smith Henderson, der selbst in Montana aufgewachsen ist, Sozialarbeiter und Gefängniswärter war, schildert ein Amerika der verlorenen Seelen, der Kämpfer, der Säufer, der Menschen die um ihre Exsitenz kämpfen. Amerika von unten. Die grandiose Natur Montanas bildet dazu Kulisse und Bühne zugleich für jene deren Gottesfurcht wie bei Bens Vater Jermiah Pearl in Irrsinn und Paranoia abdriften, wie auch für die Menschen die einfach irgenwie versuchen ihre Existenz zu ertragen. Ihnen allen ist gemein, dass sie kaum bis gar kein Vertrauen in den Staat haben. Der Autor schafft es den Leser direkt mit nach Montana zu nehmen, ihn diesen eigenen kleinen Mikrokosmos der Verwahrlosung, des stillen Leidens und der Hoffnung erspüren zu lassen. Er zieht einen immer mehr in seinen Bann, entwickelt einen Sog, macht diesen Roman zu einem Buch, das man nicht weglegen möchte bis alles aufgelöst ist. Ja, das Zitat des Guardian auf dem Cover stimmt, es liest sich wirklich wie Tom Waits Song. Intensiv und, trotz des schnörkellosen, schlichten Stils durchdrungen von leiser poetischer Melancholie.

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