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Rezension zu
Junktown

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Solider, dystopischer Thriller

Von: Mareike Hansen
03.06.2018

Worum geht’s? In Junktown ist es erste Bürgerpflicht, von morgens bis abends zugedröhnt zu sein. Heroin, Kokain, jede Menge Designerdrogen – alles vorhanden, vom Staat zwangsverordnet, nur Zigaretten und Alkohol gelten als oppositionell. Bei all den Zauberpillen kann man manchen anderen Sachen nicht mehr richtig nachkommen, und so wird auch die Fortpflanzung gänzlich aus der Hand gegeben. Zeugung, Austragen und Gebären übernehmen sogenannte Brutmütter, hoch technologisierte, riesige Maschinen, die aber auch Persönlichkeit haben. Eine dieser Brutmütter wird umgebracht, und Solomon Cain wird auf den Fall angesetzt. Wer hatte ein Motiv, die Brutmutter umzubringen? Wieso hatte sie so viele verschiedene Typen Embryonen? Und was hat das Rauschsicherheitshauptamt mit der ganzen Sache zu tun? Cain fängt an zu wühlen und findet mehr Dreck als ihm lieb ist. Wie war’s? Lange Zeit war ich mir nicht sicher, was ich von Junktown halten sollte. Es gibt offensichtliche Anspielungen auf die Zeit des 3. Reiches, die DDR und die RAF, und ich meine eine kleine Hommage an 1984 zu erkennen, aber ich war mir nicht sicher, ob es funktionierte. Doch wie die Drogen wirkt auch Junktown nach. Die ganzen offensichtlichen und weniger offensichtlichen Anspielungen auf die deutsche Geschichte fügen sich letztlich völlig natürlich in diese totalitäre Welt ein, sie bilden eine logische Konsequenz der Vergangenheit. Und, Himmel, es ist endlich wieder eine „echte“ Dystopie, in der das Schicksal der Gesellschaft nicht in der Hand eines „ganz besonderen“ Teenagers liegt, und die so ausweglos scheint wie Orwells 1984. Der eigentliche Plot, die Mordermittlungen, bekommen vor diesem Hintergrund noch einen ganz anderen Spannungslevel, denn Cain muss nicht nur den Mord erfolgreich aufklären, sondern dabei auch systemkonform bleiben. Nicht so einfach, wenn man Solomon Cain ist. Und ohne zu viel zu verraten: Ich liebe, wie das Buch ausgegangen ist! Neben den historischen Anspielungen gibt es noch eine weitere Besonderheit: alle Charaktere haben biblische Vornamen. Das war für mich natürlich ungemein spannend, und ich habe sofort, als ich fertig war, nochmal genau recherchiert. Nicht, dass ich mich vertue. In meinem Kopf spielte ich verschiedene Möglichkeiten durch, warum die Menschen dieser technologisierten Welt nur biblische Vornamen hatten. War das ein intendierter Kontrast zwischen Religion/Mensch und Maschine? Oder war es, wie so vieles andere, ein Rückgriff auf deutsche Geschichte, nur mit einem anderen Kniff? Immerhin mussten die Juden im 3. Reich den Namen Sara bzw. Israel tragen. Netterweise stellte Heyne den Kontakt zwischen mir und Matthias Oden her, und ich durfte ihn mit meinen Fragen zu den Namen bombardieren. Und ich lag weit daneben. Der Hintergrund für diese Namen war pragmatischer: „Ich braucht[e] Namen für meine Welt. Namen, die nicht so alltäglich klingen wie Sebastian oder Klaus-Oliver und nicht so fantasymäßig wie Legolas…“ Ja, ich bin mir sicher, dass ich einen Klaus-Oliver Cain nicht ganz so ernst genommen hätte wie einen Solomon Cain, und bei Legolas Cain wäre ich endgültig in Lachtränen ausgebrochen. Kleine Hausaufgabe für nach dem Lesen: Schlagt mal die Namen der einzelnen Charaktere nach und schreibt mir, was ihr gefunden habt. Für mich war das Sinnieren über die Namen quasi ein Extrastück Schokolade, es hat mir wahnsinnig Spaß gemacht.

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