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Rezension zu
Das große Los

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Das große Los

Von: M21
06.03.2015

Eine Teekanne aus Buenos Aires, ein Morgenmantel aus Indien. Manchmal reicht das schon für ein Gefühl von Zuhause, jedenfalls für ein ambulantes – oder ein mobiles. Mobil, weil die zwei Gegenstände Meike Winnemuth begleitet haben. Ein Jahr lang war die 52-Jährige 2011 unterwegs. Zwölf Monate in zwölf verschiedenen Städten. Und wenn sie über ihre Reise spricht, ist zumindest die kleine silberne Kanne wieder mit dabei. Denn: Erzählen erzeugt Durst. An diesem Abend im Literaturhaus München trifft das übrigens auf beide zu – Referentin und Zuhörerschaft. Vor mir die Welt Doch zum Anfang der Geschichte. Der ist schnell zusammengefasst. Journalistin gewinnt bei Günther Jauchs Quizshow „Wer wird Millionär“ 500.000 Euro. Und plötzlich ist sie da: die innere Erlaubnis, die Genehmigung, der richtige Zeitpunkt für „Vor mir die Welt“. So heißt der Blog, auf dem sie fortan ihre Erlebnisse dokumentiert: Sydney, Buenos Aires, Mumbai, Shanghai, Honolulu, San Francisco, London, Kopenhagen, Barcelona, Tel Aviv, Addis Abeba, Havanna – eine ausgewählte „Bauchnummer“, gefolgt von mehr als 200.000 Lesern, einer Nominierung für den Grimme Online Award und der Auszeichnung bei den Lead Awards 2012. Beispiele für zahlreiche „Gibt’s-doch-nicht-Momente“ in Winnemuths Leben. Überspitzt formuliert könnte man sagen: Es geht beinahe um „systemgefährdende Gedanken“, die sich nun auf einmal auftun. Um Fragen wie „Wer bin ich?“ und „Was will ich eigentlich?“. Plan der gebürtigen Schleswig-Holsteinerin: nichts planen, nichts vornehmen, einfach nur da sein in der jeweiligen Stadt; ein Koffer inklusive. In Hamburg sagt man Tschüss Dass ihr das nicht sonderlich schwerfallen würde, war vorauszusehen. Denn die ehemalige Vizechefin der Cosmopolitan gilt als experimentierfreudig. Vor ihrer Weltreise trug sie ein Jahr lang ein Kleid. „Im Sommer und im Winter. Am Schreibtisch und zu offiziellen Anlässen.“ Nachzulesen und nachzusehen auf ihrem Online-Tagebuch „Das kleine Blaue“. Ein Versuch zwischen „Verzicht und Bereicherung, Reduktion und Kreativität“. Parallel dazu verließ jeden Tag ein Gegenstand ihr Leben, wurde verschenkt, verkauft oder weggeworfen. „Und tschüss“ eben. Reduzieren und Loslassen – das kommt der Weltreisenden jetzt genauso zugute wie ihre Teekanne, die wärmenden Trost bei potentiellem Heimweh und drohenden Durchhängern spendet. Matetee in Mumbai, indischer Tee in Tokyo, japanischer in Shanghai – ein paar Rituale und Gewohnheiten müssen es selbst gerade fernab der Heimat schon sein. Wieder einleben in mein Leben Was als Blog begann, liegt mittlerweile auch als Buch mit über 300 Seiten vor: Das große Los. Wie ich bei Günther Jauch eine halbe Million gewann und einfach losfuhr. Ein Kapitel pro Stadt, jeweils in Briefform an einen ausgewählten Menschen verfasst. Doch wie ist das eigentlich, wenn man nach so langer Zeit wieder in den heimischen Hafen zurückkehrt, genauer gesagt nach Hamburg, einer Stadt, die sich auf einmal wie das 13. Reiseziel anfühlt. Dieselbe Meike, aber nicht mehr die gleiche? Nun, ein Teil der Dinge aus dem alten Leben funktionierte noch, sagt sie. Was nicht funktionierte, zeigen die Fragen, die sich die Heimkehrerin in den eigenen vier Wänden stellte: „Wem gehört dieser ganze Krempel hier?“ „Was ist wichtig geblieben, was nicht?“ Die Antwort: Winnemuth zieht aus, tauscht große Altbauwohnung gegen 40m² Wohnfläche, Üppigkeit gegen Unabhängigkeit und Leichtigkeit, befreit sich von materiellem Ballast. Persönliches Fazit und Lebensmaxime: Ich brauche beides, den Rausch der Freiheit und die Sehnsucht der Heimat. Als sie sich zwischen zwei Kapiteln ein Glas Wasser aus ihrer Teekanne einschenkt, wird klar: Es geht nicht immer um Entweder-oder, sondern um Sowohl-als-auch. Das große Los – man muss es manchmal nur selbst ziehen. Der Durst darauf ist da. Minimalismus21 im Gespräch mit Meike Winnemuth 1. Liebe Frau Winnemuth, herzlichen Glückwunsch zum Projekt „Buch“. Platz 2 für Das große Los auf der DER SPIEGEL Bestsellerliste, Kategorie Sachbuch (Hardcover). Wie fühlt sich das an? Mindestens so unwirklich wie der Gewinn bei Jauch – es ist einfach nur ein weiterer jener „Das gibt’s doch nicht“-Momente, an die ich mich langsam wohl gewöhnen muss. 2. Sie „rangieren“ direkt unter Dieter Nuhr, Das Geheimnis des perfekten Tages. Zufall oder Ausdruck einer Gesellschaft, die nach mehr Leben sucht? Zufall, wie das meiste im Leben. Interessanter finde ich, dass Bücher wie das der Skidelskys („Wie viel ist genug?“), „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ und „Selbst denken“ von Harald Welzer gerade so hoch in der Bestsellerliste rangieren. Die beschäftigen sich ja aus unterschiedlichen Perspektiven ebenso wie ich mit der Frage: Wie wollen wir leben? 3. Sie wohnen mittlerweile nur noch auf einem Fünftel ihrer ursprünglichen Quadratmeterzahl. Wo sind die ganzen Sachen geblieben? In der alten Wohnung. Die ist so, wie sie war, möbliert vermietet. Die neue Wohnung ist ein Neuanfang in jeder Hinsicht. 4. Drei Dinge, auf die Sie nicht verzichten können Laptop (Arbeits- und Unterhaltungsinstrument). Handy (Kommunikations- und Unterhaltungsinstrument). Fahrrad (Fortbewegungs- und Unterhaltungsinstrument). 5. 2014 starten Sie Ihr Projekt „Zwölf Monate in zwölf deutschen Städten“. Nach welchen Kriterien wählen Sie aus? Experiment mit Plan oder Treibenlassen nach bewährtem Muster? Halbe-halbe. Schon planvoll, denn ich möchte möglichst in jedem Bundesland eine Stadt bewohnen (minus die Stadtstaaten und Saarland). Und ich möchte mir gut überlegen, welche Stadt es dann sein wird – das ist merkwürdigerweise in Deutschland schwieriger als in der Welt. Was ich dann aber in den Städten erlebe, wird hoffentlich wieder so sehr vom Zufall gelenkt wie die Weltreise. Vielen Dank für das Gespräch!

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