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Rezension zu
Die Vergessenen

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Vergessen oder ausgeblendet?

Von: Kaisu
24.05.2018

“Blut klebte an seinen Händen, an seiner Kleidung. Angst scharrte in seiner Brust wie ein in die Enge getriebenes Tier. Atemlos rannte er über den Hof, sah sich um. Wo konnte er sich verstecken?” (Buchbeginn) Der zweite Weltkrieg. Eine grausame Phase auf der geschichtlichen Zeitachse, die das Leben der Menschen bis heute prägt. Nicht nur die dunklen Schatten haften an den Fersen zahlreicher Gesichter, auch in den Köpfen laufen die Erinnerungen auf Hochtouren. Doch sind diese auch immer reflektierend? Kathrin Mändler war Zeuge dieser Zeit und liegt nach einem plötzlichen Schlaganfall im Krankenhaus. Ihre Nichte Vera ist schockiert und kümmert sich sofort um die privaten Angelegenheiten ihrer Tante. Dabei macht sie ungewollt Bekanntschaften mit jenen dunklen Schatten. Gleichzeitig wird Manolis Lefteris – eine Detektiv für explizite Fälle – ein Auftrag in die Hand gelegt, der auf den ersten Blick recht einfach erscheint. Akten aufspüren, sichern, Auftraggeber übergeben und als Dank feine Geldnoten bekommen. Nur dummerweise verschwindet sein Überwachungsobjekt, was ihn zum Ziel führen soll plötzlich. Also muss er selbst zur Tat schreiten und entdeckt Dinge, die in ihm ruhelose Erinnerungen ans Tageslicht zerren. Doch er darf sich davon nicht ablenken lassen. Der Job geht vor. “Irgendwo schlug der Wind einen Zweig gegen ein Fenster, und Maonlis hängte das Bild zurück an die Wand. Es war vorbei. Schon lange vorbei. Es spielte keine Rolle mehr.” (S.50) Im stetigen Wechsel bekommt man einen Einblick in die Welten von Vera und Manolis. Sofort ist klar, dass die beiden Stränge miteinander verknüpft sind. Es dauert allerdings einen kleinen Moment, bis diese Verbindung ausgesprochen wird. Schöner wird sie dadurch auf gar keinen Fall. Schließlich kommt eine Wahrheit heraus, die schon längst hätte aufgeklärt sein können. Aber die Zeit heilt doch alle Wunden? Nicht, wenn es um Mord geht. Euthanasie an Kindern, Männern und Frauen. Parallel zu den beiden aus der Gegenwart, darf man auch noch einen Blick in die Vergangenheit werfen. Tante Kathrin war damals hautnah dabei und ihre Sicht der Dinge, mit allen Ecken und Kanten der damaligen Zeit wird offen gelegt. Man stellt sich unweigerlich die Frage: Wie hätte ich gehandelt? Was hätte ich getan? Kann ich nachvollziehen, was Kathrin getan hat oder auch nicht? Und die Frage, mit der sich auch das Buch beschäftigt: Wie gehe ich damit Jahre später um? Kann ich mich jemandem anvertrauen oder sollte es wohl behütet in mir schlummern, bis zu meinem Tod? “Auch Sie haben sich an die Anordnungen zu halten. Mitleid ist hier ebenso fehl am Platz wie falsch verstandene Nächstenliebe. Der Tod ist für diese bedauernswerten Kreaturen eine Erlösung.” (S.281) Auf 500 Seiten taucht man recht tief in die Thematik ein. Wobei trotzdem nicht jede offene Frage geklärt wird. Manche schwebt noch unbeantwortet im Raum umher. Normal sehe ich gelassen darüber hinweg, aber bei der Steilvorlage im Prolog, kann ich das leider nicht. Genauso kann ich nicht darüber hinweg sehen, dass ich mit Vera und Manolis nicht so wirklich etwas anfangen konnte. Veras (für mich äußerst) belangloser Hintergrund interessierte mich sogar noch weniger. Lediglich die Phasen um Kathrin waren perfekt. Da war ich voll drin und saugte alles in mir auf. Das Kopfkino lief auf Hochtouren. Da diese Momente aber gerade einmal ein Drittel des Buches ausmachen, fällt der Gesamteindruck recht mager aus. Der Stil ist flüssig, man kommt rasch rein, wird mit zahlreichem Wissen gefüttert und verliert nie den Überblick über die Verknüpfungen untereinander. Der Dank der steckbriefartigen Vorstellung der Charaktere auch eigentlich nicht möglich ist. Ja, man darf hier gerne dezente Ironie raushören. Dennoch reichte das nicht aus, was ich recht schade finde, da das Buch eine wichtige Thematik angeht!

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