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Rezension zu
Unvollkommene Verbindlichkeiten

»Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen.«

Von: Leseleben
20.04.2018

Die nicht funktionierende Kommunikation zwischen Mann und Frau – das klingt bei Loriot ganz lustig, ist es aber in Esters Fall gar nicht. Ester Nilsson ist Mitte 30, klug und reflektiert. Sie hat sich gegen den Leistungssport und für das Denken entschieden. Weil das Gehirn auch Training braucht. Viel und regelmäßig. Ester ist Journalistin und Philosophin, sie schreibt Essays und Theaterstücke. Bei den Proben zu einem Theaterprojekt verliebt sie sich in den Schauspieler Olof. Doch in dieser Beziehung benimmt sich Ester nicht besonders schlau, sondern sehr selbstzerstörerisch. Denn, das ist der erste Punkt, für Olof ist das, was die beiden haben, keine Beziehung. Zweitens ist er verheiratet. Beides kommuniziert er Ester eigentlich sehr deutlich: Er sagt ihr, dass er keine Beziehung mit ihr haben möchte und dass er seine Frau nicht verlassen will. Wo ist also das Problem? Ester müsste sich doch nur gleich am Anfang umdrehen und das Weite suchen. „Nimm die Menschen beim Wort, das ist das Praktischste und Einfachste. Nicht deuten, sondern davon ausgehen, dass sie meinen, was sie sagen”, rät ihr eine Freundin. Ester aber deutet, argumentiert und bastelt sich eine eigene Wirklichkeit zurecht. Immer wieder sagt sie sich, dass Olof mit seiner Frau nicht glücklich sein kann und die Trennung kurz bevorstehen muss. Die Kommunikation zwischen Ester und Olof läuft somit meistens schief. Er versucht ihr etwas zu sagen, dass sie nicht hören möchte. Deshalb achtet sie, die eigentlich eine Frau der Worte ist, auf die übrigen Kommunikationsebenen. Auf denen kommt Olof ihr entgegen. Er sucht ihre Nähe, ist offensichtlich gerne mit ihr zusammen. Die Nicht-Beziehung der beiden streckt sich so über mehrere Jahre. Olof bestimmt Frequenz und Dauer der gemeinsamen Zeit. Die ist dann allerdings oft enttäuschend. Olof schmettert Esters Bedürfnisse ab, das Essen schmeckt schal, der Sex ist selten und so lala. Olof bleibt für den Leser unbegreifbar und Esters Begeisterung für ihn ist schwer nachvollziehbar. Es scheint, dass sie sich so sehr in ihrer Gefühlswelt verliert, dass sie ganz übersieht, dass das Objekt ihrer Begierde all die Qualen gar nicht wert ist. Ester ist wie auf Drogen. Sie ist Olof verfallen, kippt in tiefe schwarze Löcher, zieht sich die Decke über den Kopf, wenn er nicht da ist, aber gewinnt Energie und hüpft aus dem Bett, sobald er auch nur ein winziges Lebenszeichen schickt. „Wenn die Liebe ungleichmäßig verteilt war, artete sie eben zur Sucht nach der nächsten Dosis aus, aber jetzt hatte Ester mit der Entwöhnung begonnen. Diesmal würde sie die Entzugserscheinungen ertragen…”. Lena Andersson beschreibt Esters Leiden sehr rigoros und poetisch. Das hier ist kein verzaubertes, unschuldiges Verliebtsein, sondern ein verzweifeltes Verliebtsein einer Frau, die ähnliches bereits erlebt hat. Denn Ester hat denselben Fehler im vorherigen Roman „Widerrechtliche Inbesitznahme“ schon einmal gemacht. Ich habe den ersten Teil nicht gelesen. Deshalb fand ich diesen Roman sehr originell. Es ist ein niveauvoller aber bitterer Liebesroman, frei von blumigen Klischees, der nachdenklich macht und fesselt. Die Seiten sind nur so dahingeflogen. Die hier beschriebene zerstörerische Kraft der Liebe ist brutal und gleichzeitig faszinierend. Die Handlung wird zur Tragödie, wenn Ester nicht mehr weiß, was sie tun soll, um Olof zu sich zu ziehen. Als Leserin möchte ich unbedingt wissen, ob sie einer aussichtlosen Hoffnung nachläuft oder am Ende darin recht behält, dass Olof nicht anders kann, als sich irgendwann endgültig ihr zuzuwenden.

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