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Rezension zu
Frauen dürfen hier nicht träumen

"Wie kann es sein, dass es für sie so selbstverständlich ist, frei zu sein [...]?"

Von: Travel Without Moving
03.03.2018

"Wie kann es sein, dass es für sie so selbstverständlich ist, frei zu sein, während es mir erscheint, als sei es das Größte und Ungeheuerlichste, das man sich vorstellen kann?" (Seite 217) Ich muss zugeben, dass ich eher vorsichtig bei Tatsachenberichten über Frauen aus islamischen Ländern bin, denn allzu schnell fühle ich mich an Negativbeispiele wie ‚Nicht ohne meine Tochter‘ erinnert, die allerlei Schubladen bedienen, Vorurteile eher verstärken als Aufklärung zu bieten, Ablehnung und Unwissen erhöhen statt Verständnis und Wissen zu vermitteln und Halbwissen zu eliminieren. ‚Frauen dürfen hier nicht träumen‘ hätte ich aufgrund des Titels wohl eher nicht in die Hand genommen. Ich habe es einzig und allein deshalb getan, weil Richard Dawkins, den ich sehr schätze, auf dem Einband zitiert wird. Und ich dachte: ‚Was Dawkins lesenswert findet, muss inhaltlich gut und wichtig sein.‘. Mit dieser Einschätzung lag ich goldrichtig, denn ‚Frauen dürfen hier nicht träumen‘ ist ein komplexes, ein ausgezeichnet geschriebenes und ein sehr bewegendes Buch, das ich jedem empfehle, der Einblicke in das Leben einer Frau in Saudi-Arabien erhalten möchte, und jedem ans Herz lege, der der Meinung ist, aus so einem Land müsse man nicht fliehen. Rana Ahmad erzählt in ‚Frauen dürfen hier nicht träumen‘ ihre eigene Lebensgeschichte, die uns ins Saudi-Arabien der 1980er und 1990er Jahre führt, als sie eine Kindheit zwischen Syrien (woher ihre Eltern stammen) und Saudi-Arabien (wo sich die Familie schließlich niedergelassen hat) führt. Die Autorin lässt den Leser teilhaben an ihrer ersten Verschleierung im Alter von zehn Jahren, womit ihre Kindheit plötzlich endet. Sie berichtet auf einfühlsame Weise von ihrem Wunsch nach Freiheit, der immer wieder im Keim erstickt wird, von ihrer Jugend und dem jungen Erwachsenenalter im 21. Jahrhundert. Ahmad erzählt von Geschlechtertrennung und sexuellen Übergriffen, von ihrer Hochzeit und dem Scheitern ihrer Ehe, von der Pilgerfahrt nach Mekka und ihrem Weg in den Atheismus und schließlich von ihrer Flucht aus Saudi-Arabien und ihrem Bemühen, sich ein neues Leben in Europa aufzubauen, wo sie ihre Wünsche erfüllen kann, wo sie denken und fühlen darf, was sie möchte und nicht, was die Gesellschaft von ihr verlangt. Ahmad erzählt ihre Geschichte auf lebendige und gefühlvolle Weise, aber ohne Pathos. Sie zeigt, wie das Leben einer Frau im wahhabitischen Islam aussieht, welches Verhalten, welche Rolle von ihr verlangt wird und dass es nahezu unmöglich ist, sich aus diesem Gefängnis zu befreien. Freilich weiß man, wenn man sich schon etwas mit Saudi-Arabien und dem Wahhabismus beschäftigt hat, wie Frauen in dieser rigiden Spielart des Islam leben und behandelt werden, aber Ahmad gibt dem Ganzen so eine persönliche Note, dass man das Gefühl bekommt, noch nie so hautnah davon gelesen zu haben. Vor allem die Seiten, auf denen Ahmad von ihrem letzten Tag in Riad und von ihrer Flucht erzählt, haben mich extrem berührt, denn durch die minuziösen Schilderungen hat sie mir all das nahebringen können, was sie in diesen Momenten gedacht, gefühlt, erlebt und gehofft hat. Ich wünsche Ahmad, die nun in Deutschland lebt, sich für die Unterstützung von Atheisten in restriktiven Ländern einsetzt und im Rahmen ihres Physikstudiums bald ein Praktikum am CERN antreten wird, von Herzen alles Gute für ihre Zukunft und ihr Leben in Freiheit. Rana Ahmad: Frauen dürfen hier nicht träumen. btb, 2018, 316 Seiten; 16 Euro.

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