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Rezension zu
Buchheim

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Nicht immer stringent

Von: Michael Lehmann-Pape
12.02.2018

Fast ist es wie eine Ansage an die verschiedenen Fäden im Buch, dass der Titel nur „Buchheim“ lautet und nicht „Lothar-Günther Buchheim“. Denn nicht nur einen (im Tonfall eigentlich noch mehr als im Inhalt) wenig schmeichelhaften Blick auf den Künstler, Maler, Autor, Reportagenschreiber, Aussteller und Kunstsammler Lothar-Günther Buchheim lässt Yves Buchheim hier vor den Augen des Lesers Revue passieren (dessen zentrale Merkmale Geldgier, Egozentrik und Despotismus inner- und außerfamiliär ausmachen), sondern fast in gleichen Teilen ist es auch eine Autobiographie, in der Yves Buchheim seine Geschichte vom „vom Vater nicht gewollten Sohn“ erzählt. Ebenso, wie die Geschichte seiner Mutter Platz im Buch findet. Man könnte somit sagen, dass Yves Buchheim zwar weitgehend chronologisch das Leben seines Vaters „mit-erzählt“, vor allem aber ein Familienportrait und ein Portrait des Mannes aus den Augen des Sohnes vorlegt. Dass nebenbei auch Yves Buchheim einige Seiten lang so etwas wie eine „Kriegsberichterstattung “ über den Kampf gegen einen B52 Bomber liefert (eine der Spezialitäten des Vaters ja in hunderten von Reportagen als offizieller Berichterstatter von der Front im dritten Reich, mündend in das Opus Magnus „Das Boot“ auf der Basis eigener Erlebnisse) könnte man auch dahingehend verstehen, dass auch hier der Sohn zeigen will, dass er dem Vater auf Augenhöhe begegnen kann. Was im realen Leben zu Lebzeiten Lothar-Günther Buchheims nicht vorkam. Und dennoch, neben allen „dunklen“ Geheimnissen, der nicht immer legalen Beschaffung von Werken für die eigene Sammlung, der Geiz vor allem dem Staat in Form der Steuern gegenüber, der wohl doch intensiveren Nähe zum Regime im dritten Reich als zu Lebzeiten immer lapidar heruntergespielt, es sind auch die kleinen, bewegenden, emotional dichten Szenen, die haften bleiben. Dass ein Vater aus Gier, nachdem ihm die Frau mit zwei Gemälden von Braque weggelaufen ist, auf offener Straße das Kind als Geisel für die Gemälde nimmt und Mutter und Vater im wahrsten Sinne des Wortes am Kind zerren, vor aller Augen, das kann ja nur tiefe Spuren im kindlichen Gemüt hinterlassen. Wobei, auch wenn Yves Buchheim nicht versäumt, die vielen Tränen der Mutter zu erwähnen, genau diese aus Liebe zu einem Amerikaner nicht nur Europa , sondern auch Yves verlässt und diesen zum Vater an den Starnberger See gibt (der nie Alimente zahlte, doch nicht für das „Unglück“, das eben seiner Frau widerfahren war, wohl nicht ihm), das zeugt davon, dass so ziemlich jeder, der im Buch vorkommt, eigensinnige, harte Entscheidungen zu jenen Zeiten in der ein oder anderen Form getroffen hat. Jede Verbitterung, die durch die Zeilen hier und da durchzudringen scheint, ist daher vollständig verständlich. Und führt doch zu nicht wenigen Brüchen in der Erzählweise in den weiten Bögen um die „Buchheims“ (die erste Ehefrau und deren Familie mit einbezogen), um das Überleben im KZ ebenso, wie das künstlerische Schaffen des Vaters (der schon vor 1933 als „Wunderkind“ der bildenden Kunst galt), neben langen Strecken minutiöser „Nachberichterstattung“ von Kriegserlebnissen, besonders jener 7. Fahrt des „Bootes“ mit Buchheim an Bord. Am Ende stehen tatsächlich eine ganze Reihe dubioser Charakterzüge und Handlungen Lothar-Günther Buchheims, die dem Leser schon intensiv die Augen öffnen bis hin zu nicht anders als „kriminell“ zu nennenden Handlungen Lothar-Günther Buchheims, wo es um den eigenen Vorteil und die eigenen Interessen vor allem an Kunst ging. Insgesamt aber verbleibt ebenso, wie Ives Buchheim im Vorwort erwähnt, dass dieses Buch auch der Versuch Ives Buchheims ist, „seinen Seelenfrieden“ zu finden und damit mehr auch ein Buch über den Autor selbst ist, als nur eine Darstellung des eigentlichen „Objektes“. Was alles sprachlich flüssig und gut geschrieben durchaus eine Lektüre wert ist.

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