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Rezension zu
Leere Herzen

Empty Hearts

Von: Ulrike aus Wien
17.11.2017

„….was eine demokratische Wahl wert ist, die massiv aus dem Internet gesteuert wird. Politische Meinung ist längst zur Ware geworden, produzierbar und verkäuflich. Demokratie ist nicht mehr so romantisch wie vor fünfzig Jahren….“ Deutschland in der nahen Zukunft. Die Besorgte-Bürger –Bewegung haben die Wahlen gewonnen, Angela Merkel musste zurücktreten. Sukzessive werden Effizienzpakete verabschiedet, die zu Lasten der Grundrechte gehen. Ein neues Biedermeier beginnt, die Menschen ziehen sich auf das Private zurück, das Wahlrecht verliert gegenüber der eigenen Bequemlichkeit immer weniger an Bedeutung. In diesen Zeiten der Perspektivenlosigkeit betreibt Britta gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Babak unter dem Tarnmantel einer Heilpraxis das dubiose Institut die Brücke. Ihre Klienten sind alle samt potentielle Selbstmörder mit der Bereitschaft für welchen Zweck auch immer Attentäter zu werden. Sauber, effizient und ohne Kollateralschäden. Die Geschäfte laufen gut, bis nach einem Anschlag unvermutet ein Konkurrenzunternehmen zu bestehen scheint. Juli Zeh schreibt auf gewohnte, meisterliche Weise, gekonnt legt sie den Fokus auf gar nicht mehr so sehr utopische politische Verhältnisse. Sie seziert präzise die kleine bürgerliche Welt der so sauberen Britta, die mit Mann und Tochter in ihrem Betonwürfel mit ihrem digitalen Haushalt lebt. Erst als ihre sorgfältige organisierte kleine Welt aus den Fugen gerät, zeigt sie Menschlichkeit, aber nicht aus Entsetzen über ihr eigenes Verhalten, sondern weil es ihrem Plan widerläuft. Die geniale Erzählkunst der Autorin führt einen atemlos durch die Geschichte, das hilft vor allem dabei zu übersehen, wie unglaublich die Konstruktion der Brücke eigentlich ist. Vermisst habe ich über weite Strecken die bösartige Ironie, die mir zum Beispiel aus ihrem vorherigen Roman Unterleuten so vertraut war. (Obwohl ich zumindest eine ganz besonders feine Anspielung auf Unterleuten erkannt habe) Ich hatte beim Lesen oft das Gefühl nicht genug abgeholt zu werden. Mitspielen mag dabei aber auch, dass mir das Thema der verlorenen Ideale, der Desillusion, der „full hands, empty hearts“ näher geht als mir lieb ist.

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