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Rezension zu
Hexensaat

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Packende Neuerzählung mit Biss

Von: Aurea
05.11.2017

Das steht drin Felix bringt als Theatermachen die grandiosesten, gewagtesten Stücke auf die Bühne. Seine nächste Inszenierung soll Shakespeares "Der Sturm" werden. Sie soll ihm auch dabei helfen, über eine private Tragödie hinwegzukommen. Doch seine Mitarbeiter und engsten Vertrauten bringen ihn auf hinterhältige Weise um seinen Posten. Felix zieht sich zurück. Viele Jahre später sieht er seine Chance auf Rache endlich gekommen. Kritik "Hexensaat" von Margaret Atwood reiht sich als vierte Erscheinung in das Hogarth Shakespeare Projekt ein. Hogarth Press wurde 1917 von Virginia und Leonard Woolf gegründet. Das Label setzte es sich zum Ziel, die besten neuen und zeitgenössischen Autoren zu veröffentlichen. Mit dem Shakespeare-Projekt wagen sich insgesamt acht Autorinnen und Autoren an Neuerzählungen von Geschichten des Barden. Margaret Atwood hat sich mit "Hexensaat" an Shakespeares Sturm herangewagt. Wer mit ihren Werken bisher nicht vertraut ist, könnte sich nun sicher irgendwie zynisch dazu äußern, dass wir alle Jahre wieder mit Neuerzählungen und Nacherzählungen von Werken von Shakespeare und Austen geflutet werden. Doch Margaret Atwood ist als Autorin nicht zu unterschätzen. Sie verwandelt den Sturm in eine wilde Achterbahnfahrt, bei der man als Leser kaum die Augen von den Seiten lösen kann. Ihr Meisterstück in diesem Buch ist sicherlich die Hauptfigur Felix, der natürlich dem Prospero aus Shakespeares Sturm nachempfunden ist. Felix ist stellenweise haarsträubend dämlich und teilweise wirklich unerträglich. Atwood hat mit ihm eine bitterböse Karikatur der Theatereliten geschrieben, die ein Stück gar nicht abgedreht genug sein lassen können. So will er, dass Ariel (der Luftgeist aus dem Originalstück) von einem Transvestiten auf Stelzen gespielt wird, der sich irgendwann in ein Glühwürmchen verwandeln soll. Für alle Figuren hat er solche Ideen, und wer die Aussage dahinter nicht versteht, nun, der ist eben einfach ein Idiot. Und trotzdem fiebert man am Ende mit ihm mit, wünscht ihm den Erfolg und die Möglichkeit, seine Rache auszuüben. Denn hinter all dem Wahnsinn, den er mit seinem Sturm auf der Bühne entfesseln will, steckt am Ende doch nur der Wunsch, sein verlorenes Kind wenigstens auf der Bühne wieder ins Leben zu holen, und wenn es nur für einen Moment ist. Felix als Charakter ist extrem instabil und schwankt permanent zwischen verschiedenen Extremen, und ihm immer weiter in diesen wirren Kaninchenbau zu folgen, ist absolut unterhaltsam. Margaret Atwood schafft es ebenfalls, das durchaus von magischen und fantastischen Elementen durchzogene Stück in unsere Zeit zu verlegen. Mit Shakespeare hat man dort ja häufiger ein Problem. Seine Dramen mögen da zugänglicher sein, doch wie erklärt man heutzutage Luftgeister und die anderen Kreaturen, die im "Sturm" auftauchen? Atwood integriert ein Stück in das Stück, über welches sie schreibt, was ganz in der Tradition von Shakespeare selbst steht. Problematisch für den Leser wird dies höchstens am Ende, und dann auch nur, falls er oder sie bisher den "Sturm" nicht gelesen hat. Denn wenn wir davon ausgehen, dass Felix als Prospero sein Reich mit Magie im Zaum hält, dies aber nicht auf die Zuschauer des Stückes übergreift, dann bleiben die Motivationen einiger Figuren im Buch undurchsichtig. In diesem Fall sind wir die Zuschauer, und einige der Figuren handeln irrational. Dem Lesevergnügen tut dies aber keinen Abbruch, insofern man sich darauf einlassen will. Margaret Atwood liefert eine ideenreiche Neuerzählung mit einem detailliert ausformulierten Protagonisten, bei dem man nie so richtig weiß ob man ihn nun lieben oder verabscheuen soll. Zahlreiche Seitenhiebe auf kulturelles Geschehen und zeitgenössische Themen als solche sind ebenfalls untergebracht und werden mit der für Atwood typischen, scharfen Zunge vorgetragen. Wie auch schon beim Originalstück bleibt am Ende aber die Frage, was mit den Figuren passiert, sobald der Zauber der Insel sich gelöst hat. Hier bieten beide Geschichten ein offenes Ende, und ich frage mich, ob eine Weitererzählung, anstelle einer Nacherzählung, nicht vielleicht sogar noch spannender gewesen wäre. Denn eins ist nach "Hexensaat" klar: Atwood und Shakespeare sind eine überaus spannende Kombination. Fazit "Hexensaat" von Margaret Atwood bietet kurzweiliges Lesevergnügen sowohl für Kenner von Shakespeares Werk, als auch für Neueinsteiger. Geschickt transportiert sie die Geschichte in die heutige Zeit und geizt nicht mit zahlreichen Rundumschlägen. Ein Buch, welches ich kaum aus der Hand legen konnte und ehrlich gesagt auch gar nicht wollte, so fesselnd ist es geschrieben.

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