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Rezension zu
Fleischfabrik Deutschland

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Rezension: Fleischfabrik Deutschland von Dr. Anton Hofreiter

Von: Katrin Luber
13.10.2017

Als ich vor 13 Jahren von Berlin nach Niedersachsen zog, war ich durch mein Studium der Landschaftsarchitektur und die Ausbildung als Landschaftsgärtnerin zwar nicht ganz blauäugig, aber die Auswirkungen der Fleischfabrik Deutschland auf die Umwelt, sehe ich jetzt jeden Tag vor der Haustür! Fahre ich zum Dümmer See, komme ich an einem Hof mit Hühnern und einem mit Schweinen vorbei, es wird quasi nur noch Mais oder Raps angebaut, etwas Kartoffeln und immer weniger Getreide. Fasane, Schmetterlinge und Feldhasen gibt es fast gar nicht mehr, ab und an sieht man noch Rehe. Kein Wunder, dass die Artenvielfalt in meiner alten Heimat Berlin wahrscheinlich momentan höher ist als bei mir auf dem ja ach so idyllischen Land. Nur direkt am Dümmer See im Naturschutzgebiet, ist die Natur noch ein ganz kleines bisschen vorhanden, obwohl der See regelmäßig von Algen geplagt wird. Anton Hofreiter kritisiert dieses System in seinem Buch Fleischfabrik Deutschland und nennt ganz eindeutig die Schuldigen. Vieles wusste ich schon, da ich ja sehr viele Bücher für den Blog lese und mich für sehr aufgeklärt halte. Da er als Fraktionsvorsitzender bei den Grünen im Bundestag hautnah an der Quelle sitzt, habe ich, vor allem was die politischen Verflechtungen angeht, noch vieles gelernt. Hofreiter kämpft für eine gerechte Agrarwende und besucht regelmäßig Höfe und spricht mit Bauern, Unternehmen und Verbrauchern. Die Fleischfabrik Deutschland hängt am Sojatropf Als Student Anfang 20 reist er nach Südamerika und guckte sich die Regenwälder und Savannen Brasiliens an. Vor 2 Jahren war er wieder dort und statt sattem Grün, sah er Agrarwüsten und Sojaplantagen, soweit er gucken konnte. Auf den Flächen werden Futtermittel für die Massentierhaltung angebaut und die Konzerne vertreiben die Einheimischen von ihrem Land. Da hier der Fleischkonsum immer mehr sinkt, müssen die Konzerne nach neuen Absatzmärkten suchen. Sie exportieren Fleisch aus einer hochsubventionierten und technisch ausgereiften Industrie zu Dumpingpreisen nach Afrika und Südamerika und zerstören so weiter die Lebensgrundlagen der einheimischen Bauern. Der Deutsche Bauernverband lässt die Kleinbauern im Stich Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, meine allen Ernstes, schreibt Hofreiter, dass es in Deutschland keine Massentierhaltung gäbe. Er spreche lieber von „Intensivtierhaltung“! Da kann man nur noch mit dem Kopf schütteln. Hofreiter erklärt auch das System der EU-Subventionen. Insgesamt stehen für Deutschland 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung und wer viel Fläche hat, der bekommt auch viele Subventionen – etwa 344 Euro pro Hektar. Somit erhalten die, die eh schon viel haben, Millionen an Steuergeldern und können davon weiter neue Flächen kaufen. Die kleinen Bauern bekommen nur einen Bruchteil und müssen davon häufig leben, da sie durch die gesunkenen Preise ihre Waren oft unterhalb der Herstellungskosten verkaufen müssen. Hofreiter schlägt vor, die Subventionen bei einer Höhe von 150.000 € zu kappen, um mit dem Geld eine grünere und gerechtere Landwirtschaft aufbauen zu können. Stattdessen gehen Höfesterben und Massentierhaltung weiter. Der Bauernverband treibt seine Mitglieder mit dem Motto „wachse oder weiche“ in eine ruinöse finanzielle Sackgasse. Aus diesem Grund fühlen sich viele kleinere und mittlere Betriebe nicht mehr vom Bauernverband vertreten, sind bereits ausgestiegen und gründeten eigene Verbände. Weitere Themen des Buches sind die katastrophalen Haltungsbedingungen der Tiere in der Massentierhaltung, antibiotikaresistente Keime, Überdüngung, Glyphosat & Gentechnik sowie TTIP und CETA. Lösungen für eine grüne Landwirtschaft Hofreiter vergleicht die Zeit jetzt mit den Jahren vor der Energiewende – damals hielten diese viele für nicht durchführbar. Er ist sich sicher, dass die Agrarwende kommen wird, auch wenn Christian Schmidt und Joachim Rukwied anderer Meinung sind. Er schlägt „sechs Schritte für eine grüne Agrarwende“ vor. Diese beinhalten einen Ausstieg aus der Massentierhaltung und Umstieg auf 100 Prozent Bio in Deutschland. Dies beinhaltet eine Landwirtschaft, die eine sichere Zukunftsperspektive für Landwirte bietet und ein Einkommen, von dem sie leben können. Bauern sollen vom Artenkiller zum Artenschützer werden und der Verbraucher soll Transparenz und Verbraucherschutz erleben statt Täuschung. TTIP und CETA sollen verhindert (leider nicht eingetroffen) und die globale Agrarpolitik so gestaltet werden, dass Menschen in anderen Teilen der Welt ebenfalls von ihrem Ackerland und Arbeit leben können. All dies klingt utopisch, aber er beschreibt auch, dass die Bevölkerung in Deutschland sich zunehmend mit Initiativen, Demonstrationen, einem Umstieg auf regionale Bioware und vielen anderen kleinen Aktionen wehrt. So haben beispielsweise 2015 über 1000 Betriebe auf Bio umgestellt. Und weil ihr es ja immer wissen wollt: Ja, Anton Hofreiter isst noch Fleisch! Aber das Buch ist trotzdem sehr lesenswert!

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