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Rezension zu
Für ein gutes Ende

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Die Kunst des Sterbens, die Kunst des Begleitens

Von: Martin Hillebrand aus Schloss Neuhaus
18.11.2014

Berichten möchte ich vom Buch „ Für ein gutes Ende“ Von der Kunst Menschen in ihrem Sterben zu begleiten von Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. (USA) Andreas S. Lübbe, dem Leiter der Palliativstation und einer onkologischen Rehaklinik in Bad Lippspringe, erschienen im November 2014. Das Buch hat 313 Seiten, enthält mehrere Teile, eine Einführung, eine Erläuterung der zentralen Prinzipien der Palliativmedizin, eine Erklärung, was umfassende Versorgung ist, nämlich mehr als nur Schmerztherapie, eine Beschreibung der Möglichkeiten der Palliativmedizin, geschildert an einzelnen Patienten. Es ist gemessen am scheinbar düsteren Thema ein lichtes Buch, sehr gut geschrieben und auch für den Nichtmediziner sehr gut verständlich. Ich halte es für ein äußerst notwendiges Buch, ein wichtiges Buch, warum soll im Folgenden beschrieben werden: „Wir alle müssen sterben. Doch, obwohl wir dies wissen bleibt diese Angst“ (Andreas S. Lübbe, S.11) bringt es auf den Punkt. Zwar halten es viele Menschen innerlich und äußerlich im Leben mit dem Epikur zugeschriebenen Zitat „Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr." ( Brief an Menoikeus, 125) Aber dies löst gar nichts, wir haben Angst vor dem Sterben und nicht Sorgen um den Tod. Das ist etwas ganz Anderes! Natürlich ist Tod und Sterben auch ein Tabuthema: Jedes Jahr November, bedingt durch einige Feiertage, die sich mit unserer Sterblichkeit beschäftigen, finden wir auch Bücher um Endlichkeit, Trauer, Abschied, Verlust. Dennoch beim Tabuthema Tod und Sterben: wir schalten um, wenn Spielfilme , Dokumentationen und auch Bücher sich mit realem Sterben beschäftigen, auf der anderen Seite genießen wir die Schrecken von Untoten Wiedergängern und Vampiren in Film und Serie, das lenkt uns elegant von anderen Ängsten ab, Anspannung wird kanalisiert, die Angst lauert „draußen“, die Gefahr geht vom Anderen (dem phantastisch Unmöglichen) aus. Aber wehe, sie ist in uns, die Angst. Was dann ? Fünfzig Prozent der Bevölkerung erkranken irgendwann an Krebs im Laufe des Lebens (ehrlich, hätten Sie das gewusst?) und wenn wir noch jemand persönlich in seiner Erkrankung und einem Prozess des Abschiednehmen vom Leben kennen und erleben, dann ist dann die Angst plötzlich in uns. Selbst die scheinbar aktuelle Ausnahme, die aktuelle öffentliche Sterbehilfedebate im TV und Zeitschriften, die zumeist eher ideologisch geprägt ist, lenkt den Blick nach außen. Die Angst betrifft jemand Anderen, man selbst ist ja gesund und wird dies immer bleiben (das meinen wir). Da läuft der Dialog auf dem Bildschirm von Fachleuten über Sterbende, weniger mit besorgten Menschen, die einfach Sorge spüren ins Leere, verkommt oft zur Unterhaltung. Wir sorgen uns warum? und worum? Wir können den Tod verdrängen so lange wir wollen, kommen wird er so oder so. Das ist so. Punkt. Das macht die Lektüre des Buches auch klarer, schauen wir genauer in uns: Die Angst vor dem Sterben bedeutet für uns -Angst vor Hilflosigkeit und Kontrollverlust -Angst vor unkontrollierbarem Schmerz - Angst vor der Endgültigkeit Und über Angst kann man nicht diskutieren, die fühlt man. Was ist also wichtig, um spätestens am Lebensende diesen Ängsten besser zu begegnen? Eine gewisse „VerSICHERung“ „verSORGt“ zu sein. Und hier kommt die Palliativmedizin auf die Bühne der Aufmerksamkeit. Die vom Verfasser betonte Kunst, „Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben geben“ (nach einem Zitat der englischen Ärztin Cicely Saunders) verwechseln Mediziner meiner Erfahrung nach des Öfteren mit dem Leben mehr Tage geben, es entsteht wieder die Angst der Patienten vor dem Ausgeliefert sein in einer technischen Medizin, die den Menschen als eigentlichen Adressat nicht mehr sieht, sondern das Machbare. „Reine Lebenszeitverlängerung kann nicht das Ziel einer patientengerechten Medizin sein“ .Auch dies betont der Autor des neuen Buches, ein Autor der, wie wir es uns wohl alle wünschen es lebt, mit Patienten statt über sie hinweg zu sprechen, der das Prinzip der offenen Tür lebt, Kommunikation als Schlüssel kennt und im betroffenen Patienten mehr als Falldarstellung sieht. Kommunikation ist der Schlüssel, hier erfand die humanistische Psychologie die Begriffe: Wertschätzung, Echtheit, Empathie. Der Autor zeigt uns im Buchverlauf quasi im Vorübergehen, wie mit diesen Begriffen gelebt, betreut und begleitet, im Besten Sinne „verSORGt“ werden kann. An erster Stelle steht der Patient, ihn gilt es ernst zu nehmen, diesem mit Ehrlichkeit zu begegnen, damit er weiß, woran er ist, di, dies tut der Autor in Schrift, Wort und Handeln. Ganz praktische Dinge wie Symptomkontrolle, Patientenwille, Wichtigkeit der Prognose werden im Buch anschaulich vermittelt, eine gelebte Palliativmedizin wird gezeigt “ mehr als nur Schmerztherapie“, die Angst vor einer Palliativstation verflüchtigt sich nach dem lesen des Buches, Palliativstation ist kein Hospiz, kein „Ort, wo man zum Sterben hingeschickt wird“ , Tagesabläufe, Mitarbeiterstrukturen werden zum Leben erweckt. Persönlich begleitete Patienten mit ihren Schicksalen werden dem Leser vorgestellt. Ein Fazit von 9 Punkten, die dem Verfasser von und für „Ein gutes Ende“ wichtig sind schließt das Buch würdig ab. Prof. Lübbe nimmt uns nicht die Angst vorm Sterben, verringert aber unser tägliches Davonlaufen vom Wissen um das zeitlich unbestimmte Ende unserer Existenz. Also nochmal: ein äußerst notwendiges Buch, ein wichtiges Buch, Ärzte, Therapeuten, Pflegende Berufe, Sozialarbeiter und Seelsorger, verunsicherte Betroffene und Angehörigen sei die Empfehlung gegeben: Bitte unbedingt lesen! Als Empfehlung sei mir gestattet, Heyne unbedingt nahezulegen, ein vom Autor gelesenes Hörbuch zu produzieren!

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